Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310165/12/Le/Km

Linz, 03.02.1999

VwSen-310165/12/Le/Km Linz, am 3. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des R N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.8.1998, UR96-72-1996-RE, UR96-1-1996-RE, wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes und des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt I. richtet, Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Umfang aufgeho- ben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 5.000 S.

III. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungs- verfahrens in Höhe von 10.000 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II. und III.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.8.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung I. des § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in der Höhe von 100.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen) und II. wegen Übertretung des § 7 Abs.1 iVm § 42 Abs.1 Z2 lit.b Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (im folgenden kurz: Oö. AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet. Im Tatvorwurf I. wurde ihm vorgeworfen, er habe am 6.11.1996 auf dem Betriebsgelände (Grundstück Nr. KG. L) in 4650 L, verschiedene näher bezeichnete gefährliche Abfälle auf näher bezeichneten Flächen gelagert, somit gefährlichen Abfall gelagert, obwohl das Lagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig ist. Im Tatvorwurf II. wurde ihm vorgeworfen, am selben Tag auf dem selben Grundstück eine Reihe von nicht gefährlichen Abfällen auf verschiedenen näher bezeichneten Teilen dieses Grundstückes gelagert und somit nicht gefährlichen Abfall gelagert zu haben, obwohl Abfälle nur in Abfallbehältern vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen, je nach deren Zweckbestimmung, dauernd abgelagert werden dürfen.

Im einzelnen wurden die Abfälle näher bezeichnet. Es handelt sich dabei um Teile von Lastkraftwagen (mehrere Rahmen mit Doppelachse, Träger, Kotflügel, Vorderachse, Anhängeraufbau mit Kraftstofftanks, Führerhaus, Getriebe, Kühler, Kraftstofftanks und Reifen), mehrere Kfz-Ersatzteile, verrostete Eisenteile, insgesamt ca. 90 Reifen von Lkw und Arbeitsmaschinen, alle ohne genügendem Profil, diverse Eisenteile (Stahlblechfässer, zum Teil gefüllt mit diversen festen Abfällen), ein Erdtank, eine Zapfsäule, zerbrochene Paletten und hausmüllähnliche Abfälle wie Getränkegebinde, Papierfetzen, unbrauchbar gewordene Arbeitshandschuhe und ähnliches. Alle Eisenteile waren stark verrostet. In der Begründung dazu wurde im wesentlichen festgestellt, daß durch die Aussagen des beigezogenen Amtssachverständigen die Verantwortung des Beschuldigten, es handle sich bei diesen Abfällen um Ersatzteilträger, eindeutig widerlegt wird. Nach einer Darstellung der maßgeblichen Rechtslage führte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung aus. Als erschwerend wertete sie die beiden rechtskräftigen Vorstrafen wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, da diese auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten. Als straferschwerend wurde weiters das uneinsichtige und absolut unverantwortliche Verhalten gegenüber den in der Rechtsordnung geschützten Werten gewertet. Die Erstbehörde legte der Strafbemessung auch die Angabe des Beschuldigten zugrunde, er habe kein Einkommen und kein Vermögen sowie keine Sorgepflichten. 2. Dagegen richtet sich die Berufung vom 15.9.1998, mit der gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt wurde. Die Berufung wurde damit begründet, daß dem Straferkenntnis jegliche Begründung fehle bzw. die angeführten Begründungen Scheinbegründungen wären. Es wurde gerügt, daß es die erstinstanzliche Behörde unterlassen habe, auf fachkundiger Basis Feststellungen darüber zu treffen, daß die abgelagerten Gegenstände einer Schlüsselnummer der ÖNORM S2101 oder einer Ziffer des § 2 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle zugeordnet werden können. Es gehe aus dem festgestellten Sachverhalt nicht hervor, ob die angeführten Gegenstände dem Begriff "gefährliche Abfälle" gemäß § 17 AWG bzw. dem Altölbegriff gemäß § 21 AWG zugeordnet werden könnten. Das Straferkenntnis führe auch nicht aus, wer Eigentümer oder Inhaber der im Straferkenntnis angeführten Gegenstände sei sowie auch nicht, ob die Erfassung und Behandlung dieser Gegenstände im öffentlichen Interesse geboten sei. Das Straferkenntnis sei daher rechtswidrig. Die auf dem Betriebsgelände des Berufungswerbers vorgefundenen Abfälle ließen sich nicht als gefährliche Abfälle im Sinne des AWG bzw. auch nicht als Abfälle im Sinne des Oö. AWG verifizieren. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bescheidmäßig abgewiesen. Der nunmehrige Berufungswerber hat dagegen Berufung erhoben, worauf die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land den gesamten Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt hat.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage führte der unabhängige Verwaltungssenat am 27.1.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge gegeben und die Wiedereinsetzung bewilligt.

3.2. Im Anschluß daran führte die 9. Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates über die Berufung des R N gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.8.1998 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch. An dieser nahmen der Berufungswerber, seine Rechtsvertreterin sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teil; Herr Ing. P S wurde als amtssachverständiger Zeuge einvernommen; er hatte am 6.11.1996 die Feststellungen an Ort und Stelle getroffen. 3.3. Daraus ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt: Am 6.11.1996 führten ein Vertreter der Umweltrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung und ein Sachverständiger der Unterabteilung Abfallwirtschaft des Amtes der Oö. Landesregierung einen Lokalaugenschein auf dem Grundstück des nunmehrigen Berufungswerbers durch. Dabei wurde festgestellt, daß eine Reihe von Fahrzeugteilen, vor allem von Lastkraftwagen, Lkw-Reifen und Felgen, Anhänger, Tanks, hausmüllähnliche Abfälle, sperrige Abfälle und alte Fässer mit ölkontaminiertem Erdreich und ölkontaminiertem Schotter auf dem Grundstück ohne erkennbarer Ordnung gelagert waren. Zum Teil waren diese Abfälle bereits überwachsen. Der Sachverständige stellte in seinem Gutachten fest, daß die im Befund beschriebenen Ablagerungen bzw. abgestellten Gegenstände keine unmittelbare Gefährdung der Umwelt begründen. Er stellte aber fest, daß aufgrund der völligen Unordnung, die nicht als betriebsbedingt anzusehen ist, diese eine beträchtliche Störung des Landschaftsbildes darstellen. Anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung gab der Sachverständige als Zeuge an, daß die Umgebung aus Wiesen, Feldern, einer bewaldeten Fläche, einem Bauernhaus und einem Wohnhaus besteht und die Ablagerungen subjektiv dieses Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen.

Er führte weiters aus, daß insbesonders für spielende Kinder Gefahren entstehen könnten, weil die Eisenteile zum Teil eingewachsen sind und die aufgestauten Haufen nicht stabil sind, sodaß jemand, der dort herumklettert, herunterfallen könnte oder Gegenstände ins Rutschen kommen und auf Personen herabfallen könnten. Die Vertreterin der Erstbehörde gab an, daß es sich bei diesem Grundstück um keine genehmigte Betriebsanlage handelt und daß das Grundstück im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Lambach als Grünland ausgewiesen ist. Der Sachverständige gab an, daß die Teile geordnet gelagert werden müßten, zB. in Containern und vor Sonnenlicht und Regen geschützt.

Der Berufungswerber gab an, daß er aus den Lkw-Teilen Spezialanhänger bauen würde und daß der im Befund beschriebene zerlegte Traktor ca. ein dreiviertel Jahr in diesem Zustand auf dem Grundstück gestanden sei, weil die Kupplung ausgebaut war und er auf das Ersatzteil so lange warten mußte. Festgestellt wurde weiters, daß das Grundstück, welches für Betriebszwecke verwendet wird, ca. 30 x 40 m groß und nicht eingezäunt war. Auf einer Seite war es durch einen Schotterwall abgegrenzt. Der Berufungswerber gab dazu an, daß öfter Frauen mit Kindern im Alter von 7-12 Jahren vorbeikommen würden, welche dann fragten, ob sie sich die abgestellten Gegenstände anschauen dürfen. Der Berufungswerber gab aber selbst an, nicht immer auf diesem Grundstück zu sein und daß ihm manchmal auch etwas gestohlen werde.

Zur Einkommens- und Vermögenssituation gab der Berufungswerber an, daß über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wurde und er momentan nur das zum Leben hätte, was ihm der Masseverwalter gebe. Er habe noch keine Pension.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

4.2. Die von der Erstbehörde herangezogene Strafbestimmung des § 42 Abs.1 Z2 lit.b Oö. AWG bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist 2. mit Geldstrafe bis 100.000 S, wer b. entgegen § 7 Abs.1 Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw. ablagert. In der angesprochenen Bestimmung des § 7 Abs.1 Oö. AWG ist geregelt, daß Abfälle nur in Abfallbehältern (§ 11 Abs.1 und § 14) vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen (§ 20 Abs.1), je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden dürfen.

(Abs.2 leg.cit. ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden.) Abfallbehandlungsanlagen im Sinne des § 20 Abs.1 leg.cit. sind: 1. Anlagen zur Sammlung (Sammelstellen), vorübergehenden Lagerung (Zwischenlager), Aufbereitung (zB. Sortierung, Zerkleinerung) sowie zur sonstigen Behandlung von Abfällen; 4. Ablagerungsplätze, insbesondere Reststoffdeponien.

Nach § 22 Abs.1 leg.cit. bedürfen die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abfallbehandlungsanlagen unabhängig von Bewilligungen und Genehmigungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, einer abfallrechtlichen Bewilligung. Der Begriff der "Abfälle" ist in § 2 Abs.1 leg.cit. wie folgt definiert: "(1) Abfälle im Sinne dieses Landesgesetzes sind bewegliche Sachen, 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder 2. deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist. Die geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann." Das "öffentliche Interesse" ist in § 8 leg.cit. wie folgt definiert: "Unter Beachtung der Ziele des § 3 sind Abfälle nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik so zu lagern, zu sammeln und abzuführen, zu befördern oder zu behandeln, daß insbesondere 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet werden, 3. die Umwelt (Boden, Luft und Wasser) über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt wird, 7. Interessen des Natur-, Landschafts- und Ortsbildschutzes, wie sie im Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 und im Oö. Ortsbildgesetz umschrieben sind, berücksichtigt werden, 8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird." Der Amtssachverständige hat anläßlich der Überprüfung vom 6.11.1996 die Gegenstände auf diesem Grundstück als Abfälle qualifiziert, weil von ihnen aufgrund der ungeordneten Lagerung und der Umgebung eine beträchtliche Störung des Landschaftsbildes ausgeht. Er hat von den gelagerten Gegenständen Lichtbilder angefertigt, auf denen einerseits die völlig ungeordnete Lagerung dieser Gegenstände und andererseits auch die Umgebung des "Betriebsgrundstückes" hervorgeht.

Der Amtssachverständige, der diese Beurteilung vorgenommen hat, ist von seiner Ausbildung her Chemiker und war auch in dieser Funktion als Amtssachverständiger tätig. Er besitzt keine Ausbildung für den Fachbereich des Orts- und Landschaftsbildes. Dennoch kann seine Beurteilung, daß die gelagerten Gegenstände das Landschaftsbild beträchtlich stören, als Kriterium der Wertung dieser Gegenstände als Abfälle herangezogen werden: Es ist aus seiner anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat abgegebenen Schilderung der unmittelbaren Umgebung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes im Zusammenhang mit den angefertigten Lichtbildern deutlich zu erkennen, daß es sich bei der Umgebung dieses Grundstückes um Grünland, nämlich um Wiesen, Felder und bewaldete Flächen handelt und sich lediglich ein Bauernhaus, ein Holzschuppen und ein Wohnhaus in der näheren Umgebung befinden. In diesem Ensemble stellt die völlig ungeordnete Lagerung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Gegenstände somit so offensichtlich eine beträchtliche Störung des Landschaftsbildes dar, daß diese Störung von jedermann wahrgenommen und die Beurteilung als störend auch von jedermann vorgenommen werden kann. Es war daher nicht erforderlich, einen Sachverständigen für Belange des Landschaftsbildes beizuziehen (zum Unterlassen der Beiziehung von Sachverständigen bei Offenkundigkeit siehe etwa VwGH vom 20.2.1997, 96/06/0063; 94/10/0001 vom 3.8.1995 ua). Daß die vom Berufungswerber vorgenommenen Lagerungen von Lkw-Teilen, alten Reifen und alten Fässern sowie hausmüllähnlichen Abfällen das Landschaftsbild stören, kann somit als offenkundige Tatsache angesehen werden, welche gemäß § 45 Abs.1 AVG keines Beweises durch Sachverständige (hier: eines Sachverständigen zur Beurteilung des Landschaftsbildes) bedarf. Überdies ist anzumerken, daß der beigezogene Amtssachverständige für Chemie für den Bereich der Abfälle aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung auch den Aspekt der Einfügung in das Landschaftsbild bereits verläßlich beurteilen kann.

Es ist daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß aufgrund der offensichtlichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes die vom Berufungswerber auf dem Grundstück gelagerten Gegenstände Abfälle im Sinne des § 2 Abs.1 Z2 Oö. AWG sind. Daran ändert auch nicht, daß diese Gegenstände möglicherweise noch einen gewissen Wert gehabt haben (siehe § 2 Abs.1 letzter Satz Oö. AWG). Der Berufungswerber hätte es in seiner Macht gehabt, etwa die Abfalleigenschaft des zerlegten Traktors zu beenden, indem er diesen für die Dauer der Reparatur in einer Garage oder dergleichen abgestellt hätte. In diesem Falle hätte der Traktor das Landschaftsbild nicht gestört, sodaß er nicht als Abfalll (im objektiven Sinn) anzusehen gewesen wäre. Ähnliches gilt auch für die weiteren gebrauchsfähigen Gegenstände wie die verrostete Straßenwalze, die verrosteten Tanks, die kaputte Zapfsäule usw., die alle aufgrund ihrer Beschaffenheit jedenfalls nicht ungeschützt und unverdeckt in dieser Landschaft gelagert werden durften.

Dadurch, daß diese Gegenstände somit Abfälle im objektiven Sinne sind, hätten sie in geeigneten Abfallbehältern bzw. in entsprechenden Abfallbehandlungsanlagen wie Sammelstellen oder Zwischenlager gelagert werden müssen. Dadurch, daß dies nicht geschehen ist, wurde die "allgemeine Regel für die Lagerung und Ablagerung von Abfällen" des § 7 Abs.1 Oö. AWG verletzt, weshalb der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

4.3. Da § 42 Abs.1 Z10 lit.b Oö. AWG hinsichtlich des Verschuldens nichts anderes bestimmt, kommt die allgemeine Verschuldensvermutung des § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung: Demnach genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift des § 7 Abs.1 Oö. AWG kein Verschulden trifft: Seine Verantwortung, daß er diese Gegenstände als Ersatzteilträger udgl. benötige, mag schon zutreffen, ist aber nicht geeignet, die Abfalleigenschaft dieser Gegenstände in Frage zu stellen: Wie schon der oben unter 4.2. zitierten Bestimmung des § 2 Abs.1 Z2 Schlußsatz Oö. AWG entnommen werden kann, ist die geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse auch dann geboten, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann. Das bedeutet, daß auch ein gewisser dem Gegenstand innewohnender Wert nicht verhindern kann, daß diese bewegliche Sache zum Abfall wird, wenn eben eines oder mehrere öffentliche Interessen verletzt werden. Da der Berufungswerber schon zuvor auf die Unzulässigkeit seiner Abfallagerungen hingewiesen worden war, kann er sich nicht darauf berufen, daß ihm die gesetzlichen Vorschriften nicht bekannt gewesen wären. Überdies ist jedermann verpflichtet, von sich aus die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Dadurch, daß er dies nicht getan hat, ist ihm Verschulden in Form der Fahrlässigkeit anzulasten. Es war daher hinsichtlich des Spruchabschnittes II. des angefochtenen Straferkenntnisses die Berufung abzuweisen. 4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Von der Erstbehörde wurde zutreffend als straferschwerend berücksichtigt, daß der Berufungswerber bereits zwei einschlägige Vorstrafen hatte, daß er sich gegenüber den von der Rechtsordnung geschützten Werten uneinsichtig und unverantwortlich verhalten hatte und daß bereits eine Gefährdung eben dieser Werte eingetreten ist. Dazu kommt nach der Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates auch das beträchtliche Ausmaß der Abfallagerungen und die massive Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.

Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist bereits die Erstbehörde von einem fehlenden Einkommen sowie keinem Vermögen ausgegangen. In der Berufungsverhandlung hat der Berufungswerber angegeben, dennoch ein Einkommen zu haben, nämlich das, was ihm der Masseverwalter gebe. Es ist daher auch aus diesem Aspekt heraus eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht erforderlich. Die verhängte Strafe entspricht der Hälfte des im Gesetz vorgesehenen Strafrahmens. Aus spezial- und generalpräventiven Gründen ist eine Strafe in dieser Höhe erforderlich und angemessen, um den Berufungswerber von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. 4.5. Dagegen war der erste Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben. Dies aus folgenden Gründen:

§ 17 Abs.1 AWG bestimmt, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

Im vorliegenden Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber jedoch vorgeworfen, eine Reihe von näher bezeichneten gefährlichen Abfällen gelagert zu haben, obwohl das Lagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei. Dieser Tatvorwurf steht in Widerspruch zu der oben zit. Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG, wonach lediglich das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig ist. Der Unterschied zwischen "Lagern" und "Ablagern" ist zwar im AWG nicht gesetzlich definiert und ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes daher nach den Umständen des Einzelfalles abzuleiten (VwGH 95/07/0113 vom 24.10.1995). Allerdings steht fest, daß das "Ablagern" eine Form der Behandlung von Abfällen ist (siehe hiezu die Legaldefinition des § 2 Abs.10 AWG), während das "Lagern" keine Behandlungsform ist, sondern lediglich eine zeitlich beschränkte Zwischenlagerung mit der Absicht, diese Abfälle zu einem späteren Zeitpunkt an einen anderen Ort zu bringen.

Während gemäß § 17 Abs.1 AWG sowohl für die Lagerung als auch für die Ablagerung die Verpflichtung gilt, daß dadurch Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen vermieden werden müssen, besteht das Verbot der Ablagerung von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen eben nur für das Ablagern von gefährlichen Abfällen, nicht aber für das Lagern.

Dadurch aber, daß die Erstbehörde dem Berufungswerber das "Lagern" außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen vorgeworfen hat, hat sie dem Beschuldigten eine Tat vorgeworfen, die in Wahrheit weder im § 17 Abs.1 noch im ebenfalls angesprochenen § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG geregelt ist. Dadurch, daß die Erstbehörde dem Berufungswerber somit eine nicht existente Verwaltungsübertretung vorgeworfen hat, hat sie ihr Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieses im Spruchabschnitt I. aufzuheben war.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist.

Da hinsichtlich des Spruchabschnittes II. eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren dazu 10.000 S.

Dagegen waren die Kosten des Berufungsverfahrens hinsichtlich Spruchabschnitt I. gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung in diesem Punkt Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Lagern - Ablagern; Abfallbegriff; öffentliches Interesse - Landschaftsbild; offenkundige Tatsache

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