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des Landes Oberösterreich
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VwSen-320003/2/Kl/Rd

Linz, 19.03.1996

VwSen-320003/2/Kl/Rd Linz, am 19. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des AS, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 4.4.1995, N96-4-4-1994-Ma/Bü, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 4.4.1995, N96-4-4-1994-Ma/Bü, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 800 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 Z2 lit.o iVm § 37 Abs.2 Z1 O.ö. NSchG 1982 verhängt, weil er in der Zeit von Ende Mai 1994 bis Ende Juni 1994 in H auf dem Grundstück KG, einen aufgeschütteten Erdkegel abgetragen und mit diesem Material den unmittelbar anschließenden Graben verfüllt und unter Einbeziehung der seitlichen Geländeangleichungen eine geländegestaltende Maßnahme auf einer Fläche von mehr als 2000 m2 mit einer Änderung der Höhenlage um mehr als 1 m vorgenommen hat, obwohl die dafür notwendige naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vorlag.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die angelastete Verwaltungsübertretung bestritten wurde. Einerseits brachte der Bw vor, daß der Erdmaterialkegel bereits vor mehr als 18 Jahren abgelagert wurde, und deshalb Verjährung eingewendet werde. Auch werde die Vornahme einer bewilligungspflichtigen geländegestaltenden Maßnahme bestritten, weil es sich nach seinen Berechnungen um maximal eine Fläche von 1900 m2 handle. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die BH Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG) und weil eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Es hat daher der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 4 Abs.1 Z2 lit.l des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr.

80/1982 idF LGBl.Nr. 72/1988 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) bedarf die Durchführung von geländegestaltenden Maßnahmen (Abtragungen oder Aufschüttungen) auf einer Fläche von mehr als 2000 m2, wenn die Höhenlage mehr als 1,0 m geändert wird, im Grünland unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde.

Eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S ist zu bestrafen, wer bewilligungspflichtige Vorhaben (§ 4) ohne Bewilligung ausführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält, sofern nicht Abs.3 Z3 anzuwenden ist (§ 37 Abs.2 Z1 O.ö. NSchG).

4.2. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Erlassung des Straferkenntnisses eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht (§ 1 Abs.2 VStG).

Es war daher gegenständlich die Rechtslage vor der O.ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl.Nr.2/1995, anzuwenden.

4.3. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

4.3.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Bw bewilligungspflichtige geländegestaltende Maßnahmen im Zeitraum Ende Mai 1994 bis Ende Juni 1994 vorgeworfen. Weder dem Aktenvermerk vom 24.6.1994 noch dem Rechtshilfeersuchen vom 28.7.1994, welche der Rechtfertigung des Beschuldigten am 5.9.1994 zugrundelagen, war eine entsprechende Tatzeit zu entnehmen. Auch dem nachfolgenden Verfahren ist eine hinsichtlich dieser Tatzeit konkretisierte Verfolgungshandlung nicht zu entnehmen. Es wurde sohin dem Bw erst mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der zur Tatkonkretisierung wesentliche Tatzeitraum erstmalig, aber nach Verstreichen der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen. Schon aus diesem wesentlichen Grunde, weil ein Umstand vorlag, der die Verfolgung ausschließt, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

4.3.2. Darüber hinaus muß iSd vorzitierten ständigen Judikatur des VwGH dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß eine Subsumtion unter die begangene Verwaltungsübertretung möglich ist, und darüber hinaus der Beschuldigte geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch diesen Erfordernissen kommt der Spruch insofern nicht nach, als es nicht ausreicht, wenn dem Tatvorwurf lediglich die verba legalia, also Abtragungen auf einer Fläche von mehr als 2000 m2 und in einer Höhenlage von mehr 1,0 m, vorgeworfen wird, sondern es wäre erforderlich gewesen, die vom Bw tatsächlich begangene Tat, nämlich die tatsächlich erfolgte Abtragung bzw. Aufschüttung in ihren tatsächlichen Ausmaßen vorzuwerfen. Erst so wäre eine Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale gemäß § 4 Abs.2 lit.l O.ö. NSchG möglich gewesen. Im übrigen sei auch noch darauf hingewiesen, daß die gegenständliche Verwaltungsübertretung nur "im Grünland" begangen wird, weshalb auch dieses Erfordernis ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, welches in den Spruch aufzunehmen ist, darstellt. Eine nach dem flächenmäßigen Ausmaß konkretisierte geländegestaltende Maßnahme, woraus sich dann erst die Bewilligungspflicht ableitet, wurde aber dem Bw niemals vorgeworfen. Vielmehr ist aus der Aktenlage zu entnehmen, daß lediglich laut AV vom 24.6.1994 eine geländegestaltende Maßnahme auf einer Fläche von ca. 4000 m2 festgelegt wurde, wobei aber schon nach entsprechenden Rechtfertigungen des Bw diese Aufschüttungen bzw.

Ablagerungen vor 18 Jahren erfolgten und daher nicht Gegenstand des nunmehrigen Vorwurfes sind.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis auch aus diesem Grunde aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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