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des Landes Oberösterreich
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VwSen-320004/15/Kl/Rd

Linz, 13.05.1996

VwSen-320004/15/Kl/Rd Linz, am 13. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des KP, vertreten durch RAe, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.3.1995, N96-19-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 29.4.1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt jede Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 erste Alternative und Z3 und 51 VStG sowie §§ 17 und 37 Abs.3 Z5 O.ö. NSchG 1982.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.3.1995, N96-19-1994, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 60.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs.3 Z5 O.ö. NSchG 1982 verhängt, weil er im September 1994 einen untersagten Eingriff in ein Naturschutzgebiet ausführen lassen hat, indem er im Z, im unmittelbaren Mündungsbereich des H, die rechtsufrig des Mündungsbereiches bestandene Schotterbank und Anlandungsfläche ausgebaggert sowie anschließend in keilförmiger Form bis zu einer Höhe von 2 m auf der ursprünglich vorhandenen Anlandungsfläche aufgeschüttet hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher in der Begründung im wesentlichen auf Spruchmängel gemäß § 44a Z1 VStG hingewiesen wurde, insbesondere sei die Angabe der Tat "im September 1994" mangelhaft konkretisiert und wird dem Bw die Tat widersprüchlich vorgeworfen, nämlich, daß er einerseits den Eingriff in ein Naturschutzgebiet "ausführen lassen" hat und andererseits persönlich den Mündungsbereich des Hausstätterbaches ausgebaggert hätte. Im übrigen wurden Verfahrensmängel zur Klärung des Sachverhaltes geltend gemacht, insbesondere ob ein Eingriff in ein Naturschutzgebiet stattgefunden hat bzw.

ob nicht eine Ausnahme vom Verbot des Eingriffes bestanden hätte. Schließlich wurde die Höhe der Strafe bekämpft.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in einem weiteren Schriftsatz den bestätigenden Bescheid der o.ö.

Landesregierung betreffend einen Wiederherstellungsauftrag gemäß § 39 Abs.1 und 4 O.ö. NSchG nachgereicht.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat für den 29.4.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, an welcher die Verfahrensparteien teilnahmen und der Zeuge JE einvernommen wurde.

4.1. Aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht fest, daß der Z mit Verordnung der o.ö.

Landesregierung vom 25.1.1965, LGBl.Nr. 9/1965, zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Die Wasserfläche des Z umfaßt das Grundstück Nr. der KG Z und steht im Eigentum einer Eigentümergemeinschaft, genannt Konsortium Z. Der Beschuldigte ist Eigentümer des angrenzenden Landgrundstückes Nr. der KG Z und es befinden sich auf diesem Ufergrundstück ein Badeplatz und daneben ein Hotel-Restaurantbetrieb des Beschuldigten. Die Gemeinde Tiefgraben besitzt ein grundbücherliches Nutzungsrecht zur Schotterentnahme des vom H angetragenen Schotters.

4.2. Infolge eines Unwetters im Jahr 1991 wurden Schotter und Schlammassen durch den H in den Mündungsbereich im Z transportiert, sodaß nach den Angaben des Bw sein dort befindlicher Badeplatz und Bootsanlageplatz nicht mehr benutzbar ist. Durch die Gemeinde Tiefgraben wurde bereits am 30.1.1992 ein Antrag auf Räumung des H gestellt und wurde von der BH Vöcklabruck auch ein positiver Feststellungsbescheid nach § 5 Abs.1 und 2 O.ö. NSchG für die Gemeinde Tiefgraben erlassen. Eine wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung konnte jedoch keiner bescheidmäßigen Erledigung zugeführt werden. Weitere Anträge auf Schotterentnahme bzw. Räumung wurden durch Gutachten des Amtssachverständigen, nämlich des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, unter Hinweis auf das Naturschutzgebiet "Z" und das Verbot eines Eingriffes gemäß § 17 O.ö. NSchG negativ beurteilt.

4.3. Mit behördlichem Lokalaugenschein vom 29.9.1994 wurde festgestellt, daß ohne behördliche Bewilligung und ohne Zustimmung der Grundeigentümer Bagger- bzw. Räumungsarbeiten im Mündungsbereich des H in den Z vorgenommen wurden und eine Deponierung des Schottermaterials am Ufer des Grundstückes Nr. 2121 in der Höhe bis zu 2m vorgenommen wurde.

Aufgrund der glaubhaften und nachweisbaren Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch des einvernommenen Zeugen wurden diese Baggerungsarbeiten am 16.9.1994 durch das Baggerunternehmen S, durchgeführt. Dabei wurden die vom Bw in seiner Berufung behaupteten Verunreinigungen der Anlandungsfläche durch einen Rehkadaver und durch Müll vom als Zeugen einvernommenen Baggerführer nicht wahrgenommen.

Der Auftrag zur Ausbaggerung der Schotterbank und Anlandungsfläche erfolgte durch den Bw an das oa Baggerunternehmen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 17 Abs.3 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl.Nr. 80/1982, idF LGBl.Nr. 72/1988 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), sind Eingriffe in ein Naturschutzgebiet untersagt, es sei denn, daß sie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder im Interesse der Sicherheit von Menschen oder zur Abwehr der Gefahr bedeutender Sachschäden vorgenommen werden müssen.

Gemäß § 37 Abs.3 Z5 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer untersagte Eingriffe in ein Naturschutzgebiet ausführt.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Auch muß dem Beschuldigten schon aufgrund des Spruches eindeutig erkennbar sein, welcher Tat er beschuldigt wird.

Dies trifft im gegebenen Fall nicht zu.

5.2. Wird dem Beschuldigten zwar in der als erster Verfolgungshandlung noch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zugegangenen Aufforderung zur Rechtfertigung ein Eingriff in ein näher bestimmtes Naturschutzgebiet vorgeworfen, so fehlt diese Konkretisierung des Naturschutzgebietes im angefochtenen Straferkenntnis. Wesentlicher Mangel ist aber, daß dem Bw im gesamten Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz als Tatzeitraum der "September 1994" vorgeworfen wurde, obwohl schon aus den behördlichen Ermittlungen, aktenkundig durch Aktenvermerk vom 4. Oktober 1994, hervorgeht, daß die Tat bereits am 29.9.1994 vollendet war, und im übrigen der Beschuldigte selbst im gesamten Verfahren angab, daß er die Baggerung am 16.9.1994 vornehmen ließ. Es ist daher der Tatvorwurf "im September 1994" schon aus diesem Grunde rechtswidrig. Es genügt aber diese Tatzeit auch den Tatzeitkonkretisierungsaufforderungen insofern nicht, als eine weitere Bestrafung wegen derselben Tat nicht ausgeschlossen werden kann, und auch die Einhaltung der gesetzlichen Verjährungsfristen nicht eindeutig nachvollziehbar ist.

Rechtswidrig ist jedenfalls der Vorwurf, den Eingriff "ausführen lassen" zu haben, wobei aber bei der näheren Konkretisierung des Eingriffes die Eingriffshandlungen der Ausbaggerung und Aufschüttung wieder dem Beschuldigten persönlich zugerechnet wurden. Dies widerspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wonach im Verwaltungsstrafrecht der Grundsatz gilt, daß eine und dieselbe Person wegen derselben Tat nicht gleichzeitig als unmittelbarer Täter und als Mitschuldiger bestraft werden kann (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr.

Verwaltungsverfahrens, S. 747, E 4 und 5 mN). Wird jemand spruchgemäß der Anstiftung nach § 7 VStG schuldig erkannt, so hat der Spruch, um den Anforderungen des § 44a Z1 VStG gerecht zu werden, die Tatzeit hinsichtlich der Regelung der Anstiftung anzuführen, weiters ist gemäß § 7 VStG die Schuldform des Vorsatzes bereits tatbestandsmäßig und daher innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorzuwerfen und es ist eine Konkretisierung der vom unmittelbaren Täter begangenen Tat vorzunehmen sowie der unmittelbare Täter (der Angestiftete) im Spruch anzuführen (Hauer-Leukauf, S. 745 ff).

Den Vorwurf der Anstiftung allerdings machte die belangte Behörde erstmalig erst im Straferkenntnis vom 28.3.1995, also - gemessen am tatsächlichen Tatzeitpunkt 16.9.1994 außerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist, wobei aber die Schuldform und die näheren Konkretisierungsmerkmale der Anstiftung auch diesem Spruch nicht zu entnehmen sind. Daß aber die Tat, nämlich einen untersagten Eingriff in ein Naturschutzgebiet ausgeführt zu haben, vom Beschuldigten selbst vorgenommen wurde, ist aus dem Straferkenntnis nicht eindeutig ersichtlich und wurde durch das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat eindeutig widerlegt. Es hat daher der Bw die Tat als unmittelbarer Täter nicht begangen.

ISd Ausführungen war daher das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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