Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320009/2/Gb/Rd

Linz, 12.07.1996

VwSen-320009/2/Gb/Rd Linz, am 12. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des RR, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 7.8.1995, N96-2-1994, wegen einer Übertretung nach dem O.ö. NSchG 1982 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51, 51c und 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) gemäß "§ 42 Abs.3 1. Halbsatz" eine Geldstrafe von 5.000 S (EFS: drei Tage) verhängt, weil er "in der Zeit von Anfang März bis 25.6.1994 ein unbenanntes Zubringergerinne zum K im Bereich der Parz. u. der KG. u.

Gemeinde St. T auf einer Länge von 130 lfm verrohrt (habe), ohne dafür in Besitze eines positiven naturschutzbehördlichen Feststellungsbescheides gem. § 8 (früher § 6) O.ö. NSchG gewesen zu sein." Dadurch habe er die Rechtsvorschriften des "§ 8 Abs.1 Zi.2, Abs.2 u. 4) iVm § 42 Abs.3 Zi.2 O.ö. Naturschutzgesetz 1995, LGBl. 37 vom 24.4.1995" begangen.

2. Mit Schreiben vom 11.8.1995 hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt dem dieser zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Da zudem weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

Bereits aus der Akteneinsicht ist ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, sodaß eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, daß nach dem bekämpften Straferkenntnis der Tatzeitpunkt mit "von Anfang März bis 25.6.1994" konkretisiert wurde.

Unter Zugrundelegung dieser Tatzeit ist festzuhalten, daß die von der belangten Behörde als verletzte Verwaltungsvorschrift angewendete Gesetzesbestimmung noch gar nicht anzuwenden war: gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war und gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre, was aber gegenständlich nicht der Fall ist. Richtigerweise wäre also das O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982, LGBl.Nr.

80 idF der Novelle LGBl.Nr. 72/1988 anzuwenden gewesen.

Dessen ungeachtet ist folgendes festzustellen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist unter Zugrundelegung der Rechtsvorschriften, die nach dem Tatzeitpunkt richtigerweise angewendet werden hätten müssen, ein verbotener Eingriff in das Landschaftsbild (§ 6 Abs.2 O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr. 80 idF LGBl.Nr. 72/1988). Dieses wesentliche Tatbestandselement wurde dem Bw nach dem Spruch des bekämpften Straferkenntnisses nicht vorgeworfen. Es wird ihm lediglich vorgeworfen, daß er eine Verrohrung durchgeführt habe. Eine Subsumierung unter das gesetzliche vorangeführte Tatbild kann hiemit noch nicht vorgenommen werden. Aus diesen Umständen ist klar ersichtlich, daß das dem Bw vorgeworfene tatsächliche Verhalten nicht in einer dem § 44a Z1 VStG entsprechenden Weise umschrieben worden ist.

Ein weiteres wesentliches Tatbestandselement ist, daß es sich um einen verbotenen Eingriff in einen geschützten Bereich iSd § 6 Abs.1 lit.b O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988 gehandelt habe. Es ist im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses lediglich angeführt, daß der Bw "ein unbenanntes Zubringergerinne zum K" verrohrt habe. Auch diesfalls wäre es in Ansehung des § 44a Z1 VStG erforderlich gewesen, darauf hinzuweisen, daß dieses Fließgewässer vom Anwendungsbereich der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LBGl.Nr. 107/1982 erfaßt ist. Solche Angaben fehlen aber im Spruch völlig. In Anbetracht dieser Feststellungen war das bekämpfte Straferkenntnis, ohne daß auf die Berufung selbst näher einzugehen war, aufzuheben. Im übrigen war aber auch das Verfahren gleichzeitig aus folgenden Gründen einzustellen:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Gemäß Abs.2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Es ist festzuhalten, daß eine die Verfolgungsverjährung ausschließende Verfolgungshandlung sich auf einen bestimmten Sachverhalt und auf alle relevanten Sachverhaltselemente beziehen muß. Erst eine solcherart konkretisierte Verfolgungshandlung schließt somit den Eintritt der Verfolgungsverjährung aus. Da jedoch eine solche Verfolgungshandlung - die Ladung und Vernehmung als Beschuldigter enthalten keinen hinsichtlich Tathandlung, Tatort und Tatzeit konkretisierten Tatvorwurf - innerhalb der oa Sechsmonatefrist nicht erfolgt ist, ist idS Verfolgungsverjährung eingetreten, sodaß das Verfahren einzustellen war, da somit ein Umstand vorliegt, der die Verfolgung ausschließt (§ 45 Abs.1 Z3 VStG). Es war dem unabhängigen Verwaltungssenat demnach auch verwehrt, den nicht dem Gebot des § 44a VStG entsprechenden Spruch des bekämpften Straferkenntnisses rechtswirksam zu korrigieren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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