Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320013/2/Gb/Rd

Linz, 06.08.1996

VwSen-320013/2/Gb/Rd Linz, am 6. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des RV, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.9.1995, N96-31-1995-Li, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt wird.

Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafsanktionsnorm "§ 37 Abs.3 Einleitungssatz O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988" zu lauten hat.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c, 51e Abs.2 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen einer Übertretung des § 42 Abs.3 Z1 des O.ö. NSchG 1995 eine Geldstrafe von 7.000 S (EFS:

sieben Tage) verhängt. Die dem Bw vorgeworfene Tat lautet:

"Mit Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 26.6.1979, Agrar-450003-5162-I/Ka-1979, wurde für den von Ihnen betriebenen Campingplatz auf Gst.Nr., KG S, Gemeinde S, die naturschutzbehördliche Feststellung ua unter der Auflage getroffen (Auflagepunkt 6), daß der Campingplatz in der Zeit vom 1. November bis 31. März jedes Jahres vollständig zu räumen ist; es können jedoch für die vorgenannte Zeit die Wohnwägen auf den Parkplätzen 1 bis 17 zur Überwinterung zugestellt werden.

Wie am 28.11.1994 vom GPK O festgestellt werden konnte, waren auf dem Campingplatz insgesamt 71 Wohnwägen abgestellt.

Folglich haben Sie jedenfalls am 28.11.1994 die in der bescheidmäßigen Feststellung unter Punkt 6 enthaltene Auflage nicht eingehalten".

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bw rechtzeitig Berufung und beantragt, "von der Strafe abzusehen", da es ihm aus technischen Gründen nicht möglich gewesen wäre, den Campingplatz zu räumen. Die terrassenförmige Anordnung und die Hanglage des Campingplatzes hätten bei der vorjährigen Witterung eine Räumung nicht zugelassen, da dadurch ein extremer Flurschaden hervorgerufen worden wäre.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da nach dem bekämpften Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Berufungsentscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. Da zudem der Sachverhalt selbst unbestritten geblieben ist, sich die Berufungsausführungen nur auf die Höhe der verhängten Strafe richten und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt worden ist, konnte von der Durchführung einer solchen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht.

Es war daher gegenständlich die Rechtslage des im Spruch angeführten Gesetzes anzuwenden, und nicht die Wiederverlautbarung (O.ö. Natur- und Landschaftsschutz 1995 - O.ö. NSchG 1995, LGBl.Nr. 37/1995), die erst am 1.6.1995 (nach Tatbegehung) in Kraft getreten ist.

4.2. Die Nichteinhaltung der Bescheidauflage wurde nicht bestritten und war - weil gegen die Strafe berufen wurde nicht mehr einer Überprüfung zuzuführen.

4.3. Gemäß § 37 Abs.3 Z1 O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 idF. LGBl.Nr.72/1988 (zur Tatzeit anzuwendende Rechtslage) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich von Seen verboten sind (§ 5), ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 5 Abs.1 ausführt oder in solchen Feststellungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält.

Eine Glaubhaftmachung, daß den Bw an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, konnte jedoch nicht in einer der Berufung zum Erfolg verhelfenden Weise vorgebracht und dargetan werden. Die Verantwortung, daß der Bw aufgrund der Witterung nicht in der Lage gewesen sei, den Campingplatz, der terrassenförmig und in Hanglage angeordnet ist, zu räumen, kann nicht durchschlagen, weil der Bw schon objektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat: Ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, hätte sich an seiner Stelle anders verhalten, er hätte seine Verhaltensweisen so rechtzeitig gewählt, daß mit 1.11. der Campingplatz jedenfalls entsprechend der Bescheidauflage geräumt gewesen wäre. Überdies ist, ohne auf die tatsächlichen meteorologischen Verhältnisse eingehend, davon auszugehen, daß zumindest bis zum 28.11.1994 die Witterungsverhältnisse ein Räumen des Campingplatzes erlauben hätten müssen. Es wäre der Bw auch subjektiv in der Lage gewesen, entsprechend zu handeln. Nähere Sachverhaltsausführungen und Beweise zu seinen Behauptungen hat der Bw nicht vorgetragen, obwohl er initiativ alles hätte vorbringen müssen. Es konnten daher seine Ausführungen ein geringes (mangelndes) Verschulden im Sinn des § 21 VStG nicht darlegen, weshalb von der Strafe nicht abzusehen war.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aufgrund der Tatsache, daß eine vom Bw beantragte Änderung hinsichtlich des Auflagenpunktes 6 oben genannten Administrativbescheides nicht bescheidmäßig bewilligt worden ist (jedenfalls bis zum Tatzeitpunkt) und er doch entgegen dem nach wie vor, jedenfalls am 28.11.1994, rechtswirksam bestehenden Bescheid inklusive Auflagenpunkt 6 gehandelt hat, ist das Verschulden als beträchtlich zu beurteilen.

Durch sein rechtswidriges Verhalten wurde das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz verletzt, insbesondere wurde der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt und das Landschaftsbild (gemäß der rechtskräftigen bescheidmäßigen Feststellung) gestört.

Im Hinblick auf dieses als grob fahrlässig zu bewertende Verhalten, im Hinblick auf seine in der Berufung unbestritten gebliebenen persönlichen Verhältnisse, aufgrund der Tatsache, daß Erschwerungs- und Milderungsgründe nicht zu berücksichtigen waren und auch im Verfahren nicht zutage getreten sind und im Hinblick auf den vorgegebenen Strafrahmen von bis zu 500.000 S ist die verhängte Geldstrafe sowohl schuld- als auch tatangemessen. Weiters ist sie auch aus spezialpräventiven Aspekten erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

4.5. Demgegenüber ist aber die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von sieben Tagen unter Berücksichtigung der verhängten Geldstrafe, des möglichen Höchstmaßes der Geldstrafe von 500.000 S und den Bestimmungen des § 16 VStG nicht nachvollziehbar und in keiner Weise in Relation zur verhängten Geldstrafe zu bringen.

Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstausmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nichts anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Da die gegenständliche Strafsanktionsnorm über die Ersatzfreiheitsstrafe nichts anderes bestimmt, beträgt das mögliche Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe im gegenständlichen Fall zwei Wochen.

Wenn auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen ist, ist die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen in Anbetracht der Verhängung einer Geldstrafe von 7.000 S - bei einem gesetzlichen Höchstrahmen der Geldstrafe von 500.000 S - nicht gerechtfertigt. Trotz der bei der Verhängung von Geldstrafen (im Gegensatz zu den Ersatzfreiheitsstrafen) zu berücksichtigenden persönlichen Umständen (Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen) ist festzuhalten, daß die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen in krassem Widerspruch zu § 16 VStG steht. Diesbezüglich war die Ersatzfreiheitsstrafe unter Berücksichtigung des festgestellten Verschuldens spruchgemäß auf ein dem § 16 VStG entsprechendes Ausmaß zu reduzieren.

5. Die Spruchkorrektur war geboten und erforderlich, als gemäß § 1 VStG immer das zum Tatzeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist und eine rückwirkende Gesetzesanwendung im Strafrecht im allgemeinen verboten ist. Ein Fall des § 1 Abs.2 VStG liegt nicht vor.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu leisten, weil der Berufung teilweise Erfolg beschieden war (§ 65 VStG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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