Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320014/2/Gb/Ka

Linz, 02.08.1996

VwSen-320014/2/Gb/Ka Linz, am 2. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der CV, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.9.1995, Zl.N96-28-1994-Li, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldausspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch anstelle von "§ 7 Abs.1" "§ 5 Abs.1" zu treten hat, die verletzte Rechtsvorschrift "§ 37 Abs.3 Z1 1. Halbsatz iVm § 5 Abs.1 O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988" und die Strafsanktionsnorm "§ 37 Abs.3 Einleitungssatz leg.cit." zu lauten hat. Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabgesetzt wird.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16, 51, 51c, 51e Abs.2 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.9.1995, N96-28-1994-Li, wurde über die Berufungswerberin (Bwin) eine Geldstrafe von 2.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil sie im Zeitraum vom 30.7.1994 bis jedenfalls 3.8.1994 außerhalb der mit Bescheid des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 26.6.1979, Agrar-450003-5162-I/Ka-1979, genehmigten Stellplätze, auf der Spielwiese, Grundstücksnr., KG S, Gemeinde S, die Aufstellung von 3 Zelten und 3 Wohnwägen gestattet habe.

Dadurch sei ein Eingriff in der 500 m Uferschutzzone des H vorgenommen worden, wofür sie jedenfalls bis zum 3.8.1994 keinen hiefür erforderlichen behördlichen Feststellungsbescheid gemäß § 7 Abs.1 O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz erlangt gehabt hätte. Deshalb habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.1 iVm § 42 Abs.3 Z1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 begangen und sei entsprechend zu bestrafen gewesen.

2. Dagegen erhob die Bwin rechtzeitig Berufung. Nach ihrem Wissen bestehe eine Regelung, daß Landwirte auf ihren eigenen Wiesen das Campieren unter bestimmten Voraussetzungen erlauben dürfen. Diese Regelung gelte auch für Gewerbetreibende, da diese ja Steuern für die Nutzung der Fläche zahlen. Da durch das Campieren im Sommer öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt würden, sei sie davon ausgegangen, daß dieses auch für die paar Tage nicht anders sei. Abschließend bittet sie, von einer Strafe abzusehen.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und auch den im Spruch bezeichneten Feststellungsbescheid vom 26.6.1979 übermittelt. Da weder eine Primärfreiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. Da überdies der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und von der Bwin auch eingestanden wurde, im übrigen sich die vorliegende Berufung auf Rechtsfragen beschränkt, und keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da diese zudem auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

3.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht. Es war daher die Rechtslage des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr.72/1988 anzuwenden.

3.2. Gemäß § 37 Abs.3 Z1 1. Halbsatz leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich von Seen verboten sind (§ 5), ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 5 Abs.1 ausführt.

Gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß sich solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

3.2.1. Mit dem Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 26.6.1979, Agrar-450003-5162-I/Ka-1979, betreffend die Errichtung eines Campingplatzes und von Campinggebäuden auf den Grundstücken Nr. und , KG S, Gemeinde S, wurde festgestellt, daß durch die Ausführung des Vorhabens nach Maßgabe der vorgelegten und als solche gekennzeichneten Pläne öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes unter Einhaltung von Auflagen nicht verletzt werden. Nach dem Plan, der oben genanntem Bescheid zugrundeliegt, umfaßt das Campinggelände Stellplätze und eine Spielwiese, wobei das Campen logischerweise nur auf den Stellplätzen erlaubt (genehmigt) ist.

Die Bwin hat vielmehr insoferne entgegen den oa. Feststellungsbescheid gehandelt, als sie auf dem Campingplatzgelände das Campen außerhalb der dafür vorgesehenen Stellplätze und somit diesbezüglich ohne bescheidmäßige Feststellung erlaubt hat. Der oa.

Feststellungsbescheid bestimmt unter Zugrundelegung des entsprechenden Planes ganz eindeutig ("... nach Maßgabe der vorgelegten und als solche gekennzeichneten Pläne ...") den Umfang der Berechtigung. Es mußte der Bwin also klar sein, daß ein Campen auf der Spielwiese - wenn auch nur für ein paar Tage - nicht erlaubt ist, weshalb ihr diesbezügliches Vorbringen der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen konnte.

Es ist daher für die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebene Aufstellung von drei Zelten und drei Wohnwägen im Bereich der Spielwiese keine vom Gesetz geforderte bescheidmäßige Feststellung, daß durch diesen Eingriff in das Landschaftsbild öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden, vorhanden und es ist daher der Eingriff verboten. Diesbezüglich ist im Grunde des angeführten Feststellungsbescheides, welcher hinsichtlich der Ausführung auf die Projektsunterlagen verweist, eine Deckung im Bescheid nicht vorhanden und somit der vorgeworfene objektive Tatbestand erfüllt.

3.2.2. Nach der gegenständlich anzuwendenden Rechtslage sind auch keine gesetzlichen Regelungen dahingehend getroffen, daß Landwirte von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen seien. Insofern ist auf das Berufungsvorbringen mangels Relevanz im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht näher einzugehen.

3.3. Da sich die Bwin mit den entsprechenden Gesetzesbestimmungen offenkundig nur mangelhaft auseinandergesetzt hat, ist ganz zweifelsfrei davon auszugehen, daß diese mangelnde Kenntnis der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen nicht erwiesenermaßen unverschuldet im Sinne des § 5 Abs.2 VStG ist und daher die begangene Verwaltungsübertretung nicht entschuldigen kann.

Andere Behauptungen, die ein mangelndes Verschulden begründen könnten, brachte die Bwin aber nicht vor, sodaß auch zumindest ein fahrlässiges Verschulden feststeht.

3.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der verhängten Geldstrafe findet die Berufungsbehörde keinen Ansatzpunkt dafür, daß die belangte Behörde von ihrem bei der Strafbemessung auszuübenden Ermessensspielraum nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. In diesem Sinne hat die belangte Behörde auf die aktenkundige Unbescholtenheit und (offenbar) darauf Rücksicht genommen, daß es sich nicht um schwere mit der Tat verbundene Schädigungen oder Gefährdungen derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, gehandelt hat. Auch sind keine nachteilige Folgen bekannt geworden.

Nach dem bekämpften Straferkenntnis und der darin vorgehaltenen Tatzeit ist auch zu beachten, daß es sich hinsichtlich des rechtswidrigen Handelns nicht um ein länger dauerndes rechtswidriges Handeln gehandelt hat. Insofern war die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von nicht einmal einem halben Prozent der möglichen Höchststrafe gerechtfertigt, aber keinesfalls überhöht.

Im Hinblick auf § 19 Abs.2 VStG wurden die diesbezüglichen Strafbemessungsgründe im bekämpften Straferkenntnis ausreichend beurteilt, wobei ergänzend dazu festzuhalten ist, daß die Tat zumindest fahrlässig begangen wurde. Die Bwin hat weiters keine Strafmilderungsgründe bekanntgegeben und sind solche auch nicht hervorgetreten.

3.5. Demgegenüber ist aber die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 72 Stunden unter Berücksichtigung der verhängten Geldstrafe, des möglichen Höchstmaßes der Geldstrafe von 500.000 S und den Bestimmungen des § 16 VStG nicht nachvollziehbar und in keiner Weise in Relation zur verhängten Geldstrafe zu bringen.

Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstausmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Da die gegenständliche Strafsanktionsnorm über die Ersatzfreiheitsstrafe nicht anderes bestimmt, beträgt das mögliche Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe im gegenständlichen Fall zwei Wochen.

Wenn auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen ist, ist die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, ds 3 Tage, in Anbetracht der Verhängung einer Geldstrafe von (nur) 2.000 S, bei einem gesetzlichen Höchstrahmen der Geldstrafe von 500.000 S nicht gerechtfertigt. Trotz der bei der Verhängung von Geldstrafen (im Gegensatz zu den Ersatzfreiheitsstrafen) zu berücksichtigenden persönlichen Umständen (Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse) ist festzuhalten, daß die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe an sich dem 50-fachen der verhängten Geldstrafe entsprechen würde. Es war daher die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß in der nach § 16 VStG angegebenen Relation herabzusetzen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ist kein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten, weil der Berufung teilweise Erfolg beschieden ist (§ 65 VStG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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