Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320016/2/Gb/Rd

Linz, 01.08.1996

VwSen-320016/2/Gb/Rd Linz, am 1. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des JP, vertreten durch die RAe, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.10.1995, N96-6-1994/BP, wegen einer Übertretung nach dem O.ö. NSchG 1982 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3, 51, 51c und 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, daß er "im August 1994 im Randbereich der Waldparzelle Nr., KG E, bzw. im östlichen Nahbereich der vorbeiführenden B Gemeindestraße, eine Werbetafel im Ausmaß von ca. 8 x 5 m (Gasthof P, Abfahrt nächster P), ohne entsprechende Bewilligung nach dem O.ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 errichtet" habe.

Dadurch habe er näher bezeichnete Rechtsvorschriften des O.ö. NSchG 1995 verletzt und ist mit einer Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) bestraft worden.

2. Der Bw hat rechtzeitig Berufung erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt dem dieser zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da zudem weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. Bereits aus der Aktenlage ist ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, sodaß eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht.

In Ansehung des Tatzeitpunktes "im August 1994" war daher gegenständlich nicht das O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 - O.ö. NSchG 1995 anzuwenden, sondern das O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr. 72/1988. Demgemäß hätte die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu lauten gehabt: "§ 37 Abs.1 Z1 iVm § 9 Abs.1 O.ö.

NSchG 1982 idF LGBl.Nr. 72/1988". Die Strafsanktionsnorm hätte zu lauten gehabt:"§ 37 Abs.1 Einleitungssatz leg.cit.".

3.2. Dessen ungeachtet ist aber folgendes festzustellen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist unter Zugrundelegung der Rechtsvorschriften, die nach dem Tatzeitpunkt richtigerweise angewendet werden hätten müssen, die Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung und der Betrieb von Werbeeinrichtungen "außerhalb geschlossener Ortschaften". Nach dem gesamten Akteninhalt wurde dem nunmehrigen Bw dieses wesentliche negative Tatbestandsmerkmal auch nicht ansatzweise vorgeworfen.

Es wurde nämlich im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren eine entsprechende Verfolgungshandlung unter Einbeziehung des wesentlichen negativen Tatbestandselementes "außerhalb geschlossener Ortschaften" mit konkreter Anführung "Waldparzelle ..., im östlichen Nahbereich der ...

usw." innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt. Weiters wäre es im Hinblick darauf, daß der Bw schon im Verfahren erster Instanz auf den Ausnahmetatbestand des § 9 Abs.3 lit.f leg.cit. Bezug nimmt, erforderlich gewesen, eine nähere Umschreibung der gegenständlichen Werbeeinrichtung - wie sie vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz am 23.8.1994 vor der Behörde abgegeben wurde, dem Bw aber erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist durch Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter zur Kenntnis gebracht wurde - unter Bezugnahme auf den Ausnahmetatbestand bzw. die Kriterien der Bewilligungspflicht (öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes; Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft) im Spruch vorzunehmen.

Nur solcherart wird nämlich der Bw von der Möglichkeit einer Doppelbestrafung wegen ein und derselben Tat geschützt.

Da somit ein Umstand vorliegt, der die Verfolgung ausschließt (§ 45 Abs.1 Z3 VStG) - es war dem unabhängigen Verwaltungssenat demnach auch verwehrt, den nicht dem Gebot des § 44a VStG entsprechenden Spruch des bekämpften Straferkenntnisses rechtswirksam zu korrigieren - war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Kostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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