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des Landes Oberösterreich
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VwSen-320022/2/Ur/Rd

Linz, 14.01.1997

VwSen-320022/2/Ur/Rd Linz, am 14. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Strafberufung der RA, vom 14.12.1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4.12.1995, N96-18-1995-A/BRC, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 - O.ö.

NSchG 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen die Strafe wird insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt wird.

Im übrigen wird die verhängte Geldstrafe mit der Maßgabe bestätigt, daß als Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG "§ 37 Abs.3 Einleitungssatz O.ö. NSchG 1982 idF O.ö. Naturund Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl.Nr.

2/1995" zu zitieren ist.

II. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 1, 19, 24, 44a Z3 und 51 VStG 1991.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem vorstehend bezeichneten Straferkenntnis vom 4.12.1995 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben in der Zeit vom November 1994 bis Mai 1995 am W im Bereich der ehemaligen "A" in B, im Marktgemeindegebiet von Bad W, eine Wasserkraftanlage in Form eines Ausleitungskraftwerkes konsenslos errichtet und, wie anläßlich eines Lokalaugenscheines durch Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land im Beisein von Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und Fischereiwesen und des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz am 4.7.1995 festgestellt wurde, auch betrieben, wobei zwei kW produziert wurden, und somit Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer verboten sind (§ 8), ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 8 Abs.2 O.ö. NSchG 1995 ausgeführt." Dadurch erachtete die Strafbehörde § 42 Abs.3 Z2 des O.ö.

NSchG 1995, LGBl.Nr. 37/1995, als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte nach dem Strafrahmen des § 42 Abs.3 O.ö. NSchG 1995 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

Als Kostenbeitrag zum Strafverfahren wurden 1.000 S vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 13.12.1995 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (eingelangt am 19.12.1995), mit der ein Absehen von der Strafe in Anwendung des § 21 VStG und hilfsweise die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt wird.

2. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt zu entnehmen:

2.1. Die Bw beantragte mit Schreiben vom 11.5.1985 die wasserrechtliche und mit Schreiben vom 30.8.1985 die naturschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am W, B. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde das naturschutzbehördliche Feststellungsverfahren gemeinsam mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren durchgeführt. Da für das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren Unterlagen fehlten, fand die erste mündliche Verhandlung zur Klärung der Sachund Rechtslage nach dem WRG und nach dem O.ö. NSchG 1982 erst am 30.4.1987 statt. Mangels detaillierter Angaben zur Hochwasserentlastung konnte keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden, sondern erklärte sich die Bw bereit, binnen vier Wochen ergänzende Projektsunterlagen vorzulegen. Diese wurden ebenso wie ein neuerlicher Antrag auf naturschutzbehördliche Feststellung wegen Projektänderung bzw. -ergänzung erst am 26.5.1987 vorgelegt und vom wasserbautechnischen und biologischen Amtssachverständigen wiederum als ergänzungsbedürftig beurteilt. Die geforderten Projektunterlagen wurden erst am 30.5.1989 beigebracht. Nach Vorbegutachtung durch die Amtssachverständigen und den Bezirksbeauftragten für Naturund Landschaftsschutz fand am 29.10.1992 eine weitere mündliche Verhandlung statt, welche ergab, daß zur Beurteilung weiterer wasserrechtlicher Fragen (ua Aufstiegshilfe für Fische) Projektergänzungen nötig sind, die letztendlich mit Schreiben vom 20.12.1994 vorgelegt wurden. Vom Amtssachverständigen für Fischereiwesen wurden diese erneut als nicht ausreichend beurteilt. Deshalb hat die Wasserrechtsbehörde am 4.7.1995 eine mündliche Verhandlung abgehalten, bei der dann festgestellt wurde, daß mittlerweile eine völlig andere Anlage als die beantragte weitgehend fertiggestellt worden war.

In der Verhandlungsschrift vom 4.7.1995 wird angeführt, daß nach Angaben der Bw die geänderte Ausführung finanziell wesentlich günstiger war, indem sie die Wasserkraftanlage entgegen der bisherigen Pläne als Ausleitungskraftwerk und statt auf öffentlichem Gut (Bachbereich) nunmehr auf Privatgrund, und zwar im Zeitraum November 1994 bis Mai 1995 errichtet hat. Der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz beurteilte die Maßnahmen im wesentlichen als genehmigungsfähig, jedoch müßten für eine positive bescheidmäßige Feststellung diverse Auflagen erfüllt werden.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.7.1995 wurde der Bw die Tat angelastet. In ihrer Rechtfertigung vom 23.8.1995 gestand sie zu, daß sie nicht gesetzeskonform vorgegangen war, weil sie das Kraftwerk ohne vorherige Einreichung von Plänen errichtete. Zu ihrer Entlastung brachte sie vor, daß der Projektant in Ausgleich ging, womit fast alle Unterlagen verloren wären. Auch hatte der mittlerweile verstorbene frühere Amtssachverständige für Wasserbautechnik den Bau einer Rohrturbine vorgeschlagen.

Aus Angst, bei erneutem Einreichen von Plänen wieder wertvolle Zeit zu verlieren, und weil die Finanzierung mittlerweile gesichert erschien, wäre man konsenslos vorgegangen.

Soweit es ging, hätte man sich beim Bau des Kraftwerkes an die Auflagen von Naturschutz, Fischerei und Gewässeraufsicht gehalten. Von den Sachverständigen wären nur geringfügige Einwände erhoben worden. Auch sei das Projekt in der jetzigen Ausführung finanziell günstiger. Die geforderten Pläne in sechsfacher Ausfertigung werden selbstverständlich nachgereicht.

Die belangte Strafbehörde erließ in der Folge nach Erhebung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durch die Gendarmerie das angefochtene Straferkenntnis. Die Gendarmerie teilte als Erhebungsergebnis mit Schreiben vom 25.9.1995 mit: Einkommen unbekannt bzw lt. Steuerbescheid; besitzt die Liegenschaft B (Gasthaus) und hat für ein Kind zu sorgen.

2.3. Die Bw ist der Ansicht, daß die Strafe aufgrund ihres geringen Verschuldens niedriger ausfallen hätte müssen, bzw.

wäre überhaupt § 21 VStG anzuwenden, da es durch die Zusammenlegung des naturschutzbehördlichen Feststellungsverfahrens mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu einer unzulässigen Verfahrensverzögerung der Erstbehörde gekommen wäre. Insbesondere wäre das Naturschutzverfahren durch die im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren geäußerten Wünsche des Amtssachverständigen für Biologie und Fischerei vom 11.11.1987 bis 4.7.1995 unzulässig verzögert worden, da dessen Forderungen mit dem Naturschutzverfahren verknüpft worden wären. Vielmehr hätte die Naturschutzbehörde ihr Verfahren völlig getrennt führen müssen und hätte die Belange der Biologie und Fischerei in ihrem Verfahren nicht zu berücksichtigen gehabt. Die Bw rügte die Strafhöhe weiters im Hinblick darauf, daß zumindest nach dem ergänzten Bewilligungsantrag vom 30.5.1989 das Verschulden an der jahrelangen Verzögerung des Genehmigungsverfahrens bei der Wasserrechtsbehörde gelegen wäre und verweist auf den Sinn des Vorprüfungsverfahrens nach § 104 WRG 1959. So hätten die Unterlagen mit Anberaumung der mündlichen Wasserrechtsverhandlung für vollständig erachtet werden müssen, da eine gesetzmäßige Vorprüfung sonst unmöglich wäre. Eine Nachforderung zu Lasten des Antragstellers scheide damit aus. Unerklärlich wäre, daß die mündliche Verhandlung erst drei Jahre nach dem 30.5.1989 erfolgte. Dem Zweck des § 104 WRG 1959 widersprechend wären in der Verhandlung vom 29.10.1992 die Unterlagen wieder für unzureichend erachtet und die Beibringung weiterer Unterlagen angeordnet worden.

Durch die lange Verfahrensdauer wäre die Bw verzweifelt und hätte sich der Behörde ausgeliefert gefühlt. Als Strafmilderungsgrund wäre zusätzlich zu werten, daß bei der Errichtung der Anlage die Auflagen des Naturschutzes, der Fischerei und Gewässeraufsicht eingehalten worden wären, was sich aus der erstinstanzlichen Bescheidbegründung dadurch ergebe, daß durch die getätigte "Maßnahme" das Landschaftsbild und auch das Beziehungs- und Wirkungsgefüge zwischen den unbelebten und belebten Faktoren nicht entscheidend nachteilig berührt worden wäre. Außerdem wäre in jedem Projektstadium vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein positives Gutachten unter Vorschreibung entsprechender Bedingungen und Auflagen abgegeben worden.

Alldies würden berücksichtigungswürdige Milderungsgründe gemäß § 19 VStG darstellen und hätte die verhängte Strafe deswegen geringer ausfallen müssen (insbesondere nach § 34 Z3 StGB; achtenswerte Beweggründe und nach Z13; trotz Tatvollendung kein Schaden). Ungerechtfertigterweise wäre aber die Größe und Kapazität der Anlage von der Erstbehörde erschwerend gewertet worden. Diese hätte vielmehr aufgrund des geringen Verschuldens und der bedeutungslosen Folgen § 21 VStG anzuwenden gehabt, welche Bestimmung die Erstbehörde zu keiner Ermessensentscheidung ermächtigte.

Zur Einkommenssituation habe die Bw auf ihre Einkommenssteuererklärung verwiesen, in welche die belangte Behörde jedoch nicht Einsicht genommen hätte. Wäre sie aufgefordert worden, diese Unterlagen vorzulegen, hätte die Strafbehörde erkannt, daß sie im Jahr 1991 55.710 S und im Jahr 1992 89.284 S verdient hätte. Die Einkommenssteuererklärung 1993 wäre noch nicht erstellt. Daraus ergebe sich, daß das von der belangten Behörde angenommene Nettoeinkommen von 30.000 S pro Monat weitaus zu hoch gegriffen sei.

2.4. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und ihr Straferkenntnis verteidigt. Die Höhe der Strafe wäre im Verhältnis zu den Errichtungskosten des Wasserkraftwerkes von 1,000.000 S als angemessen anzusehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der wesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint und die angefochtene Entscheidung nur in der Straffrage bekämpft wurde, weswegen eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben konnte. Eine mündliche Verhandlung wurde überdies nicht ausdrücklich verlangt. Der Schuldspruch ist demnach bereits in Rechtskraft erwachsen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Einleitend wird festgestellt, daß im Tatzeitraum November 1994 bis 1.2.1995 das O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988 und im Tatzeitraum ab 1.2.1995 bis Mai 1995 idFd O.ö. NSchG-Novelle 1994, LGBl.Nr. 2/1995, welche ab 1.2.1995 in Kraft trat, anzuwenden war. Zum Zeitpunkt der Fällung des Bescheides (4.12.1995) stand ab 1.6.1995 die mit 31.5.1995 wiederverlautbarte Fassung des O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr.

37/1995, in Geltung. Weil die darin festgesetzte Strafe nach der neueren Rechtslage nicht günstiger war, war gemäß § 1 Abs.2 VStG die Rechtslage zum Tatzeitpunkt anzuwenden.

Weil nur gegen die Strafe berufen wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und war in der nunmehrigen Entscheidung keine andere rechtliche Beurteilung (Korrektur) hinsichtlich des Schuldspruches vorzunehmen. Jedoch war die anzuwendende Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG im Strafausspruch entsprechend zu berichtigen.

Gemäß § 37 Abs.3 Z2 des O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr. 80/1982 idF LGBl.Nr. 72/1988 sowie auch idFd O.ö. NSchG-Novelle 1994, LGBl.Nr. 2/1995, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer verboten sind (§ 6), ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 6 Abs.2 ausführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält.

4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (Abs.2).

Laut ständiger Judikatur des VwGH ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art. 130 Abs.2 BVG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides, die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

4.3. Daß die Behauptung der Bw, die Verzögerung des wasserrechtlichen Verfahrens (welche auch Einfluß auf das naturschutzbehördliche Feststellungsverfahren gehabt hätte) wäre auf ein Verschulden der Wasserrechtsbehörde zurückzuführen und stelle deshalb einen Strafmilderungsgrund dar bzw. beweise ihr geringeres Verschulden vor allem deswegen unhaltbar ist, weil die Bw ein völlig anderes Projekt als das beantragte errichtete, wurde bereits im Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 28.8.1996 (VwSen-260188, vgl.

Seite 7, zweiter Absatz, Seite 8, erster Absatz) über die Strafberufung gegen das wasserrechtliche Straferkenntnis festgehalten.

4.4. In geschützten Bereichen von Gewässern, ist gemäß § 6 O.ö. NSchG 1982 sowie auch idF O.ö. NSchG-Novelle 1994 jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Durch die tatbestandsmäßige Errichtung einer Wasserkraftanlage im Uferbereich des W ohne naturschutzbehördliche oben zitierte Feststellungen wurden genau jene von der Naturschutzbehörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes verletzt.

Wenn die Bw meint, die lange Verfahrensdauer des naturschutzbehördlichen Feststellungsverfahrens stelle für ihr ungesetzliches Handeln einen Strafmilderungsgrund (achtenswerter Beweggrund gemäß § 34 Z3 StGB) dar, da die Naturschutzbehörde unzulässigerweise auf die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde gewartet habe, statt ihr eigenes Verfahren getrennt durchzuführen, verkennt sie die Konnexität der beiden Verfahren. Zu den Schutzkriterien gemäß § 1 Abs.2 O.ö. NSchG zählen ua der Naturhaushalt (insbesondere der Gewässerschutz) sowie der Schutz der Tiere und Pflanzen sowie deren natürliche Lebensräume und Lebensgrundlage.

Im wasserrechtlichen Verfahren sind die Auswirkungen des Projektes ua auf den Gewässer- und Hochwasserschutz, auf die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer und Uferzonen und auf den Fischbestand zu prüfen (vgl. §§ 4, 9, 12 und 105 WRG). Aufgrund der aufgezeigten parallelen Verfahrenskriterien war es daher von der Naturschutzbehörde sehr wohl sinnvoll bzw. gesetzlich geboten, die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde abzuwarten, weil damit viele (Vor-)Fragen der Naturschutzbehörde für ihr Verfahren geklärt worden wären.

Das Vorbringen der Bw, die Naturschutzbehörde hätte in ihrem Verfahren weder die Belange der Biologie noch der Fischerei zu beachten, gründet daher auf einem falschen Rechtsverständnis der Bw (vgl. § 1 O.ö. NSchG). Auch kann in der dargelegten gesetzwidrigen Rechtsansicht der Bw weder ein achtenswerter Beweggrund (jener, der auch einem rechtstreuen Menschen die Begehung einer strafbaren Handlung nahelegt) noch ein geringes Verschulden erblickt werden.

4.5. Der Meinung der Bw und der Wertung der Erstbehörde, es läge ein Strafmilderungsgrund deswegen vor, da der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz festgestellt habe, daß durch die konsenslose Errichtung das Beziehungs- und Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes nicht entscheidend nachteilig berührt worden wäre und von diesem während des gesamten Projektes ein positives Gutachten unter Vorschreibung entsprechender Auflagen und Bedingungen abgegeben wurde, kann nicht gefolgt werden. Es lag nämlich massiv im Interesse der Bw, den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes schon während der konsenslosen Errichtungsphase so weit wie möglich Rechnung zu tragen, da eine spätere Nichtgenehmigung entweder den kostenintensiven Umbau oder die Beseitigung zur Folge gehabt hätte. Bei einem Investitionsvolumen von 1 Mio S war daher eine weitgehende Beachtung des Natur- und Landschaftsschutzes risikominimierend und nicht strafmildernd. Laut Judikatur des VwGH (VwGH vom 26.2.1968, 543/67), stellt es allenfalls das Fehlen eines Erschwerungsgrundes, nicht aber eines Strafmilderungsgrundes dar, wenn ein relativ aufwendiger Bau ohne Bewilligung derart ausgeführt wird, daß er genehmigungsfähig ist.

4.6. Die Größe der Anlage kann zwar entgegen der Ansicht der Erstbehörde nicht als selbständiger Erschwerungsgrund gewertet werden. Die Bw hat aber schon nach ihrem eigenen Vorbringen im strafbehördlichen Verfahren ganz bewußt gegen das O.ö. NSchG verstoßen, weil sie Angst hatte, wertvolle Zeit zu verlieren und die Finanzierung gesichert war. Dabei handelte es sich aber nicht um achtenswerte Beweggründe iSd § 34 Z3 StGB (iVm § 19 Abs.2 VStG). Solche kommen nur dann in Betracht, wenn sie auch einem rechtstreuen Menschen die Begehung der strafbaren Handlung nahelegen (vgl.

Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], Rz 8 zu § 34). Davon kann beim gegebenen Sachverhalt aber keine Rede sein. Vielmehr hat die Bw vorsätzlich und in Kenntnis der Rechtslage, daß die eigenmächtige Errichtung eines Kraftwerkes verwaltungsrechtliches Unrecht darstellt, gehandelt.

Dieser Umstand wirkt sich erschwerend aus. Hingegen war als mildernd die nach der Aktenlage zum Tatzeitpunkt anzunehmende Unbescholtenheit der Bw zu berücksichtigen.

4.7. Hinsichtlich des Vorbringens der Bw, es wäre trotz Vollendung der Tat kein Schaden entstanden (Strafmilderungsgrund § 34 Z13 StGB) ist zu bemerken, daß der vorgebrachte Strafmilderungsgrund nicht isoliert zu betrachten ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs.1 VStG iZm dessen Abs.2, weil gemäß Abs.1 die mit der Tat verbundene Gefährdung der öffentlichen und privaten Interessen sowie sonstige nachteilige Folgen zu berücksichtigen sind.

Zusätzlich ist gemäß Abs.2 zweiter Satz auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden (§ 19 Abs.2 VStG 3.

Satz). Wegen dieser Eigenart kann der § 34 Z13 StGB nicht uneingeschränkt auf das Verwaltungsstrafrecht angewendet werden. Wie die Erstbehörde richtig feststellte, liegt der Unrechtsgehalt der Tat in der genehmigungslosen Errichtung, ohne daß die Naturschutzbehörde die öffentlichen Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes wahrnehmen bzw. abwiegen konnte. Überdies hat die Tat aufgrund der Größenordnung der Anlage (Investitionsvolumen 1 Mio S) einen besonderen Öffentlichkeitswert. Wie im Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates, VwSen-260188/2/Wei/Bk, vom 28.8.1996, aufgezeigt (vgl. Seite 9, 3. Absatz und Seite 10, 1. Absatz) gingen von der Kraftwerksanlage nach Inbetriebnahme auch Gefährdungen aus (= sonstige nachteilige Folgen).

Entgegen der Berufungsansicht sieht der erkennende Verwaltungssenat in der Vorgangsweise der Bw keine geringe Schuld.

Die dargelegten Gründe belegen ein nicht unerhebliches Verschulden. Aus general- und spezialpräventiven Gründen war es auch notwendig, eine deutliche Reaktion auf den Rechtsbruch zu setzen.

4.8. Dem Antrag der Bw, gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen, konnte keinesfalls Rechnung getragen werden, weil weder das Verschulden der Bw geringfügig war noch die Übertretungsfolgen der Tat unbedeutend sind. Ein geringfügiges Verschulden liegt nämlich iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw in erheblichem Maße hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Dies ist im gegenständlichen Fall aufgrund des festgestellten maßgeblichen Unrechtsgehaltes nicht zutreffend.

Weiters ist offenkundig, daß die konsenslose Errichtung der Wasserkraftanlage in einer derartigen Größenordnung keine unbedeutenden Folgen darstellen. Auch ist in dem Umstand, daß ein nachträglicher Bewilligungsantrag gestellt wurde, der Erfolg haben kann, kein Grund für ein Absehen der Strafe gegeben (VwGH 17.5.1976, 2263/75). Nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 21 VStG nicht vorliegen, hat die Bw laut einschlägiger Judikatur keinen Anspruch, daß von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird und ermächtigt diese Vorschrift trotz der Verwendung des Wortes "kann", die Behörde nicht zur Ermessensübung.

4.9. Die belangte Strafbehörde legte ihrer Strafbemessung ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 30.000 S zugrunde, weil die Bw keine Angaben gegenüber der Gendarmerie gemacht hatte. Die Berufung verweist nun auf Einkommenssteuererklärungen 1991 und 1992, nach denen sie lediglich 55.710 S und 89.284 S verdient hätte. Die Einkommenssteuererklärung 1993 wäre noch nicht erstellt.

Daraus ergebe sich, daß die von der belangten Behörde angenommenen 30.000 S/Monat Nettoeinkommen weitaus zu hoch gegriffen sind. Auch im Berufungsverfahren hat die Bw weder Steuerbescheide noch sonstige Gründe vorgebracht, weswegen die über sie verhängte Strafe ihren Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnissen nicht entsprechen würde. Für die Berufungsbehörde besteht daher keine Veranlassung, in dieser Frage von Amts wegen weitere Ermittlungen zu pflegen (VwGH 24.2.1988, 87/03/0253). Vielmehr wäre es im Rahmen der Mitwirkungspflicht Aufgabe der Bw gewesen, entsprechendes Vorbringen vorzutragen und entsprechende Nachweise vorzulegen.

Die erstinstanzlich verhängte Geldstrafe von 10.000 S beträgt lediglich 2 % der Strafandrohung von 500.000 S gemäß § 37 Abs.3 Einleitungssatz O.ö. NSchG-Novelle 1994. Sie bewegt sich damit im unteren Bereich der Strafdrohung und ist mit den persönlichen Verhältnissen der Bw bzw ihrer Leistungsfähigkeit ohne weiteres vereinbar. Im Verhältnis zum wasserrechtlichen Strafverfahren (Strafdrohung 100.000 S gemäß § 137 Abs.3 WRG 1959 = 1/5 der Strafandrohung des O.ö.

NSchG) hätte die Erstbehörde aufgrund des Schuldgehalts durchaus eine höhere Geldstrafe verhängen können.

4.10. Die ohne jede Begründung festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen entspricht 35,7% des gemäß § 16 Abs.1 und 2 VStG gegenständlich anzuwendenden Strafrahmens von zwei Wochen. Sie erscheint demnach im deutlichen Mißverhältnis zur Primärstrafe und im Widerspruch zur Judikatur des O.ö. Verwaltungssenates und des VwGH, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe grundsätzlich im angemessenen Verhältnis zur Geldstrafe festzusetzen ist und für den Fall einer unverhältnismäßigen Bemessung die Gründe ausdrücklich anzuführen sind. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe darf den Rahmen der Schuldangemessenheit nicht verlassen. Die gegebenen Strafzumessungsfaktoren lassen ein Strafmaß in Höhe von 35,7 % des Strafrahmens jedenfalls nicht schuldangemessen erscheinen. Unter Beachtung des Umstandes, daß es bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe zum Unterschied von der Zumessung der Geldstrafe auf die persönlichen Verhältnisse der Bw nicht ankommt, erachtet der erkennende Verwaltungssenat eine Ersatzfreiheitsstrafe von höchstens 2 % für vertretbar. Dementsprechend sieht er sich veranlaßt, diese auf das angemessene Maß von sechs Stunden herabzusetzen.

4.11. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gegen die verhängte Strafe abzuweisen, die Ersatzfreiheitsstrafe aber von Amts wegen zu reduzieren. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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