Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320033/9/Kl/Rd

Linz, 17.10.1997

VwSen-320033/9/Kl/Rd Linz, am 17. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.8.1996, N96-41-1995-Ste, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. NSchG 1995, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.10.1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.8.1996, N96-41-1995-Ste, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.2 Z1 iVm § 5 Abs.1 Z2 lit.k O.ö. NSchG 1995 verhängt, weil er zumindest in der Zeit von 26.9.1995 bis 31.10.1995 im Grünland auf dem Grst.Nr., KG, auf einer Fläche von mindestens 2.000 m2 Sand und Schotter abgelagert hat, ohne hiefür eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu besitzen, obwohl im Grünland das Ablagern von Gesteinen, Schotter, Kies, Sand, Ton, Lehm, Torf sowie von Mischgut und Bitumen auf einer Fläche von mehr als 500 m2 einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedarf.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher zunächst unstrittig gestellt wurde, daß auf das Grst.Nr., KG, Schotter verbracht wurde und dieses Grundstück derzeit als Grünland gewidmet ist. Im übrigen wurde aber unrichtige rechtliche Beurteilung dahingehend geltend gemacht, daß weder das optische Erscheinungsbild noch sonstige Interessen der Natur und Umwelt beeinträchtigt worden seien, daß der Bw darauf vertrauen konnte, daß das gegenständliche Grundstück letztendlich in Betriebsbauland umgewidmet wird, daß keine Ablagerungen iSd Gesetzes, sondern lediglich Schotter auf das Grundstück aufgebracht worden sei, um bestehende Unebenheiten auszugleichen, sohin keine naturschutzrechtliche Genehmigungspflicht bestanden habe. Im Sinne dieser Ausführungen sei auch der Schuldgehalt des Verhaltens des Bw so niedrig, daß mit einer Ermahnung iSd § 21 VStG das Auslangen gefunden hätte werden können. Schließlich wurde auch eingewendet, daß aus dem gesamten Verfahren nicht ersichtlich sei, warum die Behörde letztendlich im Straferkenntnis auf eine Größe von 2.000 m2 gekommen sein. Es wurde daher die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, die Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige 8. Kammer zur Entscheidung berufen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 9.10.1997 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, wobei der Bw und seine Rechtsvertreterin sowie der Zeuge J von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - später als Vertreter der belangten Behörde - teilgenommen haben.

Aufgrund der Aktenlage sowie insbesondere der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung sowohl des Bw als auch des einvernommenen Zeugen steht als erwiesen fest, daß am 31.10.1995 etwa 15 Haufen Schotter und Sand mit jeweils einer Sohlenfläche von etwa 150 m2 vorhanden waren, also insgesamt eine Grundfläche von 2.000 m2 bis 3.000 m2 zur Lagerung dieses Materials durch den Bw auf dem Grst.Nr. der KG verwendet wurde. Dieser Lokalaugenschein durch die Behörde fand aufgrund eines Schreibens der Marktgemeinde vom 26.9.1995 statt, worin auf Ablagerungen hingewiesen wurde. Schon zuvor (im April 1993) war aber das Grundstück infolge eines Entfernungsauftrages als geräumt festgestellt worden. Die Intention bzw. der Zweck der Lagerung dieses Materials war zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheins am 31.10.1995 nicht bekannt. Das genannte Material wurde vom Bw bis zu einer weiteren Verwendung auf dem genannten Grundstück gelagert, und zwar in Form eines Zwischenlagers. Die Verwendung des Schotters zur Befestigung und Verdichtung der Grundfläche erfolgte schon zu einem viel früheren Zeitpunkt, nämlich im Jahr 1987. Nunmehr werden nur Reste des Schotters zur Ausgleichung von Unebenheiten des Bodens verwendet. Eine endgültige Lagerung auf dieser Fläche ist aber vom Bw zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, zumal dieses Material auch weiterhin für Baustellen benötigt wird. Dies ist auch insofern erwiesen, als in einem parallellaufenden Strafverfahren (zu VwSen-320044) ebenfalls im Beweisverfahren dargelegt wurde, daß dieser Zustand in ähnlicher Weise auch im Oktober 1996 vorgefunden wurde und zu diesem Zeitpunkt auch von regelmäßigen Manipulationen geredet wurde, nämlich, daß das Material mit LKW abtransportiert und andererseits wieder - um ausreichenden Vorrat zur Nahversorgung von umliegenden Baustellen zu haben - zugeführt wurde.

Ein Antrag auf Genehmigung der Umwidmung der gegenständlichen Grundfläche in Betriebsbaugebiet wurde am 28.9.1992 von der Marktgemeinde zurückgezogen. Auch ein neuerliches Ansuchen auf Umwidmung vom 17.7.1995 wurde mit Beschluß des Gemeinderates vom 25.9.1995 mehrheitlich abgelehnt. 5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 Z2 lit.k des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 - O.ö. NSchG 1995, LGBl.Nr. 37/1995, bedarf unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde im Grünland die Eröffnung und die Erweiterung von Steinbrüchen, von Sand-, Lehm- oder Schotterentnahmestellen, ausgenommen jeweils einer Entnahmestelle bis zu einer Größe von 500 m2 für den Eigenbedarf eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, sowie die Errichtung von Anlagen zur Aufbereitung von Gesteinen, Schotter, Kies, Sand, Ton, Lehm, Torf sowie von Mischgut und Bitumen; außerhalb solcher Einrichtungen das Ablagern dieser Materialien auf einer Fläche von mehr als 500 m2. Gemäß § 42 Abs.2 Z1 O.ö. NSchG 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer bewilligungspflichtige Vorhaben (§ 5) ohne Bewilligung ausführt.

5.2. Während in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.11.1995 als erster und letzter Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Bw die "Ablagerung von einigen Tausend m2 Sand und Schotter ..." in der Zeit von April 1993 bis dato ..." zum Vorwurf gemacht wurde, wurde ihm mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, daß er "in der Zeit von 26.9.1995 bis 31.10.1995 ..." "auf einer Fläche von mindestens 2.000 m2 Sand und Schotter abgelagert ...". Das Ablagern hingegen - wie es zum Vorwurf gemacht wurde - bildet aber keinen Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.2 Z1 O.ö. NSchG 1995. Im Gegensatz zum Tatvorwurf durch die belangte Behörde ist nämlich die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Begehungsdelikt (arg. "ausführt"), wobei die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, und zwar jeweils mit dem Hinbringen des Schotters. Dem Bw ist aber weder vorgeworfen worden, daß er ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausführt, noch kann in dem Vorwurf "Ablagerung" die Ausführung gesehen werden, zumal in dem im Straferkenntnis genannten Zeitraum die Ausführung - das Hinbringen - der Tat bereits beendet war und lediglich der rechtswidrige Zustand noch aufrecht ist. Ein diesbezüglicher Tatbestand ist aber im § 42 Abs.2 Z1 O.ö. NSchG 1995 nicht enthalten. Daß hingegen fortgesetzt im vorgeworfenen Zeitraum immer wieder neuerlich Schotter hergebracht wurde und daher ein bewilligungspflichtiges Vorhaben stets von neuem ausgeführt wurde, konnte dem gesamten Verfahren nicht entnommen werden.

Die dem Bw vorgeworfene Tathandlung bildet daher keine Verwaltungsübertretung iSd O.ö. NSchG 1995. 5.3. ISd § 5 Abs.1 Z2 lit.k O.ö. NSchG 1995 bedarf das Vorhaben der Ablagerung auf einer Fläche von mehr als 500 m2 einer Bewilligung. Wie bereits § 5 Abs.1 Z2 lit.j O.ö. NSchG 1995 aufzeigt, ist zwischen "Ablagern" und "Lagern" zu unterscheiden, wobei das O.ö. NSchG keine Legaldefinition gibt. Im Sinne einer Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist daher auf die grammatikalische Interpretation dieser Begriffe in anderen Rechtsmaterien zurückzugreifen, welche ebenfalls zwischen den beiden Worten unterscheiden.

Wenngleich das Abfallwirtschaftsgesetz selbst keine Legaldefinition bietet, stellen die Erläuterungen zum AWG dar, daß das Gesetz unter dem Begriff "Lagern" einen Vorgang von vorübergehender Dauer versteht, während der Begriff "Ablagern" einen auf Dauer ausgerichteten Zustand bezeichnet. Auch der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.1995, 95/07/0112, zur Abgrenzung festgestellt, daß "eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt. Die Auffassung ... der Begriff der Ablagerung ... sei nicht im engen, technischen Sinn zu verstehen, sondern erfasse auch jede Verwendung der Liegenschaft zur bloß vorübergehenden Aufbewahrung, kann nicht geteilt werden". Einer Lagerung ist immanent, daß die betreffenden Stoffe projektsgemäß wieder entfernt werden. Eine genaue zeitliche Grenze, die das Lagern vom Ablagern trennt, läßt sich dem AWG nicht entnehmen (VwGH vom 24.10.1995, 95/07/0113). Auf den gegenständlichen Fall übertragen bedeutet dies, daß dem Bw zu Unrecht die Ablagerung von Sand und Schotter vorgeworfen wurde, weil er nach seiner erklärten Absicht diese Materialien nur vorübergehend auf der gegenständlichen Grundfläche deponierte, um sie dann für Baustellen nach Bedarf wieder zu verwenden. Es geschehen daher laufend Manipulationen und ist daher von einer endgültigen Ablagerung bzw. einer Entledigungsabsicht nicht auszugehen. Vielmehr sprechen sowohl die vom Bw angeführten Intentionen als auch die von der belangten Behörde dann in weiteren Verfahren ermittelte Verwendung des Grundstückes dafür, daß nur vorübergehend und je nach Anfall eine Lagerung stattfinden soll, um dann die Materialien auf Baustellen zu verwerten. Da offensichtlich eine Ablagerung dem Bw nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, im übrigen aber das Lagern iSd § 5 Abs.1 Z2 lit.k O.ö. NSchG keiner Bewilligung darf, hat daher auch in diesem Sinne der Bw die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen. 5.4. Schließlich wird auch angemerkt, daß eine Tatkonkretisierung dahingehend, daß auf einer Fläche von mindestens 2.000 m2 Sand und Schotter gelagert wurde, erst im Straferkenntnis, und zwar außerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, erfolgte. Auch die Konkretisierung des Tatzeitraumes erfolgte erst im angefochtenen Straferkenntnis. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen und auch das Verhandlungsergebnis ist aber ersichtlich, daß die Ausführung des Vorhabens bzw. die Lagerung als strafbare Handlung nicht im angegebenen Tatzeitraum erfolgten - im Tatzeitraum ist vielmehr die Handlung schon abgeschlossen - sondern zu einem diesem Tatzeitraum vorgelagerten Zeitpunkt. Aus all den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfielen daher sämtliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. Schieferer

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