Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320061/2/Gu/Pr

Linz, 15.09.1999

VwSen-320061/2/Gu/Pr Linz, am 15. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der Frau H. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.7.1999, Zl.N96-4-1999/Ng/Mos, wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, zu Recht:

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 1. Sachverhalt VStG eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a Z1 VStG § 51e Abs.2 Z1 leg.cit., § 65 VStG; § 42 Abs.3 Z2 Oö. NSchG 1995, § 8 Abs.2 leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat gegen die Beschuldigte am 21.7.1999, zur Zahl N96-4-1999-NG-Mos, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben am 8.4.1999 (gemeinsam mit Herrn M. Sch., U. und Herrn K. M., U.) einen unbenannten rechtsufrigen Zubringer zur Kleinen Naarn im Bereich der Parz. KG. und Marktgemeinde U. auf einer Länge von rund 400 m ab der Einmündung in die Kleine Naarn geräumt (bzw. mit einem Kleinbagger räumen lassen), ohne im Besitz einer bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 8 Abs. 2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 (Oö. NSchG 1995) zu sein.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 42 Abs. 3 Ziff. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Oö. NSchG 1995, LGBl.Nr. 37/1995 i.d.F. LGBl.Nr. 147/1997

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

3.000,-- 1 Tag § 42 Abs.3 Ziff. 2

Oö. NSchG 1995

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 3.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Dagegen hat die Beschuldigte Berufung erhoben und dargetan, daß ihr nicht bekannt war, daß die im Spruch angeführten Flächen als vegetationsökologisch hochwertige Flächen geführt werden.

Das gegenständliche Gerinne sei lange vor ihrer Bewirtschaftung von der Natur zur Wasserführung angelegt worden, allerdings unter den Vorbesitzern aufgrund deren Alters verkümmert und keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung mehr durchgeführt worden.

Um das Grundstück rationell bewirtschaften zu können und den Maschineneinsatz (Traktor mit Mähwerk, Heuerntegerät und Ladewagen) zu ermöglichen, dürfe die Fläche nicht übermäßig vernäßt sein und seien die früheren Entwässerungsgräben bloß in Stand gesetzt worden. Vor der Räumung des Gerinnes sei es nämlich bei Gewitterregen immer wieder zu Abschwemmungen des Erntegutes gekommen, weil großflächige Vernässungen eingetreten seien.

Die angrenzenden Feuchtflächen würden auch nach dem Eingriff vorhanden bleiben und bestünde keine Absicht, diese trocken zu legen. Auch die anmoorige Fläche mit flächendeckendem Torfvorkommen sei durch die Maßnahme nicht verhindert worden.

Wäre der Graben nicht geräumt worden, so wäre nur im Laufe der Zeit eine Futtergewinnung auf den landwirtschaftlichen Flächen unmöglich geworden. Um die Viehhaltung im gegenwärtigen Ausmaß aufrechterhalten zu können und die wirtschaftliche Existenz zu sichern, sei aber die entsprechende wirtschaftliche Nutzung der gegenständlichen Grünlandflächen unverzichtbar. Aus diesem Grunde beantragt die Rechtsmittelwerberin wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Darüber hinaus beantragt sie, die vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vorgeschlagenen Wiederherstellungsmaßnahmen nicht in diesem Umfang tätigen zu müssen.

Der Oö. Verwaltungssenat hat aufgrund des Inhaltes des vorgelegten Aktes und des Vorbringens der Berufung erwogen:

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 Oö. NSchG 1995 gilt der Natur- und Landschaftsschutz außer für Donau, Inn und Salzach, auch für sonstige Flüsse und Bäche und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Streifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

Gemäß der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl.Nr. 107/1982 idF LGBl.Nr. 4/1987 gilt (ausgenommen von Landschaftsschutzgebieten und geschützten Landschaftsteilen, bei denen ein besonderer Schutz besteht), der Landschaftsschutz für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche einschließlich ihrer gestauten Bereiche und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen sowie auch für jene Bäche, (die in Seen münden oder) die in die in der Anlage bezeichneten Flüsse oder Bäche oder deren Zubringerbäche münden.

In der Anlage zu der vorbezeichneten Verordnung Punkt 3.10.4. ist die Kleine Naarn als solches Fließgewässer bezeichnet, für die der Landschaftsschutz im Sinne des § 8 Abs.1 Z2 Oö. NSchG 1995 gilt.

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. ist in geschützten Bereichen gemäß Abs.1 jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Die Ausnahme bezüglich eines Gebietes mit rechtswirksamem Bebauungsplan steht im gegenständlichen Fall nicht zur Beurteilung heran.

Gemäß § 8 Abs.4 Oö. NSchG 1995 gelten die Bestimmungen des § 7 Abs.2, 3, 5, 6 und 7 sinngemäß. Demnach gilt gemäß § 7 Abs.6 leg.cit. die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden einschließlich der Errichtung landesüblicher Weidezäune und Waldschutzzäune nicht als Eingriff in das Landschaftsbild, es sei denn, daß eine Beschränkung im Interesse eines Naturdenkmales eines Naturschutzgebietes und von besonders geschützten Pflanzen und Tierarten gegeben ist.

In der Zusammenschau des vorgeworfenen Lebenssachverhaltes und des Vorbringens der Berufung war daher anzumerken, daß einerseits das Privileg der zeitgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden nur für die Ausübung der Landwirtschaft selbst - z.B. für die Gewinnung von Heu oder pflanzlichen Produkten - gilt, nicht aber für wasserbauliche, tiefbauliche (Herstellung von Wegen) oder hochbauliche Maßnahmen (z.B. Getreidespeicher, Heuschuppen) die eine leichtere landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen.

Andererseits beinhaltet nicht jede Räumung eines Wiesengrabens eine genehmigungs-(feststellungs-)pflichtige Maßnahme. Dies nur dann, wenn damit ein Eingriff in das Landschaftsbild und/oder im Grünland in den Naturhaushalt gegeben ist. Nur in einem solchen Fall erfüllt ein Verhalten ohne Anrufung und positive Feststellung der Naturschutzbehörde ein tatbildmäßiges und daher gemäß § 42 Abs.3 Z2 Oö. NSchG 1995 verpöntes Verhalten.

Eine konkrete Beschreibung, worin der Eingriff bestanden habe und/oder wodurch der Naturhaushalt gestört worden sei, ist weder aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch in konkretisierender Form aus dessen Begründung (weil das Straferkenntnis innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erging und als Einheit betrachtet werden durfte) zu entnehmen.

Die Verfolgungshandlung - die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.6.1999 - war inhaltlich noch kürzer gehalten.

Ein Vorhalt der im übrigen auch nicht alle Tatbestandsmerkmale abdeckenden Anzeige des Bezirksbeauftragten für Naturschutz, ist vor Erlassung des Straferkenntnisses nicht erfolgt. Damit war der Umfang, die Sache, die für den UVS zur Beurteilung heranstand, abgesteckt, zumal der Unabhängige Verwaltungssenat keine Strafverfolgungsbehörde ist (VwGH 26.4.1999, Zl.: 97/17/0334-13).

Nachdem für den Oö. Verwaltungssenat im Berufungsverfahren gegen die Beschuldigte kein Vorwurf eines tatbildmäßigen Verhaltens zur Prüfung heranstand - etwa des Inhaltes "sie habe am 8.4.1999 gemeinsam mit Herrn M. Sch., U. und Herrn K. M., U. einen unbenannten rechtsufrigen Zubringer zur Kleinen Naarn im Bereich der Parzellen KG und Marktgemeinde U. auf einer Länge von rd. 400 m ab der Einmündung in die Kleine Naarn durch Räumung dieses Baches mittels Kleinbaggers und Erweiterung des Profiles des Baches auf x m Breite x ..... m Tiefe gegenüber der ursprünglichen Breite von ....... m x ...... m Tiefe, einen Eingriff in das Landschaftsbild ausgeführt und durch Entnahme der im Räumgut enthaltenen Kleinlebewesen im Grünland in den Naturhaushalt eingegriffen und zwar innerhalb der bestehenden 50 m betragenden Zone eines von der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, BGBl.Nr. 107/1982 idF BGBl.Nr. 4/1987 iVm Punkt 3.10.4. der Anlage erfaßten Zubringers der Kleinen Naarn ohne im Besitz einer bescheidmäßigen Feststellung § 8 Abs.2 Oö. NSchG 1995 gewesen zu sein und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.3 Z2 iVm § 8 Abs.2 Oö. NSchG 1995 iZ § 1 Abs.1 und 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, BGBl.Nr. 107/19882 idF BGBl.Nr. 4/1987 iVm der Anlage Punkt 3.10.4. begangen" - war wie im Spruch zu entscheiden.

Da die Berufung im Verwaltungsstrafverfahren im Ergebnis Erfolg hatte, ist die Rechtsmittelwerberin von der Pflicht befreit, Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren leisten zu müssen.

Was jedoch die Ausführungen in der Berufungsschrift betreffend die Wiederherstellung naturnaher Verhältnisse betrifft, ist damit der administrativrechtliche Teil des Oö. NSchG 1995 im Sinne des § 44 angesprochen. Diesbezüglich sieht das Gesetz die Anrufung des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht vor und sind die Administrativbehörden berufen, sich mit dem Inhalt des Vorbringens auseinander zu setzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: bloße Bezeichnung "Bachräumung umschreibt noch keinen Eingriff ins Landschaftsbild oder den Naturhaushalt, Maßnahmen zur Erleichterung der Landwirtschaft fallen nicht unter das Privileg des § 7 Abs.6 Oö. NSchG 1995

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