Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320066/2/Kl/Rd

Linz, 18.10.2000

VwSen-320066/2/Kl/Rd Linz, am 18. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des H, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.1.2000, N96-1-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. NSchG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 10.000 S (entspricht 726,73 €), zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 6, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.1.2000, N96-1-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 50.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.3 Z1 iVm § 7 Abs.1 Oö. NSchG verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "M" Handels- und DienstleistungsgesmbH, und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten hat, dass in der 500-m-Uferschutzzone des Offensees auf Grd.Stk. , KG E, in der Zeit vom 1.10.1998 bis 11.1.1999 anstelle der illegal errichteten Holz- und Aggregatehütte in Holzriegelbauweise mit Pultdach im Ausmaß von 3 x 4 m auf dem bereits bestehenden Fundament wiederum konsenslos eine Holzhütte in Holzriegelbauweise mit einer Länge von 6 m, einer Breite von 4 m und einer Firsthöhe von 5 m samt Beplankung und Bedachung (Satteldach) ausgeführt und im Wesentlichen fertiggestellt wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht sowie das Strafausmaß angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs.1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK verstoßen wurde, weil das vorgeworfene Delikt bereits im Unrechtsgehalt eines Vordeliktes mitumfasst sei und daher keiner weiteren Strafe unterzogen werden dürfe. Es sei mit dem gegenständlichen Tatvorwurf ein und dieselbe Handlung ein zweites Mal pönalisiert worden, zumal bereits mit Straferkenntnis der BH Gmunden vom 1.3.1999, N96-10-1998, der Bw ebenfalls wegen Errichtung einer Hütte am gegenständlichen Ort nach den Bestimmungen des Oö. NSchG bestraft wurde. Darüber hinaus wurde bereits in der Stellungnahme vom 17.3.1999 darauf hingewiesen, dass das am gegenständlichen Ort errichtete Provisorium wegen großer Schneemassen in sich zusammengestürzt wäre und zu erheblichen Schäden am Stromaggregat geführt hätte. Es sei daher Rechtswidrigkeit zufolge eines rechtfertigenden Notstandes nicht gegeben. Hinsichtlich des Strafausmaßes wurde darauf hingewiesen, dass ein allfälliges Verschulden des Bw als höchstens äußerst geringfügig zu qualifizieren sei und außerdem keine Folgen eingetreten seien, weshalb jedenfalls eine geringere Strafe verhängt hätte werden müssen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 42 Abs.3 Z1 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 - OÖ. NSchG 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich von Seen verboten sind (§ 7), ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 7 Abs.1 ausführt.

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. NSchG 1995 ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

5.2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 8.7.1999, VwSen-320056/7/Kl/Rd, wurde die Verhängung einer Geldstrafe von 35.000 S wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.3 Z1 und § 7 Abs.1 Oö. NSchG 1995 gegen den Bw bestätigt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "M" Handels- und DienstleistungsgesmbH zu verantworten hat, dass in der 500-m-Uferschutzzone des Offensees auf Grundstück Nr. , KG E, in der Zeit vom 13.3.1998 bis zum 19.6.1998 das Fundament für eine neue Holzhütte im Ausmaß von 4 x 6 m konsenslos errichtet wurde und auf diesem Fundament eine Holz- und Aggregatehütte in Holzriegelbauweise mit Pultdach im Ausmaß von 3 x 4 m konsenslos erbaut wurde, und hiemit ein Eingriff, der im Schutzbereich von Seen verboten ist, ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 7 Abs.1 Oö. NSchG ausgeführt wurde. Bereits in diesem rechtskräftigen Bescheid wurde in den Sachverhaltsfeststellungen (Punkt 4. der Bescheidbegründung) dargelegt, dass die verfahrensgegenständliche Holz- und Aggregatehütte bereits im Winter 1998 dem massiven Schneedruck nicht Stand hielt und daher in weiterer Folge die tatsächlich geplante Holzhütte im Ausmaß von 4 x 6 m errichtet wurde. Der Bau dieser Holzhütte ist Gegenstand des nunmehrigen Strafverfahrens, wobei der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Tatzeitraum aufgrund der Aktenlage erwiesen ist. Der Sachverhalt wurde vom Bw auch in der Berufung nicht bestritten.

Weiters ist schon aufgrund des vorzitierten Verwaltungsstrafverfahrens erwiesen, dass auch für die nunmehr vorgeworfene Tathandlung weder ein baubehördlicher noch ein naturschutzbehördlicher Bescheid vorlag. Mit Bescheid der Marktgemeinde E vom 22.4.1998, III/2-1998, wurde die Fortsetzung der begonnenen Bauausführung der Umbauarbeiten beim Forstgebäude S einschließlich der Senkgrubenerneuerung und dem Holzhüttenneubau mit sofortiger Wirkung untersagt. Der Baustopp wurde allerdings für die Sanierungsmaßnahmen der S und die Errichtung der Senkgrube wieder aufgehoben, nicht jedoch für die Errichtung der Fundamente und die Aggregatehütte. Auch für den Holzhüttenneubau war keine baubehördliche Bewilligung vorhanden.

Es war daher der Bw zum Tatzeitpunkt in der Kenntnis, dass für den Holzhüttenneubau eine baubehördliche Bewilligung und eine naturschutzbehördliche Feststellung erforderlich sind. Trotzdem wurde der Hüttenneubau ausgeführt.

Es ist daher der objektive Tatbestand der obzit. Verwaltungsübertretung erfüllt und es hat der Bw die Tathandlung auch subjektiv zu verantworten, wobei im Grunde der getroffenen Ausführungen, die belangte Behörde zu Recht von erhöhtem Maß des Verschuldens, nämlich Vorsatz, ausgegangen ist.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

5.3. Mit seinen Ausführungen zur Doppelbestrafung ist der Bw nicht im Recht, zumal die mit dem gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfene Tat ein durch Tathandlung und -zeit selbständiges - vom vorausgegangenen Verwaltungsstrafverfahren verschiedenes - Täterverhalten ist, welches vom vorzitierten rechtskräftigen Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Tatzeit als auch hinsichtlich der Tathandlung abweicht. Während nämlich im bereits rechtskräftigen Straferkenntnis die Errichtung eines Provisoriums, nämlich eine provisorische Aggregatehütte von 3 x 4 m im Zeitraum vom 13.3. bis 19.6.1998 vorgeworfen wurde, ist nunmehrige Tathandlung der Neubau einer Holzhütte im Ausmaß von 4 x 6 m und einer Firsthöhe von 5 m im Zeitraum vom 1.10.1998 bis 11.1.1999. Die gegenständliche Tathandlung des Errichtens einer neuen Holzhütte ist somit ein selbständiges Delikt.

Der Bw stützt sich weiters auf rechtfertigenden Notstand. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH hebt aber nur ein durch den Täter nicht verschuldeter Notstand die Strafbarkeit der Tat auf. Voraussetzung ist, dass dem Täter ein rechtmäßiges Alternativverhalten nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bw nicht. Die belangte Behörde führt zu Recht aus, dass schon das Provisorium unzulässig war und daher auch die vom Bw ins Treffen geführten Schäden durch die großen Schneemassen für das Provisorium nicht ein rechtswidriges Verhalten für rechtmäßig erklären können. Vielmehr wäre dem Bw zumutbar gewesen, das erforderliche Behördenverfahren rechtzeitig einzuleiten und abzuwarten. Hat sich der Beschuldigte aus eigenem Verschulden in eine Zwangslage gebracht, so kann ihm Notstand iSd § 6 VStG nicht zugute kommen (VwGH 30.6.1993, 93/02/0066). Weiters ist Notstand dann nicht gegeben, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll. Wirtschaftliche Nachteile können nach der Rechtsprechung des VwGH nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 788, E1 d, e mwN).

Es muss sich der Bw entgegenhalten lassen, dass er schon die Aggregatehütte unrechtmäßig errichtet hat und daher der gegenständliche Ersatzbau ebenfalls nicht seine Rechtsmäßigkeit finden kann. Andererseits ist eine unmittelbare Bedrohung der Lebensmöglichkeit nicht gegeben gewesen.

Darüber hinaus hat aber mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 18.5.1999, N-103.483/17/1999/Pin/Ker, der Bw eine negative naturschutzbehördliche Feststellung für die Errichtung einer Holzhütte neben der S am Offensee erhalten.

5.4. Im Hinblick auf die Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG berücksichtigt. Insbesondere hat sie die vom Bw selbst gemachten Angaben ihrer Strafbemessung zu Grunde gelegt. Gegen den Bw liegt bereits eine rechtskräftige Vorstrafe vor, was einen Erschwerungsgrund bildet. Ein Strafmilderungsgrund lag nicht vor. Im Hinblick auf das erhöhte Maß des Verschuldens des Bw war auch eine dem Verschulden angepasste Strafe zu verhängen. Im Hinblick auf die im Entscheidungszeitpunkt vorliegenden rechtskräftigen Verwaltungsstrafen ist auch eine Uneinsichtigkeit und Gleichgültigkeit des Bw gegenüber naturschutzrechtlichen Bestimmungen erkennbar, welche sich in der Strafbemessung auswirken. Besonders aus spezialpräventiven Gründen war daher eine höhere Geldstrafe erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Die verhängte Geldstrafe befindet sich aber im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens (bis zu 500.000 S). Die Strafe entspricht im Übrigen auch dem besonderen Unrechtsgehalt der Tat, weil es sich gegenständlich um unverbautes zu schützendes Gebiet am Offensee handelt. Es war daher auch die verhängte Strafe zu bestätigen.

Vom § 21 VStG (Absehen von der Strafe) konnte nicht Gebrauch gemacht werden, weil schon die Voraussetzung eines geringfügigen Verschuldens nicht gegeben ist. Geringfügiges Verschulden ist nämlich nur dann nach der Rechtsprechung des VwGH anzunehmen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw in erheblichem Maße hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Das gegenständliche Tatverhalten aber erfüllt genau jenen Unrechts- und Schuldgehalt, den die gegenständliche Verwaltungsübertretung unter Strafsanktion stellt. Auch stellt das tatbildmäßige Verhalten keine unbedeutende Folge dar, zumal das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigt wird. Dies kommt auch im negativen Feststellungsverfahren zum Ausdruck.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 10.000 S, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

andere Tathandlung, Doppelbestrafung: keine, kein Notstand, selbstverschuldeter Zustand

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