Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320120/2/Li/He

Linz, 09.02.2005

 

 VwSen-320120/2/Li/He Linz, am 9. Februar 2005

DVR.0690392

 

 
 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung der Frau C H, vertreten durch die Anwaltssocietät S D S & P, H, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. Juli 2004, N96-6-2003, wegen einer Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 14. Juli 2004 wird der Berufungswerberin (Bw) vorgeworfen: "Sie haben seit mindestens 7.10.2003 einen verbotenen Eingriff in das Landschaftsbild und in den Naturhaushalt durch die Errichtung und den Bestand eines Bauwerkes (Hüttenbauwerk mit einer Grundfläche von 7,5 m x 4 m inklusive überdachter Veranda) auf der Parzelle Nr., KG. und Gemeinde A, im 50 m Schutzbereich des Kettenbaches ohne vorherige (positive) Feststellung durch die Naturschutzbehörde ausgeführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 10 Abs.2 iVm § 10 Abs.1 Ziff.2 iVm § 56 Abs.3 Ziff.2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl.Nr. 129/2001 idgF, iVm § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung, LGBl.Nr. 107/1982 idgF, Anlage zu § 1 Abs.1, Ziff.3 - Einzugsgebiet linksufrig der Donau: Punkt 3.9.3. K."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bw gemäß § 56 Abs.3 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 eine Geldstrafe von 800 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Tagen verhängt. Ferner wurde angeordnet, dass gemäß § 64 VStG 80 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, zu zahlen sind.

Begründend wurde ausgeführt, nach den Begriffsbestimmunen des § 3 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 sei die Parzelle Nr., KG. und Gemeinde A, zweifellos nicht einer geschlossenen Ortschaft zuzuzählen, sondern eindeutig dem Grünland. Es sei für dieses Gebiet auch kein rechtswirksamer Bebauungsplan vorhanden. Dass die Errichtung einer Hütte mit angebauter Veranda und einem Ausmaß von 7,5 Meter mal 4 Meter in einem sonst unbebauten Gebiet einen Eingriff in das Landschaftsbild von nicht nur vorübergehender Dauer sei, liege wohl auf der Hand und sei vom Verwaltungsgerichtshof in ähnlich gelagerten Fällen bereits bestätigt worden. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes und der Tatsache, dass die Bw keine weiteren Beweismittel vorgebracht habe, die geeignet wären, den ihr zur Last gelegten Tatbestand zu widerlegen bzw. glaubwürdig darzulegen, dass sie die ihr zur Last gelegte Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 nicht begangen habe, sei diese eindeutig als erwiesen zu betrachten. Die Strafbemessung sei gemäß § 19 VStG unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw erfolgt. Als straferschwerend sei ihre absolute Tatuneinsicht gewertet worden, als strafmildernd ihre bisherige Unbescholtenheit.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Es wurde der Berufungsantrag gestellt, das Straferkenntnis wolle zur Gänze behoben, ersatzlos beseitigt und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw eingestellt werden. Begründend wurde dazu ausgeführt, die Bw habe die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, die in Rede stehende Hütte diene ausschließlich der Forstwirtschaft und der Fischereizucht. Anlässlich eines Ortsaugenscheines habe sich die Behörde offenbar selbst davon überzeugen können, dass sich auf der Hinterseite der Hütte eine ca. 2 Meter lange und ca. 1/2 Meter hohe Kiste befindet, in welcher Gegenstände, welche für die Bewirtschaftung und Pflege der Teichanlage und auch der Forstwirtschaft notwendig seien, verstaut würden. Auch auf die diesbezüglich vorgetragenen Argumente sei die Behörde in keiner Weise eingegangen, habe keinen zusätzlichen Lokalaugenschein abgeführt und auch keinen einzigen Zeugen einvernommen, obgleich die angeführten Beweismittel jedenfalls in der Lage gewesen wären, ihr Vorbringen auch entsprechend unter Beweis zu stellen.

Mit der Frage, ob überhaupt ein Eingriff im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Oö.NSchG vorliege, habe sich die Behörde nur sehr rudimentär auseinandergesetzt bzw. darauf beschränkt, die Legaldefinition des § 3 Z3 leg.cit. wörtlich wiederzugeben.

Übersehen werde, dass bei Anwendung des § 10 leg.cit. die Bestimmungen des § 9 Abs.2, 3, 5, 6 und 7 leg.cit. gemäß § 10 Abs.4 leg.cit. sinngemäß gelten. Unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs.2 leg.cit. sei festzustellen, dass ein Eingriff in den Naturhaushalt im Sinne dieser Bestimmung keinesfalls gegeben sei, da die Aufzählung in der genannten Bestimmung jedenfalls taxativ zu verstehen sei. Weder sei es im vorliegenden Fall zu einer Trockenlegung, noch einer Düngung, Versiegelung, Aufforstung, Rodung, Verrohrung, etc. gekommen. Des Weiteren würde die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden nicht als Eingriff in das Landschaftsbild gelten, was von der entscheidenden Behörde ebenfalls nicht beachtet bzw. allenfalls übersehen worden sei. Abschließend wurde noch auf die Stellungnahmen vom 15.11.2003 sowie vom 10.2.2004 verwiesen und wurde dies auch im Rechtsmittelverfahren zum Vorbringen der Bw erhoben.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit seine Zuständigkeit begründet. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs1 Z2 Oö.NSchG 2001 gilt der Natur- und Landschaftsschutz im Sinne dieser Bestimmungen für folgende Bereiche: für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 Meter breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

Gemäß § 10 Abs.2 Oö.NSchG 2001 ist in den geschützten Bereichen gemäß Abs.1 jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordungsgesetz 1994) vorhanden ist.

Gemäß § 1 Abs.1 der Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, die als Verordnung gemäß § 10 Abs.1 Oö. NSchG 2001 gilt, gilt der Landschaftsschutz für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 Meter breiten Geländestreifen. In dieser Anlage ist unter Ziffer 3.9.3. der K genannt.

Gemäß § 56 Abs.3 Z2 Oö.NSchG 2001 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer (§ 10) verboten sind, ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 10 Abs.2 ausführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält.

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wurde der Bw angelastet, sie habe seit mindestens 7. Oktober 2003 einen verbotenen Eingriff in das Landschaftsbild und in den Naturhaushalt durch die Errichtung und den Bestand eines Bauwerkes im 50 Meter Schutzbereich des K ohne vorherige (positive) Feststellung durch die Naturschutzbehörde ausgeführt. Hinsichtlich der Tatzeit ("seit mindestens 7.10.2003") stützte sich die belangte Behörde offenbar auf die am 7. Oktober 2003 vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz anlässlich seiner Außendiensttätigkeit getroffenen Feststellungen. Der Bericht des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 8. Oktober 2003 über seine Erhebungen am 7. Oktober 2003 liefert keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bau der Hütte am 7. Oktober 2003 noch nicht vollendet gewesen wäre, es gibt keinerlei Aussagen über noch fehlende Teile des Bauwerks. Die vom Bezirksbeauftragen am 7. Oktober 2003 angefertigten Fotos zeigen eine fertig gebaute Hütte, in der sich nach den Angaben des Bezirksbeauftragen für Natur- und Landschaftsschutz auch verschiedene, auf eine Freizeitnutzung schließen lassende Einrichtungsgegenstände befanden. Nach der Aktenlage ist daher davon auszugehen, dass das verfahrensgegenständliche Bauwerk jedenfalls zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz bereits fertiggestellt war. Hinsichtlich des Zeitpunktes dieser Fertigstellung hat die belangte Behörde jedoch keinerlei Ermittlungen durchgeführt, die von der Bw angebotenen Zeugenbeweise sowie ein beantragter Lokalaugenschein, die diesbezüglich allenfalls Klarheit hätten bringen können, wurden nicht durchgeführt. Die schon im Aktenvermerk (Anzeige) des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz mangelnden Feststellungen über den Zeitpunkt der Fertigstellung der Hütte bei der im Jahr 2000 bewilligten Fischteichanlage könnten auch der Grund dafür sein, dass dieser Amtssachverständige nicht die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens, sondern - nach Prüfung des Sachverhalts - die Entfernung der Hütte beantragt hat.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesem Gesichtspunkt ist in jedem konkreten Fall auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt (vgl. VwGH 23.11.2000, 98/07/0173).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.3.1992, 91/06/0161, in einem vergleichbaren Fall (betreffend Errichtung von Objekten) ausgesprochen hat, reicht es zur entsprechenden Umschreibung der Tat keinesfalls als zeitliches Element aus, dass der Zustand "anlässlich einer Überprüfung festgestellt wurde", vielmehr müsste der Abschluss der Bautätigkeit im Spruch genannt werden. Diese Überlegungen sind auch für das der Bw angelastete Delikt (verbotener Eingriff in das Landschaftsbild und in den Naturhaushalt iSd § 10 Abs.2 Oö.NSchG 2001) heranzuziehen. Es handelt sich um ein Kommissivdelikt, bei dem das strafbare Verhalten mit Herbeiführen des rechtswidrigen Zustandes (bzw. mit Abschluss der Errichtung des Bauwerkes) beendet ist. Dieser Fertigstellungszeitpunkt, der offensichtlich bereits eingetreten war und mit dem der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist begann, wurde von der belangten Behörde jedoch nicht festgestellt. Sie vertrat demgegenüber die Auffassung, dass das strafbare Verhalten auch nach dem 7. Oktober 2003 noch andauerte (arg. "seit mindestens 7. Oktober 2003") und ging offenbar von einem Dauerdelikt aus (bei dem das deliktische Verhalten erst mit der Zustellung des positiven Feststellungsbescheides endet). Insoferne befindet sich die belangte Behörde in einem Irrtum. Die Ansicht der belangten Behörde wäre (nur) dann zutreffend, wenn eine gesetzliche Vorschrift ausdrücklich anordnet, dass das strafbare Verhalten erst mit Vorliegen einer (nachträglich erteilten) Bewilligung bzw. eines positiven Feststellungsbescheides endet (vgl. VwGH 31.1.2000, 97/10/0059). Das Oö. NSchG 2001 enthält aber keine derartige Regelung, die hier zum Tragen kommen könnte.

Der Vorwurf, die Bw habe seit mindestens 7.10.2003 einen verbotenen Eingriff ausgeführt, ist folglich in zeitlicher Hinsicht nicht ausreichend konkretisiert. Diesbezüglich wären nähere Ausführungen zum tatsächlichen Ende der Bautätigkeiten notwendig gewesen. Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses verstößt somit gegen § 44a Z1 VStG (vgl. dazu auch das h. Erkenntnis vom 4. Oktober 2004, VwSen-320113/2/Li; weiters VwSen-320049/4/Gu vom 7.10.1998 und VwSen-320008/2/Gb vom 18.7.1996). Eine den dargelegten Grundsätzen des § 44a VStG entsprechende Umschreibung der Tat setzt daher in diesem Fall voraus, dass der Zeitraum der Bauführung und gegebenenfalls der Zeitpunkt ihrer Beendigung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dem Spruch des Bescheides entnommen werden kann.

Innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist wurden keine (hinsichtlich der Tatzeit) ausreichend konkretisierten Verfolgungshandlungen, welche die Verfolgungsverjährungsfrist unterbrechen hätten können, gesetzt. Auf Grund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung war es der Berufungsbehörde verwehrt, die Angaben zur Tatzeit zu präzisieren. Eine weitere Verfolgung der Bw ist wegen Eintritt der Verfolgungsverjährung unzulässig.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Linkesch
 
 
Beschlagwortung:
Kommissionsdelikt, Verfolgungsverjährung, Fertigstellung

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