Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320131/17/Li/Hue

Linz, 30.05.2006

 

 

 

VwSen-320131/17/Li/Hue Linz, am 30. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn R M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. März 2005, Zl. N96-39-2004, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Mai 2006 wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes (Oö. NSchG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 17. März 2005, Zl. N96-39-2004, folgendes Straferkenntnis verhängt:

"Sie haben am 11.09.2004 das Grst.Nr., KG T, das Teil des Naturschutzgebietes I M ist (Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29.05.2002, LGBl.Nr. 41) ohne Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 5 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 i.d.g.F. betreten und dadurch einen Eingriff, der in einem Naturschutzgebiet (§ 25) verboten ist, ausgeführt. Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 56 Abs. 3 Ziff. 8 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 i.d.g.F. in Verbindung mit der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29.05.2002, LGBl.Nr. 41, begangen".

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 56 Abs. 3 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 50 Euro verhängt.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

3. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde in der Begründung im Wesentlichen aus, dass von einem Naturwacheorgan des Landes Oberösterreich anlässlich einer Kontrolle des Naturschutzgebietes I M am Z mehrere Personen beobachtet worden seien, die vom Grundstück, KG T, aus die Fischerei ausübten. Das anzeigende Naturwacheorgan habe diese Fischer auf den rechtswidrigen Aufenthalt im Naturschutzgebiet hingewiesen und diese zum Verlassen aufgefordert. Nachdem dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen worden sei und sich eine verbale Auseinandersetzung entwickelt habe, sei vom Naturwacheorgan die Gendarmerie verständigt worden.

Das Gendarmeriepostenkommando Mondsee habe daraufhin im Zuge weiterer Erhebungen festgestellt, dass eine der angetroffenen Personen der Bw gewesen sei.

Die erstinstanzliche Behörde habe daraufhin mit Schreiben vom 10. November 2004 die gegenständliche Verwaltungsübertretung dem Bw mit Aufforderung zur Rechtfertigung zur Last gelegt.

Als Rechtfertigung habe der ausgewiesene Vertreter des Bw den Aufenthalt im Naturschutzgebiet I M grundsätzlich nicht in Abrede gestellt. Allerdings wäre der Bw als Fischer sehr wohl zum Betreten des gegenständlichen Grundstückes berechtigt gewesen. Dabei wurde auf § 28 Oö. Fischereigesetz hingewiesen und vorgebracht, dass die Verordnung über die I M erst nach Inkrafttreten des Oö. Fischereigesetzes rechtswirksam wurde und diese Verordnung deshalb kein Betretungsverbot aussprechen könne. Weiters würde die Rechtsauffassung der belangten Behörde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, da diese Verordnung den Jägern nicht nur das Betreten des Grundstückes sondern auch die Jagdausübung gestatte.

Die erstinstanzliche Behörde führte dazu im Wesentlichen weiters aus, dass entsprechend den Erhebungen des Naturschutzorgans und der Gendarmeriebeamten zweifelsfrei davon auszugehen sei, dass der Bw das verfahrensgegenständliche Grundstück betreten habe. Dies sei vom Bw auch nicht in Abrede gestellt worden. In der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29.05.2002, LGBl.Nr. 41, sind die I M in den Gemeinden O, T und Z zum Naturschutzgebiet im Sinne des § 25 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 erklärt worden. In dieser Verordnung sind unter § 2 folgende Eingriffe gestattet:

  1. die Mahd der Streuwiesen nach dem 15. Juli eines jeden Jahres;
  2. die Instandhaltung von in der Anlage gekennzeichneten Entwässerungsgräben bis zu einer Tiefe von 40 cm zwischen dem 15. Oktober und dem 15. März sowie von Vorflutergräben in diesem Zeitraum bis zu einer Tiefe von 40 cm, wobei in Abhängigkeit von der Lage der einmündenden Rohrleitungen oder Entwässerungsgräben in deren unmittelbaren Mündungsbereich die Grabenräumung zum Zweck der Abflussertüchtigung in Abhängigkeit von der Geländeneigung auch tiefer erfolgen kann;
  3. die Nutzung von Gehölzen in Form von Einzelstammentnahmen;
  4. die rechtmäßige Ausübung der Jagd zwischen dem 1. August und dem 15. März mit Ausnahme der Errichtung jagdlicher Einrichtungen und der Wildfütterung;
  5. das Betreten durch Grundbesitzer, durch von ihnen beauftragte Personen sowie durch die Jagdausübungsberechtigten oder deren Beauftragte im Rahmen der erlaubten jagdlichen Nutzung und datumsunabhängig zum Zweck der Nachsuche;
  6. das Betreten sowie die Probenentnahme zu wissenschaftlichen Zwecken im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde und den Grundbesitzern;
  7. das Betreten und Befahren im Rahmen der erlaubten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung;
  8. der Zugang zu den am Irrsee liegenden Badeplätzen, Badehütten sowie rechtmäßig gelagerten Booten durch berechtigte Personen auf den in der Anlage gekennzeichneten Pfaden im Einvernehmen mit den Grundbesitzern;
  9. die Anlegung und Instandhaltung eines Moorlehrpfades im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde und das Betreten dieses Lehrpfades;
  10. die Nutzung und Instandhaltung rechtmäßig erbauter, bestehender Einrichtungen;
  11. die Räumung der Zeller Ache im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde.

Das Betreten dieses Naturschutzgebietes zur Ausübung der Fischerei sei demnach nicht gestattet und es ist festzustellen, dass gemäß § 28 Abs. 7 Oö. Fischereigesetz aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen bestehende oder behördlich verfügte Betretungsverbote durch die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 nicht berührt würden. Die zitierte Naturschutzgebietsverordnung sähe keinerlei Ausnahmen gem. § 25 Abs. 4 Oö. NSchG 2001 für Bewirtschafter und Fischer vor und es sei deshalb das Betreten des Naturschutzgebietes außerhalb der gekennzeichneten Pfade verboten. Die weiters andiskutierte Frage der Verfassungswidrigkeit der Verordnung wegen behaupteter Ungleichbehandlung hinsichtlich der Ausnahmeregelung für Jäger diene nicht der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes. Die kritisierte Verordnung wäre rechtswirksam und somit für die belangte Behörde Rechtsgrundlage. Gemäß § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001 könne die Landesregierung im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten bewilligen, wenn dadurch der Schutzzweck, insbesondere im Hinblick auf ein Europaschutzgebiet, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Eine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung wäre weder beantragt noch erteilt worden. Der Bw habe daher durch das Betreten des Naturschutzgebietes I M im Bereich des Grundstückes, KG T, am 11.09.2004 eine Verwaltungsübertretung gemäß § 56 Abs.3 Z8 Oö. NSchG 2001 iVm der zitierten Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29.05.2002 begangen.

Ein Schuldausschließungsgrund und sonstige Entlastungsgründe sowie Erschwerungsgründe seien nicht gefunden worden.

Es wurde bei der Strafbemessung von einem monatlichen Einkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und 2 Sorgepflichten ausgegangen.

Die angemessene Ersatzfreiheitsstrafe sei mit 48 Stunden festgesetzt worden.

 

4. Dagegen bringt der Bw in seiner Berufung ("Beschwerde") im Wesentlichen vor, dass er von seinem Boot aus im Bereich des Grundstückes, KG T, der Fischerei nachgegangen sei. Weiters folgt eine Darstellung der Auseinandersetzungen zwischen dem anzeigenden Naturwacheorgan und einem namentlich nicht genannten Fischer an Land. Die Erstbehörde habe die Stellungnahme des Bw vom 18. Februar 2005 zur Gänze ignoriert, da bereits darin darauf hingewiesen worden sei, dass der Bw sich nicht auf dem gegenständlichen Grundstück, sondern lediglich in seinem Boot in Ufernähe aufgehalten habe. Diesbezüglich habe die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und insbesondere die Niederschriften zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vom 14. Dezember 2004, Zl. VwSen-420410/25/Ste und VwSen-420411/25/Ste, sowie die beantragten Beweise in unsachlicher und willkürlicher Weise nicht in das Ermittlungsverfahren miteinbezogen bzw. ignoriert. Der Bw sei zu keinem Zeitpunkt auf dem gegenständlichen Grundstück anwesend gewesen, habe keine Strafhandlung begangen und das Straferkenntnis sei deswegen ersatzlos aufzuheben. Durch § 28 Abs.7 Oö. Fischereigesetz seien nur jene Betretungsverbote berührt, welche bereits bei Erlass des Oö. Fischereigesetzes bestanden oder behördlich verfügt wurden. Gegen die Verordnung über die I M bestünden verfassungsrechtliche Bedenken, da sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Jägern, im See Badenden und Fischern vornehme.

Es werde daher der Antrag gestellt, das gegenständliche Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und das gegenständliche Strafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestausmaß herabzusetzen.

5. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, N96-39-2004. Es wurde zusätzlich Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde, Zl. N96-38-2004, in die Akten des Oö. Verwaltungssenates VwSen-420410-2004 und VwSen-420411-2004 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2006, zu der der Bw, der Vertreter des Bw, ein Vertreter der belangten Behörde sowie die geladenen Zeugen D, P, H und N erschienen sind.

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu wie folgt erwogen:

Gemäß § 56 Abs. 3 Ziffer 8 Oö. NSchG 2001 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer Eingriffe, die in einem Naturschutzgebiet (§ 25) verboten sind, ohne Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 5 ausführt oder in einer Ausnahmebewilligung verfügte Bedingungen, Auflagen und Befristungen nicht einhält.

Im angefochtenen Straferkenntnis stützt sich die belangte Behörde darauf, dass entsprechend der Erhebungen des Naturschutzorganes und der Organe des Gendarmeriepostens Mondsee zweifelsfrei davon auszugehen war, dass der Beschuldigte R M am 11.09.2004 das Gst., KG. T, das Teil des Naturschutzgebietes I M ist, betreten hat und dies im Übrigen vom Beschuldigten auch nicht in Abrede gestellt wurde.

Das vom Oö. Verwaltungssenat durchgeführte Ermittlungsverfahren hat diese Annahmen der belangten Behröde nicht erwiesen.

Aus den Aussagen der Zeugen N, D und H geht hervor, dass diese den Bw lediglich in einem Boot auf der Seefläche gesehen haben und der Zeuge P den Bw überhaupt nicht gesehen hat. Diese Angaben stützen die Darstellung des Bw, wonach er am Tattag das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr., KG T, nicht betreten hat. Eine weitere Unterstützung findet diese Darstellung des Bw durch die Aussage des anzeigenden Naturwacheorgans H anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2005 über die Beschwerden der Herren N und H wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Naturwacheorgan (siehe die Akten des Oö. Verwaltungssenates Zl. VwSen-420410 und VwSen-420411). Der Zeuge H brachte dort u.a. vor, dass am Tattag neben den beiden Beschwerdeführern eine dritte Person zugegen gewesen sei, die mit einem Boot gekommen sei. Zwischen den Beschwerdeführern und dem Bw habe es durch Zuruf Kommunikation gegeben und da es sich beim Z um ein Privatgewässer handle, sei dort das Bootfahren grundsätzlich zulässig.

Aus der Strafanzeige des Gendarmeriepostens Mondsee an das Bezirksgericht Mondsee vom 31. Oktober 2004, welche abschriftlich der belangten Behörde zugestellt worden ist, ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Bw das Naturschutzgebiet betreten hat. Ein "Landgang" des Bw hat sich nach den Zeugenaussagen lediglich anlässlich der Rückgabe des Ausweises des Naturwacheorgans H an Bez. Insp. P ergeben, dieses Ufergrundstück befindet sich jedoch nicht im Bereich des verfahrensgegenständlichen Naturschutzgebietes.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 1 VStG 1991 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die dem Bw von der belangten Behörde im bekämpften Straferkenntnis vorgeworfene Tat des unerlaubten Betretens des Grundstückes Nr. , KG T, nicht nachgewiesen werden kann.

Aus diesem Grund war der Berufung gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Linkesch

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