Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340027/9/Br/Bk

Linz, 29.03.2001

VwSen - 340027/9/Br/Bk Linz, am 29. März 2001

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. Jänner 2001, Zl.: Agrar96-2-1999 u. Agrar96-19-2000, wegen Übertretungen des Oö. Jagdgesetzes, nach der am 29. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.134/2000 - VStG.

I. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber drei auf § 93 Abs.1 lit.j iVm § 50 Abs.1 und § 49 Abs.2 Oö. JagdG (betreffend den Punkt 2. des Straferkenntnisses) gestützte Geldstrafen von je 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit je zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie haben es als Jagdausübungsberechtigter des 'Eigenjagdgebietes A' zu verantworten, dass

1. der Abschussplan im Jagjahr 1998/1999 nicht erfüllt wurde, obwohl die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen weder unter- noch überschritten werden dürfen.

Vom festgesetzten Abschuss wurden

von 41 Stück Rotwild nur 27 Stück und

von 23 Stück Rehwild nur 13 Stück

entnommen,

2. der mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Agrar01-16/05-1999, vom 20. 1. 1999 angeordnete Zwangsabschuss nicht zur Gänze durchgeführt wurde (von 5 Tieren und 8 Kälbern wurden nur 3 Tiere und 1 Wildkalb erlegt) und

3. der Abschussplan im Jagdjahr 1999/2000 nicht erfüllt wurde. Vom festgesetzten Abschuss wurden von 41 Stück Rotwild nur 9 Stück von 14 Stück Rehwild nur 9 Stück entnommen."

1.1. Die Erstbehörde stützte die Schuldsprüche auf das Ergebnis des vom behördeninternen Forstdienst eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses gelangt im Ergebnis zur gutachterlichen Schlussfolgerung, dass die Erfüllung des Abschussplanes objektiv möglich gewesen wäre. Diese Auffassung wurde im Ergebnis aus der Beurteilung des Lebensraumes anhand der Vergleichs- und Weiserflächen abgeleitet. Dabei sei im Jagdgebiet des Berufungswerbers die Gesamtbeurteilung der Stufe II mit deutlich negativer Tendenz feststellbar gewesen. Auf acht von zehn Weiserflächen sei im Beurteilungszeitraum ein deutlich angestiegener Verbissprozentwert festgestellt worden. Daraus sei die Schlussfolgerung zu ziehen gewesen, dass neben anderen Jagdgebieten auch im Jagdgebiet A von einem überhöhten Wildstand auszugehen sei. Demnach sei davon auszugehen gewesen, dass in diesem Jagdrevier sowohl 1998/1999 und auch 1999/2000 der Abschuss erfüllbar gewesen sein müsste, was somit auf im Verantwortungsbereich des Berufungswerbers liegende jagdliche Beweggründe schließen lässt, die für die Nichterfüllung des Planzieles ins Treffen zu führen wären.

Abschließend regt der Sachverständige aus diesen fachlichen Schlussfolgerungen die Bestrafung des Berufungswerbers an. Die Behörde übernimmt letztlich diese Schlussfolgerungen und stützt die Schuldsprüche darauf, wobei auf die Ausführungen des Berufungswerbers in seiner Verantwortung nicht eingegangen wird.

2. Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber fristgerecht erhobene jedoch fälschlich als Einspruch bezeichnete Berufung. Im Ergebnis führt er darin abermals aus, dass mit dem Strafausspruch nicht das eigentliche Problem gelöst werde, da auch in diesem Jagdjahr abermals das Planziel nicht erreicht zu werden vermochte. Es treffe nicht zu, so der Berufungswerber, dass das Planziel zu erreichen gewesen wäre. Auch wären der Nichterfüllung keine persönlichen jagdlichen Beweggründe zu Grunde gelegen. Abschließend ersuchte er, sich persönlich von der Situation zu überzeugen und den Jagdeigentümer, sowie Personen der Jagd- und Forstbehörde dazu einzuladen. Es sei nur gemeinsam möglich eine sachliche Lösung des Problems auch für die Zukunft zu finden.

3. Da jeweils keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war insbesondere zur Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch Erörterung bzw. Verlesung der Verwaltungsstrafakte der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zlen.: Agrar96-2-1999 u. Agrar96-19-2000. Dem Akt angeschlossen bzw. beigeschafft wurden die Abschusspläne und Abschussmeldungen der bezughabenden Jagdjahre. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ergänzendes Beweismaterial als Beilagen (Beilage 1 und 2) sowie diverse in der Sphäre des Berufungswerbers erstellten Statistiken vorgelegt, verlesen und dem im Berufungsverfahren beigezogenen jagdfachlichen Amtssachverständigen, Herrn Dipl. Ing. R, zwecks gutachterlicher Beurteilung zur Kenntnis gebracht. Ebenfalls wurde vom Sachverständigen ein jagdfachliches Gutachten, unter Einbeziehung der im Rahmen des Berufungsverfahrens geschöpften Sachverhaltsfeststellungen entsprechend des darauf fußend gefassten Beweisbeschlusses, erstattet. Als Zeugen vernommen wurden Herr A (als Bezirksjägermeister und sachverständiger Zeuge), Herr H(Berufsjäger), Herr Dr. M (Mitpächter), Herr F (Jäger) und Herr J (Jäger). Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Eingangs ist als unbestritten gebliebene Tatsache festzustellen, dass der Berufungswerber für das verfahrensgegenständliche, gesamt ca. 2.500 ha, davon 700 ha Wald, umfassende Jagdgebiet jagdrechtlich verantwortlich ist. Unbestritten ist ferner die Tatsache eines vorliegenden untragbaren Verbissgrades der Stufe II, was seinerseits auf einen überhöhten Wildstand schließen lässt. Dies wurde selbst vom Berufungswerber in keinem Punkt seiner Verantwortung bestritten. Vielmehr wird diese Auffassung im Ergebnis von ihm geteilt.

Unbestritten ist auch, dass im Jagdgebiet A höhere Latschenwälder als Rotwildeinstände anderen Jagdgebieten zufallen, in diesem Revier vermehrte felsige Einhänge, die die Jagd auf Rotwild nur räumlich relativ eng begrenzt, erlaubt.

Der Berufungswerber legte jedoch im Zuge seiner umfassenden Anhörung sehr illustrativ und (jagd-)fachlich selbst für einen Laien gut nachvollziehbar dar, dass die Mindererfüllung hier nicht in einem jagdfachlichen Manko zu erblicken ist, sondern vielmehr auf Umstände zurückgeführt werden muss, die außerhalb seines Jagdgebietes gelegen sind und daher nicht in seiner Disposition stehen. Vor allem sei dies in der in den letzten Jahren erfolgten Zersplitterung des ursprünglich geschlosseneren Jagdgebietes und der in diesen kleineren Jagdrevieren geübten Jagdpraktiken und der damit einhergehenden vermehrten Beunruhigung des Wildes, sowie der in diesem Kontext gepflogenen Kirrfütterungen gelegen. Das Wild sei demnach im Jagdgebiet des Berufungswerbers zum reinen nachtaktiven Wild geworden und sei daher trotz größtem jagdlichen Einsatz in weidgerechter Weise nicht mehr in seinem Jagdgebiet im angeordneten Ausmaß (Abschussplan) zu erlegen. Der Berufungswerber strich dabei insbesondere hervor, dass seit mehreren Jahren nicht einmal er selbst - bei jährlichen Kosten für die Pachtung dieser Jagd von immerhin insgesamt 160.000 DM - einen Erntehirsch erlegen konnte. Dies müsse wohl aussagekräftig dahingehend sein, dass nicht mangelnde jagdliche Aktivitäten für dieses Unterbleiben verantwortlich sein könnten.

Diese Darstellung wird im Ergebnis von sämtlichen Zeugen und nicht zuletzt auch vom Bezirksjägermeister in der Substanz vollinhaltlich bestätigt. Der Zeuge N legte diesbezüglich unter Vorweis der von ihm angelegten Statistiken auf nachteilige Verschiebungen der Wildstände an den Fütterungen zwischen dem gegenständlichen und kleineren Revieren (insbesondere die Probleme mit dem Revier H) anschaulich nachvollziehbar dar. Dort werde ganz gezielt angekirrt und an den Fütterungen "geschossen" was sich negativ auf die Bejagung im gegenständlichen Jagdgebiet auswirkt, weil das Rotwild dadurch zunehmend zum nachtaktiven Wild wurde, was naturgemäß einer weidgerechten Bejagung entgegen steht. Das Problem sei nur in größeren Zusammenhängen zu lösen, etwa durch die Schaffung von Hegegemeinschaften. Diesbezüglich seien konkrete Bestrebungen im Gange was natürlich im Einverständnis und durch Betreiben seitens der Verpächter zu geschehen haben wird. Auch die übrigen Zeugen bestätigten im Sinne der Verantwortung des Berufungswerbers diese Ursachenlage letztlich übereinstimmend. Man habe auch gegen Ende der Schusszeit im Jagdjahr 1998/1999 die jagdlichen Aktivitäten mit gleicher Intensität fortgesetzt und es wurde in seinem Einvernehmen vom Verpächter der Antrag auf einen Zwangsabschuss bis zum 31. Jänner 1999 gestellt. Dieser wurde mit Bescheid vom 21. Jänner 1999 bewilligt, wobei bis zum 31. Jänner 1999 von 13 Stück Rotwild letztlich nur vier erlegt werden konnten. Bei logischer Betrachtung scheint es unter Bedachtnahme auf die jagdliche Praxis und deren nur wenig gestaltbaren Erfolgsaussichten, sowie der Begrenztheit verfügbarer Ressourcen (Anzahl an verfügbaren Jägern und allenfalls Jagdhelfern) nicht gerade realistisch, dass innerhalb von nur elf Tagen diese Anzahl von Rotwild in einem Areal von 2.500 ha zur Strecke zu bringen wäre.

Nicht weniger illustrativ wurde vom Zeugen Forster, der seit 43 Jahren in diesem Jagdgebiet der Jagd nachgeht, dargestellt, dass man kaum mehr Rotwild in Anblick bekommt. Auch ein Schreiben vom 6.3.2001 (Beilage 1) eines R aus Heidelberg an den Berufungswerber bringt zum Ausdruck, dass das Wild im Jagdgebiet nicht bloß zahlenmäßig abnehmend wäre, sondern sich immer mehr auch zum Nachtwild entwickle. Es könne von einem Sommerbestand von nur mehr um die zwanzig Stück ausgegangen werden. Dieses Schreiben bringt abschließend ebenfalls die Problematik der Bejagungsart (permanente Drückjagden in kleinen Revieren) der vielen Kirrungen, Futterautomaten und von Daueransitzen auch zur Nachtzeit von zu vielen Jägern und Jagdgästen zum Ausdruck. Auch der Verfasser dieses Schreibens habe seit drei Jahren keinen Hirschen mehr erlegt.

Die Mindererfüllungen bei der Gämse und dort insbesondere der Jugendklasse wurde vom Berufungswerber mit der geländebedingten schweren Auffindbarkeit der hohen Fallwildanzahl angegeben. Diese Schalenwildart wurde jedoch nicht zum Gegenstand des Tatvorwurfes erhoben, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist. Hinsichtlich des Rehs wurde die Mindererfüllung mit einem revierspezifischen starken Rückgang dieser Schalenwildart gegenüber dem Sachverständigen auf dessen Befragung dargelegt.

Bei den Zeugen handelt es sich um langjährig erfahrene Jäger. Ihre Ausführungen zeugten von zweifelsfreier Sachkompetenz, vortrefflicher Kenntnis der örtlichen (revierspezifischen) Gegebenheiten und nicht zuletzt auch von Aufrichtigkeit. Ihren und damit den Darstellungen des Berufungswerbers vermochte daher ohne jeden Grund für Zweifel dahingehend gefolgt werden, dass alles getan wurde, was einem Jäger an jagdlichem Einsatz zumutbar ist. Dennoch konnte das Planziel nicht erreicht werden.

Das vom Sachverständigen, gestützt auf die in unmittelbarer Beweisaufnahme gewonnenen Fakten und dem darauf fußenden Beweisthema, "ob die Planzielunterschreitung im Lichte dieser Annahmen auf ein jagdfachliches Manko rückführbar ist" erstattete Gutachten, gelangte in der Substanz zum Schluss, dass ein solches Manko jagdfachlich hinsichtlich keiner der verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe - insbesondere auch nicht betreffend die Mindererfüllung des Zwangsabschusses (wofür - wie oben schon ausgeführt - nur wenige Tage verfügbar waren) - erblickt werden könne. Auch der Sachverständige folgte im Ergebnis den Darstellungen des Berufungswerbers, dass dieses Problem in größeren Zusammenhängen (nämlich mit den benachbarten Jagdgebieten) einer Lösung zuzuführen sein wird, ein jagdfachliches Fehlverhalten des Jagdausübungsberechtigten auch aus sachverständiger Sicht aber nicht erkennbar ist.

Dem trat auch der Vertreter der Behörde erster Instanz im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht entgegen. Den Schlussfolgerungen des jagdfachlichen Gutachtens des erstinstanzlichen Verfahrens, wonach Dispositionen des Jagdausübungsberechtigten für die Mindererfüllung ursächlich wären, konnte daher nicht gefolgt werden. Zu dieser Feststellung und der darauf gestützten sachverständigen Empfehlung zu einer Bestrafung ist anzumerken, dass vom forsttechnischen Sachverständigen weder Feststellungen noch eine fachliche Bezugnahme zur tatsächlich geübten Jagdpraxis getroffen wurden. Vielmehr dürfte lediglich ein zwingender Automatismus - ein zu hoher Schalenwildstand sei zwingend auf eine mangelhafte jagdliche Aktivität zurückzuführen - angenommen worden sein. Die Behörde erster Instanz hat sich in der Folge ebenfalls nicht mit dem Element der praktischen Jagdausübung und folglich mit der Verschuldensfrage erst gar nicht mehr inhaltlich auseinandergesetzt.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes zulässig. Die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschussplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 Oö. JagdG).

Die Nichterfüllung des Abschussplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, wobei dem Gesetzeswortlaut nach in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG verstärkt den Beschuldigten trifft. Der Verfassungsgerichtshof erblickt darin die Verpflichtung jedoch nicht so weitgehend, dass dabei ein Verdächtiger etwa seine Unschuld nachzuweisen hätte (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschussplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuss auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse; Hierüber ist ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Ein fehlendes Verschulden hinsichtlich der Nichterfüllung der vorgeschriebenen Abschüsse konnte hier so weitgehend objektiviert und mit Fakten untermauert werden, dass von einer diesbezüglichen objektiven Unmöglichkeit auszugehen war. Es bedurfte hier daher gar nicht der Zweifelsregel zu Gunsten des Beschuldigten für die Behebung des Tatvorwurfes.

Für die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG ist es rechtlich auch unerheblich, dass hier der Berufungswerber gegen die Abschusspläne kein Rechtsmittel ergriff, ungeachtet, ob er dazu auf Grund seines Vertrages überhaupt berechtigt gewesen wäre (vgl. VwGH 12. November 1992, Zl. 91/19/0160). Das hier unter Bezugnahme auf das jagdfachliche Gutachten durchgeführte Beweisverfahren führte zum Ergebnis der objektiven Unerfüllbarkeit, wobei vom Oö. Verwaltungssenat bereits mehrfach ausgesprochen wurde, dass der Jagdausübung an sich und dem Jagderfolg im Besonderen viele Grenzen gesetzt sind (vgl. h. Erkenntnis vom 19. Oktober 2000, VwSen-340020 u.a.).

Es hat demnach bei der Beurteilung der objektiven Erfüllbarkeit einerseits auf die Grenzen der quantitativen jagdlichen Ressourcen Bedacht genommen zu werden, andererseits setzt auch die weidgerechte Jagd einem Jagderfolg ebenfalls nicht zu unterschätzende Grenzen, was hier insbesondere durch den Wandel zum Nachtwild schlagend wurde. Diese Grenzen sind aber nicht aus dem Betrachtungshorizont sogenannter Sonntagsjäger zu ziehen, sondern sie sind aus dem Blickwinkel der professionellen Jagdausübung zu beurteilen. Mit Blick darauf muss die Jagd letztlich auch in Beziehung zu verkehrsüblichen und wirtschaftlich realistischen Möglichkeiten gesetzt werden. Dem Jagdausübungsberechtigten stehen eben nur sehr begrenzte Personalressourcen zur Verfügung, die wiederum nur in einem relativ kleinen und nicht zuletzt vom Wetter abhängigen Zeitfenster aktivierbar sind. Dabei ist der konkrete jagdliche Erfolg zuletzt noch immer dem Zufall (Weidmannsheil) überlassen. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich daher im Rahmen seiner Beweis- und rechtlichen Würdigung auch zur Feststellung veranlasst, in realistischer Betrachtung nicht übersehen zu dürfen, dass ein bestimmtes quantitatives - ein sich aus der Beurteilung der Vergleichsflächen ableitendes - Planziel, ein nicht quantifizierbares und im Einzelfall objektiv nicht leistbares Mehr an jagdlichem Einsatz bedingen könnte. Unter diesem Blickwinkel könnten sich Leistungsgrenzen eines konventionellen jagdlichen Anforderungsprofils abzeichnen.

Auch die bekannten und die zum Teil schwer in Einklang zu bringenden Sichtweisen der Vertreter der Interessen des Forstes und jener der Jagd zielen im Ergebnis auf diese Problematik. Durchaus als problemorientiert könnte sich in Einzelfällen auch die hier vorgetragene Auffassung erweisen, dass bei Vorliegen eines Verbisses der Stufe zwei und ein daraus abzuleitendes Gebot einer Anhebung des Planzieles auch Jagdgebiet übergreifend erfassen bzw. lösen zu müssen. In diesem Punkt vermag das erkennende Einzelmitglied des Oö. Verwaltungssenates durchaus den diesbezüglich zum Ausdruck gebrachten Auffassungen in diesem Verfahren folgen. In diesem Zusammenhang kann illustrativ auf einen jüngst veröffentlichten Fachaufsatz über Rotwildgemeinschaften von G und die dort vergleichbar aufgezeigte Problematik verwiesen werden (Der Oö. Jäger, 3/2000, S 26 ff).

5.2. Abschließend sei rechtsspezifisch auf das Ausmaß der objektiv zumutbaren spezifischen jagdlichen Aktivität im Sinne objektiver Sorgfaltspflichten Bezug genommen. Diesbezüglich spricht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur aus (vgl. Slg. 9710 A und 28.10.1980, 2244/80 u.a.), dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Verkehrskreises des Berufungswerbers) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wurde folglich dann gehandelt, wenn sich ein Angehöriger dieses Verkehrskreises (gedacht als eine objektivierte Maßfigur) dem der Handelnde angehört, sich (ein Jagdausübungsberechtigter) an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169), d.h. im Sinne dieser objektivierten Maßfigur vom Berufungswerber noch mehr Aktivitäten in seinem Jagdrevier erwartet werden hätten müssen. Man muss sich im Sinne dieser Judikatur jedoch davor hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht zu überspannen. Dem pönalisierten Erfolg, welcher hier in einer Unterlassung im Sinne einer ausreichenden jagdlichen Aktivität erblickt werden müsste, darf quasi nicht a'priori durch überhöhte, gleichsam jeden Bogen an Zumutbarem übersteigende Anforderungen an jagdliche Aktivitäten - gleichsam in einem Automatismus - ein schuldhaftes Untätigsein zugeordnet werden (vgl. etwa h. Erk. v. 5.10.1993, VwSen-200105).

Wie oben schon erwähnt, sind der Jagd durchaus nicht objektivierbare, einem Erfolgsziel entgegenstehende Komponenten inhärent. Solche sind auch in jagd(recht)lichen Grundsätzen, etwa in der "Weidgerechtigkeit" eine zu beachtende (Leistungs-)Grenze gelegen. So gilt es etwa das Wild sicher anzusprechen und etwa auch Weitschüsse zu vermeiden (vgl. auch Pesendorfer/Rechberger, Das Oö. Jagdrecht [Loseblattausgabe] § 38 Anm. 3). Das Faktum des Nichterreichens gebotener Abschussquoten, lässt keinesfalls zwingend den Schluss auf ein "schuldhaftes Untätigsein" zu. Hier wurde vielmehr eine überdurchschnittliche Präsenz des Berufungswerbers und seiner Jäger im Jagdgebiet unter Beweis gestellt. Ebenfalls ermangelte es offenbar auch nicht an geeigneten Reviereinrichtungen. Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion bloß für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche sie nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise erwarten darf, vor. Von keiner dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörigen Person wäre daher in dieser Situation ein anderes Verhalten und somit auch kein besserer Erfolg - bezogen auf die Spezies Rot- und Rehwild - zu erwarten gewesen.

Mit diesem weiten Bogen an rechtlichen Erörterungen sollte auch zum Ausdruck gelangen, dass der Vollzug des Jagdgesetzes durch überwiegend statischer Beurteilungen dieses komplexen Fachgebietes im Ergebnis nicht zu einer Erfolgshaftung führen darf, welche dem Rechtsgrundsatz (keine Strafe ohne Schuld) zuwiderlaufen würde.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungs-gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Manko, jagdfachlich, zumutbar, Aktivitäten

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