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VwSen-340038/10/Br/Wü

Linz, 21.12.2004

VwSen-340038/10/Br/Wü Linz, am 21. Dezember 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Mag. H J, P G, vertreten durch Herrn Dr. P R, Rechtsanwalt, K L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. Oktober 2004, Zl. Agrar96-1515-2003, nach der am 20.12.2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird im Punkt 1.) gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG, im Punkt 2.) nach § 45 Abs.1 Z1 und im Punkt 3.) nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt;

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, iVm § 21, § 24, § 45 Abs.1 Z1, Z2 u. Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen Zu 1. § 93 Abs.1 lit.c iVm. § 35 Oö. Jagdgesetz, zu 2. § 93 Abs.1 lit.r iVm. § 62 Ziff. 13 Oö. Jagdgesetz und zu 3. § 93 Abs.1 lit.o iVm. § 57 Oö. Jagdgesetz, LGBI.NR. 3211964, - jeweils in der geltenden Fassung, drei Geldstrafen (1.) 200, 2.) u. 3.) je 150 Euro und für den für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 48 und 2.) u. 3.) je 24 Stunden) ausgesprochen, weil er am 2.6.2003 um ca. 19.30 Uhr im genossenschaftlichen Jagdgebiet G

1. einen Rehbock erlegt habe, ohne im Besitz eines Jagderlaubnisscheines zu sein und dadurch die Jagd ohne die geforderte jagdliche Legitimation unbefugt ausgeübt habe,

2. von seinem Fahrzeug aus, amtliches Kennzeichen einen Rehbock erlegt und dadurch dem Verbot der Jagd von Kraftfahrzeugen aus zuwidergehandelt habe und

3. den getroffenen Rehbock, der im Nachbarrevier E verendet sei, ohne Wildfolgevereinbarung und ohne Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten der Jagdgesellschaft E verfolgt habe, insbesondere auch nicht entsprechend der grundsätzlichen Regelung das Wild auf der Stelle aufgebrochen habe und somit die Bestimmungen über die Nachsuche nach vermutlich getroffenem Wild nicht nach der geforderten Weise eingehalten habe.

2. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus wie folgt:

"Nach § 35 Abs.2 Oö. Jagdgesetz bedarf es zur Jagdausübung durch nicht Jagdausübungsberechtigte neben dem Besitz der gültigen Jagdkarte noch der vom Jagdausübungsberechtigten erteilten schriftlichen Bewilligung in Form eines Jagderlaubnisscheines.

Gemäß § 62 Zif. 13 Oö. Jagdgesetz ist u.a. die Jagd von Kraftfahrzeugen aus verboten.

§ 57 Oö. Jagdgesetz regelt die Bestimmungen über Wildfolge und Nachsuche von getroffenem Wild.

Eine Verwaltungsübertretung begeht daher nach § 93 Abs.1 lit. c leg. cit., wer die Jagd ausübt, ohne die für die Jagdausübung geforderten Voraussetzungen erfüllt zu haben, nach
§ 93 Abs. 1 lit. r leg. cit., wer einem verfügten Verbot (§ 62) zuwiderhandelt und nach § 93 Abs. 1 lit. o leg. cit., wer den Bestimmungen über die Nachsuche nach getroffenem Wild nicht nach der im § 57 geforderten Weise nachkommt.

Gemäß § 93 Abs.2 erster Satz leg. cit. sind Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu ahnden.

Durch den im Spruch angeführten Sachverhalt ist auf Grund der Anzeige des GP. Gallneukirchen vom 1.7.2003 und der geführten Ermittlungen eindeutig erwiesen, dass Sie am 2.6.2003 um ca. 19.30 Uhr im genossenschaftlichen Jagdgebiet G

1. einen Rehbock erlegt haben, ohne im Besitz eines Jagderlaubnisscheines zu sein und dadurch die Jagd ohne die geforderte jagdliche Legitimation unbefugt ausgeübt,

2. von Ihrem Fahrzeug aus, amtliches Kennzeichen , einen Rehbock erlegt und dadurch dem Verbot der Jagd von Kraftfahrzeugen aus zuwidergehandelt haben und

3. den getroffenen Rehbock, der im Nachbarrevier E verendete, ohne Wildfolgevereinbarung und ohne Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten der Jagdgesellschaft E verfolgt haben, insbesondere auch nicht entsprechend der grundsätzlichen Regelung das Wild auf der Stelle aufgebrochen haben und somit die Bestimmungen über die Nachsuche nach vermutlich getroffenem Wild nicht nach der geforderten Weise eingehalten haben.

Ihre rechtsfreundliche Rechtfertigung vom 15.1.2004, dass die erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend seien, ist für eine Entschuldigung bzw. Entlastung nicht geeignet.

Zum Vorwurf nach Zif.1 ist festzuhalten, dass der Besitz einer Jagdkarte an sich kein Recht zur Jagdausübung verleiht, sondern nur die Zulassung zur Jagdausübung begründet. Nicht jagdausübungsberechtigte Personen bedürfen daher daneben zur Jagdausübung noch der schriftlichen Bewilligung in Form eines vom Jagdausübungsberechtigten ausgestellten Jagderlaubnisscheines. Zum Tatzeitpunkt war diese Voraussetzung nicht gegeben, womit die Jagd unbefugt ausgeübt wurde. Laut Zeugenaussage des Jagdausübungsberechtigten J H bestand lediglich eine mündliche Vereinbarung dahingehend, dass die Jagd nur in Sichtweite zu ihm (also gemeinsam mit dem Jagdausübungsberechtigten) erfolgen darf. Dies war hier jedenfalls nicht der Fall. Der in Kopie vorgelegte Jagderlaubnisschein wurde nach behördlicher Aufklärung des Jagdausübungsberechtigten anlässlich der Zeugeneinvernahme vom 27.10.2003 jedoch erst nachträglich ausgestellt.

Zum Vorwurf nach Zif. 2 ist davon auszugehen, dass unter dem Begriff "vom Fahrzeug aus nach der eigentümlichen Bedeutung auch die Zuhilfenahme der Autotür zu verstehen ist.

In Ihrer Sachverhaltsdarstellung vom 8.10.2003 anlässlich des eingebrachten Einspruches haben Sie bestätigt, dass Sie die geöffnete Fahrertür zur Schussabgabe verwendet haben. Eine unerlaubte Jagdausübung vom Fahrzeug aus ist somit gegeben.

Zum Vorwurf nach Zif.3 ist Folgendes festzuhalten.

Mit Beginn der lfden. Jagdperiode am 1.4.2002 ist ein Wechsel bei den beteiligten Jagdausübungsberechtigten des genossenschaftlichen Jagdgebietes E eingetreten.

Die vorgelegte, am 23.4.1978 abgeschlossene, schriftliche Wildfolgevereinbarung ist somit auf Grund dieses Wechsels erloschen.

Die Tatsache, dass keine neue Wildfolgevereinbarung zwischen E und G abgeschlossen wurde und im ggst. Fall keine Benachrichtigung erfolgte, wird durch die zeugenschaftliche Einvernahme des neuen Jagdleiters der Jagdgesellschaft E bestätigt. Da somit keine gültige schriftliche Wildfolgevereinbarung vorliegt, gelten im Zweifelsfall die Bestimmungen über die Nachsuche entsprechend § 57 Abs.3 lit.a-e.

Demnach ist unter anderem - nachdem im ggst. Fall das getroffene Wild jenseits der Grenze des Jagdgebietes in Sichtweite verendete - das Wild vom Schützen auf der Stelle aufzubrechen, zu versorgen und zu bergen. Der Schütze ist weiters verpflichtet, hievon den Jagdausübungsberechtigten des fremden Jagdgebietes zu benachrichtigen und diesem das erlegte Wild zur Verfügung zu stellen. Diese Bestimmungen wurden jedenfalls in dieser geforderten Weise nicht eingehalten. Durch zeugenschaftlich Angaben von JL. J H und M R wird bestätigt, dass der Rehbock unaufgebrochen im Kofferraum Ihres Fahrzeuges vorgefunden wurde.

Es steht somit fest, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretungen begangen haben.

Was die Höhe der verhängten Strafe betrifft, so ist diese schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechend. Sie liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens von bis zu 2.200 Euro. Spezial- und generalpräventive Gesichtspunkte waren entsprechend zu berücksichtigen.

Die verhängte Geldstrafe erscheint somit nach Auffassung der erkennenden Behörde im Sinne des § 19 VStG gerade noch vertretbar. Milderungsgründe lagen nicht vor.

Als Strafmildernd war lediglich Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten."

2.1. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung hält der Berufungswerber dem Straferkenntnis folgendes entgegen:

"I.

In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seinen ausge-

wiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis vom 25.10.2004 innerhalb offener Frist

Berufung.

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit angefochten.

II.

Die Berufung wird im Einzelnen ausgeführt wie folgt:

1. Zum Vorwurf, der Beschuldigte hätte am 02.06.2003 um ca. 19.00 h im genossen- schaftlichen Jagdgebiet G einen Rehbock erlegt, ohne im Besitz eines Jagderlaubnisscheines zu sein und hätte er dadurch die Jagd ohne die erforderliche jagdliche Legitimation unbefugt ausgeübt:

Wie bereits in der Rechtfertigung vom 15.01.2004 dargelegt, bestand zwar zum Zeitpunkt 02.06.2003 kein schriftlicher Jagderlaubnisschein, allerdings wurde diese nachträglich ausgestellt - die Bewilligung lag vorher bereits in mündlicher Form vor -, sodass sich ergibt, dass nachträglich die schriftliche Bewilligung erteilt wurde und demgemäß nunmehr der schriftliche Jagderlaubnisschein vorliegt.

Weiters ergibt sich, dass gemäß der Strafverfügung vom 02.10.2003 dem Beschuldigten (nur) vorgeworfen wurde, er hätte am 02.06.2003 von seinem Fahrzeug aus einen Rehbock erlegt (Schuldspruch 1) und die Bestimmungen über die Nachfolge von vermutlich getroffenem Wild nicht eingehalten (Schuldspruch 2).

Erst gemäß der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.12.2003 wurde dem Beschuldigten auch zur Last gelegt, er hätte einen Rehbock erlegt, ohne im Besitz eines Jagderlaubnisscheines zu sein.

Gemäß § 31 Abs.1 VSTG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 und 3 VSTG vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs.2 VSTG beträgt diese Verjährungsfrist sechs Monate.

Gemäß § 32 Abs.2 VSTG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Diese Verfolgungshandlung bezieht sich zwar nur auf die Tat selbst und nicht auf deren rechtliche Wertung, jedoch ist für die Verfolgbarkeit es innerhalb der Verjährungsfrist erforderlich, dass sich diese auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht.

Erstmals in der Aufforderung vom 15.12.2003 wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er hätte am 02.06.2003 - also mehr als sechs Monate vor dieser Aufforderung - einen Rehbock erlegt, ohne im Besitz eines Jagderlaubnisscheines zu sein und hätte dadurch die Jagd ohne die geforderte jagdliche Legitimation unbefugt ausgeübt.

Somit stellt erstmals diese Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.12.2004 eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VSTG dar und ergibt sich damit, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 VSTG hinsichtlich dieses Vorwurfes eingetreten war.

Dieser Umstand ist von Amts wegen wahrzunehmen.

2. Zum Vorwurf, der Beschuldigte hätte am 02.06.2003 von seinem Fahrzeug (amtliches Kennzeichen: ) aus, einen Rehbock erlegt und dadurch dem Verbot der Jagd von Kraftfahrzeugen aus zuwider gehandelt:

Die Erstbehörde begründet diesen Vorwurf damit, dass der Beschuldigte die geöffnete Fahrertür zur Schussabgabe verwendet hätte.

Gemäß § 62 Zif. 13 Oö. JagdG ist die Jagd von Kraftfahrzeugen aus verboten.

Nicht verboten ist jedoch die Jagd unter Zuhilfenahme oder Verwendung des Fahrzeuges als Auflage für das Gewehr, sei dies über das Dach oder sei dies -wie vom Beschuldigten vorgenommen- mit Verwendung der Türe als Auflage.

Der Beschuldigte hat dies in seiner Rechtfertigung auch so angegeben. Die Behörde hat diese Art der Schussabgabe auch angenommen und zu Grunde gelegt, hat allerdings den Begriff "vom Fahrzeug aus" dahingehend ausgelegt, dass darunter auch die Zuhilfenahme der Autotüre zu verstehen ist.

Die Bestimmung des § 62 Zif.13 OÖ. JagdG verbietet nur die Jagd aus Kraftfahrzeugen. Wie bereits oben dargelegt, wird damit nicht reglementiert, dass das Fahrzeug bei der Abgabe eines Schusses (als Auflage) verwendet wird, soferne nicht aus dem Fahrzeug selbst die Jagd bzw. Schussabgabe erfolgt.

Die von der Erstbehörde vorgenommene Auslegung ist nicht erforderlich, weil schon bei einer reinen Wortinterpretation des Gesetzeswortlautes sich klar ergibt, was unter "Jagen aus Kraftfahrzeugen" zu verstehen ist, sodass die von der Erstbehörde darüber hinaus vorgenommene Auslegung nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt und daher rechtswidrig ist.

Es ist daher davon auszugehen, dass die vom Beschuldigten durchgeführte Jagd bzw. die Schussabgabe außerhalb des Fahrzeuges unter Heranziehung der Tür als Auflage nicht gegen die Bestimmung des § 62 Zif. 13 OÖ. JagdG verstößt.

3. Zum Vorwurf, der Beschuldigte hätte am 02.06.2003 den getroffenen Rehbock ohne Wildfolgevereinbarung und ohne Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten der Jagdgesellschaft Engerwitzdorf verfolgt, insbesondere auch nicht entsprechend der grundsätzlichen Regelung das Wild auf der Stelle aufgebrochen:

Dieser Vorwurf ist widersprüchlich, da einerseits dem Beschuldigten vorgeworfen wird, er hätte ohne eine Wildfolgevereinbarung gehandelt und andererseits der Vorwurf erfolgt, dass er entgegen der grundsätzlichen Regelung für die Wildfolgevereinbarung das Wild nicht auf der Stelle aufgebrochen hätte.

Gemäß § 57 Abs.3 OÖ. JagdG ergibt sich, dass die Verfolgung angeschossenen Wildes auf fremdem Jagdgebiet nur auf Grund besonderer schriftlicher Vereinbarung zwischen den beteiligten Jagdausübungsberechtigten zulässig ist (Wildfolgevereinbarung), wobei dann, wenn die Wildfolge lediglich grundsätzlich vereinbart wurde, ohne besondere Regelungen zu treffen, die Verpflichtung festgelegt ist (§ 57 Abs.3 lit.a) das Wild auf der Stelle aufzubrechen, zu versorgen und zu bergen.

Dies bedeutet, wenn keine Wildfolgevereinbarung getroffen ist, dass auch die Bestimmung des § 57 Abs.3 lit.a) OÖ. JagdG nicht zur Anwendung gelangen kann, da dieser Vorwurf voraussetzt, dass eine grundsätzliche Wildfolgevereinbarung abgeschlossen ist.

Gemäß § 57 Abs.1 OÖ. JagdG darf krankgeschossenes oder vermutlich getroffenes Wild, das in ein fremdes Jagdgebiet überwechselt, vom Schützen nicht weiter gejagt werden, wobei der Jagdausübungsberechtigte des fremden Jagdgebietes verpflichtet ist, die Nachsuche entweder selbst durchzuführen oder sie dem Schützen zu gestatten.

Der Beschuldigte hat in seiner Rechtfertigung bereits darauf verwiesen, dass er ursprünglich keine Kenntnis davon hatte, dass das verendete Rehwild tatsächlich im Jagdgebiet E verendet war.

Der genaue Ort der Verendung bzw. die Lage des Rehbockes war für den Beschuldigten erkennbar und sichtbar, sodass die vom Beschuldigten vorgenommene "Nachsuche" tatsächlich keine Nachsuche darstellt, weil Voraussetzung für eine Nachsuche ist, dass die genaue Lage des Wildes nicht bekannt ist.

Da es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein krankgeschossenes Wild handelt, sondern um ein Wild, das nicht im Jagdgebiet G, sondern im Nachbarrevier E verendete, ergibt sich auch, dass die Wildfolgebestimmung des § 57 OÖ. JagdG nicht zur Anwendung gelangt, weil dies voraussetzt, dass Wild entweder krankgeschossen oder vermutlich getroffen ist.

Tatsächlich ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass es sich um einen getroffenen Rehbock gehandelt hat, der verendet war und daher weder krankgeschossen noch vermutlich getroffen war.

H P hat dies in seiner Zeugenaussage bestätigt, nämlich dass der Rehbock wenn auch im Gemeindegebiet E- zum Liegen gekommen ist.

Somit ergibt sich, dass ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 57 OÖ. JagdG vom Beschuldigten nicht verwirklicht werden konnte.

Der Beschuldigte stellt daher den

A n t r a g:

Die Berufungsbehörde möge das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Linz, am 22. November 2004 Mag. H J"

3B / R/St. / JoksHe/Verw.

3. Da weder 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen noch eine Freiheitsstrafe verhängt wurde ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung schien hier zur Klärung der mit der Tat objektiv verbundenen nachteiligen Auswirkungen, des Verschuldensgrades und der zur Strafbemessung führenden Umstände in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK zu wahrenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde, Zl.: Agrar96-1515-2003, insbesondere durch einvernehmliche Verlesung der im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens aufgenommenen Beweise. Als Zeugen wurde der Anzeiger H P, J H (Jagdleiter v. G und H W (Jagdleiter v. E) und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ferner wurde eine Luftaufnahme aus dem System Doris mit dem darauf ersichtlichen Grenzverlauf der Gemeinden G/E, welcher mit den Grenzen des Jagdgebietes ident ist beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung erörtert.

4. Der Berufungswerber ist im genossenschaftlichen Jagdgebiet G "ausgangsberechtigt". Bislang wurde den derart Berechtigten laut Jagdleiter J H nie eine schriftliche Bestätigung in Form eines Jagderlaubnisscheins (Ausgehschein) ausgestellt.

Der Berufungswerber war im Einvernehmen mit dem Jagdleiter die Berechtigung erteilt einen seit längerem im genannten Revierteil bestätigten Bock zu erlegen. In diesem Bereich - es handelt sich um weitläufige Feld und Wiesenkulturen - befindet sich keine Reviereinrichtung von welcher aus im sogenannten Ansitz Rehwild erlegt werden hätte können. Der Berufungswerber wusste um den Einstand und fuhr mit seinem Fahrzeug auf einem Feldweg zu diesem Bereich, wo er schon in kurzer Zeit das Haupt des Rehbocks im Getreidefeld erblickte. Nach kurzer Zeit zog das Reh auf die daneben liegende Wiese, wo aus einer Weidegerechten Distanz der Berufungswerber von seinem Fahrzeug weg einen Blattschuss anbringen konnte. Dabei stand der Berufungswerber in der Fahrertür an sein Fahrzeug angelehnt, in einer sich neben dem Wegrand befindlichen Ackerfurche, wobei er die Büchse auf dem Fensterrahmen der Fahrertür aufgelegte. Der Rehbock flüchtete auf den Schuss noch etwa 100 m, gelangte dabei etwa vierzig Schritte in das Nachbarrevier wo er in Sichtweite des Erlegers zusammenbrach und verendete.

Dieses Geschehen beobachtete der Zeuge P von einem etwa 600 m östlich gelegenen Hochstand aus. Er hatte den Eindruck, dass der Berufungswerber den Schuss vom Fahrersitz aus abgegeben hätte, wobei er die Flucht des Rehbocks in Richtung des Nachbarreviers beobachten, jedoch nicht die Endlage des Rehbocks einsehen konnte. Der Berufungswerber begab sich nach einer Weile mit seinem Hund auf die Schweißfährte und ging schließlich zum erlegten Stück. Die Reviergrenze ist nicht an Geländemerkmalen unmittelbar zu erkennen. Sie verläuft - wie sich aus dem Bildmaterial ergibt - innerhalb der Feldstücke. Dem Berufungswerber war wohl bewusst, dass die Flucht des Rehbocks bereits im nachbarlichen Revier geendet haben könnte. Ebenfalls war dem Berufungswerber bewusst, dass ihn der Reviernachbar P, den er bereits vorher am Hochstand sitzend wahrgenommen hatte, beobachte. Wegen der dort zahlreichen Spaziergeher entschloss sich der Berufungswerber das Reh sogleich zu bergen und ins Auto zu verschaffen, gleichzeitig aber auch telefonisch seinen Jagdleiter über den Abschuss an der Reviergrenze zu verständigen. Er markierte noch die Lage des Rehs mit einem Heuhaufen. Als er sich nach Verständigung des Jagdleiters wieder zum Anschuss begab erschien dort bereits Herr P in Begleitung der Gendarmerie, welche den Sachverhalt aufnahm.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung galt es zu klären, ob das Verhalten des Berufungswerbers bei der Schussabgabe in Verbindung mit dem nach dem Anschuss erfolgenden Flucht des Rehbocks im Umfang von etwa 40 m in das Nachbarrevier von E als rechtwidriges, schuldhaftes und strafbares Verhalten zu qualifizieren ist.

Der Berufungswerber beruft sich u.a. auf ein seiner Meinung noch geltendes Wildfolgeabkommen aus dem Jahr 1978. Dort ist u.a. beim Rehwild festgelegt, dass beim Überwechseln eines angeschossenen Stücks in das Nachbarrevier der Nachbar verständigt werden muss. Dem Erleger gehört jedoch die Trophäe und das Wildbret.

Diesbezüglich führen beide zeugenschaftlich einvernommenen Jagdleiter (Herr H v. G u. Herr W von E) aus, dass es diesbezüglich nie Probleme gegeben habe. Ebenfalls erachteten sie das hier verfahrensgegenständliche Verhalten des Berufungswerbers als korrekt, zumal dieser sofort die Verständigung des Nachbarn im Wege des Jagdleiters H veranlasst habe. Herr W - der Jagdleiter von E - war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause, er aber ist lt. seiner Zeugenaussage via Handy von diesem Vorfall in Kenntnis gesetzt worden. Das der Berufungswerber nichts verbergen wollte kann alleine schon darin schlüssig nachvollzogen werden, weil er ja von der Beobachtung seiner jagdlichen Aktivität durch Herrn P Kenntnis hatte. Auch der Berufungsbehörde scheint es durchaus sachgerecht, dass insbesondere angesichts der dort zahlreichen Spaziergänger, die sich, wie der Berufungswerber glaubhaft darlegte, bereits als Schaulistige zu ihm begeben haben, das erlegte Reh nicht liegen gelassen sondern versorgt hat. Sein Verhalten kann durchaus auch im Sinne der nachbarlichen Vereinbarung und Gepflogenheit erachtet werden. Dies steht mit der gesetzlichen Intention voll im Eingang.

Was die Schussabgabe vom Fahrzeug aus anlangt, folgte der Unabhängige Verwaltungssenat dem Berufungswerber, dass die Schussabgabe nicht im Auto sitzend erfolgte. Der Berufungswerber schilderte in nachvollziehbarer Weise, dass er nicht vom Auto aus, sondern im Ergebnis an dieses angelehnt und mit einem Fuß in der Ackerfurche stehend und auf der Fahrzeugtür die Büchse aufgelegt den Schuss auf das Reh abgab. Selbst wenn der Zeuge P mit dem Spektiv den Berufungswerber beobachtete, konnte er aus 600 m wohl durchaus den Eindruck haben, dass der Berufungswerber im Fahrzeug saß, obwohl er bei der Schussabgabe neben der flach geöffneten Fahrzeugtür mit dem Fuß in der Ackerfurche gestanden ist. Letzteres ist aus der Sicht der Praxis betrachtet naheliegender, weil vom Fahrersitz aus durch die beengten Verhältnisse eine Schussabgabe mit einer Büchse nur hinderlich wäre. Auf Grund der Beschaffenheit des Geländes wäre dieser Hegeabschuss, ohne mit einem Fahrzeug in das Gelände zu fahren und von dort den hier als jagdwirtschaftlich gebotenen Abschuss zu tätigen, wohl kaum gewesen.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Im Punkt 1. ist der Berufungswerber mit seinem Verjährungseinwand im Recht. Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde dem Berufungswerber dieser Vorwurf erstmals mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.12.2003 zur Last gelegt. Dies liegt außerhalb der § 31 Abs.2 VstG festgelegten Frist von sechs Monaten. Es kann daher letztlich dahingestellt bleiben, ob hier ein Verstoß gegen § 35 Oö. JagdG vorgelegen wäre, zumal der Berufungswerber zu einer diesbezüglichen "Ausweisleistung" gar nicht aufgefordert wurde, zumal dieser Vorschrift ein bloßer Ordnungs- bzw. Beweischarakter und kein rechtsbegründender Charakter zuzuordnen sein wird.

5.1.1. Nach § 93 Abs.1 lit.o des Oö. JagdG - in der hier anzuwendenden Fassung des LGBl.Nr. 25/2002 - begeht eine mit bis zu 2.200 € zu ahndende Verwaltungsübertretung (§ 93 Abs.1 lit.o iVm § 57) wer diesem Gesetz zu wider handelt.

Der § 57 leg.cit. lautet:

(1) Krankgeschossenes oder vermutlich getroffenes Wild, das in ein fremdes Jagdgebiet überwechselt, oder Federwild, das dorthin abstreicht, darf dort vom Schützen nicht weiter gejagt werden. Der Jagdausübungsberechtigte des fremden Jagdgebietes ist verpflichtet, die Nachsuche entweder selbst durchzuführen oder sie dem Schützen zu gestatten.

(2) Der Schütze hat die Anschußstelle, die Fluchtrichtung und nach Möglichkeit auch die Stelle, an der das Wild über die Grenze geflüchtet ist, kenntlich zu machen und dem Jagdausübungsberechtigten des fremden Jagdgebietes unverzüglich bekanntzugeben. Der Schütze hat, sofern ihm die Nachsuche nicht selbst gestattet ist, sich oder eine mit den Vorgängen vertraute Person für die Nachsuche zur Verfügung zu stellen.

(3) Die Verfolgung krankgeschossenen Wildes auf fremdes Jagdgebiet ist nur auf Grund besonderer schriftlicher Vereinbarung zwischen den beteiligten Jagdausübungsberechtigten zulässig (Wildfolgevereinbarung). Wurde die Wildfolge lediglich grundsätzlich und ohne besondere Regelung vereinbart, so gilt im Zweifelsfalle folgendes:

a) Verendet Schalenwild jenseits der Grenze des Jagdgebietes in Sichtweite des Schützen, so hat dieser das Wild auf der Stelle aufzubrechen, zu versorgen und zu bergen. Der Schütze ist verpflichtet, hievon den Jagdausübungsberechtigten des fremden Jagdgebietes zu benachrichtigen und diesem das erlegte Wild zur Verfügung zu halten.

b) Verendet sonstiges krankgeschossenes Wild jenseits der Grenze des Jagdgebietes außer Sichtweite des Schützen, so hat dieser nach den Vorschriften des Abs. 2 vorzugehen.

c) Beim Überschreiten der Grenze dürfen die Schusswaffe nur ungeladen und Hunde nur an der Leine mitgeführt werden.

d) Wird die Nachsuche auf Schalenwild mit Erfolg durchgeführt, so gebührt dem Jagdausübungsberechtigten des Gebietes, in dem das Wild gefallen ist, das Wildbret; die Trophäe steht jedoch dem Jagdausübungsberechtigten des anderen Jagdgebietes zu.

lit. e) betrifft die Nachsuche auf Auer-, Birk- und Haselhahnen und auf Rackelwild und ist hier nicht von Belang und wird daher nicht zitiert.

(4) Die Wildfolge ist jedoch ohne Vereinbarung in Gebieten zulässig, in denen die Jagd ruht. Die Grundeigentümer bzw. die sonst über die Grundstücke Verfügungsberechtigten sind tunlichst vorher hievon zu benachrichtigen. Das Wild gehört dem Jagdausübungsberechtigten.

(5) Das Wild ist auf den Abschussplan jenes Jagdausübungsberechtigten anzurechnen, der das Wild getroffen hat.

5.1.2 Der Berufungswerber hat demnach nicht gegen die Wildfolgeregel verstoßen, wenn er hier das noch wenige Meter in das Nachbarrevier überwechselnde und dort nach dem Schuss in seinem Sichtbereich verendete Rehwild barg u. sofort den Verantwortlichen des Nachbarreviers verständigen ließ.

5.1.3. Laut § 62 Z13 leg.cit ist die Jagd von Luftfahrzeugen, Eisenbahnen, Kraftfahrzeugen, Seilbahnen und Motorbooten aus, verboten.

Demnach ist der Berufungswerber im Recht wenn er hier glaubhaft dargelegt hat, dass er - was im Übrigen aus der Jagdpraxis bei Rehwild vielfach unvermeidlich und praktiziert wird - das Fahrzeug im weiterem Sinne "als Schießauflage" benutzte. Schließlich darf nicht aus dem Auge verloren werden, dass der Abschussplanzielerreichung ein höherwertiger Regelungsinhalt zuzumessen ist, der die extensive Ausschöpfung von techn. Möglichkeiten durchaus rechtfertigt. Dieses Normziel würde bei allzu enger Auslegung in weitläufigen Feldrevieren ohne jegliche Deckungs- und Pirschmöglichkeit und aus der Praxis auch einer fehlenden Möglichkeit des Erstellens entsprechender Reviereinrichtungen (Hochstand oder Schirm) nur sehr schwer erreichbar werden. Daher kann dem Wortlaut und dem Regelungsziel dieser Bestimmung nur entnommen werden, dass wohl ein Schuss auf Wild aus dem Auto aber nicht vom Auto weg vom Verbot umfasst zu sehen ist. Wollte der Gesetzgeber tatsächlich jegliche Schussabgabe von einem Auto weg verbieten, hätte er dies entsprechend klar zum Ausdruck gebracht. Bei rein verbaler Interpretation kann daher "vom Auto aus" nur so verstanden werden, dass eine Schussabgabe.

unter Zuhilfenahme des Fahrzeuges im weiterem Sinne nicht von diesem Verbot umfasst ist.

5.2. Der Berufungswerber konnte im Rahmen der Berufungsverhandlung überzeugend dartun, dass er hier im Einklang mit dem Jagdgesetz und durchaus auch im Sinne der nachbarschaftlichen Vereinbarung und Gepflogenheit gehandelt hat. Die Abschusstätigkeit muss durchaus mit Blick auf die Erfüllung der Abschussplanziele beurteilt werden, wobei sich Sachzwänge ergeben können die mit anderen Pflichten (etwa die Weidgerechtigkeit) in einen scheinbaren Wertungswiderspruch gelangen können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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