Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-340041/8/Br/Gam

Linz, 17.08.2005

 

 

VwSen-340041/8/Br/Gam Linz, am 17. August 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn, H A, M, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27. Juni 2005, Zl. Agrar96-14-2005, nach der am 10. August 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; der Schuldspruch wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Bescheid, u.a. gegen den Berufungswerber einen Schuldspruch gefällt und eine Ermahnung ausgesprochen, weil er es als einer der Jagdausübungsberechtigten zu verantworten habe, dass zwischen dem 1. Mai 2004 und dem 31. Dezember 2004 (Gesellschaftsvertrag vom 30. März 2004) des genossenschaftlichen Jagdgebietes "L 1-S" der Marktgemeinde L, dass der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. Mai 2004, ZI. Agrar01-21-2004, genehmigte bzw. festgesetzte Abschussplan für Schalenwild nicht erreicht wurde, weil der festgesetzte Abschuss von 53 Böcken um 9 Stück, von 30 Altgeißen um 15 Stück, von 25 Schmalgeißen um 10 Stück und von 76 Kitzen um 13 Stück unterschritten und der Abschussplan somit nur zu insgesamt 74 % (jew. Stand: 15. Februar 2005) nicht erfüllt wurde. Dadurch habe er gegen § 93 Abs. 1 lit. j) iVm § 50 Abs.1 des Oö. Jagdgesetzes 1964, LGBI.Nr. 32/1964, i.d.g.F. i.V.m. dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. Mai 2004, ZI. Agrar01 -21-2004 verstoßen.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus wie folgt:

"Durch eine Überprüfung der Jagdstatistik für das Jagdjahr 2004/2005 wurde von der hs. Jagdbehörde festgestellt, dass die im Abschussplan festgesetzten bzw. bewilligten Abschusszahlen im genossenschaftlichen Jagdgebiet L 1-S mit insgesamt 74 % massiv unterschritten und der Abschussplan nicht einmal annährend erfüllt worden ist. Besonders eklatant stellt sich die Nichterfüllung des Abschusses beim weiblichen Schalenwild dar.

 

Nach einer entsprechenden Aufforderung durch die hs. Behörde begründete der Jagdleiter diese Nichterfüllung des Abschussplanes mit den hohen Abschussziffern im Abschussplan. Weiters sei es absurd, von jedem Jagdausübungsberechtigten den annähernd gleichen Abschuss zu verlangen. Jedenfalls sei in den letzten Jahren massiv bejagt und die Rehwilddichte reduziert worden. Ein Problem stelle auch die ständige Beunruhigung des Wildes durch Wanderer, Sportler usw. dar, die das Bejagen erschweren. Dieser Stellungnahme vom 1. März 2005 war eine Aufstellung angeschlossen, die die Revieraufteilung nicht nur auf die (offiziellen) Pächter sondern auch auf weitere 7 Personen sowie die getätigten Abschüsse von 17 Personen zeigt. In diesen zusätzlichen 7 Personen werden seitens der hs. Behörde sogenannte stille Gesellschafter vermutet.

 

Die gemeinsame Begehung des forsttechnischen Dienstes der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit Vertretern der Jagdgesellschaft und Jagdgenossenschaft hat eine sehr unterschiedliche Beurteilung der Verbisssituation ergeben. Während sich in einigen Revierteilen die Verbisssituation verbessert hat bzw. gleich gut (Beurteilungsstufe I) geblieben ist, ist in der Beurteilung der Vergleichs- und Weiserflächen Nr. 1, 7 und 10 (Beurteilungsstufe II) und besonders 11 (Beurteilungsstufe III) keine Verbesserung, im Falle der Fläche Nr. 11 sogar eine Verschlechterung eingetreten. Eine Aufteilung des im Abschussplan festgesetzten Abschusses auf die Jagdpächter durch den Jagdleiter wurde der hs. Behörde nicht vorgelegt.

 

Aufgrund der aktuellen Verbisssituation und der oben erwähnten mäßigen Beurteilung einzelner Flächen, sowie der massiven Nichterfüllung der im Abschussplan bewilligten bzw. festgesetzten Abschusszahlen wurde gegen Sie als einer der Jagdausübungsberechtigten der Genossenschaftsjagd L 1-S ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und mittels einer Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 2. März 2005 die Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben. Eine weitere Stellungnahme Ihrerseits ist nicht erfolgt.

 

 

Darüber hat die Behörde erwogen:

 

Nach § 50 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz 1964 ist der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild nur aufgrund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes zulässig. Die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschussplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen unterschritten, aber nicht überschritten werden.

 

Die Nichterfüllung des Abschussplanes stellt ein Ungehorsamsdelikt i.S. des § 5 Abs. 1 VStG dar und trifft die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens den Beschuldigten (VwGH 20.9.1995, 93/03/0083).

 

Für die Ausübung der Jagd sind die einzelnen Jagdgesellschafter persönlich verantwortlich. Trotz dieser persönlichen Verantwortung hat der Jagdleiter das Recht und die Pflicht, für eine ordnungsgemäße Ausübung der Jagd zu sorgen. Die einzelnen Jagdgesellschafter haften hinsichtlich aller aus der Jagdpachtung hervorgehenden Verbindlichkeiten (einschließlich Jagd- und Wildschäden) zur ungeteilten Hand. Sie haben daher gegenüber dem Verpächter bzw. Dritten die Rechtsstellung von Gesamtleistungsgläubigern bzw. Gesamtschuldnern.

 

Als Gesamtleistungsgläubiger hat grundsätzlich jeder Mitpächter (Jagdgesellschafter) das aus dem Pachtvertrag fließende Recht im gesamten gepachteten Jagdgebiet die Jagd auszuüben. Eine Einschränkung dieser Außenwirkung gegenüber dem Verpächter ist nicht möglich. Allerdings kann im Innenverhältnis durch privatrechtlichen Vertrag eine Einschränkung getroffen werden. Die Nichteinhaltung einer derartigen privatrechtlichen Vereinbarung kann nur auf dem Zivilrechtsweg bei Gericht eingeklagt werden.

 

Es ist der hs. Jagdbehörde bewusst, dass seit Jahren die zunehmende Beunruhigung des Wildes durch Wanderer, Sportler usw. die Jagdausübung erschweren kann. Dies alleine kann aber keine Begründung für eine seit mehreren Jahren mäßige Beurteilung Ihrer Vergleichs- und Weiserflächen sein, die schlussendlich auch eine Erhöhung der vorgeschriebenen Abschussziffern bewirken. Die konkrete Aufteilung der Abschussziffern auf die einzelnen Revierteile unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und Notwendigkeiten obliegt dem Jagdleiter. Eine solche Aufteilung wurde der hs. Behörde jedoch nicht vorgelegt.

 

Falls es sich bei den 7 weiteren Personen um sogenannte stille Gesellschafter handeln sollte und diesen durch Nebenvereinbarungen die selben Rechte eingeräumt worden sein sollten wie einem (offiziellen) Mitglied der Jagdgesellschaft (Jagdpächter), wäre dies eine Umgehung der jagdrechtlichen Vorschriften, besonders von § 19 Abs. 4 lit.b) Oö. Jagdgesetz 1964, und diese Vereinbarung wäre somit unzulässig und nichtig.

 

Wie oben näher ausgeführt, haben Sie als Gesamtleistungsgläubiger grundsätzlich das Recht, die Jagd im gesamten Jagdgebiet auszuüben. Weitergehende Vereinbarungen mit den (offiziellen) Pächtern müssten gegebenenfalls auf dem Zivilrechtsweg geklärt werden.

 

Der Jagdleiter hat der hs. Jagdbehörde nicht dargelegt, ob und wie der im Abschussplan festgesetzte Abschuss auf die 5 (offiziellen) Pächter aufgeteilt und erfüllt worden ist. Eine diesbezügliche Relativierung Ihrer Schuld bzw. Verantwortung im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren war deshalb nicht möglich.

 

Nach § 93 Abs. 1 lit. j Oö. Jagdgesetz 1964 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen des § 50 Abs.1 bzw. 7 über den Abschussplan zuwiderhandelt. Verwaltungsübertretungen (Abs. 1) sind mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu ahnden (Abs. 2 erster Satz).

 

Gem. § 21 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Es ist der hs. Jagdbehörde bewusst, dass seit Jahren die zunehmende Beunruhigung des Wildes durch Wanderer, Sportler usw. die Jagdausübung erschweren kann. Dies kann aber nur eine teilweise Begründung für eine seit mehreren Jahren mäßige Beurteilung einiger Ihrer Vergleichs- und Weiserflächen sein. Die Verbisssituation in einigen Revierteilen der Genossenschaftsjagd ist mit der Beurteilungsstufe I auch wesentlich besser.

 

Die hs. Jagdbehörde schenkt Ihnen aufgrund des gezeigten Willens und des Erkennens von Handlungsbedarf letztmalig - das Vertrauen, künftig die Jagd tadellos auszuführen und den Abschussplan in der geforderten Weise zu erfüllen und sieht von einer Bestrafung ab. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Gesamtbeurteilung der Genossenschaftsjagd L 1-S mit 1 eingeschätzt worden ist."

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber diesem Schuldspruch mit dem Hinweis entgegen, dass wesentliche Teile der Begründung des Schuldspruches (der Ermahnung) nicht den Tatsachen entsprechend würden.

Diese Berufung ist im Zusammenhang mit der bereits von allen inhaltsgleich belangten Jagdausübungsberechtigungen im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Stellungnahme zu sehen.

Darin wurde von sämtlichen Berufungswerbern die vom Jagdleiter A unterzeichnete Verantwortung vorgetragen:

"Zur Aufforderung, die Nichterfüllung des Abschussplanes 2004/5 zu begründen, nehmen wir wie folgt, Stellung.

 

Hauptthema bei sämtlichen Zusammenkünften der Waidkameraden unseres Reviers im abgelaufenen Jahr 2004, war die Erfüllung des Abschußplanes. Dabei bestand nie ein Zweifel, daß der vorgegebene Abschuß von 184 Stück völlig unrealistisch ist. Darauf wurde schon bei Gesprächen mit Herrn Dipl.-Ing. Dr. W G im Frühjahr 2004 deutlich hingewiesen.

Die sorgfältigst geführten Aufzeichnungen unseres bisherigen Jagdleiters Reg. Rat M S beweisen, daß der Durchschnitt der in den vergangenen Jahren erlegten Rehe 126 Stück waren. Wir geben zu bedenken, daß auch nur eine einzige "bewußte" Nichterfüllung des Abschußplanes eine sichtbare Erhöhung des Wildstandes im folgenden Jahr zur Folge gehabt hätte.

Es erscheint uns auch völlig absurd, von jedem Jagdberechtigten den annähernd gleichen Abschuß zu verlangen. So sind z.B. die bäuerlichen Grundstücke am Stadtrand von Freistadt wegen der Nähe zur Kaserne und deren Benützung als Truppenübungsgebiet, aber auch als erster Naherholungsraum für die Stadtbewohner und ihrer Hunde absolut "wildlos" geworden.

Wenn in einzelnen Teilen unseres Revieres der Wildverbiß als überhöht beanstandet wird, so geht unser Bestreben dahin, dies zu bereinigen. Die Tatsache aber, wegen einzelner Beanstandungen das ganze Revier L I immer wieder prozentuell zu bestrafen, führte im Lauf der Jahre zu Abschußvorschriften, die wahrscheinlich nie und nimmer erreicht werden können.

Es verwundert uns daher, "warum" die ständige Nichterfüllung des Abschußplanes seitens der Behörde nie hinterfragt wurde.

Um aber den vorgegebenen Abschußzahlen im abgelaufenen Jahr "so weit wie möglich" nahe zu kommen, haben wir, auch wenn dies jagdlich gesehen einer Todsünde gleichkommt, massiv in die Jugendklasse der Böcke eingegriffen.

Daraus ist das Ungleichgewicht von" männlich zu weiblich" erlegten Rehen zu verstehen.

Das Durchschnittsalter der Böcke ist zurzeit 2,25 Jahre. Dieser rücksichtslose Abschuß von nur irgendwie erlegbaren Kitzen, den wir im vergangenem Herbst getätigt haben, wird uns auch im heurigen Jahr, wegen der nun fehlenden Kitzböcke und Schmalrehe vor kaum erfüllbare Vorschriften stellen.

Es ist uns ein Anliegen, mit den Wald- und Grundbesitzern ein gutes Verhältnis zu pflegen. Dies wird von unseren Bauern auch weithin anerkannt. Das echte Bemühen, den Wald, das Wild und die Jagd, als ein, für unsere Gesellschaft nicht teilbares Ganzes zu sehen, ist für uns mehr als ein Lippenbekenntnis. Wir ersuchen daher, "vor etwaigen Strafsanktionen, die vorhandene Situation gesamtheitlich, auch an Ort und Stelle mit sämtlichen Verantwortlichen zu beurteilen."

Die permanente Verringerung des Lebensraumes unseres Wildes, besonders wie in unserem Revier, mit weit überdurchschnittlicher Besiedelung und Zersiedelung, stellt uns Jäger vor schier unlösbare Aufgaben.

Trotzdem werden wir uns bemühen, eventuelle Verbissstellen in unserem Revier vom Rehwild zu befreien, weil wir die Gewissheit haben, daß auch nur eine einzige Rehgeiß Waldverwüstung im Sinne des Gesetzgebers betreiben kann.

Mit der Bitte, unsere ungeschminkten Anliegen im Sinne einer alles umfassenden Objektivität zu beurteilen, grüßt für die Jagdgesellschaft."

 

 

2.1. Dieser Verantwortung wurden Grafiken über die seit 1992 getätigten Abschüsse sowie eine Abschussliste angeschlossen. Nachrichtlich erging diese Mitteilung auch an den Bezirksjägermeister P.

 

 

3. Da weder 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen noch eine Freiheitsstrafe verhängt wurde ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier zur Klärung der Verschuldensfrage in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK garantierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz. Ferner wurde Beweis aufgenommen durch Einholung und Verlesung einer Stellungnahme des Bezirksjägermeisters P vom 6.8.2005, sowie durch dessen Anhörung als sachverständige Auskunftsperson im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Der Berufungswerber, der persönlich an der Berufungsverhandlung teilnahm, wurde als Verfahrenspartei gehört. Erörtert wurde ferner der Inhalt des mit dem Jagdausschussobmann F seitens des entscheidenden Organs des Unabhängigen Verwaltungssenates geführten Telefonates.

Als jagdfachlicher Sachverständiger wurde der Berufungsverhandlung Herr Dipl.-Ing. J R zwecks Erstattung einer gutachterlichen Stellungnahme beigezogen. Zu diesem Zweck wurden ihm vorweg wesentliche Aktenauszüge übermittelt. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz blieb unentschuldigt der Berufungsverhandlung fern.

 

 

4. Erwiesener Sachverhalt:

 

Unbestritten sind hier einerseits die zur Last gelegten Abschusszahlen, welche mit dem von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt per 5. Mai 2004, Zl. Agrar01-21-2004 festgesetzten Abschussplanzahlen ident sind.

Dieser Abschussplan blieb letztendlich unangefochten, wenngleich im obzitierten Schreiben vom 1. März 2005 an die Behörde erster Instanz auf die Problematik der Unerfüllbarkeit der Abschussplanziele für das heurige Jagdjahr schon ausführlich dargelegt wurde. In diesem Zusammenhang wird sowohl vom Berufungswerber, als auch von den übrigen belangten Pächtern auf ein Gespräch mit dem Leiter der Forstabteilung bei der Behörde erster Instanz, Dipl.-Ing. Dr. G verwiesen. In diesem Gespräch sei die Unmöglichkeit von jedem Revierinhaber einen annähernd gleichen Abschuss (gemeint wohl zahlenmäßig) zu fordern aufgezeigt worden. Dabei wurde auf die Verschiedenheit der Reviere (Straßenzüge, Truppenübungsplatz) hingewiesen. Die Forderung das Abschussplanziel zu hinterfragen wurde in diesem Schreiben ebenfalls erhoben.

Insbesondere wurde der verstärkte Eingriff in die Jugendklasse in das sich daraus ergebende Missverhältnis zwischen weiblichen und männlichen Rehwild - letztes mit einem Durchschnittsalter von 2,25 Jahren - im hier zu beurteilenden Jagdjahr hervorgehoben.

Ebenfalls wird das Anliegen mit den Grundbesitzern ein gutes Verhältnis zu pflegen bekräftigt. Schließlich wird auf die Problematik des immer kleiner werdenden Lebensraums für das Wild durch Zersiedelung hingewiesen und vermeint, dass auch noch ein einziges Reh "Waldverwüstung" im Sinne des Gesetzes betreiben könne.

 

 

4.1. Der Bezirksjägermeister als sachverständige Auskunftsperson übermittelte zu diesem Verfahren über h. Ersuchen nachfolgende Stellungnahme:

"Der Bezirksjägermeister von Freistadt wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ersucht, im Berufungsverfahren gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. Mai 2004, Zl. Agrar01-21-2004, betreffend die Mindererfüllung des Abschussplanes für Schalenwild im Jagdjahr 2004 durch die Genossenschaftsjagd L 1 - S, die Situation aus seiner Sicht (schriftlich) darzustellen, weil er an der am 10.8.2005 um 10,00 Uhr stattfindenden Berufungsverhandlung nicht teilnehmen könne.

Dazu wird berichtet, dass nunmehr die Teilnahme möglich ist, dass aber nachfolgende Stellungnahme als Gedächtnisprotokoll auch schriftlich vorgelegt wird:

 

Die Situation und Ausgangslage der Genossenschaftsjagd L 1 ist im bisherigen Verfahren seitens der Jagdausübungsberechtigten und der Behörde entsprechend erarbeitet und schriftlich dargestellt worden. Dazu ergänzend:

 

Die Gesamtbeurteilung der Verbiss-Situation in der Genossenschaftsjagd L 1 lautet 2005 Stufe 1!

Außerhalb der Waldflächen auch deshalb, weil das betreffende Genossenschafts-Jagdgebiet dort eng mit Bewirtschaftungswegen vernetzt ist, die in der Folge vielfach in die anschließenden Waldungen führen.

Dies wird auch von der Bescheid ausstellenden Behörde gewürdigt!

Dieser Betrachtensweise wurde in der jüngsten Novelle zur Abschussplanverordnung ausdrücklich Rechnung getragen!

Lösung der Festsetzung einer erfüllbaren Abschusshöhe unter Einbeziehung des Instrumentes der Schwerpunktbejagung für sinnvoll und zielführend."

 

 

4.2. Anlässlich der Berufungsverhandlung verweist der Berufungswerber eingangs auf seine Vertretungsfunktion für Weglehner Johann (VwSen-340044). Die Problematik der Mindererfüllungen in den Revierteilen 1+2 und 8 und der bestehende Druck auf die Rehwildbejagung ist bereits bei Übernahme der Jagd vor einem Jahr bekannt gewesen. Dort wurden daher mehrere Schwerpunktbejagungen in Form von Drück- und Treibjagden durchgeführt. Bis Ende Oktober habe damit der Abschuss zu 50% erfüllt werden können. Jedoch ist in der Folge jeder weitere Erfolg ausgeblieben. Dies sei auch mit den Jagdkameraden besprochen und der Grund dieses "Absturzes" gesucht worden. Als Grund konnte nur gefunden werden, dass einfach nur mehr wenig Rehwild vorhanden sei. Bei den monatlichen Treffen ist das Hauptaugenmerk die Rehwildbejagung und die bestmögliche Erreichung des Abschussplanes. Der Berufungswerber hob ferner hervor, dass selbst im Jahr des Auslaufens des Pachtvertrages der Abschussplan nur zu 75% erfüllbar gewesen war. Gerade im letzten Jahr würde man besonders aus wirtschaftlichen Überlegungen bemüht sein noch möglichst viel aus dem Revier zu entnehmen, weil man ja nicht wisse ob man die Jagd wieder in Pacht bekommt. Der Berufungswerber wies ferner das extrem niedrige Durchschnittsalter bei den Böcken mit 2,25 Jahren hin. Abschließend verweist er auf die schwierigere Ausgangslage durch die Beunruhigung des Reviers im Herbst durch die stadtnahen Freizeitaktivitäten, dies eben während zur Schusszeit der Geißen.

Als Irrtum wurde die Beurteilung der Gesamtverbisssituation als Stufe II aufgeklärt. Tatsache ist, dass diese offenbar mit 1,45 tatsächlich mit der Stufe I anzunehmen ist. Damit konnte dem Berufungswerber in seiner Verantwortung im Ergebnis zur Gänze gefolgt werden.

Dahingestellt haben hier die ebenfalls zur Sprache gebrachten nicht sachgerecht angelegten Vergleichs- und Weiserflächen und die zahlenmäßige Gestaltung des Abschussplanes bleiben. Wenn etwa neun von elf dieser Flächen auf 10% der Revierfläche konzentriert sein sollten, wäre wohl in der Zukunft darüber mit der Jagdbehörde und den Grundbesitzern ein entsprechendes Einvernehmen zu erzielen sein. Ebenfalls trifft dies auf die Festlegung des Planzieles zu, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diese Vorgaben einem Rechtsmittel zugänglich sind.

 

 

4.2.1. Der jagdfachliche Sachverständige Dipl.-Ing. R erhob in Vorbereitung seiner gutachterlichen Beurteilung sowohl die revier- und geschlechtsspezifischen Abschussverteilungen als auch die Fege- und Verbisssituation. Dabei erblickte er vorweg nur in zwei Revierteilen, nämlich im Revierteil 1 + 2 (nördlichster Teil) und im Revierteil 8 (südwestlicher Teil im Raum der Ortschaft Grub) eine mögliche jagdliche Minderaktivität. Dort wurden nur 3,57 bzw. 4,35 Stück pro 100/ha an Rehen erlegt. Demgegenüber lag der Durchschnitt im Gesamtrevier bei 6,65 Stück pro 100 ha. In den Revierteilen 4, 5, 10 und 11 konnten demgegenüber deutlich überdurchschnittliche Quoten erzielt werden, wobei im Revierteil 4 (Revierinhaber H jun. + sen.) mit 12 Stück mehr Geißen als Böcke (8 Stück) erlegt wurden.

Der Sachverständige erhob auch die getätigten Abschüsse in den benachbarten Jagdgenossenschaften. In L II, K, G, S. O und einer Eigenjagd wurden auf 100 ha, 8,3 Stück, 6,0 Stück, 5,2 Stück und zuletzt je 7,0 Stück erlegt. Während in G (5,2 Stück pro 100 ha) der Abschuss zu 100% erfüllt werden konnte, blieb er bis auf die Eigenjagd mit einer Erfüllung von 122% auch bei diesen Jagden im Bereich von etwas über 90% nicht zur Gänze erfüllt.

Ebenfalls wurden die Abschussaktivitäten auf Revierteil und Inhaber in der zeitlichen Abfolge im Detail erhoben. Zusammenfassend lässt sich daraus eine kontinuierliche von Erfolg begleitete jagdliche Aktivität nachvollziehen. Stellt man dem gegenüber, dass viele Reviergänge zu keinem Jagderfolg führen, lässt sich schlussfolgern, dass hier vom Berufungswerber und auch den übrigen von diesem Verfahren betroffenen Pächtern glaubhaft alle zumutbaren Anstrengungen zur bestmöglichen Erfüllung der Abschussplanziele unternommen wurden.

Zusammenfassend gelangte der Sachverständige und mit ihm der Unabhängige Verwaltungssenat zu einem Ergebnis, dass aus jagdfachlicher Sicht dem Berufungswerber bzw. den für die gesamte Genossenschaftsjagd Lasberg 1 verantwortlichen Berufungswerbern ein Manko in der Rehwildbejagung nicht vorzuwerfen ist. Hervorgehoben wurde vom Sachverständigen auch der Umstand wonach aus den vorgelegten Akten sich eine durchschnittliche Verbissbeurteilung mit der Stufe II und nicht - was zutreffend ist - die Stufe I ergibt.

Diese offenbar falsche Annahme beruhte vermutlich auf einem Datenübertragungsfehler. Grundsätzlich hob der Sachverständige die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Abschussplanverordnung, welche in der neuen Fassung eine zusätzliche Dynamisierungs- und Gestaltungsmöglichkeit erfahren habe und die es bestmöglich umzusetzen gelte, hervor.

Unter Bezugnahme auf die hier von allen belangten Jagdpächtern hervorgehobene Erhöhung der Abschüsse in den vergangenen Jahren und dem damit verbundenen zunehmenden Auseinanderklaffen in der Erreichbarkeit der Planziele wurde im Ergebnis auch vom Sachverständigen geteilt. Dies unter Hinweis, dass entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten bereits im Vorfeld bei der Abschussplanerstellung aufzugreifen wären. Dies insbesondere durch die Herstellung des diesbezüglichen Einvernehmens mit den Grundbesitzern und der Jagdbehörde.

Wenn die forsttechnische Abteilung bei der Behörde erster Instanz eine als eklatant bezeichnete Mindererfüllung beim weiblichen Wild erblickte, wurde dies im Rahmen der Berufungsverhandlung von allen gehörten fachkundigen Personen auf die erhöhte Revierbeunruhigung während der Schusszeit des weiblichen Wildes zurückgeführt. Aber auch diesbezüglich kam es zu einer Fehlerfassung, wobei tatsächlich mehr weibliche Rehe erlegt wurden als dem Schuldspruch zu Grunde gelegt wurden. Dies traf konkret auf den Berufungswerber Klambauer zu. Für die geringeren Quoten beim weiblichen Wild wurden durch die Ausführungen sämtlicher als Experten zu bezeichnenden Personen plausible Gründe aufgezeigt, die der Berufungsbehörde durchaus schlüssig und nachvollziehbar scheinen.

Als besonders anschaulich kann etwa die Abschussentwicklung seit 2002/2003 erachtet werden. Wenn damals noch 200 Stück mit 99% erfüllbar waren und ein Jahr später das Planziel auf 220 erhöht wurde und dann nur mehr eine Erfüllung mit 73% (162 erlegte Stück) erreicht wurde, so deutet dies zumindest auf ein tendenziell fortschreitendes und auf die Unerfüllbarkeit hinauslaufendes Auseinanderklaffen der Abschussplangestaltung hin.

 

4.2.2. Im Sinne der § 1 Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste, LGBl.Nr. 116/1993, scheint hier auf Grund der unstrittigen Feststellungen das Ziel einer ökologisch und wirtschaftlich tragbaren Wilddichte erreicht zu sein. Dies insbesondere weil gemäß Abs.2 leg.cit. der Verbissgrad und die Fegeschäden an forstlichen Gehölzen - in größeren zusammenhängenden Waldflächen zu messen - mit der Gesamtbeurteilung der Stufe 1 festgestellt wurde.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Die Pflichten der Jagdausübungsberechtigten gründen § 50 Abs.1 iVm § 93 Abs.1 lit.j Oö. JagdG in Verbindung mit dem von der Behörde iSd Abs.2 leg.cit. festgesetzten Abschussplan. Der Hinweis der Anwendung des Gesetzes in der geltenden Fassung sollte sinnvoller Weise jedoch die geltende Fassung dann auch tatsächlich benennen, nämlich konkret idF LGBl. Nr. 24/2004).

Zur Vertretung - so wie zur Geschäftsführung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - sind grundsätzlich alle Teilhaber berufen; allerdings kann sowohl die Geschäftsführung als auch die Vertretung im Gesellschaftsvertrag [abweichend] geregelt werden (vgl. VwGH 18.1.2005, 2004/05/0068 mit Hinweis auf Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechtes, 05te Auflage, Seiten 63 und 66). Hier handelt es sich um eine derartige Gesellschaftsform, welche durch den Jagdpachtvertrag begründet wurde.

 

 

5.1. Zutreffend beurteilte die Behörde erster Instanz die Frage der Erfüllung- bzw. Nichterfüllung des Abschussplanes unter Hinweis auf VwGH v. 20.9.1995, 93/03/0083 als Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht der Verfassungsgerichtshof aber davon aus, dass diese Rechtsvorschrift nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Nur eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung, ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen.

Unter diesem Aspekt kann unter Würdigung des festgestellten Sachverhaltes die Verletzung von Sorgfaltspflichten hinter der erwiesenen Mindererfüllung des Planziels nicht erblickt werden. Der Begriff der objektiven Sorgfaltspflicht versteht sich im Sinne der Judikatur derart, dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des jeweiligen Verkehrskreises dem der handelnde angehört (hier eines Jagdausübungsberechtigten) an seiner Stelle anders verhalten hätte (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80, sowie VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschussplan bewilligte bzw. der von der Behörde festgesetzte Abschuss auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse; Hierüber ist (war) ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Dieses Gutachten bzw. die im Rahmen der Berufungsverhandlung abgegebene gutachterliche Stellungnahme führte zum Ergebnis, dass hier der Mindererfüllung kein objektivierbares Verschulden zu Grunde liegt!

Vielmehr scheint hier das Planziel objektiv besehen tatsächlich nicht mehr erreichbar gewesen zu sein.

Da selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist war hier der Schuldspruch zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

Mindererfüllung unerfüllbarer Abschussplan, Abschussplanziel.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum