Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390030/5/Kl/Rd

Linz, 12.02.1998

VwSen-390030/5/Kl/Rd Linz, am 12. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des F, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 15.11.1996, Bi96-37-1996-Ma, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2 und 3 und 51 VStG sowie § 14 Abs.2 Denkmalschutzgesetz, BGBl.Nr. 533/1923 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 15.11.1996, Bi96-37-1996-Ma, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.1 und 5 Abs.1 DSchG verhängt, weil er in der Zeit von 1991 bis 1995 6 Kunststoffenster, und zwar 1. OG Süd 2, 2. OG West 1, 3. OG Süd 3, insgesamt Süd 5, West 1, im Haus J eingebaut hat, obwohl er wußte, daß er damit Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes und dem Planungskonzept der Stadtgemeinde Braunau am Inn zuwiderhandelt. 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß die Feststellungen der belangten Behörde unrichtig seien, zumal nicht wie vorgeworfen 6 Fenster, sondern nur 4 Fenster ausgetauscht wurden. Es liege aber kein Verstoß gegen das DSchG vor, weil die Fenster sich weder in der Farbe noch im äußeren Erscheinungsbild von den ursprünglich vorhandenen Holzfenstern unterscheiden. Es ergibt sich daher für den Betrachter kein verändertes Erscheinungsbild der Hausfassade, weshalb die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs.1 DSchG nicht vorliegen. Zum Beweis wird ein Ortsaugenschein beantragt. Schließlich wurde auch die Strafhöhe angefochten, zumal es sich nur um eine geringe Anzahl von Kunststoffenstern handle und diese jederzeit problemlos gegen Holzfenster zurückgetauscht werden könnten, demnach keine nachteiligen Folgen aus dem Verhalten zurückbleiben würden. Dagegen hätte eine Ermahnung unter Absehen von einer Strafe ausgereicht. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des O.ö. Verwaltungssenates zu entscheiden. Entgegen der gesetzlichen Regelung nach § 13 Abs.2 DSchG, wonach über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde der Landeshauptmann entscheidet, ist durch die Einführung der unabhängigen Verwaltungssenate gemäß Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG iVm § 51 Abs.1 VStG der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung zuständig.

Weil schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG). Das Bundesdenkmalamt wurde gemäß § 14 Abs.7 DSchG zu einer Äußerung eingeladen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 14 Abs.2 Denkmalschutzgesetz - DSchG, BGBl.Nr. 533/1923 idgF, ist, wer vorsätzlich entgegen die Bestimmungen des § 4 Abs.1 bzw. § 5 Abs.1 ein Denkmal verändert, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 700.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 3 Abs.1 DSchG gilt bei Denkmalen, die nicht Kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stehen, ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid). Gemäß § 4 Abs.1 DSchG ist bei Denkmalen, die gemäß §§ 2, 3 Abs.1, 6 Abs.1 oder 2 oder 10 Abs.3 unter Denkmalschutz stehen, die Zerstörung sowie jede Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung gemäß § 5 Abs.1 verboten. Die Zerstörung sowie jede Veränderung eines Denkmals gemäß § 4 Abs.1 bedarf der Bewilligung des Bundesdenkmalamtes, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme bei Gefahr im Verzug (§ 5 Abs.1 DSchG). Gemäß § 14 Abs.5 DSchG beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG 1950 bei den Absätzen 2 bis 4 aufgezählten Delikten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Bundesdenkmalamt von den unerlaubt vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen Kenntnis erlangt hat und die schuldtragende Person ausgeforscht ist; die Frist endet jedenfalls drei Jahre nach Beendigung der Tat. 4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

4.2.1. Während im angefochtenen Straferkenntnis ein Tatzeitraum "von 1991 bis 1995" vorgeworfen wird, wird im Ladungsbescheid vom 29.3.1996 als erster Verfolgungshandlung noch vorgeworfen "seit 1993" und enthält die weitere Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.5.1996 gar keinen Tatzeitraum. Für den Beginn des Tatzeitraumes finden daher im Akt keine Hinweise, zumal selbst das Bundesdenkmalamt in seiner Anzeige vom 13.12.1995 vorbringt, daß "seit 1993 immer wieder zugehörige Holzfenster ohne Bewilligung gegen nachteilige Kunststoffenster" ausgewechselt werden. Auch der Stellungnahme des Stadtamtes Braunau/Inn vom 25.4.1996 ist zu entnehmen, daß ein Austausch der Holzkastenfenster zunächst mit Genehmigung der Gemeinde erfolgt ist, aber sich im Jahr 1993 herausstellte, daß ohne Genehmigung an der Südfassade weitere 4 Kunststoffenster konsenslos eingebaut wurden (Punkt 3 des Schreibens). Des weiteren ist aber in diesem Schreiben auch ersichtlich, daß dann erst im Jahr 1995 ein weiteres PVC-Fenster vom Bw eingebaut wurde (Punkt 8 des Schreibens). Aufgrund des Akteninhaltes ist auch im Hinblick auf die zeitlichen Unterbrechungen und die Begleitumstände der Einzeltathandlungen ersichtlich, daß es sich dabei nicht um ein fortgesetztes Delikt bzw. um ein Dauerdelikt, dessen Tatzeitraum durch Beginn und Ende genau zu umschreiben ist, handelt, sondern vielmehr um ohne Handlungszusammenhang gesetzte Einzeltathandlungen. Daraus ergibt sich, daß gemäß der Bestimmung des § 14 Abs.5 DSchG jedenfalls die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG schon vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens durch die Behörde abgelaufen war, zumal das Bundesdenkmalamt laut Aktenlage schon im Jahr 1993 über die Tathandlungen informiert war und auch in Verfahren bzw. hinsichtlich Förderungen eingebunden war. Aber selbst hinsichtlich des Austausches im Jahr 1995 ist aus nachstehenden Erwägungen Verfolgungsverjährung eingetreten.

4.2.2. Wenn auch aus einer Tatzeitumschreibung "im Jahr 1995" die Beendigung der Tat bzw. der Beginn der Verfolgungsverjährungsfrist nicht entnommen werden kann, so ist jedenfalls sechs Monate ab der Anzeigenerstattung, also gerechnet ab dem 13.12.1995 - weil zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die Kenntnis des Bundesdenkmalamtes vorliegt - mit 13.6.1996 die Verfolgungsverjährungs-frist abgelaufen. Weder der Ladungsbescheid vom 29.3.1996 noch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.5.1996 enthalten die Anzahl der Holzfenster, die im Jahr 1995 ausgetauscht wurden, noch ist den beiden Tatvorwürfen zu entnehmen, daß es sich um Veränderungen eines Denkmals handelt, welche der Bewilligungspflicht unterliegen. Dazu ist festzuhalten, daß eine Veränderung, die den Bestand, die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflußt, zu keiner Zeit des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz dem Bw angelastet wurde. Es moniert daher der Bw zu Recht, daß diesbezügliche Tatsachenfeststellungen fehlen, bzw. von der Behörde einzuholende Ermittlungen ergeben hätten können, daß eine solche die überlieferte Erscheinung verändernde Wirkungen gar nicht eingetreten sind. Schließlich haftet dem Spruch des Straferkenntnisses dahingehend ein wesentlicher Mangel an, daß eine Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs.2 DSchG schon aufgrund des ausdrücklichen Tatbestandselementes nur vorsätzlich begangen werden kann, was dem Bw ebenfalls zu keiner Zeit des Verwaltungsstrafverfahrens zum Vorwurf gemacht wurde. Das Tatbestandselement "vorsätzlich" ist wesentlich und hätte daher schon innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden müssen. Es kann daher die Begründung des Straferkenntnisses (nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist) einen zeitgerechten Tatvorwurf nicht ersetzen. Schließlich fehlt dem angefochtenen Bescheidspruch auch der Hinweis auf die Bewilligungspflicht bzw. das Verbot einer Veränderung ohne die erforderliche Bewilligung nach § 4 DSchG sowie die Anführung des Unterschutzstellungsbescheides für das konkrete Objekt, welcher erst die Anwendung des DSchG bewirkt. Es hat daher der Bw die im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tat, welche nicht den Tatbestand nach § 14 Abs.2 DSchG bildet, nicht begangen, weil der Einbau der Fenster für sich allein und ein Zuwiderhandeln gegen das DSchG und das Planungskonzept der Stadt Braunau nicht unter Strafe gestellt ist.

4.2.3. Abschließend wird zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß die Frist von drei Jahren gemäß § 14 Abs.5 DSchG eine absolute Frist für eine Verfolgbarkeit darstellt, wenn die Kenntnisnahme des Bundesdenkmalamtes nach der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs.2 VStG eintritt und diese daher zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen beginnt und auch später endet. Die Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG endet daher - gleichgültig wann sie begonnen hat - jedenfalls drei Jahre nach Beendigung der Tat. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es bei der von der belangten Behörde gewählten Tatzeit(raum)umschreibung nicht möglich, in eindeutiger Weise eine Verjährung (sowohl nach § 14 Abs.5 letzter Satz DSchG als auch nach § 31 Abs.3 VStG) festzustellen, weil aus der Umschreibung "bis 1995" die Beendigung der Tat mit 1.1.1995 ebenso wie mit 31.12.1995 angenommen werden könnte. 4.3. Aus den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren sowohl nach § 45 Abs.1 Z2 VStG als auch wegen eingetretener Verjährung gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

4.4. Wenngleich auch eine inhaltliche Überprüfung sowie eine Überprüfung der Strafbemessung nicht mehr zu erfolgen hatte, wird angemerkt, daß gemäß § 16 Abs.2 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe, wenn das Materiengesetz keine besondere Regelung trifft, das Ausmaß von 14 Tagen nicht übersteigen darf.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. Schieferer Beschlagwortung: Unterschutzstellungsbescheid; Vorsatz; Fensteraustausch; wesentliche Tatbestandsmerkmale

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