Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390076/3/Kl/Rd

Linz, 14.02.2000

VwSen-390076/3/Kl/Rd Linz, am 14. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Johann S, vertreten durch Rechtsanwälte OEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 18.12.1998, K96-1-1998-Hi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Denkmalschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 18.12.1998, K96-1-1998-Hi, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 100.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.a DMSG verhängt, weil er am 24.7.1998 von ca. 8.30 Uhr bis ca. 10.00 Uhr in N das denkmalgeschützte Haus K (Teil des denkmalgeschützten Ensembles in N) widerrechtlich zerstört hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass durch den bewilligten Abbruch des rückwärtigen Gebäudeteils (Stall und den darüber liegenden Futterlagerraum) dieses Malheur passiert ist. Der von der beauftragten Abbruchfirma beigestellte Bagger habe durch die Einfahrt wegen der darüber liegenden Decke nicht durchfahren können. Nach gründlicher Überlegung sei daher entschieden worden, diese Decke an der Nachbarmauer durchzuschneiden und der Bagger versuchte dann, diese Decke herunterzubrechen, damit er zu dem abbruchbewilligten Gebäude durchfahren kann. Leider sei bei diesem Versuch auch die schon sehr desolate Mauer von der Einfahrt K mitumgestürzt und zugleich die darüber liegenden Decken durch die Schwere der vorhandenen Beschüttung heruntergebrochen. Es sei wirklich keine böse Absicht gewesen, eine solche Situation herbeizuführen. Wie nach dem Einsturz die Gefährdung ersichtlich war und nach Besichtigung des Baumeisters, lässt sich sicher der Tatbestand "Gefahr im Verzug" ableiten. Es werde daher ersucht, von der Strafe Abstand zu nehmen. Außerdem sei es nicht möglich, diese Strafe aufzubringen, weil der Bw Rentner sei und bei der Sparkasse N in großer Schuld sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Im Grunde des Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG iVm § 51 Abs.1 VStG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Berufung zuständig. Damit wurde dem § 13 Abs.2 DMSG derogiert.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich, dass der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht erforderlich.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist einwandfrei ersichtlich und es wurde dies auch in keiner Weise vom Bw bestritten, dass mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 5.5.1995, GZ 23.057/5/95, gemäß §§ 2 und 3 Denkmalschutzgesetz festgestellt wurde, dass die Erhaltung des Ensembles N, bestehend aus den nachstehend angeführten Gebäuden in N - darunter auch K, .66, Einlagezahl - wegen seines geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Zusammenhanges als Einheit iSd § 1 Abs.1 des zitierten Gesetzes im öffentlichen Interesse gelegen ist. Weiters wurde im Spruch einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid wurde daher sofort wirksam und vollstreckbar. Seitens des Bw wurde gegen diesen Bescheid keine Berufung eingebracht; der Bescheid war formell rechtskräftig.

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 6.11.1997, GZ 4601/3/97-Wh/ehB, wurde dem Antrag des Bw auf Veränderung des Objektes N, und 7/K, - das ehemalige Bürgerspital und der Trakt in der K sollten adaptiert und in die bestehende Anlage 20 Wohneinheiten für Pensionisten eingebaut werden - gemäß § 5 Abs.1 Denkmalschutzgesetz unter Vorschreibung von Auflagen und Ergänzungen stattgegeben. Auch gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingebracht und wurde dieser Bescheid rechtskräftig. Gemäß diesem Bescheid bzw der genehmigten Planunterlagen ist bloß der Abbruch eines hofseitigen Anbaues bewilligt, nicht jedoch der Abbruch der Decke über der Durchfahrt (vgl. Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes vom 26.8.1998, GZ 4601/3/98, sowie vom 13.11.1998, GZ 4601/6/98).

Durch den zitierten Unterschutzstellungsbescheid des Ensembles N ist das Haus K als Teil dieses Ensembles (bzw als Teil der unter Schutz gestellten Einheit) unter Denkmalschutz gestellt. Durch die genannten Abbruchmaßnahmen wurde ein Teil des denkmalgeschützten Hauses K in N abgerissen.

4.2. Gemäß § 1 Abs.1 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) idFd Novelle BGBl.Nr. 473/1990, gelten die Bestimmungen für Einzeldenkmale auch für Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles), wenn diese Gruppen wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein einheitliches Ganzes bilden und ihre Erhaltung dieses Zusammenhanges als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Gemäß § 3 Abs.1 DMSG gilt bei Denkmalen, die nicht Kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stehen, ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).

Gemäß § 4 Abs.1 DMSG ist bei den Denkmalen, die ua gemäß § 3 Abs.1 unter Denkmalschutz stehen, die Zerstörung sowie jede Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung gemäß § 5 Abs.1 verboten. Als Zerstörung eines Denkmals gilt dessen tatsächliche vollständige Vernichtung. Für Zwecke der Beurteilung, ob Ensembles, die als Einheit unter Denkmalschutz gestellt wurden (§ 1 Abs.1 letzter Satz), als solche zerstört oder nur verändert wurden, sind diese Bestimmungen so anzuwenden, als handle es sich bei diesen Einheiten jeweils insgesamt um ein Einzeldenkmal. Die Zerstörung eines Denkmals, das nur als Teil einer solchen Einheit (und nicht auch als Einzeldenkmal) unter Denkmalschutz steht, stellt jedenfalls stets nur die Veränderung des Ensembles dar (§ 4 Abs.1 lit.a letzter Satz DMSG).

Gemäß § 14 Abs.1 DMSG ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und § 5 Abs.1 ein Einzeldenkmal oder eine Mehrheit von Denkmalen (Ensemble, Sammlung) zerstört, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer gerichtlichen Strafe bedroht ist, vom Gericht mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Gemäß § 14 Abs.2 DMSG ist, wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs.1 bzw § 5 Abs.1 ein Denkmal verändert, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 700.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 14 Abs.5 DMSG beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG bei den in den Absätzen 2 bis 4 aufgezählten Delikten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Bundesdenkmalamt von den unerlaubt vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen Kenntnis erlangt hat und die Schuld tragende Person ausgeforscht ist; die Frist endet jedenfalls drei Jahre nach Beendigung der Tat.

4.3. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Der Tatvorwurf im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, "das denkmalgeschützte Haus K .... widerrechtlich zerstört" zu haben, stellt einen Straftatbestand gemäß § 14 Abs.1 DMSG dar, und es ist diese Tat vom Gericht zu bestrafen. Eine diesbezügliche Zuständigkeit kommt der Bezirksverwaltungsbehörde nicht zu (vgl. § 14 Abs.2 dritter Halbsatz DMSG "sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet"). Die im Straferkenntnis zur Last gelegte Tat bildet daher keine Verwaltungsübertretung (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 1015, Anm.1). Es war daher schon aus diesem Grunde - weil Gegenstand des Berufungsverfahrens der Bescheid erster Instanz ist - das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Darüber hinaus wird aber angemerkt, dass dem Spruch des Straferkenntnisses auch insofern Mängel anhaften, als der Spruch des Straferkenntnisses auch als wesentliches Tatbestandsmerkmal nach § 4 Abs.1 DMSG Ausführungen dahingehend zu enthalten hat, dass es sich um ein Denkmal handelt, das gemäß § 3 Abs.1, also durch bescheidmäßige Unterschutzstellung, unter Denkmalschutz steht. Diesfalls hätte es der Anführung des konkreten Bescheides bedurft. Daraus wäre auch ersichtlich und sodann im Spruch anzuführen gewesen, dass es sich bei dem gegenständlichen Haus K, um einen Teil eines Ensembles handelt, welcher zum Teil zerstört wurde. Daraus erhellt auch, dass die Demolierung des Hauses K die Zerstörung eines Denkmals ist, das nur als Teil einer solchen Einheit unter Denkmalschutz steht und daher nur die Veränderung des Ensembles darstellt (vgl. § 4 Abs.1 lit.a letzter Satz DMSG). Weil aber die gegenständlichen Abbruchmaßnahmen des Bw nicht vom Veränderungsbewilligungsbescheid des Bundesdenkmalamtes umfasst waren, stellen sie eine Veränderung des Ensembles ohne Bewilligung dar, was eine Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs.2 1. Halbsatz DMSG darstellt. Wesentliches Tatbestandselement letztgenannter Verwaltungsübertretung ist die vorsätzliche Begehungsweise, welche auch im Spruch des Straferkenntnisses (als wesentliches Tatbestandselement) vorzuwerfen ist.

Eine sämtliche aufgezeigte Tatbestandsmerkmale umfassende Tatumschreibung ist aber während der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG (diese begann im Grunde des § 14 Abs.5 DMSG mit Kenntnis des Bundesdenkmalamtes jedenfalls am 6.8.1998 und endete daher am 6.2.1999) nicht erfolgt. Jedenfalls ist auch dem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.8.1998 nicht ersichtlich, dass das Haus K dem denkmalgeschützten Ensemble N angehört und womit unter Schutz gestellt wurde. Ebenfalls ist eine konkretisierte Umschreibung der Zerstörung bzw Veränderung des Ensembles, nämlich die konkreten Abbruchmaßnahmen, nicht ersichtlich. Es ist daher hinsichtlich der Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs.2 DMSG mangels ausreichender Tatkonkretisierung Verfolgungsverjährung eingetreten.

Schließlich wird die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass Übertretungsnorm gemäß § 44a Z2 VStG und Strafnorm gemäß § 44a Z3 VStG nicht der § 4 Abs.1 lit.a DMSG ist, sondern vielmehr § 14 Abs.2 1. Halbsatz DMSG.

Im Hinblick auf die Ausführungen im Absatz 2 der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ("trotz der mit Bescheid aufgetragenen Auflagen ohne die erforderliche Kontaktnahme die Abbrucharbeiten in Auftrag gegeben bzw durchgeführt") wird angemerkt, dass die Nichterfüllung bzw Nichteinhaltung von Bescheidauflagen im Denkmalschutzgesetz idF BGBl.Nr. 473/1990 keinen strafbaren Tatbestand bildet.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfielen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Zerstörung eines Teiles eines Ensembles, Veränderung, Zuständigkeit, Unterschutzstellung.

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