Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102498/14/Br/Bk

Linz, 07.02.1995

VwSen-102498/14/Br/Bk Linz, am 7. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn M R, A, A, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E S, Dr. W M Dr. M S und Dr. F, alle G, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17.

November 1994, AZ. VerkR96 - 526 - 1993, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 3. Februar 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG, iVm § 19, § 24,§ 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Straferkenntnis vom 17. November 1994, AZ. VerkR96 - 526 1993 über den Berufungswerber wegen der ihm zur Last gelegten Übertretung der Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 12.12.1992 gegen 22.00 Uhr den LKW auf dem Parkplatz G in S aus einer Parklücke gelenkt und dabei einen dort abgestellten PKW beschädigt habe. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde begründend aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde am 13.12.1992 von Herrn Gerold O, S, F, beim Gendarmeriepostenkommando S angezeigt. Nach der Anzeige hat Herr O gemeinsam mit C D, S, N, am 12.12.1992 um 22.00 Uhr beobachtet, wie der Lenker des LKW Marke Ford Sierra, rückwärts aus einer Parklücke fuhr und dabei den hinter ihm abgestellten LKW Marke Ford Sierra, beschädigte. Aufgrund der Anzeige wurden vom Gendarmeriepostenkommando S Erhebungen gepflogen, die ergaben, daß am LKW an der rückwärtigen Stoßstange rechts Abriebspuren festgestellt wurden. Beim LKW sei die linke vordere Tür eingedrückt gewesen.

Nach Kenntnisnahme der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung gestanden Sie zwar ein, den LKW zum Tatzeitpunkt im Bereich des Tatortes gelenkt zu haben, bestritten jedoch, von der Beschädigung eines anderen Kraftfahrzeuges etwas bemerkt zu haben. Sie ergänzten, daß das beschädigte Kraftfahrzeug im Halteverbot aufgestellt gewesen sei.

Am 19.5.1993 wurde Herr C D vor dem Gemeindeamt O als Zeuge einvernommen und gab hiebei an, daß er aus einer Entfernung von ca. 10 m den Anstoß wahrnehmen konnte. Ein Anstoßgeräusch habe er nicht wahrnehmen können. Er führte noch vier weitere Personen an, die den Sachverhalt wahrgenommen haben.

Anläßlich Ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme am 31.8.1993 führte die Zeugin Christa S an, zum Tatzeitpunkt sich im Bereich des Tatortes aufgehalten zu haben. Sie sei in einem PKW gesessen. Von einem Verkehrsunfall hätte sie nichts bemerkt.

Der Zeuge Andreas O führte am 26.8.1993 aus, sich zum Tatzeitpunkt im Bereich des Tatortes aufgehalten zu haben bzw. zu diesem Zeitpunkt in einem PKW gesessen zu sein. Er hätte den Anstoß, jedoch kein Anstoßgeräusch wahrgenommen.

Der Zeuge Markus D führte am 12.8.1993 an, sich zum Tatzeitpunkt unmittelbar neben dem Beschuldigtenfahrzeug befunden zu haben. Er habe den Anstoß wahrnehmen können und in der Folge auch die Beschädigung festgestellt.

Die am 5.4.1994 vernommene Zeugin A M verwies anläßlich ihrer Zeugenaussage auf die von der Zeugin C S gemachten Angaben.

Hinsichtlich der Bemerkbarkeit der Beschädigung wurde ein kraftfahrtechnisches Gutachten eingeholt. Am 6.5.1994 erstattete der technische Amtssachverständige Ing. Franz W ein Gutachten, in dem er anführte, daß beim besagten Anstoß ein Geräusch entstand, dessen Schallpegel höher lag, als jener des Umgebungsgeräusches und des Eigengeräusches. Da das Anstoßgeräusch eine andere Frequenzstruktur als das Umgebungsgeräusch und das Eigengeräusch aufwies, war es von diesen beiden gut zu unterscheiden. Weiters habe die Karosserie eine physikalische Eigenschaft, welche der des Resonanzkastens ähnlich ist und die bewirke, daß solche Anstoßgeräusche im Inneren des anstoßenden Fahrzeuges gut zu hören sind, wobei es gleichgültig ist, mit welcher Stelle der Anstoß erfolge. Mit der vom Lenker eines Kraftfahrzeuges geforderten Aufmerksamkeit hätte der Beschuldigte den von ihm verursachten Anstoß akustisch wahrnehmen müssen.

Im Zuge Ihrer Beschuldigteneinvernahme am 14.6.1994 vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden verblieben Sie bei Ihrer bisherigen Rechtfertigung, wobei Sie den Anstoß nicht bemerkt hatten und ergänzten, daß das Rückwärtsfahren mit dem von Ihnen gelenkten Kastenwagen ohne Heckfenster nicht einfach sei und Sie daher die Beschädigung, auch wenn Sie von Ihrem PKW verursacht worden sei, unter den gegebenen Umständen nicht unbedingt bemerkbar war.

Über diesen Sachverhalt hat die Bezirkshauptmannschaft G als Organ der Landesverwaltung in I. Instanz erwogen:

Vorerst sei festgehalten, daß Sie nie in Abrede stellten, die Beschädigung am PKW verursacht zu haben. Das objektive Tatbild des § 4 Abs. 5 StVO 1960 steht daher fest.

Hinsichtlich der Bemerkbarkeit (= Verschulden) wird ausgeführt, daß die Aussagen sämtlicher Zeugen diesbezüglich keine Hinweise ergaben. Hinsichtlich der Bemerkbarkeit stützt sich die erkennende Behörde alleinig auf das schlüssige und in sich widerspruchsfreie Gutachten des technischen Amtssachverständigen Ing. Franz W. In seinem Gutachten führte der technische Amtssachverständige klar und unmißverständlich aus, daß Sie den Anstoß bei der Aufmerksamkeit, die man vom Lenker eines Kraftfahrzeuges erwarten muß, hätten bemerken müssen. Insbesondere der Umstand, daß der Anstoß im Inneren des anstoßenden Fahrzeuges besser wahrnehmbar ist als außerhalb dieses Fahrzeuges läßt auch erklären, daß die Zeugen kein Anstoßgeräusch wahrnehmen konnten.

Völlig verfehlt ist Ihre Rechtfertigung, wonach durch den Umstand, daß das von Ihnen Kraftfahrzeug kein Heckfenster besitzt, Beschädigungen beim Rückwärtsfahren "nicht einfach wahrnehmbar sind". Hiezu wird bemerkt, daß ein Kombinationskraftwagen über zwei Außenspiegel verfügt, durch den die rückwärtige Umgebung eingesehen werden kann. Im Zweifel bestünde die Verpflichtung, sich gemäß § 14 Abs. 3 StVO 1960 beim Rückwärtsfahren von einer geeigneten Person einweisen zu lassen.

Von der Einvernahme Ihrer zum Tatzeitpunkt auf dem Beifahrersitz mitfahrenden Gattin konnte Abstand genommen werden, da selbst dann, wenn diese Ihre Aussagen vollinhaltlich bestätigt hätte, im Hinblick auf die klaren Aussagen des technischen Amtssachverständigen eine Änderung des im Spruch angeführten Sachverhaltes nicht bewirken hätten können.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben alle Personen, deren am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Eine solche Verständigung darf unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Sachschaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Da Sie zum Tatzeitpunkt als Lenker eines PKW ein anderes Kraftfahrzeug beschädigten, sohin in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall standen und es unterließen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen bzw. dem Geschädigten Ihre Identität nachzuweisen, ist das objektive Tatbild des § 4 Abs. 5 StVO 1960 gegeben.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß Sie bei entsprechender Aufmerksamkeit den Anstoß hätten bemerken müssen. Ein beweismangelnden Verschuldens konnte von Ihnen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht erbracht werden. Sohin ist auch das subjektive Tatbild des § 4 Abs. 5 StVO 1960 gegeben und ist daher der strafbare Tatbestand erfüllt.

Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs.

1 und 2 VStG in ihrem gesamten Umfang entsprechend berücksichtigt. Insbesondere war als erschwerend zu werten, daß Sie am 11.7.1990 von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden unter VerkR-580-1990 jeweils einmal wegen Übertretung nach § 99/1 a iVm. § 5/1 bzw. 99/3 b iVm. 5/4 StVO 1960, sohin auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Verwaltungsübertretungen, rechtskräftig bestraft worden sind. Mildernde Umstände lagen nicht vor.

Eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 stellt einen schweren verstoß gegen die straßenpolizeilichen Normen dar und indiziert hohen Unrechtsgehalt. Die gegen Sie verhängte Geldstrafe in Höhe von S 3.000,- erscheint - bei einem gesetzlichen Strafrahmen von bis zu S 10.000,- - dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Grad des Verschuldens und auch Ihren persönlichen Verhältnissen (monatliches Nettoeinkommen S 15.000,-, kein Vermögen, Sorgepflicht für ein Kind) angepaßt und geeignet, Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten.

Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten geeignet sind.

Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.1. In der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber in der Sache aus wie folgt:

"Ich fechte das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach an und mache als Berufungsgründe Rechtswidrigkeit, unrichtige Sachverhaltsfeststellung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend.

Zunächst wende ich ein, daß in der gegenständlichen Angelegenheit die Verfolgungsverjährung eingetreten ist, zumal innerhalb der sechsmonatigen Frist, ab dem Tatzeitpunkt, gegen mich keinerlei Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

Was die Sache selbst betrifft, so geht die Erstbehörde in Ihren Feststellungen unberechtigterweise davon aus, daß für mich ein Anstoß an den PKW Ford Sierra, amtl. Kennzeichen jedenfalls wahrnehmbar gewesen wäre. Diese Feststellung stützt die Erstbehörde ausschließlich auf das Gutachten des Amtssachverständigen, welcher die Ansicht vertreten hat, daß der Anstoß im Inneren des von mir gelenkten Fahrzeuges wahrnehmbar gewesen wäre. Zu diesen Ausführungen des Amtssachverständigen ist jedoch festzustellen, daß diese völlig theoretischer Natur sind und wesentliche Komponenten bei der Erstellung dieses Gutachtens nicht berücksichtigt wurden. Ein derartiges, rein theoretisches, Gutachten kann daher am Rande zur Unterstützung der Sachverhaltsfeststellung herangezogen werden. Keinesfalls kann es jedoch so sein, daß sämtliche Zeugenangaben mehr oder minder ignoriert werden und Feststellungen rein auf ein derartiges Sachverständigengutachten gestützt werden. So hat etwa der Sachverständige nicht berücksichtigt, daß in dem von mir gelenkten Fahrzeug das Radio eingeschaltet war und dergleichen mehr. Etliche Zeugen haben immerhin ausgesagt, daß sie keinerlei Unfall wahrgenommen haben und, obwohl sie sich unmittelbar im angeblichen Unfallsbereich aufgehalten haben, kein Anstoßgeräusch wahrgenommen haben. Auch ein allfälliger Ruck, den ich wahrnehmen hätte müssen, läßt nicht zwangsläufig den Schein zu, daß ich an ein fremdes Fahrzeug angefahren bin. Gerade beim Ausparken ist es häufig so, daß man mit den Rädern mit dem Randstein in Berührung kommt, was einen gleichartigen Ruck im Fahrzeug erzeugt. Im übrigen geht aus der Begründung des Straferkenntnisses nicht hervor, welches Ausmaß der Schaden am Fahrzeug gehabt hat, so daß insofern zweifellos auch ein Begründungsmangel vorliegt. Nicht jeder Schaden ist solcher Natur, daß man daraus zwangsläufig ableiten kann, daß bei Entstehen dieses Schadens ein Aufmerksamkeit erzeugender Ruck zu verspüren gewesen wäre.

Dessen ungeachtet steht überhaupt nicht fest, daß ich an das besagte Fahrzeug angefahren bin. Daß auf dem von mir gelenkten Fahrzeug Abriebspuren festgestellt werden konnten, läßt zweifellos nicht mit Sicherheit den Schluß zu, daß ich tatsächlich an das besagte Fahrzeug angefahren bin.

Abriebspuren finden sich sehr häufig an Stoßstangen und können alle möglichen Ursachen haben. Es ist auch nicht so, daß die Kollision als gegeben hingenommen werden muß, weil ich eine solche nie bestritten habe. Ich habe jedoch auch nie gesagt, daß es zu einer Kollision gekommen ist. Man kann jedenfalls nicht aus der Tatsache, daß ich die Kollision nicht bestritten habe, zwingend die Feststellung ableiten, daß es tatsächlich zu einer Kollision gekommen ist. Auch dies stellt einen Verfahrensmangel dar.

Einen schweren Verfahrensmangel stellt es schließlich dar, daß Zeugen, die von mir namhaft gemacht wurden, unter Hinweis auf das Sachverständigengutachten nicht einvernommen wurden. Dies stellt einen Akt der vorgreifenden Beweiswürdigung dar, welcher grundsätzlich unzulässig ist.

Schließlich bekämpfe ich auch die Höhe der verhängten Strafe, da diese keinesfalls schuld- und tatangemessen ist und im übrigen auch nicht meinen Einkommensverhältnissen entspricht.

Ich stelle daher den Antrag, meiner Berufung Folge zu geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

G, am 7.12.1994 M R" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden AZ. VerkR96 - 526 - 1993 und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch das vom Kraftfahrzeugsachverständigen, Ing. S, erstellte Gutachten und die Vernehmung der Zeugen C D, M D, Andreas O und Renate B, sowie der Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisverfahren läßt folgenden Sachverhalt als erwiesen erscheinen:

4.1. Der Berufungswerber parkte am 12. Dezember 1992 den Lkw mit dem Kennzeichen , dessen Zulassungsbesitzerin Frau Renate B war, von einem Parkplatz in der G in S im Zurückfahren aus. Dieses Fahrzeug war schräg abgestellt. Der Ausparkvorgang geschah dermaßen, daß dies im sogenannten spitzen Winkel erfolgte. Es wurde daher derart zügig zurückgeschoben, daß es am Ende der Rückwärtsbewegung, deren Beendigung durch Bremsen herbeigeführt wurde, zu einem leichten Kontakt mit einem parallel zum Fahrbahnrand bzw.

hinter dem Berufungswerberfahrzeug abgestellten Fahrzeug kam. Dabei wurde die Tür dieses Fahrzeuges leicht eingedellt. Bei diesem Kontakt entstand kein nachweisbares akustisches Anstoßgeräusch. Der Berufungswerber setzte unmittelbar nach diesem Ausparkmanöver und dem damit einhergehenden Kontakt mit dem abgestellten Fahrzeug seine Fahrt fort.

4.2. Dieser Vorgang wurde von mehreren Zeugen, die sich in einem etwa fünfzehn Meter entfernt abgestellten Fahrzeug befanden, wahrgenommen. Ein Zeuge vermeinte ein leichtes Anstoßgeräusch wahrgenommen zu haben, während ein anderer wiederum vermeinte, das beschädigte Fahrzeug habe durch den Anstoß leicht gewackelt. Der Berufungswerber, dessen Angaben letztlich mit den Ausführungen des Sachverständigen gut in Einklang gebracht werden konnten, hat den Anstoß glaubhaft nicht bemerkt. Ebenfalls nicht die im Fahrzeug mitfahrende Zeugin B, die Zulassungsbesitzerin des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges. Auch ihre Aussage war - so wie durchaus auch die anderen Zeugenaussagen - glaubwürdig. Die Zeugin B legte auch dar, daß sie an ihrem Fahrzeug keinen wie immer gearteten Schaden feststellen habe können und sie erst von einem angeblichen Vorfall durch die Gendarmerie erfahren habe. Die Gendarmerie nahm ihr Fahrzeug nicht in Augenschein. Hätte die Insassin des Schädigerfahrzeuges den Anstoß etwa tatsächlich bemerkt, so wäre einerseits nicht logisch gewesen - ohne nur einen Moment innezuhalten - die Fahrt fortzusetzen. Für ein "förmliches Flüchten" hätte es wohl keine plausible Veranlassung gegeben. Der Berufungswerber wußte wohl auch nicht, daß er beobachtet wurde. Immerhin ist jemand, der sein Fahrzeug geschädigt gesehen glaubt doch eher geneigt auszusteigen und zu schauen, ob ein Schaden - in erster Linie an seinem Fahrzeug - entstanden ist.

4.2.1. Der Sachverständige weist in seinem einleitenden Statement insbesondere darauf hin, daß im Falle, daß der Anstoß in der Bremsphase der Rückwärtsbewegung erfolgt ist wobei die Annahmem im Rahmen der Beweiswürdigung zu erfolgen haben - die Energievernichtung über die Bremsen und nicht durch den Anstoß erfolgt wäre, in diesem Fall der Anstoß nicht bemerkbar gewesen sein könnte.

Genau von dieser Annahme war auszugehen. Diese läßt sich sowohl mit der Verantwortung des Berufungswerbers, aber auch mit den Angaben sämtlicher Zeugen einwandfrei in Einklang bringen. Tatsache ist, daß ein bloß geringer Schaden verursacht wurde, sodaß eben der Anstoß nur mehr am Ende der Rückwärtsbewegung erfolgt sein konnte. Die Zeugen gaben übereinstimmend an, daß das "Zurückstoßen" zumindest normal, ein Zeuge vermeinte sogar, daß es relativ flott erfolgt ist.

Wenn also in dieser Phase der Anstoß erfolgt ist, befand sich der Berufungswerber mit beiden Füßen auf den Pedalen (Bremse, Kupplung bei synchronem Umsteigen auf das Gaspedal). Er mußte ferner auf den Ausparkvorgang im spitzen Winkel, insbesondere auf seine rechte Fahrzeugvorder- und linke Fahrzeugrückseite die Aufmerksamkeit konzentrieren.

Dabei waren mehrere "Blicksprünge" notwendig. Unter realistischer Betrachtung war es dabei durchaus möglich, daß angesichts der herrschenden Dunkelheit einerseits, andererseits aber auch, weil wegen des nach hinten geschlossenen Fahrzeuges nur durch die Außenspiegel eine Sicht nach hinten gewährleistet gewesen ist, das hinten abgestellte Fahrzeug - objektiv besehen - nicht bemerkt wurde. Nachdem schließlich auch davon auszugehen ist, daß eine Geräuschentwicklung kaum gegeben war, konnte dem Berufungswerber in seiner Verantwortung gefolgt werden, daß er den Vorfall einerseits nicht bemerkt hat. Die Frage eines in diesem Zusammenhang zu erhebenden Schuldvorwurfes wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausgeführt.

5.1. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Nach einem Verkehrsunfall mit bloßen Sachschaden besteht grundsätzlich Verpflichtung hievon die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf dann unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander die Identität nachgewiesen haben (§ 4 Abs.5 StVO). Dies hier geschah jedoch nicht. Die Meldepflicht wird nicht bloß im objektiven Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht durch das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens ausgelöst. Der Tatbestand ist ferner schon dann gegeben, wenn dem Fahrzeuglenker objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH v.

19.1.1990, Zl. 89/18/0199). Solche objektive Umstände hat das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgeführte Beweisverfahren nicht erbracht. Einen derart objektiven Umstand erblickt der unabhängige Verwaltungssenat nicht bereits darin, daß der Berufungswerber offenbar nicht ausreichend sorgfältig, nämlich so wie dies von einem Fahrzeuglenker grundsätzlich erwartet werden müßte, verhalten hat. Dann hätte dieser Schadensfall wohl nicht passieren dürfen. Der Vorwurf der Fahrerflucht muß aus h. Sicht bei der objektiven Beurteilung des Unfallereignisses an sich enden. Es würde eine unzulässige Ausdehnung der Schuldbegriffe über den Tatbestand hinaus darstellen, würde jedes vorgelagerte Verhalten - etwa, daß er sich keines Einweisers bedient hat - in einen späteren Kausalablauf einfließen.

Es kann in diesem Zusammenhang daher nicht davon ausgegangen werden, daß etwa der Anstoß "an einer in der Lenkung spürbaren Komponente oder in einer Stoß- und Ruckbwegung" bei der Streifung objektiv bemerkt werden hätte müssen oder der Berufungswerber alleine schon durch die vorgelegene Annährung der beiden Fahrzeuge auf nur wenige Zentimeter, was hier jedoch nicht wahrgenommen wurde, einen herbeigeführten Schaden für möglich halten hätte müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum