Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102526/5/Br/Bk

Linz, 14.02.1995

VwSen-102526/5/Br/Bk Linz, am 14. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J P, H, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.12.1994, Zl. Cst. 9029/94-R, zu Recht:

Der Berufung wird F o l g e gegeben. Der Bescheid vom 14. Dezember 1994 wird behoben.

Die Strafverfügung vom 23. August 1994 ist somit außer Kraft getreten.

Die Erstbehörde hat nunmehr das ordentliche Verfahren einzuleiten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 32 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.866/1992 iVm §§ 24, 49 Abs.2, 51 Abs.1 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.666/1993.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz verhängte über den Berufungswerber mittels Strafverfügung vom 23.8.1994, Zl. Cst.9029/LZ/94-R, wegen einer Übertretung der StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S, im Nichteinbringungsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, weil er am 6. Juni 1994 um 13.47 Uhr in L, bei km 164.530 in Richtung W mit dem Kfz mit dem Kennzeichen die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten habe, weil die Fahrgeschwindigkeit über 160 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mittels eines Meßgerätes festgestellt worden sei.

2. Diese Strafverfügung wurde dem Berufungswerber am 24. August 1994 bei eigenhändiger Übernahme zugestellt.

2.1. In einem Schreiben vom 12. Oktober 1994 an die Erstbehörde bezieht sich der Berufungswerber auf ein bereits mit 29. August 1994 an die Erstbehörde gerichtetes Schreiben - er dürfte damit einen gegen diese Strafverfügung gerichteten Einspruch meinen - worin er ausführt, daß er "wie er der Erstbehörde bereits mitgeteilt habe, zu dieser Zeit auf Urlaub in Griechenland gewesen sei." 2.1.1. Die Erstbehörde erläßt daraufhin am 14. Dezember 1994 den hier angefochtenen Bescheid, wobei sie darauf hinweist, daß die Einspruchsfrist mit Ablauf des 7. September 1994 geendet hätte, der Einspruch jedoch erst am 12. Oktober 1994 der Post zur Beförderung übergeben worden wäre.

2.2. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung führt der Berufungswerber inhaltlich aus, daß er am 29. August 1994 "sofort die Bestätigung seiner Urlaubsreise vom Reisebüro verlangt" und an die Erstbehörde gesendet habe.

Auf der Rückseite seiner Berufung schließt er eine Kopie eines Aufgabescheines eines Poststückes an die Erstbehörde vom 29. August 1994 an. Wie sich aus dem Kontext der Ausführungen entnehmen läßt, meint der Berufungswerber, daß er mit diesem Schreiben vom 29. August 1994 - welches dem erstbehördlichen Akt jedoch nicht beigeschlossen ist - einen Einspruch gegen die ihm am 24. August 1994 zugestellte Strafverfügung erhoben hat.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich nach ergänzenden Ermittlungen bereits aus Aktenlage ergibt, daß der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung mangels eines diesbezüglichen gesonderten Antrages nicht anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt, sowie durch Klärung der Frage, ob gegen den Berufungswerber bei der Erstbehörde etwa ein weiteres Verfahren anhängig gewesen ist.

Dem Berufungswerber wurde ferner mit h. Schreiben vom 19. Jänner 1995 Parteiengehör eingeräumt. Daraufhin übermittelt er das Original des Aufgabescheines hinsichtlich seines Schreibens an die Erstbehörde vom 29. August 1994.

4.1. Angesichts der Tatsache, daß ein weiteres Verfahren gegen den Berufungswerber bei der Erstbehörde nie anhängig gewesen ist, ist wohl davon auszugehen, daß der Berufungswerber mit dem Schreiben vom 29. August 1994 einen Einspruch an die Erstbehörde gerichtet hat. Dieses Schreiben ist offenbar in unklärbarer Weise - möglicherweise schon am Postweg - in Verstoß geraten. Bei der Erstbehörde konnte in Erfahrung gebracht werden, daß derartige Schriftstücke nicht gesondert protokolliert sondern lediglich dem Akt angeschlossen werden, sodaß eben nicht geklärt werden kann, ob dieses Schreiben bei der Erstbehörde überhaupt eingelangt ist. Zumal der Berufungswerber einen Beweis dafür erbringen konnte, daß er innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Schreiben an die Erstbehörde gerichtet hat, wurde von ihm glaubhaft gemacht, daß er rechtzeitig einen Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben hat. Welchen Inhalt sollte sein Schreiben sonst gehabt haben? In diesem Falle wäre die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung möglich und wohl auch indiziert gewesen. Spätestens mit der Vorlage eines Aufgabescheines war klar, daß ein Schreiben an die Erstbehörde gerichtet worden sein mußte. Dies wäre innerhalb der Sphäre der Erstbehörde leichter und schneller als durch die Berufungsbehörde zu klären gewesen.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erhoben werden. Die Berechnung dieser Frist ist nach § 32 Abs.2 AVG vorzunehmen. Demnach wurde innerhalb offener Frist ein in Verstoß geratenes Schreiben an die Erstbehörde gerichtet.

Die Beweislast kann jedenfalls nicht so weit gehen, daß sich ein Einspruchswerber etwa auch eine Kopie seines Einspruches aufbewahren muß um zu beweisen, welches Schreiben er abgesendet hat. Selbst dies wäre kein absoluter Beweis, daß - im Falle eines Verstoßes - der entsprechende Text auch tatsächlich übermittelt wurde. Jede andere Sicht würde bedeuten, daß ein Aufgabeschein seines Sinnes entleert würde.

Ein, jedenfalls im Zweifel, als Einspruch zu wertendes Schreiben wurde daher binnen offener Frist der Post zur Beförderung übergeben. Die Strafverfügung ist dadurch ex lege außer Kraft getreten, sodaß nunmehr ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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