Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390125/4/SR/Wa/Da

Linz, 07.03.2005

 

 

 VwSen-390125/4/SR/Wa/Da Linz, am 7. März 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des M S, J, St.A, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W M, Mag. T M, Mag. K F. L und Dr. N K, Hstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17. August 2004, Zl. Ge96-21-2003, wegen Übertretung des Preisauszeichnungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und § 51e Abs. 2 Z.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

A) Zu Spruchpunkt I:

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17. August 2004, Ge96-21-2003, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als gem. § 370 Gewerbeordnung 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Handelsgewerbeberechtigung der A S Gesellschaft m.b.H. im Standort P, A-S-Straße, zu verantworten, dass in der Betriebsstätte der genannten Gesellschaft in E, Estraße, am 03.01.2003 und am 17.01.2003, wie von einem Preiskontrollorgan des Amtes der Burgenländischen Landesregierung bei Kontrollen festgestellt wurde, der Preisauszeichnungspflicht im Sinne des Preisauszeichnungsgesetzes nicht nachgekommen wurde, indem zum Zeitpunkt der Kontrollen die Preise für die in den Geschäftsräumlichkeiten zum Verkauf angebotenen Sachgüter, nämlich ELVITAL-Aufbaukur irreführend ausgezeichnet waren, indem der Grundpreis von 100 ml mit 3,48 Euro angegeben wurde, der Verkaufspreis pro Packung mit einem Inhalt von 100 ml jedoch 4,35 Euro betrug.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 15 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 des Preisauszeichnungsgesetzes BGBl.Nr. 146/1992 i.d.F. BGBl. I Nr. 55/2000

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 15 Abs. 1 Preisauszeichnungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

 

Weiters haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 10 % der verhängten Strafe, das sind 10 Euro, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beläuft sich somit auf 110 Euro."

 

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 13. September 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz am 27. September 2004 - rechtzeitig - eingebrachte Berufung.

 

2.1. In der Begründung wies die Behörde erster Instanz u.a. auf den Aktenvermerk der Preiskontrollorgane des Amtes der Burgenländischen Landesregierung hin. Daraus sei erkennbar, dass im gegenständlichen Fall das Produkt "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" mit einem Grundpreis von 3,48 Euro pro 100 ml und einem Verkaufspreis von 4,35 Euro ausgezeichnet gewesen sei. Im Verkaufsregal habe sich daneben das Produkt "ELVITAL - Aufbaukur 125 ml" befunden, welches mit einem Grundpreis von 3,48 Euro pro 100 ml und einem Verkaufspreis von 4,35 Euro ausgezeichnet gewesen sei. Für einen aufmerksamen Beobachter sei daher der tatsächliche Preis des Produkts "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" nicht leicht zuordenbar gewesen, da für ein und dasselbe Produkt zwei verschiedene Preise ausgezeichnet gewesen wären und sich daneben ein ähnliches Produkt befunden habe, welches mit den selben Grund- und Verkaufspreisen ausgezeichnet gewesen sei. Diese irreführende Auszeichnung stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs.1 dar, weil von einem durchschnittlich aufmerksamen Beobachter der tatsächliche Preis des Produktes "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" nicht leicht zuordenbar gewesen sei.

 

Dem Beschuldigten sei ein entsprechender Mangel an Sorgfalt vorzuwerfen, da dieser dafür zu sorgen gehabt hätte, dass in den Filialen die Preise entsprechend dem Preisauszeichnungsgesetz angegeben werden. Obwohl von den Preiskontrollorganen des Amtes der Burgenländischen Landesregierung die Angestellte Frau H aufmerksam gemacht worden sei, dass eine dem Gesetz nicht entsprechende Preisauszeichnung vorliege und eine Nachschau angekündigt wurde, sei die Preisauszeichnung nicht geändert worden. Vielmehr sei die Auskunft erteilt worden, dass auf Weisung der Zentrale die Ware wieder unter dieser Auszeichnung angeboten wurde. Der Bw habe dadurch eine Übertretung der diesbezüglichen Normen bewusst in Kauf genommen, was als vorsätzliches Handeln qualifiziert wurde.

 

2.2. Dagegen bringt der Bw im Wesentlichen vor, dass die von der Behörde erster Instanz herangezogene Bestimmung des § 370 Gewerbeordnung 1994 im gegenständlichen Fall nicht anwendbar sei, da § 15 Abs. 2 Preisauszeichnungsgesetz eine lex specialis zu § 370 Gewerbeordnung 1994 darstelle. Da er nicht als gemäß § 370 Gewerbeordnung bestellter gewerblicher Geschäftsführer hafte, sei der bekämpfte Bescheid mit dem Mangel der Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Weiters wendet der Bw ein, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses keine mit einer Strafe nach dem Preisauszeichnungsgesetz bedrohte Tathandlung enthalte. Diesem sei weder zu entnehmen, warum "ELVITAL - Aufbaukur" ein Sachgut ist, noch dass dieses zum Tatzeitpunkt nicht mit einem Preis oder mit einem nicht leicht lesbaren oder einem nicht leicht zuordenbaren Preis ausgezeichnet war, noch dass für dieses Sachgut tatsächlich ein höherer als der ausgezeichnete Preis verlangt wurde. Der Spruch des Straferkenntnisses laute dahingehend, dass das Sachgut "Elvital - Aufbaukur" irreführend ausgezeichnet war. Eine irreführende Preisauszeichnung sei aber weder tatbestandsmäßig, noch stelle solche eine strafbare Handlung nach dem Preisauszeichnungsgesetz dar.

 

Eine nach dem Preisauszeichnungsgesetz strafbare Handlung sei ihm innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen worden und daher sei eine Bestrafung nach den Bestimmungen des § 15 Abs. 1 und 2 iVm § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Preisauszeichungsgesetzes wegen eingetretener Verfolgungsverjährung rechtswidrig.

 

Darüber hinaus macht der Bw unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und führt aus, dass eine Übertretung des § 2 Abs.1 Preisauszeichnungsgesetz nicht vorliege, da das genannte Produkt nach den Feststellungen der belangten Behörde "mit einem Preis, nämlich mit € 4,35", ausgezeichnet gewesen sei, und nach § 2 Abs. 1 Preisauszeichnungsgesetz nur der strafbar sei, der es unterlasse, das Sachgut mit einem Preis auszuzeichnen. Zudem sei der für das gegenständliche Produkt am 3. Jänner 2003 und am 17. Jänner 2003 ausgezeichnete Preis für jedermann leicht lesbar und dem Produkt leicht zuordenbar gewesen. Gegenteiliges gehe auch nicht aus den Prüfberichten vom 3. Jänner 2003 und 17. Jänner 2003 hervor, sondern habe das zuständige Prüforgan den ausgezeichneten Preis eindeutig lesen und zuordnen können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil bereits nach der Aktenlage und nach geringfügigen weitergehenden Ermittlungen ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, hatte eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG) zu entfallen.

 

3.1. Wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt, stützte sich die Behörde erster Instanz bei ihrer Sachverhaltsfeststellung und Entscheidung auf den mit 30. Jänner 2003 datierten Bericht des überörtlichen Preiskontrollorgans. In letzterem ist ausgeführt:

 

"Im Zuge einer Kontrolle am 3.1.2003, 11.45 Uhr, und am 17.1.2003, um 12.00 Uhr, wurden im Filialbetrieb der Firma "S", Kostenstelle 53117, in E, Estraße, in Anwesenheit von Frau H auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung nachstehende Mängel in der Preisersichtlichmachung festgestellt:

Die Preise für die sichtbar ausgestellten Sachgüter, nämlich ELVITAL - Aufbaukur waren irreführend ausgezeichnet, indem der Grundpreis von 100 ml € 3,48, der Verkaufspreis pro Packungseinheit von gleichfalls 100 ml jedoch € 4,35 betrug (§ 2 Abs. 1 Z 1, § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 1)."

 

3.2. Dazu im Widerspruch stehen jedoch die auf der Rückseite des Prüfberichts des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom 17. Jänner 2003 in Form eines Aktenvermerks (datiert mit 17. Jänner 2003) festgehaltenen Feststellungen des Preiskontrollorgans, aus denen Folgendes hervorgeht:

 

"Bei der schwerpunktmäßigen Preisauszeichnungskontrolle am 3.1.2003 wurde bei der Fa. S, Fil. Eisenstadt - Oberberg im Beisein der Verkäuferin Frau H die Preisauszeichnung der Produkte "Elvital - Aufbaukur 100 ml" beanstandet. Die Produkte waren mit "ELVITAL - AUFBAUKUR" 100 ml € 3,48 Grundpreis und € 4,35 Verkaufspreis falsch ausgezeichnet und die daneben stehenden Prod. "ELVITAL - AUFBAUKUR 125 ml" mit dem Grundpreis 100 ml € 3,48 und Verkaufspreis € 4,35 RICHTIG ausgezeichnet.

Bei der Nachkontrolle am 17.1.2003 um 12.00 Uhr wurde festgestellt, dass die Produkte ELVITAL AUFBAUKUR 100 ml wieder im Regal, jedoch die Preisauszeichnung ohne Grundpreis nur Verkaufspreis € 4,35 zum Verkauf angeboten werden.

Auf meine Frage warum die Produkte wieder im Regal mit dem überhöhten Verkaufspreis stehen, sagte die Angest. Fr. H sie habe auf Anweisung der Zentrale wieder ins Regal gestellt, da alles seine Richtigkeit habe.

Da Frau H bei der Überprüfung am 3.1.2003 bereits eine Abmahnung und Rechtsbelehrung erteilt wurde wird sie nach dem PA-G. angezeigt.

Frau H verweigerte auf Anraten der Zentrale der Fa. Schlecker die Unterschrift."

 

3.3. Im Rahmen des berufungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens ersuchte das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates den Leiter des Referates für Konsumentenschutz und Preisangelegenheiten beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, WHR Dr. G, unter Hinweis auf die Widersprüchlichkeiten die gegenständliche Preisauszeichnung am 17. Jänner 2003 betreffend, um eine Stellungnahme.

 

Nach erfolgter Rücksprache mit dem zuständigen Preiskontrollorgan teilte der zuständige Abteilungsleiter des Amtes der Burgenländischen Landesregierung dem Unabhängigen Verwaltungssenat mittels Fax vom 3. März 2005 wie folgt mit:

 

"Bei der Überprüfung am 3.1.2003 war der Preis für die gegenständliche Aufbaukur mit einem Grundpreis von € 3,48 (100 ml) und einem Verkaufspreis von € 4,35 (100 ml) ausgezeichnet.

Bei einer neuerlichen Überprüfung fehlte der Grundpreis gänzlich und auf dem Produkt (Aufbaukur) war lediglich ein Verkaufspreis von € 4,35 ersichtlich.

Wenn nun im Bericht vom 30. Jänner 2003 angeführt wird, 'es seien bei der Nachkontrolle am 17.1.2003 die gleichen Produkte wieder in gesetzwidriger Weise im Regal gestanden', so ist darunter zu verstehen, dass bei der ersten Kontrolle am 3.1.2003 eben ein widersprüchlicher Grundpreis ausgezeichnet war und dass bei der zweiten Kontrolle am 17.1.2003 dieser fehlte. Auch das gänzliche Fehlen des Grundpreises stellt eine Übertretung dar und deshalb lautet es im Bericht, es seien die Produkte 'am 17.1.2003 in gesetzwidriger Weise wieder im Regal gestanden'."

 

3.4 Auf Grund der Aktenlage und der ergänzenden Erhebungen steht sohin fest, dass das gegenständliche Produkt "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" bei der Überprüfung am 3. Jänner 2003 mit einem Grundpreis von € 3,48 (100 ml) und einem Verkaufspreis von € 4,35 (100 ml), bei der Nachkontrolle am 17. Jänner 2003 jedoch ohne Auszeichnung des Grundpreises nur mit einem Verkaufspreis von € 4,35 ausgezeichnet war.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 2. Abs. 1 Preisauszeichnungsgesetz (PrAG), BGBl. Nr. 146/1992 idF BGBl. I Nr. 55/2000, haben Unternehmer die Preise für Sachgüter auszuzeichnen, sofern diese

  1. sichtbar ausgestellt sind oder
  2. in den Geschäftsräumlichkeiten in anderer Weise zum Verkauf bereitgehalten werden.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 PrAG zu Folge sind die Preise sichtbar ausgestellter Sachgüter so auszuzeichnen, dass ein durchschnittlich aufmerksamer Betrachter sie leicht lesen und zuordnen kann.

 

Nach § 10 Abs.1 leg. cit. ist bei Sachgütern der Preis für die Verkaufseinheit eines Sachgutes unter Angabe der handelsüblichen Güterbezeichnung und Verkaufseinheit auszuzeichnen (Verkaufspreis).

 

Gemäß § 10a Abs.1 leg. cit. ist bei Sachgütern, die nach Volumen, Gewicht, Länge oder Fläche angeboten werden, neben dem Verkaufspreis auch der Preis je Maßeinheit (Grundpreis) auszuzeichnen.

 

§ 15 Abs.1 PrAG normiert, dass eine Verwaltungsübertretung begeht und hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 1.450 Euro zu bestrafen ist, wer seine Pflichten zur Preisauszeichnung gemäß den §§ 1, 2, 4 und 6 bis 13 oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht erfüllt oder einen höheren als den ausgezeichneten Preis verlangt, annimmt oder sich versprechen lässt.

 

4.2. Die dem Bw von der Behörde erster Instanz vorliegend zur Last gelegte Tat besteht darin, dass der Bw als verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Handelsgewerbeberechtigung der A S Gesellschaft m.b.H. es zu verantworten habe, dass in der genannten Betriebsstätte am 3. Jänner 2003 und am 17. Jänner 2003 der Preisauszeichnungspflicht im Sinne des Preisauszeichnungsgesetzes nicht nachgekommen wurde, indem zum Zeitpunkt der Kontrollen an diesen Tagen "die Preise für die in den Geschäftsräumlichkeiten zum Verkauf angebotenen Sachgüter, nämlich ELVITAL-Aufbaukur irreführend ausgezeichnet waren, indem der Grundpreis von 100 ml mit 3,48 Euro angegeben wurde, der Verkaufspreis pro Packung mit einem Inhalt von 100 ml jedoch 4,35 Euro betrug."

 

Die Sachverhaltsannahmen der Behörde erster Instanz entsprechen zum Teil nicht dem vom Oö. Verwaltungssenat festgestellten Sachverhalt, da - wie bereits ausgeführt - die berufungsbehördlichen Ermittlungen ergaben, dass am 17. Jänner 2003 hinsichtlich des gegenständlichen Produktes überhaupt kein Grundpreis ausgezeichnet war. Dieser Umstand würde zwar ebenso ein rechtswidriges Verhalten begründen, jedoch wurde dem Bw hinsichtlich des Tattages 17. Jänner 2003 eine diesbezügliche Verwaltungsübertretung nicht vorgeworfen.

 

4.3. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehen aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH vom 13.06.1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A).

 

Im Hinblick auf Ersteres sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich. Bezüglich des unverwechselbaren Festhaltens der Identität der Tat muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat soweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Um dem im Z1 des § 44a VStG enthaltenen Erfordernis Genüge zu tun, bedarf es nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur überdies im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit zur Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind.

 

4.3.1. Hinsichtlich des im Spruch angeführten Tattages "3. Jänner 2003" ging die Behörde erster Instanz von einem Sachverhalt aus, der sich durch das Ermittlungsverfahren des Oö. Verwaltungssenates dahingehend bestätigte, dass bezüglich des gegenständlichen Produktes der Grundpreis (100 ml) mit 3,48 Euro und der Verkaufspreis pro Packung mit einem Inhalt von 100 ml mit 4,35 Euro ausgezeichnet worden war.

 

Die Erstbehörde zog jedoch daraus unzulässigerweise folgenden Schluss:

Weil für das Produkt "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" ein zum ausgezeichneten Verkaufpreis widersprüchlicher Grundpreis ausgezeichnet gewesen ist und sich neben diesem Produkt ein ähnliches Produkt - nämlich "ELVITAL - Aufbaukur 125 ml" befunden hat, welches mit den selben Grund- und Verkaufspreisen ausgezeichnet gewesen ist, war für einen durchschnittlich aufmerksamen Beobachter der tatsächliche Preis des Produkts "ELVITAL - Aufbaukur 100 ml" nicht leicht zuordenbar.

 

Der Annahme der Behörde erster Instanz ist entgegenzuhalten, dass die Regelung des § 4 Abs. 1 PrAG darauf abzielt, dass sich die ausgezeichneten Preise leicht dem zugehörigen Produkt zuordnen lassen müssen. Dass ein - im Verhältnis zum Verkaufspreis - "richtiger" Grundpreis anzugeben ist, normiert § 4 Abs. 1 PrAG nicht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich jedoch aus § 10a Abs. 1 PrAG, demzufolge bei Sachgütern, die nach Volumen, Gewicht, Länge oder Fläche angeboten werden, neben dem Verkaufspreis auch der Preis je Maßeinheit (Grundpreis) auszuzeichnen ist.

 

Durch BGBl. I Nr. 55/2000 wurde die Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse, Amtsblatt Nr. L80 vom 18. März 1998, Seite 27 bis 31 (im Folgenden: Richtlinie), innerstaatlich umgesetzt. Zur Auslegung der Begriffe "Verkaufspreis" und "Preis je Maßeinheit" sind die in dieser Richtlinie enthaltenen Definitionen heranzuziehen.

 

Nach Artikel 2 der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck "Verkaufspreis" den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, und der Ausdruck "Preis je Maßeinheit" den Endpreis, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, für ein Kilogramm, einen Liter, einen Meter, einen Quadratmeter oder einen Kubikmeter des Erzeugnisses oder eine einzige andere Mengeneinheit, die beim Verkauf spezifischer Erzeugnisse in dem betreffenden Mitgliedstaat allgemein verwendet wird und üblich ist.

 

Wird bei der Preisauszeichnung neben dem Verkaufspreis ein Preis ausgezeichnet, der nicht dem nach diesen Maßeinheiten ermittelbaren Betrag entspricht, so ist dem § 10a Abs. 1 PrAG nicht entsprochen. Bezogen auf den Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung "3. Jänner 2003" hätte dem Bw allenfalls ein Verstoß gegen § 10a Abs. 1 PrAG vorgehalten werden können.

 

Zwar ist die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG), sofern sie in der Sache selbst entscheidet, berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, jedoch hat die Rechtsmittelbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln.

 

Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt, und besteht eine Abänderungsermächtigung nur im Rahmen der "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG. Dabei ist "Sache" des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterbehörde bildet. Dies bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist (vgl. u.a. VwGH vom 23.10.1995, 94/04/0080, und vom 29.10.1996, 96/07/0103). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH vom 20.11.1997, 97/06/0170).

 

Weil das vorliegend richtigerweise zur Last zu legende Verhalten aber in konkretisierter Form nicht bereits Gegenstand des Strafverfahrens erster Instanz war, würde ein derartiger Austausch des Tatvorwurfes nicht eine (unter Wahrung der Identität der Tat) zulässige Konkretisierung des inkriminierten Tatbestandes darstellen, sondern würde es sich dabei vielmehr um die Zurlastlegung einer anderen Tat als jener, die Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, handeln, weil die als erwiesen angenommene Tat iSd § 44a Z. 1 VStG so abgeändert würde, dass wesentliche Tatbestandsmerkmale ausgetauscht würden. Es war daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, den Spruch entsprechend abzuändern (vgl. VwGH vom 27.02.1995, 90/10/0092).

 

4.3.2. Die Ausführungen unter Punkt 4.3.1. gelten dem Grunde nach auch für den verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf betreffend 17. Jänner 2003. Ergänzend ist hiezu auszuführen, dass die Behörde erster Instanz bei der rechtlichen Beurteilung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Der darauf gestützte Tatvorwurf ist daher verfehlt.

 

4.4. Da der erstbehördliche Tatvorwurf - irreführende Preisauszeichnung - nicht den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach dem Preisauszeichnungsgesetz bildet, war der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

 

 

B) Zu Spruchpunkt II.:

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde 1. Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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