Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102528/7/Br/Bk

Linz, 16.02.1995

VwSen-102528/7/Br/Bk Linz, am 16. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T R, H, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl. VerkR-96/6198/1993/Hä vom 11. November 1994, nach der am 16. Februar 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß das angefochtene Straferkenntnis in dessen Punkt 10.

aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich dieses Punktes gemäß 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt wird. In den übrigen Punkten wird das angefochtene Straferkenntnis jedoch vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden in den Punkten 1. bis 9. als Kosten für das Berufungsverfahren gesamt 1.920 S auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl. VerkR-96/6198/1993/Hä, vom 11. November 1994, ein Straferkenntnis mit nachfolgendem Spruch erlassen:

"Sie haben am 14.05.1993 um 04.50 Uhr in vom H 24 kommend über die S bis vor das Haus L ein Fahrrad gelenkt, wobei Sie 1) vorschriftswidrig eine Person auf dem Fahrrad mitführten, 2) an der Kreuzung H nach rechts in die S einbogen, ohne die bevorstehende Änderung Ihrer Fahrtrichtung so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, 3) Sie dabei entgegen dem für Sie maßgeblichen Vorschriftszeichen "Vorgeschriebene Fahrtrichtung links" nach rechts einbogen, 4) um 04.51 Uhr die als Fußgängerzone gekennzeichnete S von Hausnr. bis Nr. befuhren, 5) um 04.52 Uhr die als Fußgängerzone gekennzeichnete L von H befuhren, 6) ein Fahrrad lenkten, welches nicht mit einer Glocke ausgerüstet war und 7) das Fahrrad auch nicht mit mindestens 2 nach beiden Seiten wirksamen gelben Rückstrahlern mit einer Lichteintrittsfläche von mindestens 20 cm2 ausgerüstet war, 8) sich die rückwärtige Beleuchtungseinrichtung nicht in einem funktionierenden Zustand befand, 9) Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten zustand befanden, 10) Sie vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichterten, indem Sie das Fahrrad Frau R M zum Lenken überließen, obwohl sich diese in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand." Er wurde hiefür wegen der Übertretung nachfolgender Rechtsvorschrift(en) 1) § 65/3 StVO, 2) § 11/2 StVO, 3) § 52/b/15 StVO, 4) § 76 a/l StVO, 5) § 76 a/l StVO, 6) § 66/2/2 StVO, 7) § 66/2/7 StVO, 8) § 66/3 StVO, 9) § 5/1 StVO, 10)§ 7 VStG iVm. § 5/1 StVO in den Punkten 1) bis 8) mit jeweils 200 S und für den Nichteinbringungsfall mit jeweils einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe und in den Punkten 9) und 10) mit je 8.000 S und im Falle der Nichteinbringlichkeit je sieben Tagen Ersatzfreiheitsstrafe bestraft.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus wie folgt:

"Aufgrund einer Anzeige der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurden dem Beschuldigten die umseits genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

Zur Rechtfertigung konnte der Beschuldigte nicht verhalten werden, da er dem Beschuldigten-Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17.09.1993 keine Folge leistete.

Die Behörde hatte daher aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Die Annahme der Behörde, die strafbare Handlung als erwiesen anzusehen, gründet sich auf die Sachverhaltsfeststellung in der Anzeige der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlaß zu zweifeln hatte.

Aus vorstehenden Gründen war daher wie eingangs im Spruch angeführt zu entscheiden.

Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse konnte nur dahingehend Bedacht genommen werden, als der Beschuldigte diesbezüglich zu einer näheren Stellungnahme nicht verhalten werden konnte und daher nachstehende behördliche Einschätzung erfolgte: keine außergewöhnlichen Umstände, insbesondere keine unverschuldete drückende Notlage vorliegend.

Bei der Strafbemessung wurde auf die Gefährlichkeit der Verhältnisse Bedacht genommen. Strafmildernd konnte lediglich die einschlägige Unbescholtenheit berücksichtigt werden." 2. Dem Berufungswerber wurde das Straferkenntnis am 5.

Jänner 1995 ausgehändigt und ist somit - zumindest im Zweifel - mit diesem Tag als zugestellt zu erachten. In seinem bei der Erstbehörde zu Protokoll gegebenen Berufung führt er im wesentlichen aus, daß die ihm zur Last gelegten Übertretungen "zumindest teilweise" unzutreffend seien. In einem Schreiben an die Erstbehörde vom 9. Jänner 1994 (gemeint wohl: 1995) macht der Berufungswerber zu den Vorwürfen keine inhaltlichen Angaben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen RevInsp. M H, sowie durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde.

4. Zumal in den einzelnen Punkten jeweils keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, war der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung letztlich - auch hier wiederum im Zweifel - auch die Tatfrage angefochten zu erachten gewesen ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

Dem Berufungswerber konnte jedoch die Ladung nicht mehr an seine neue Adresse zugestellt bzw nachgesendet werden, zumal er entgegen seiner fernmündlichen Mitteilung seine neue Adresse nicht bekanntgegeben hatte.

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich des Sachverhaltes in den Punkten 1. bis 9. im wesentlichen auf die erstbehördlichen Feststellungen und das Ergebnis der Alkomatuntersuchung verwiesen. Hinsichtlich des Punktes 10.

hat das Beweisverfahren ergeben, daß der Berufungswerber seiner Schwester das Fahrrad wohl "in die Hand gegeben" hatte. Es ist jedoch im Rahmen der Befragung des Zeugen zumindest nichts schlüssiges dahingehend hervorgekommen, daß der Berufungswerber damit seiner Schwester vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtern oder sie dazu anstiften habe wollen. Aus dem Geschehensablauf ist in diesem Zusammenhang bei logischer und lebensnaher Betrachtung kaum ein Zweifel daran, daß diese Handlung (subjektiv) überhaupt nicht darauf abgestellt gewesen ist, daß seine Schwester das Fahrrad lenken sollte. Sie ist immerhin nur, offenbar völlig unmotiviert, etwa zwanzig Meter weit damit gefahren. Die Schlußfolgerung, daß der Tatbestand nach § 7 VStG objektiv nicht vorliegt, findet selbst in der zeugenschaftlichen Angabe des Meldungslegers Deckung.

Die festgesetzten Strafsätze sind durchaus schuldangemessen.

Mildernde Umstände konnten angesichts der zahlreichen Vormerkungen wegen Übertretung der StVO nicht zuerkannt werden. Erschwerend war im Punkt 9. der hohe Grad der Alkoholisierung.

6. Rechtlich hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Hinsichtlich der materiellen Verwaltungsvorschriften wird auf die Ausführungen des erstbehördlichen Straferkenntnisses verwiesen. Zu Punkt 10. ist festzustellen, daß vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 5 Abs.1 StGB) bzw. der Täter bezweckt wohl den tatbildmäßigen Erfolg nicht, er sieht seinen Eintritt auch nicht als gewiß voraus, er hält ihn aber für möglich und findet sich damit ab (Hauer-Leukauf, 4. Auflage 1990, Seite 705). Wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt wurde, ist wohl nicht anzunehmen, daß der Berufungswerber sich mit dem Erfolg des alkoholisierten Lenkens seines Fahrrades durch seine Schwester abfinden hätte wollen. Damit müßte man ihm unterstellen, daß er sich einmal in seinem erheblich alkoholsierten Zustand auch über den Alkoholisierungsgrad seiner Schwester aktuell bewußt gewesen sein müßte und er ferner einen Grund zur Annahme haben hätte müssen, daß seine Schwester auch tatsächlich fahren würde. Die Fahrt von ca.

20 Metern stand letztlich auch nicht in seiner Disposition und diese ist so auch nicht von seinem Willen getragen gewesen zu erachten. So viele Komponenten können in dieser Situation für eine "Vorsatzmotivation" des Berufungswerbers letztlich auch sonst nicht erkannt werden.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in diesem Punkt einzustellen.

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsund Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.3. Wenn die Erstbehörde Geldstrafen verhängt hat, welche ohnedies im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegen bzw. in Punkt 9. die gesetzliche Mindeststrafe (von 8.000 S bis 50.000 S) verhängt hat, so kann diesen Strafen objektiv nicht entgegengetreten werden.

Die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes, dessen Anwendung gemäß der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage noch zulässig wäre, kommt mangels erkennbarer Milderungsgründe nicht in Betracht.

Der Berufungswerber wird abschließend auf die Möglichkeit eines Ansuchens um Strafaufschub oder Ratenzahlung, welches bei der Erstbehörde einzubringen ist, hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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