Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390138/2/SR/Ri

Linz, 01.09.2005

 

 

 

VwSen-390138/2/SR/Ri Linz, am 1. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des G T, geb., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T T, Hgasse, Rohrbach gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 14. Juni 2005, Zl. VerkR96-964-2005 wegen Übertretung des Oö. Straßengesetzes 1991, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs. 1 Z. 3, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben ab Oktober 2004 zumindest bis zum 14. April 2005 den öffentlichen Weg (Straße) Parz. Nr. 598, KG Putzleinsdorf durch das Ausheben eines ca. 30 cm breiten, 30 cm tiefen und ca. 15 Meter langen Grabens beschädigt, obwohl Sie durch den Bürgermeister der Marktgemeinde Putzleinsdorf mit Schreiben vom 19.10.2004, 4. Dezember 2004 und 4. April 2005 aufgefordert wurden, diesen Graben wieder zuzuschütten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 39 Abs. 1 Ziffer 1. Oö. Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84/1991 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

500,00 Euro

 

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

38 Stunden

gemäß

 

§ 39 Abs. 1 Ziffer 1 Oö. Straßengesetz 1991

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550,00 Euro."

 

 

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 16. Juni 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im Spruch des angefochtenen Bescheides hat die Behörde erster Instanz dem Bw vorgeworfen, dass er "zumindest ab Oktober 2004 bis zum April 2005 den öffentlichen Weg beschädigt" habe.

 

In der Begründung führt die Behörde erster Instanz aus, dass der Bw im Oktober 2004 den gegenständlichen Graben ausgehoben und trotz Aufforderung des
Bürgermeisters der Marktgemeinde Putzleinsdorf den ausgehobenen Graben nicht zugeschüttet habe. Auf Grund der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. April 2005 habe der Bw mitgeteilt, dass er den in Rede stehenden Teil des Weges (Grünstreifen) Parzelle Nr. 598 KG Putzleinsdorf durch mehr als 40-jährigen ungestörten Besitz erworben habe.

In der diesbezüglich eingebrachten Stellungnahme habe die Marktgemeinde Putzleinsdorf durch ihren Rechtsvertreter die öffentliche Straße als Wiesenweg bezeichnet und sei davon ausgegangen, dass bei den vorgegebenen Fahrgleisen die verwendeten landwirtschaftlichen Maschinen mit einer Breite bis zu 3 Meter den vom Bw ausgegrabenen Wiesenteil benötigen und überfahren würden. Somit sei dieser Wegteil unzweifelhaft dem öffentlichen Straßengut zuzurechnen.

 

Für die Behörde erster Instanz sei auf Grund der vorgelegten Fotos und der Einsicht in das Digitale Oberösterreichische Raum-Informations-System erwiesen, dass die durchgeführten Arbeiten auf der Parzelle Nr. 598 KG Putzleinsdorf stattgefunden haben.

 

Eine Ersitzung gehe schon im Hinblick auf den Übergabevertrag vom 4. Juni 1973 ins Leere und es sei nicht nachvollziehbar, wo der derzeit vorhandene Weg damals verlaufen sei. Fest stehe jedenfalls, dass die ausgewiesene Parzelle Nr. 598 näher am Grundstück des Bw verlaufe als der Weg, welcher derzeit benutzt würde. Auf Grund der Grundbuchauszüge, Feldaufnahmen und der DORIS-online Landkarte stehe die unbestritten gebliebene Grabungsarbeit auf der im Grundbuch ausgewiesenen Straße fest. Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung ist objektiv als erwiesen anzusehen und es seien auch keine Umstände hervorgekommen, die den Bw in subjektiver Hinsicht entlasten würden. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden.

 

2.2. Dagegen hat der Rechtsvertreter des Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass zwischenzeitlich sehr wohl eine Ersitzung der gegenständlichen Fläche stattgefunden habe.

In der Bescheidbegründung sei die Behörde nicht darauf eingegangen, dass der Weg im Herbst über Anregung bzw. Auftrag der Marktgemeinde Putzleinsdorf und des Herrn H vermessen worden sei und im Zuge dieser Vermessung auf der Seite des Nachbarn H auch Grenzmarkierungen direkt an den Fahrgleisen gesetzt worden seien.

Hätte die Behörde entsprechende Beweise aufgenommen, hätte sie festgestellt, dass der öffentliche Weg seit 40 Jahren denselben Verlauf wie heute nehme.

Abschließend beantragt der Rechtsvertreter die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

3. Mit Schreiben vom 4. Juli 2005, Zl. VerkR96-964-2005 hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Eine Verhandlung gemäß § 51e VStG hatte zu entfallen, da bereits aus der Aktenlage erschließbar war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bw hat, wie auf der Feldaufnahme vom 4. Oktober 2004 und auf der Kopie eines Fotos vom 14. April 2004 ersichtlich ist, auf der Parzelle Nr. 598, KG Putzleinsdorf auf dem Wiesenstreifen außerhalb des Straßenrandes einen 30 cm tiefen und 30 cm breiten und 15 m langen Graben ausgehoben. Die Grabungsarbeiten wurden am 19. Oktober 2004 nach Durchführung eines Lokalaugenscheins durch Gemeinderat H F und der schriftlichen Aufforderung durch den Bürgermeister der Marktgemeinde Putzleinsdorf eingestellt. Eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erfolgte bisher nicht.

 

Der Feldaufnahme vom 4. Oktober 2004, erstellt (ausgedruckt) am 19. Oktober 2004, ist zu entnehmen, dass die "Grenze laut ZL Putzleinsdorf", dargestellt als strichlierte Linie, auf der "Weg - Parzelle Nr. 598" verläuft. Diese Linie scheint die tatsächliche Wiesenbegrenzung zum Straßenrand des Wiesenweges darzustellen.

 

Die Kopie des Fotos (angeblich am 14. April 2005 um 09.00 Uhr aufgenommen) zeigt, dass der Wiesenweg neben der Aufgrabung verläuft. Die Grasnarbe und die Fahrbahnausbesserungen lassen erkennen, dass der Wiesenweg ursprünglich weiter rechts verlaufen ist. Jene (Traktorreifen-) Spur unmittelbar neben der Aufgrabung scheint jüngeren Datums zu sein, da sie auf der Kopie noch deutlich erkennbar ist. Betrachtet man die Aufgrabung, so sieht man wiesenseitig einen ziemlich geradlinigen Grabungsrand und im Gegensatz dazu weist der straßenseitige Grabungsrand Einbuchungen und Materialverschiebungen in Richtung Grabenmitte auf, die nur durch nachträgliches knappes Heranfahren entstanden sein konnten. In der Stellungnahme vom 19. Mai 2005 hat der Rechtsvertreter der Marktgemeinde Putzleinsdorf vorgebracht, dass der Bw einen Wiesenteil ausgegraben hat, der von heute verwendeten landwirtschaftlichen Maschinen benötigt und (im Falle der Nutzung des Weges) überfahren werden würde.

 

Die Beschädigung einer öffentlichen Straße bzw. ihrer Bestandteile konnte nicht festgestellt werden.

 

3.2. Unstrittig ist, dass der Bw auf der Parzelle Nr. 598, KG Putzleinsdorf auf dem Wiesenstreifen neben dem Straßenrand einen 30 cm tiefen und 30 cm breiten und 15 m langen Graben ausgehoben hat. Eine Beschädigung des "Wiesenweges" kann nicht erkannt werden und wurde weder von der Behörde erster Instanz festgestellt noch wurde eine solche behauptet.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 31 Abs. leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als beschuldigtengerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

4.2.1. Mit Schreiben vom 14. April 2005 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde Putzleinsdorf der Behörde erster Instanz den gegenständlichen Sachverhalt mitgeteilt.

 

Auf Grund dieser Sachverhaltsmitteilung hat die Behörde erster Instanz den Bw mit Schreiben vom 26. April 2005 zur Rechtfertigung aufgefordert und ihm die im Spruch dargelegte Verwaltungsübertretung vorgeworfen.

 

4.2.2. Entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz handelt es sich bei der Beschädigung einer Straße nicht um ein Dauerdelikt sondern um ein Zustanddelikt. Die Tathandlung ist mit erfolgter Beschädigung abgeschlossen. § 39 Abs. 1 Oö. Straßengesetz pönalisiert ausschließlich die Beschädigung einer öffentlichen Straße und nicht die Aufrechterhaltung des herbeigeführten Zustandes.

 

Würde man der Behörde erster Instanz folgen und davon ausgehen, dass der Bw eine öffentliche Straße beschädigt hat, dann hätte die Behörde innerhalb von 6 Monaten eine entsprechende Verfolgungshandlung setzten müssen. Da die Handlung, die von der Behörde erster Instanz als Verwaltungsübertretung beurteilt worden ist, am 19. Oktober 2004 gesetzt und somit auch an diesem Tag abgeschlossen war, hätte bis zum 19. April 2005 die geforderte Verfolgungshandlung gesetzt werden müssen. Die erste Verfolgungshandlung wurde jedoch erst am 26. April 2005 gesetzt.

 

Mangels einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

 

4.3. Selbst wenn die Verfolgungshandlung rechtzeitig erfolgt wäre, hätte der Behörde erster Instanz in rechtlicher Hinsicht nicht gefolgt werden können.

 

4.3.1. Gemäß den Begriffsbestimmungen des § 2 Z 1 Oö. Straßengesetz ist unter Straße eine Grundfläche, die ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung (Straße, Weg, Platz und dgl.) dem bestimmungsgemäßen Verkehr von Menschen, Fahrzeugen und Tieren dient oder dienen soll, zu verstehen.

Gemäß Z. 3 ist u.a. ein Grundstück, das als öffentliches Gut (zB. Straßen, Wege) eingetragen ist und allgemein für Verkehrszwecke benützt wird (§ 5 Abs. 2) eine öffentliche Straße.

Gemäß Z. 11 ist unter Straßenrand der äußere Rand des Straßengrabens, bei aufgedämmten Straßen der Böschungsfuß, bei im Gelände eingeschnittenen Straßen die obere Einschnittskante, in Ermangelung von Gräben und Böschungen der äußere Rand des Straßenbankettes; ist auch dieser nicht feststellbar, der äußere Rand der tatsächlich für den Verkehr benützten Fläche;

 

 

Gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. gelten Grundstücke, die im Grundbuch als öffentliches Gut (Straßen, Wege usw.) eingetragen sind und allgemein für Verkehrszwecke benützt werden, bis zum Beweis des Gegenteiles als öffentliche Straße im Sinne dieses Landesgesetzes.

 

Wer gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. eine öffentliche Straße einschließlich ihrer Bestandteile beschädigt ist mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.

 

4.3.2. Schon die Begriffsbestimmungen stellen klar, dass nur jene Grundflächen als Straßen anzusehen sind, die dem bestimmungsgemäßen Verkehr von Menschen, Fahrzeugen und Tieren dienen oder dienen sollen. Daher kann auch nicht das gesamte öffentliche Gut, das z.B. als Weg eingetragen ist, in seiner Gesamtheit als Straße betrachtet werden, sondern nur jener Teil, der "allgemein für Verkehrszwecke benützt wird" (arg.: §§ 2 Z. 3, 5 Abs. 2 Oö. Straßengesetz - "....ein Grundstück das im Grundbuch als öffentliches Gut eingetragen ist und allgemein für Verkehrszwecke benützt wird.")

 

Bei dem als öffentliche Straße anzusehenden Teil der gegenständlichen Parzelle handelt es sich um einen Wiesenweg, der "Fahrgleise" aufweist. Im Hinblick auf die Begriffsbestimmung "Straßenrand" ist hier davon auszugehen, dass nur jener Bereich als öffentliche Straße anzusehen ist, der sich zwischen den äußeren Rändern der tatsächlich für den Verkehr benützten Fläche befindet.

 

Da unstrittig feststeht, dass jener Teil, der als öffentliche Straße iSd Oö. Straßengesetzes zu betrachten ist, vom Bw nicht beschädigt wurde, hätte ihm auch nicht der spruchgemäße Vorwurf gemacht werden können.

 

4.3.3. Abschließend wird auf § 5 Abs. 2 Oö. Straßengesetz hingewiesen. Danach gelten Grundstücke, die im Grundbuch als öffentliches Gut eingetragen sind und allgemein für Verkehrszwecke benützt werden, bis zum Beweis des Gegenteiles als öffentliche Straße im Sinne dieses Landesgesetzes.

 

5. Da der Berufung stattzugeben war, entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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