Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390139/27/BMa/Mu/Be

Linz, 19.07.2006

 

 

VwSen-390139/27/BMa/Mu/Be Linz, am 19. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des G J P, geb. am , E, A, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 5. August 2005, Zl. 101622-JD/05, wegen Übertretung des Telekommunikationsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung wird zurückgewiesen.
  4.  

  5. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG

zu III.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis des Leiters des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig befunden:

"Sie haben es als zur Vertretung der Fa. I Handels GmbH, E, A berufener Geschäftsführer zu verantworten, dass durch diese Firma

I) elektronische Post (SMS) zu Zwecken der Direktwerbung an das Handy mit der Nummer 0664/9996190 des Hrn. M G, S, welcher Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Zif. 2 Konsumentenschutzgesetz ist, ohne dessen vorherige Einwilligung

  1. am 22.05.2005 um 14:47 Uhr mit dem Text: 'Willst Du meine geilen großen Titten mal anfassen und mich mit deinem besten Stück Ficken oder willst du mich Anal verwöhnen ja dann bist du der geeignete für mich. '
  2. am 25.05.2005 um 13:41 Uhr mit dem Text: 'Eine zulange vernachlässigte Sekretärin sucht einen Mann. Da ich sexuell ausgehungert bin möchte wieder mal richtig die Wogen der Lust genießen! Hast Lust :) :) '
  3. am 30.05.2005 um 17:11 Uhr mit dem Text: 'Junge begeisterte Swingerin sucht männlichen Swinger für geile Abende. Ich liebe französisch und ausgiebige Analspiele. Liebst du das auch so melde dich bei mir '

zugesendet wurde.

II) als Diensteanbieter nicht sichergestellt wurde, dass in den Bewerbungen der Mehrwertnummern das für die Inanspruchnahme des jeweils angebotenen Dienstes zu zahlende Entgelt deutlich erkennbar enthalten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu I) § 107 Abs. 2 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 20 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 70/2003 (TKG)

Zu II) § 104 Abs. 1 Zif. 2 der 6. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der Bestimmungen für Kommunikationsparameter, Entgelte und Mehrwertdienste festgelegt werden (KEM-V), kundgemacht am 12.05.2004 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung iVm § 109 Abs. 2 Zif. 9 TKG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Zu I) 300.- Euro

Zu II) 100.- Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

2 Tag(e)

1 Tag

Gemäß

§ 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG

§ 109 Abs. 2 Zif. 9 TKG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

40.- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

440.- Euro."

1.2. Begründend wurde im angefochtenen Erkenntnis im Wesentlichen angeführt, Herr Michael Gutschi habe Anzeige bei der Fernmeldebehörde erstattet, weil er die im Spruch angeführten SMS ohne seine Einwilligung erhalten habe. Über Aufforderung sich zum Vorwurf der zustimmungslosen Zusendung von Werbe-SMS sowie zum Fehlen der erforderlichen Entgeltinformation zu rechtfertigen, langte bei der Fernmeldebehörde Linz am 14. Juli 2005 von Herrn G P als Geschäftsführer der Firma I eine Stellungnahme ein, in der er mitteilte, es sei aus technischen Gründen nicht möglich, eine Preisangabe einzubauen. Der Anzeigeerstatter habe keine SMS von der Mehrwertnummer erhalten, sei jedoch bei vielen anderen Mehrwertnummern der Fa. D angemeldet. Dem Berufungswerber sei es nicht gelungen, eine vorherige Zustimmung durch Herrn G und damit die Rechtmäßigkeit der Zusendung der SMS nachzuweisen. Dieser behaupte dies in seiner Rechtfertigung auch nicht. Es sei davon auszugehen, dass durch die Zusendung der SMS durch die Firma I gegen die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes bzw. der KEM-V verstoßen worden sei, was vom damaligen Geschäftsführer der I zu verantworten sei.

1.3. Gegen dieses dem Berufungswerber am 9. August 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende am 12. August 2005 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

1.4. In der Berufung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Firma I habe dem Teilnehmer der Rufnummer keine SMS gesandt. Bei der Firma D in Wien, die die Technik zur Verfügung stelle, sei angefragt worden, ob die Logfiles über den SMS-Verkehr des Kunden zur Verfügung gestellt würden. Die Antwort sei gewesen, der Kunde sei nicht bei der Rufnummer angemeldet und könne daher keine Aussendung erhalten haben. Er sei jedoch bei vielen anderen Nummern angemeldet, die nicht der Firma I GmbH gehören würden, aber bei der Firma D lägen und von anderen betrieben würden. Es seien auch keine Beweise vorhanden, sondern nur die Aussage des Herrn G. Zum Beweis hiefür werde die Beschaffung der SMS, welche der Anzeigenleger von der Rufnummer erhalten habe, beantragt.

Daher wird - erschließbar - die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt und der Beschaffung des zwischen der Firma D und der Firma I Handels GmbH geschlossenen Vertrages am 10. April 2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Berufungswerbers, G P, und des Vertreters der belangten Behörde, Mag. J W, durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung, bei der die Strafsachen zu VwSen-390133-2005 und VwSen-390139-2005 gemäß § 24 VStG iVm § 39 AVG aus Gründen der Zweckmäßigkeit zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden, wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den bezughabenden Verwaltungsakt und durch Einvernahme des Zeugen E V.

3. Folgende Feststellungen werden getroffen:

3.1. Am 22. Mai 2005 um 14:47 Uhr, am 25. Mai 2005 um 13:41 Uhr und am 30. Mai 2005 um 17:11 Uhr wurden an Herrn M G, S, durch die Firma I Werbe-SMS übermittelt.

Die Übermittlung dieser Mails erfolgte, nachdem vom Handy des Herrn M G zwei SMS an das Chatsystem der Firma D gesandt worden waren.

Es kann nicht festgestellt werden, wer diese beiden SMS an das Chatsystem der Firma D gesandt hat.

Der Verantwortliche für den Inhalt der SMS am 22., 25. und 30. Mai im Jahre 2005 war Herr P, der Geschäftsführer der Firma I Handels GmbH.

3.2. Diese Feststellungen gründen auf den übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen V. Den Aussagen des Zeugen V ist insbesondere deshalb hohe Glaubwürdigkeit beizumessen, weil dieser als Vertreter der Firma D, die in vertraglichen Beziehungen zur Firma I steht, detailliert über die technischen Abläufe und die wirtschaftlichen Verbindungen zu den Kunden des Providers Auskunft geben konnte.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

4.1. Gemäß § 107 Abs.1 des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 178/2004 ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs.1 Z2 Konsumentenschutzgesetz ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn darunter

  1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder
  2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

Nach Abs.3 leg.cit. ist eine vorherige Zustimmung für elektronische Post gemäß Abs.2 dann nicht notwendig, wenn darunter

  1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und
  2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und
  3. der Kunde klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation von vornherein bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen.

Gemäß Abs.4 leg.cit. ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an andere als die in Abs.2 genannten Empfänger ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zulässig, wenn der Versender dem Empfänger in der elektronischen Post oder in der SMS ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen.

Im konkreten Fall hat sich ergeben, dass auf Grund des technischen Systems der Firma D, des Providers, ein Eintrag in das Chatsystem nur durch Zutun eines Handybenutzers erfolgte. Das System der Firma D, dessen sich der Berufungswerber zur Abwicklung seiner Geschäfte bediente, überprüft, ob eine Zustimmung vorliegt. Die Nummer des Kunden muss ins Chatsystem hineinkommen und zusätzlich muss eine Anbotsquittung bestätigt werden. Der Kunde muss also zwei SMS schicken, um ins gebührenpflichtige System hineinzukommen.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war eine Anmeldung über die Handynummer des Herrn M G erfolgt. Somit war der Tatbestand des § 107 Abs.2 TKG 2003 schon aus diesem Grund nicht erfüllt.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

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