Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400001/5 1991/Gu/ka

Linz, 13.02.1991

VwSen - 400001/5 - 1991/Gu/ka Linz, am 13.Februar 1991 DVR.0690392 - & -

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Einzelmitglied Vizepräsident W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer, über die Beschwerde des Ö, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme am 3. Jänner 1991 und anschließenden Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Steyr, nach der am 30. Jänner 1991 in Steyr durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die am 3. Jänner 1991 um 10.30 Uhr durch Organe der Bundespolizeidirektion Steyr in deren Amtsräumen in Steyr, Wachzimmer Bahnhofstraße erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers und anschließende Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Steyr war - solange sie bis 4. Jänner 1991, 11.40 Uhr gedauert hat - im Grunde des Artikels 1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, in Verbindung mit § 67c Abs.3 AVG rechtswidrig.

Darüber hinaus wird die Beschwerde gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1974, zuletzt geändert mit Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991 in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Die Bundespolizeidirektion Steyr (der Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten im Betrag von S 4.754,50 binnen 14 Tagen z.Hd. dessen Rechtsanwaltes Dr. S, zu bezahlen.

Die Kosten für den Dolmetscher werden als Verfahrenskosten gemäß § 76 Abs. 2 AVG im Betrag von S 583,67 der belangten Behörde (dem Bundesminister für Inneres) und gemäß § 76 Abs. 1 AVG im Betrag von S 1.167, 33 dem Beschwerdeführer auferlegt und sind binnen 14 Tagen dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Linz, Fabrikstraße 32, zu überweisen.

Entscheidungsgründe:

Am 28.Jänner 1991 langte bei der Bundespolizeidirektion Steyr eine Beschwerde gestützt auf § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1974, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991, im folgenden kurz FrPG, bezeichnet, ein, welche vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers verfaßt, die Behauptung enthielt, daß die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers aufgrund des Bescheides der Bundespolizeidirektion Steyr vom 4. Jänner 1991, Fr-29/91, rechtswidrig sei. Dies insbesondere deshalb, da der Beschwerdeführer Asylwerber sei und als solcher nicht in Schubhaft genommen werden dürfe. Durch die Stellung des Asylantrages habe er eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung mit Bewegungsfreiheit erlangt. Diese gehe gemäß § 5 Abs.2 des Asylgesetzes sogar einem Aufenthaltsverbot nach dem FrPG vor und ersetze eine Bewilligung gemäß § 6 Abs.2 FrPG. Somit sei er besser geschützt als ein anerkannter Flüchtling. Während eines Asylverfahrens dürfe gegen ihn kein Aufenthaltsverbot erlassen werden, demzufolge auch keine Vorbereitungshandlung gesetzt und damit keine Schubhaft verhängt werden. Erst nach rechtskräftiger Anerkennung als Flüchtling könne allenfalls ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Sollte er beschäftigungslos und hilfsbedürftig sein, so wäre die Aufnahme in die Bundesbetreuung vorgesehen. Letztenendes könne er während eines laufenden Asylverfahrens nur zum Aufenthalt im Flüchtlingslager Traiskirchen verpflichtet werden eine andere Bewegungseinschränkung während des laufenden Asylverfahrens sei unzulässig.

Im übrigen lägen die im - parallel durch Vorstellung bekämpften Schubhaftbescheid genannten Haftgründe nicht vor, weil der Beschwerdeführer in S, wohnen könnte und von Herrn K und anderen Landsleuten unterstützt würde. Nach seinem Ausscheiden aus der Arbeit in Graz habe er sich zu seinem Schwiegervater nach Grünau begeben und dort Arbeit gesucht. Am 24. Dezember 1990 sei er nach Steyr gefahren und habe bei einem österr. Staatsbürger, den er im Gasthaus kennengelernt habe, genächtigt, um nach den Feiertagen auf Wohnungs- und Arbeitssuche zu gehen. Diese Möglichkeit sei ihm durch die Schubhaft genommen. Aus diesem Grunde beantragt er, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtswidrigkeit der Schubhaft und des angefochtenen Schubhaftbescheides kostenpflichtig aussprechen möge und daß er sofort enthaftet werde.

Die belangte Behörde führte gegenüber der Beschwerde aus, daß parallel zu einem laufenden Asylverfahren sehr wohl ein Verfahren zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz zulässig sei, was auch die Verhängung der Schubhaft mit einschließe. § 5 Abs.2 des Asylgesetzes sage jedenfalls aus, daß ein Aufenthaltsverbot trotz einer bestehenden, vorläufigen Aufenthaltsberechtigung zulässig sei. Lediglich der Vollzug des Aufenthaltsverbotes sei bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens auszusetzen, wodurch die Abschiebung (Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes) erst nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages erlaubt sei. Für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sprächen Verdachtsmomente einer wiederholten gefährlichen Drohung des Beschwerdeführers gegenüber einer Vertreterin des früheren Dienstgebers in Graz. Darüber hinaus sei die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer dadurch gefährdet, daß er offensichtlich arbeitsscheu und nicht gewillt sei, sich den notwendigen Unterhalt selbst zu verschaffen. Die Verhängung der Schubhaft sei im vorliegenden Fall aber insbesondere geboten, weil der Beschwerdeführer zwischen dem 20. November 1990 und dem 3. Jänner 1991 in Österreich untergetaucht sei und keine Anmeldung nach dem Meldegesetz erstattet habe. Nach der Erfahrung mit Asylanten würden diese Personen bei dieser Sachlage geradezu zwangsläufig in die Kriminalität abgleiten. Die Unterstandslosigkeit, Mittellosigkeit und polizeiliche Nichtmeldung mache aus Gründen der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit die Schubhaft dringend notwendig.

In der mündlichen Verhandlung am 30. Jänner 1991, in der der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsanwalt und der Vertreter der belangten Behörde zugegen waren, wurde durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten und durch Parteienvernehmung Beweis erhoben.

Demnach steht außer Streit:

Der Beschwerdeführer, der die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, ist am 30. Oktober 1989 per Flug nach Schwechat in das Bundesgebiet eingereist. Er hat am 31. Oktober 1989 einen Asylantrag gestellt und mit diesem Tag eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erhalten. Nach dem Aufenthalt im Flüchtlingslager Traiskirchen begab sich der Beschwerdeführer nach Leutschach, von dort nach Seewiesen, weiters nach Leibnitz und schließlich nach Graz, wo er in der Zeit vom 19. Juli 1990 bis 26. August 1990 in der Neuholdaugasse 22, in der Zeit vom 30. August 1990 bis 3. Oktober 1990 in der Herrgottwiesgasse 7 und vom 3. Oktober 1990 bis 20. November 1990 unter der Adresse Heckenweg Nr. 18 polizeilich gemeldet war. Die Abmeldung in Graz erfolgte nach seiner Abreise durch den Hausherrn, wovon der Beschwerdeführer am 15. Dezember 1990 telefonisch unterrichtet wurde. Seit dem 20. November 1990 ist der Beschwerdeführer in Österreich nicht mehr polizeilich gemeldet. Er besaß eine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes Graz gültig vom 8. August 1990 bis 30. Juni 1991 als Gebäudereiniger bei der Fa. A für den Standort G Tatsächlich war er dort in der Zeit vom 13. August 1990 bis 16. Oktober 1990 beschäftigt. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark hat den ablehnenden Bescheid im Asylverfahren seit August 1990 trotz aufrechter Meldung in Graz nicht zustellen können, da der Beschwerdeführer nicht angetroffen werden konnte. Nunmehr, während der Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Steyr hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich den ablehnenden Asylbescheid vom 17. Jänner 1991, FrA 324/91, zugestellt, wogegen der Beschwerdeführer in offener Frist Berufung eingebracht hat.

Nach seinem Weggang aus Graz hielt sich der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben bei dem als Schwiegervater bezeichneten Herrn E in Grünau auf. Von dort begab er sich am 24. Dezember 1990 - am "Heiligen Abend" - nach Steyr um Arbeit zu suchen und fand bei einem zufällig kennengelernten Österreicher Unterschlupf. Nach Entfall dieser Unterkunftsmöglichkeit verbrachte er zwei Nächte in einer Bar und wurde am 3. Jänner 1991 um 9.30 Uhr auf einer Bank am Bahnhof Steyr liegend von Organen der Bundespolizeidirektion Steyr angetroffen. Hiebei konnte er die Mittel für seinen Unterhalt nicht nachweisen. Der Beschwerdeführer begab sich noch freiwillig in das Wachzimmer Bahnhofstraße. Er wurde dort um 10.30 Uhr durch Organe der Bundespolizeidirektion Steyr über Anweisung der dienstführenden Beamten festgenommen und in das Polizeigefangenenhaus Steyr überstellt. Der Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 4. Jänner 1991, Fr29/91, welcher unter Anwendung des § 57 Abs.1 AVG gemäß § 5 FrPG "zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes/einer Ausweisung/zur Sicherung der Abschiebung" erging, wurde dem Beschwerdeführer anläßlich einer verwaltungsbehördlichen Strafamtshandlung am 4. Jänner 1991 um 11.40 Uhr zugestellt. Er gründet sich darauf, daß sich der Beschwerdeführer unbefugt in Österreich aufhalte, zumal ein bei der Sicherheitsdirektion Steiermark gestellter Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen worden sei und der diesbezügliche Bescheid jedoch nicht zugestellt werden konnte. Am 20. November 1989 sei er in Graz abgemeldet worden und seither unsteten Aufenthaltes. Ferner sei der Beschwerdeführer beschäftigungslos und könne den redlichen Erwerb der Mittel zum Unterhalt nicht nachweisen, weshalb gegen ihn auch eine verwaltungspolizeiliche Strafamtshandlung eingeleitet worden ist.

Während der Anhaltung des Beschwerdeführers erschien am 7. Jänner 1991 Herr Efe Mehmet und erklärte um 8.40 Uhr die Bereitschaft der Kostenübernahme für die Unterbringung bei Herrn G. Er erschien jedoch um 9.30 Uhr wiederum bei der belangten Behörde und widerrief diese Verpflichtungserklärung. Am 10. Jänner 1991 meldete sich Herr Y und erklärte, daß er den Beschwerdeführer nach der Haftentlassung in seiner Wohnung in S nehmen könne. Die Wohnverhältnisse wurden erhoben. Eine Beschäftigungsmöglichkeit wurde durch das Arbeitsamt Steyr in Aussicht gestellt. In der Beschwerde wird auch auf die Wohnmöglichkeit unter der Adresse S verwiesen und die Bereitschaft zur Übernahme der Kosten durch Kemal Gül und anderen Landesleuten bekundet.

Zwischenzeitig ist eine Erhärtung des Vorwurfs, der Beschwerdeführer habe Frau Staud in Graz wiederholt bedroht, noch nicht erfolgt und ein diesbezügliches Amtshilfeersuchen von der Bundespolizeidirektion Graz noch nicht erledigt.

Während des Aufenthaltes in Graz hat der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Graz um die Erteilung eines Sichtvermerkes angesucht. Eine Erledigung hiezu ist nicht nachgewiesen.

Zu diesem Sachverhalt wurde erwogen:

Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, u.a. über Beschwerden von Personen, die behaupten, in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Sie erkennen ferner in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch Bundes- oder Landesgesetz zugewiesen werden. Eine solche Zuweisung erfolgte durch § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, eingeführt durch Novelle BGBl.Nr. 21/1991, wobei, unter Schaffung von Sonderbestimmungen, die §§ 67c - 67g AVG als anwendbar erklärt wurden.

Gemäß Artikel 1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in dem zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Artikel 2 Abs.1 Ziffer 7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Dies erfordert gemäß § 5 FrPG einen vollstreckbaren individuellen Verwaltungsakt.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht fest, daß ein solcher aufgrund der Zustellung des Schubhaftbescheides am 4. Jänner 1991 um 11.40 Uhr erst ab diesem Zeitpunkt vorlag.

Durch die ohne Bescheid erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers am 3. Jänner 1991 um 10.30 Uhr und darauf folgende Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Steyr bis 4. Jänner 1991, 11.40 Uhr, wurde er in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

Für die Anhaltung darüber hinaus liegt der erwähnte Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 4. Jänner 1991, Fr-29/91, vor.

Gemäß § 5a Abs.1 FrPG haben Personen, die in Schubhaft genommen oder angehalten werden, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das Verfahren über die Vorstellung und die Anfechtung des Bescheides dem bisherigen administrativen Instanzenzug belassen (§ 11 Abs.2 FrPG). Die Erklärung der Rechtswidrigkeit des Bescheides, wie sie der Beschwerdeführer gleichzeitig beantragt, kommt daher für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Betracht.

Um die Kompetenz und damit das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zu wahren, ist der Verwaltungssenat berufen, festzustellen, ob ein vollstreckbarer "Titelbescheid" vorliegt, allenfalls ob dieser nicht an einer offensichtlichen Gesetzwidrigkeit leidet und ob der Bescheid - im Hinblick auf den Geist des Bundesverfassungsgesetzes - auch plausibel erscheint.

Zur Frage der offensichtlichen Gesetzwidrigkeit, die der Beschwerdeführer damit behauptet, daß gegen ihn als Asylwerber kein Aufenthaltsverbot verhängt und damit auch keine Vorbereitungs- und Verwahrungshandlung zulässig sei, wird bemerkt, daß die von ihm in § 5 Abs.2 des Asylgesetzes zitierte Textierung ein zulässiges Aufenthaltsverbot als Denkvoraussetzung beeinhaltet.

Ein Asylwerber ist Fremder. Ihm kommt zur Verfolgung seines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Bei Wohlverhalten gegenüber der staatlichen Rechtsordnung bleibt ihm damit auch die Bewegungsfreiheit gewährleistet. Das Fremdenpolizeirecht dient dazu, Fremde in Österreich sicherheitspolizeilich zu überwachen. Unter diesem Gesichtspunkt unterliegt ein Asylwerber dem Fremdenpolizeigesetz, da nur bezüglich der Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes, nicht aber hinsichtlich dessen Erlassung, Spezialnormen bestehen.

Richtig ist, daß gemäß § 13a FrPG ein anerkannter Flüchtling schlechter gestellt ist als ein Asylwerber, (vergleiche § 5 Abs. 2 Asylgesetz) der bis zur Erledigung seines Asylansuchens auch bei schwersten Straftaten nicht abgeschoben werden darf. Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht zu prüfen. Gegenstand war die vorläufige Verwahrung zum Zwecke der Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes. Die Vorbereitung einer Ausweisung kommt nicht mehr, die Sicherung der Abschiebung - nachdem derzeit noch kein Aufenthaltsverbot erlassen ist - noch nicht in Betracht.

Die Prüfung der Plausibilität des Schubhaftbescheides führt zu dem Ergebnis, daß die Notwendigkeit und Dringlichkeit (Gefahr in Verzug) der vorläufigen Verwahrung des Beschwerdeführers im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bescheinigt ist. Auf Grund der Ordnungsstörung, der Mittellosigkeit und des unsteten Aufenthaltes des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nicht denkunmöglich oder lebensfremd gehandelt und hat sich der zugrundeliegende Bescheid soweit als tragfähig erwiesen.

Bei der Beurteilung der Angaben des Beschwerdeführers betreffend Unterkunftsmöglichkeit und Aussicht auf Arbeit nach Haftentlassung ergab sich folgendes Bild:

Nach seinem Weggang aus der Bundesbetreuung wechselte der Beschwerdeführer relativ häufig seine Aufenthalte, war in Graz trotz Anmeldung für die Zustellung des negativen Asylbescheides nicht greifbar, hat neben seinem Asylantrag einen Antrag auf Sichtvermerk eingebracht, was zumindest den Verdacht offen läßt, daß er auf die eigenen Angaben im Asylgesuch nicht vertraute und ist am 16. Oktober 1990 aus der befugten Arbeit ausgeschieden. Nach seinem Weggang aus Graz, wo er am 20. November 1990 vom Vermieter bzw. Hauseigentümer abgemeldet wurde, hat er sich nicht mehr im Inland gemeldet, weder unter der Adresse seines angeblichen Schwiegervaters in Grünau noch unter der Adresse des zufällig kennengelernten Österreichers. Die Abreise am 24. Dezember 1990 aus der angeblichen schwiegerväterlichen Obhut im Angesicht der bevorstehenden Feiertage, der Aufenthalt bei einer Zufallsbekanntschaft sowie in Bars und auf dem Bahnhof, der Rückzieher des angeblichen Schwiegervaters bei der Kostenübernahme für Unterkunft und Verpflegung, die wechselnde Bereitschaft einmal von diesem und ein anderes mal von jenem Landsmann aufgenommen zu werden bzw. die Kosten zu tragen, waren Umstände, die in der Zusammenschau nicht angetan waren, die Plausibilität der negativen Prognose der belangten Behörde, als Grundlage für die weitere Anhaltung, zu erschüttern.

Zusammenfassend ist somit festzustellen: Die Anhaltung des Beschwerdeführers am 4. Jänner 1991 hat seit 11.40 Uhr ihre Stütze auf den hiefür erforderlichen individuellen Verwaltungsakt und das Gesetz. Eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit trat nicht zutage. Es liegen Gründe vor, die den Schubhaftbescheid und die Anhaltung tragfähig und verständlich erscheinen lassen. Seit diesem Zeitpunkt wird daher in die Sphäre des Beschwerdeführers rechtmäßig eingegriffen. Auf Grund der anhaltenden Freiheitsbeschränkung wird die belangte Behörde das Verfahren jedoch beschleunigt durchzuführen haben.

Anzumerken bleibt, daß entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, eine Freiheitsbeschränkung nach § 6 des Asylgesetzes nur zum Zwecke der Durchführung des Asylverfahrens und nicht zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes verfügt werden darf.

Bei der Entscheidung über die Kostenfrage war in Anwendung des § 79a AVG im Verfahren über die faktische Amtshandlung und infolge Bezugnahme des § 5a Abs. 6 FrPG auf die §§ 67c bis 67g AVG, auch im fremdenpolizeilichen Schubhaftprüfungsverfahren über den Zuspruch der geltend gemachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten an die obsiegende Partei zu entscheiden. Der Beschwerdeführer hat Kosten im Gesamtbetrag von S 14.263,50 geltend gemacht. Die belangte Behörde hat keine Kosten verzeichnet.

Soweit der Schriftsatz des Beschwerdeführers die festgestellten Mängel der belangten Behörde mitinbegriffen hat, wären die Ausführungen mit wenigen Sätzen darzustellen und leicht zu erkennen gewesen. Im wesentlichen Teil der Beschwerde hat er jedoch die Rechtslage verkannt. Insbesondere bezüglich der Dauer der rechtmäßigen Anhaltung war der rechtsverletzende Teil untergeordnet, wodurch ein Drittel der angesprochenen Kosten als zur zweckentsprechende Rechtsverfolgung dienlich, dem Beschwerdeführer zuzusprechen und der belangten Behörde bzw. jenem Rechtsträger, für den sie tätig geworden ist, aufzuerlegen war.

Aufgrund der Verständigungsschwierigkeit mit dem Beschwerdeführer war der mündlichen Verhandlung ein gerichtlich beeideter Dolmetscher für die türkische Sprache zuzuziehen, weil hiefür kein Amtsdolmetscher zur Verfügung steht. Die daraus erwachsenen Kosten sind Barauslagen der Behörde. Die Behörde ist auf Antrag des Beschwerdeführers tätig geworden. Im Zuge der Amtshandlung wurde festgestellt, daß ein Verschulden eines Beteiligten - der belangten Behörde - vorliegt. Daher war in Anwendung des § 76 Abs. 1 und Abs. 2 AVG die Verfahrenskostenlast im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu teilen und hiebei zwei Drittel dem Antragsteller und ein Drittel der belangten Behörde aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer 6

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