Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400012/9/Gu/Bf

Linz, 20.08.1991

VwSen - 400012/9/Gu/Bf Linz, am 20. August 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied Vizepräsident W.Hofrat Dr.Hans Guschlbauer über die Beschwerde des B, geboren am 4. Oktober 1974, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Schärding und der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Recht:

I. Die am 16. April 1991 um 9.10 Uhr von Organen der Bezirkshauptmannschaft Schärding erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers, anschließende Überstellung in den Verwaltungsbezirk Ried im Innkreis sowie die Übernahme des Beschwerdeführers durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis und anschließende Anhaltung bis zu der am 24. April 1991 erfolgten Abschiebung war rechtswidrig.

Rechtsgrundlage: Art.1 Abs.2 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 i.V.m. § 67c Abs.3 AVG und § 5a des Fremdenpolizeigesetzes BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert nach Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991 (FrPG).

II. Der Bund hat namens der belangten Behörden den Beschwerdeführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten im Betrag von 12.363,60 S binnen 14 Tagen zu Handen dessen Rechtsanwaltes zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.6 FrPG i.V.m. §§ 67c und 79a AVG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Der Beschwerdeführer beantragt mit seiner am 25. April 1991 beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangten, auf § 5a FrPG gestützten Beschwerde die Erklärung der Rechtswidrigkeit der in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1991 erfolgten Festnahme sowie der anschließenden Anhaltung in Schubhaft im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Schärding am Inn bzw. der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis. Die Rechtswidrigkeit sei deshalb gegeben, da kein Sicherungsinteresse vorliege, zumal der Beschwerdeführer über geordnete Wohnsitzverhältnisse verfüge und nicht flüchtig sei. Er habe nicht untertauchen sondern in Österreich einem geregelten Erwerb nachgehen wollen, indem er in L, eine Lehrstelle habe antreten wollen. Bevor er noch die erforderlichen Schritte zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung habe einleiten können - ein Termin mit dem Arbeitsamt sei bereits vereinbart gewesen - sei er von Gendarmeriebeamten im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Schärding festgenommen und in das Gefangenenhaus Steyr eingeliefert worden.

Nachdem weder eine Ausweisung noch ein Aufenthaltsverbot gerechtfertigt erscheine, erweise sich sowohl die Festnahme als auch die Anhaltung als gesetzwidrig.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Akten vorgelegt und zur Beschwerde Stellung bezogen, indem sie darauf hinwies, daß der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge am 20. Februar 1991 illegal von Jugoslawien nach Österreich eingereist sei. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding habe am 15. April 1991 durch eigene Wahrnehmung eines Bediensteten davon Kenntnis erlangt, daß sich der Beschwerdeführer wiederum in Österreich aufhalte; am selben Tage habe die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom Gemeindeamt L einen Meldezettel übermittelt bekommen, wonach sich der Beschwerdeführer am 9. April 1991 in G angemeldet hatte. Nachdem die Familie des Beschwerdeführers für ihn schon früher vergeblich bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding die Ausstellung eines Sichtvermerkes betrieben habe, sei die Bezirkshauptmannschaft Schärding am Inn auf die Illegalität des Aufenthaltes des Beschwerdeführers gestoßen, habe ihn am 16. April 1991 vorgeladen und niederschriftlich vernommen. Dabei habe sich die Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes in Österreich bestätigt und sei sodann die Festnehmung gemäß § 14e FrPG erfolgt. Dabei sei der Beschwerdeführer von Beamten des Gendarmeriepostens Schärding nach L gebracht und um 10.30 Uhr von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos St. Martin im Innkreis (politischer Bezirk Ried im Innkreis) übernommen worden und zur Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis überstellt worden, wo ihm um 11.33 Uhr der Schubhaftbescheid übergeben worden sei. Im Anschluß daran erfolgte die Einlieferung in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Ried im Innkreis. Nachdem eine Zurückschiebung nicht mehr möglich gewesen sei, stütze sich die Ausweisung auf § 10a Abs.1 FrPG, wobei der Umstand der Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle genüge.

3. Der Vertreter des Beschwerdeführers hat hiezu vorgebracht, daß die Anhaltung jedenfalls bis zur Aushändigung des Schubhaftbescheides durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gesetzwidrig sei und verwies in diesem Zusammenhang auf eine ähnliche Rechtssache. Er stellte die illegale Einreise nach Österreich nicht in Abrede, bekräftigte jedoch das mangelnde Sicherungsinteresse. Daß der Beschwerdeführer nicht versucht habe, sich dem Zugriff der Fremdenpolizei zu entziehen, beweise schon der Umstand, daß er ohne behördlichen Zwang den Vorladungstermin der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. April 1991 wahrgenommen habe. Schließlich begehrt er den Zuspruch der Kosten in einem Gesamtbetrag von 16.555,20 S, der sich aus der Mühewaltung für die Einbringung der Beschwerde, des weiteren Schriftsatzes und des 50 %-igen Einheitssatzes jeweils im Betrag von 4.532 S, der 20 %-igen Umsatzsteuer und von Barauslagen im Betrag von 240 S zusammensetzt.

4. Nachdem der Beschwerdeführer am 24. April 1991, also breits vor Einlangen der Beschwerde, abgeschoben worden ist, im übrigen der Sachverhalt im Zusammenhang mit der Beschwerde klargestellt erscheint, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich.

5. Der Beurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer wurde am 4. Oktober 1974 in Sandikli, Türkei, geboren, ist türkischer Staatsbürger und demnach auch nach den Gesetzen seines Heimatstaates als Minderjähriger anzusehen (Artikel 11 Türkisches Bürgerliches Gesetzbuch). Seine Eltern leben schon seit langem in S. Der Minderjährige hat in Österreich auch die Schule besucht. Nachdem er wegen des Verdachtes des Diebstahls angezeigt worden war, hat er am 24. November 1989 Österreich verlassen und sich in die Türkei begeben. Während des Heimataufenthaltes lief sein österreichischer Sichtvermerk ab. Die Eltern beantragten für ihn bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding die Erteilung eines Sichtvermerkes. Diesem Antrag war jedoch kein Erfolg beschieden. In der Folge reiste der Beschwerdeführer am 20. Februar 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle in einem Reisebus im Wege über Jugoslawien in das Bundesgebiet ein, hielt sich in Linz und Wels unangemeldet auf und meldete sich am 9. April 1991 in G, politischer Bezirk Ried im Innkreis, an. Er hatte vor, an diesem Ort mit Wissen und Willen der Eltern eine Lehrstelle anzutreten, wobei er Schritte zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung beim Arbeitsamt in die Wege leitete. Nachdem die Bezirkshauptmannschaft Schärding durch die weiteren Bemühungen der Eltern von der Anwesenheit des Beschwerdeführers erfahren hatte, lud sie ihn zur Klarstellung des Sachverhaltes für 16. April 1991 vor. Dem kam der Beschwerdeführer nach und wurde nach seiner Vernehmung bezüglich des illegalen Grenzübertrittes und des illegalen Aufenthaltes nach Beendigung der Amtshandlung um 9.10 Uhr durch Gendarmerieorgane im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Schärding festgenommen, in den Bezirk Ried im Innkreis überstellt und um 10.30 Uhr von Organen des GPK St. Martin im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis übernommen.

Anschließend wurde er dieser Behörde vorgeführt und ihm um 11.33 Uhr der Bescheid über die vorläufige Verwahrung zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung ausgehändigt. Hernach wurde der Beschwerdeführer im kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Ried im Innkreis angehalten. Eine Vernehmung wegen des Verdachtes von Verwaltungsübertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz erfolgte nach der Festnahme nicht. Dem Beschwerdeführer und seinem gesetzlichen Vertreter wurde am 24. April 1991 der Ausweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis nachweislich zugestellt und wurde die Ausweisung am selben Tage noch vollzogen.

6. In rechtlicher Würdigung hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen. Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese durch einen Bescheid verfügt worden ist. Die Beschwerde gegen eine Festnahme und Anhaltung begründet die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V. mit § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG.

6.2. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in dem zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Artikel 2 Abs.1 Ziffer 7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Dies erfordert gemäß § 5 FrPG einen vollstreckbaren individuellen Verwaltungsakt. Erlassen ist ein Bescheid erst, wenn er der Partei bzw. seinem gesetzlichen Vertreter zugestellt ist. Hiebei ist zu klären, ob dem minderjährigen Beschwerdeführer rechtswirksam persönlich zugestellt werden konnte. Angelpunkt für die Lösung dieser Frage bildet die Handlungsfähigkeit.

6.3 Bei der Beurteilung mußte im gegenständlichen Fall die Fremdenpolizeigesetznovelle 1991 BGBl.Nr. 406/1991 ungeachtet der Frage, ob mit ihr eine sachgerechte Lösung gefunden werden könnte - außer Betracht bleiben. Die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über Schubhaftbeschwerden besitzt feststellende Wirkung und ist daher auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung abzustellen. Die letzterwähnte Novelle wurde am 2. August 1991 kundgemacht. Der letzte Tag der Anhaltung war der 24. April 1991. Auf den vorliegenden Fall findet daher die alte Rechtslage Anwendung.

6.4 Bezüglich der Rechts- und Handlungsfähigkeit verweist das AVG, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Bei der Auslegung der Wortfolge "wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist", bleibt zunächst offen, ob es sich um ausdrückliche Bestimmungen oder aus der Natur der Sache hervorleuchtende Bestimmungen handeln muß (vgl. z.B. die Judikatur zum Verfahren zur Erlangung einer Lenkerberechtigung). Stehen in den Verwaltungsvorschriften Lebenssachverhalte zur Prüfung heran, die sich völlig andersartig als die vom bürgerlichen Recht beschriebenen Verhältnisse darstellen, wird eine die Natur der Sache berücksichtigende, nicht unbedingt auf ausdrücklich lautende Interpretation notwendig sein, um ein verfassungskonformes - das Gleichheits- bzw. Sachlichkeitsgebot achtendes - Ergebnis nicht in Zweifel zu ziehen.

Der Aufenthalt eines fremden Minderjährigen im Bundesgebiet kann sowohl vom inneren Antrieb her die verschiedensten Motive haben, als auch nach der äußeren Erscheinungsform mehrere Rechtssphären berühren. Dies berücksichtigend, ist die Anwendbarkeit der verschiedenen Materiengesetze zu prüfen. Ist z.B. ein fremder Minderjähriger aus der Erziehung seiner Eltern entlaufen, hat sich deswegen ins Bundesgebiet begeben und gebietet es die von den Eltern geltendgemachte Obsorge, die Rückführung zu veranlassen, wird die Rücküberstellung als eine dem Eltern- und Kindschaftsverhältnis - also bürgerlich rechtliche Angelegenheit- bzw. als eine Maßnahme der Jugendwohlfahrt (mangels Präsenz des gesetzlichen Vertreters unter Einbeziehung der Jugendwohlfahrtsträger als besondere Kuratoren) zu bewerkstelligen sein.

Hat der fremde Minderjährige das Bundesgebiet mit Wissen oder Willen der im Bundesgebiet aufhältigen Erziehungsberechtigten in Erfüllung der Kindespflicht aufgesucht, wird die Vertretungsmacht und Pflicht der Eltern anzunehmen sein. Für diese Fälle ist eine Bedachtnahme auf § 33 ABGB sowie § 12 IPRG mit dessen Verweis auf das Personalstatut (§ 9 IPRG) angezeigt und je nach Auslegung des anzuwendenden Rechtes unter Umständen sogar die Pflicht des Erziehungsberechtigten gegeben, für einen solchen Inlandsaufenthalt eines Gewaltunterworfenen persönlich und verwaltungsstrafrechtlich voll einzustehen (vgl. d.Erkenntnisse d. VwGH vom 15.6.1983, Zl. 81/01/0088,0095 und vom 21.1.1987, Zl. 86/01/0005).

Dabei hat der zur Vertretung berufene Elternteil bzw. Erziehungsberechtigte, die Vertretung des Minderjährigen für dessen Aufenthalt im Inland wahrzunehmen. Sucht jedoch der minderjährige Fremde das Inland aus freien Stücken und im Rahmen des auch den Minderjährigen zustehenden persönlichen Freiraumes auf und gefährdet er hiebei die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit, dann gilt schon aufgrund der Vorbehaltsklausel (§ 6 IPRG) ein etwa entgegenstehendes ausländisches Recht nicht und hat er in diesem Rahmen fremdenpolizeilich mangels anderslautender gesetzlicher Bestimmung dieselbe Handlungsfähigkeit wie ein Volljähriger. Ein wesentlicher Teil der Gefährdungstatbestände geht in der Regel auf die Verletzung von Strafnormen zurück, bei denen die Deliktsfähigkeit mit Vollendung des 14. Lebensjahres eintritt. In Fortführung dessen kann der O.ö. Verwaltungssenat das unsachliche Ergebnis, ein solcher minderjähriger Fremder müsse wohl für seine Straftaten einstehen, die Administrativmaßnahme könne ihn aber ausnahmslos nie eigenverantwortlich treffen, nicht vertreten. Schon begrifflich liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit näher bei der Deliktsfähigkeit als bei einem sachlichkeitsfremden Anknüpfen bei bürgerlich rechtlichen Vorschriften.

Schon ein Vergleich der Begriffe "nationale öffentliche Interessen" macht die Verschiedenartigkeit zum internationalen Privatrecht deutlich.

Eine differenziertere Betrachtungsweise ist jedenfalls geboten.

Bei der vorläufigen Verwahrung nach § 5 FrPG handelt es sich um den Versuch der Lösung eines Spannungsverhältnisses zwischen öffentlicher Ordnung und persönlicher Freiheit. Es geht hier nicht um ein Ausloten von Vertragsfähigkeit, Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung etc.

Bezogen auf das innerstaatliche bürgerliche Recht gewährleistet § 16 ABGB allen Menschen angeborene Rechte sogenannte absolute Rechte. Unter diese fallen die Freiheitsrechte. § 21 ABGB kündigt den Schutz der Personenrechte der Minderjährigen an, läßt es jedoch bei einer programmatischen Erklärung bewenden. Den tatsächlichen Schutz der Freiheitsrechte garantiert demgegenüber das öffentliche Recht. Eine Beschränkung der Freiheit eines Minderjährigen ist gemäß Art.2 Abs.1 Z.6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit nur zum Zweck einer notwendigen Erziehungsmaßnahme zulässig. Nur in diesem Rahmen darf auch § 146b ABGB betrachtet werden.

Im übrigen aber ist die persönliche Freiheit eines Minderjährigen sogar gegen den Willen der Eltern gewährleistet. Wann die absoluten Rechte selbständig mit eigener Handlungsmacht - wahrgenommen werden können, umschreiben weder das ABGB noch die zitierten verfassungsgesetzlichen Bestimmungen.

Gerade dort, wo § 9 AVG eine Brücke bilden soll, versagt diese, weil die bürgerlich - rechtlichen Vorschriften zu den absoluten Rechten der Minderjährigen nichts hergeben.

7. Für den vorliegenden Fall war bedeutsam, daß die Eltern des Minderjährigen sich jahrelang in Schärding am Inn unter bekannter Adresse aufgehalten haben und sich um den Wiedereinreisesichtvermerk ihres Sohnes nachdrücklich bemüht haben. Mit ihrem Wissen und Willen sollte der Minderjährige in G, nach illegaler Wiedereinreise eine Lehre antreten und nachdem er bereits früher die österreichischen Schulen besucht hatte - wenn auch illegal - einer Erziehungs- bzw. Ausbildungsmaßnahme zugeführt werden. Insoferne ist den greifbaren Eltern im fremdenpolizeilichen Verfahren bei dem über den Inlandsaufenthalt ihres Sohnes abgesprochen wurde, die Vertretungs- und Handlungsbefugnis zugekommen, was bei der Zustellung des Ausweisungsbescheides von der belangten Behörde ohnedies beachtet worden ist. Der Bescheid über die vorläufige Verwahrung des Sohnes wurde jedoch keinem Elternteil zugestellt. Mit der Aushändigung des Bescheides der belangten Behörde an den Minderjährigen konnte eine Zustellung nicht bewirkt werden. Die auf eine, nicht erlassenen Bescheid - gestützte Anhaltung des Beschwerdeführers entbehrt damit der rechtlichen Deckung. Zu bemerken ist, daß schon die Festnahme des Beschwerdeführers ohne jeden Bescheid geschah. Die Festnahme erfolgte nach der Vernehmung am 16. April 1991. Eine weitere anschließende Vernehmung zum Zwecke einer Strafamtshandlung ist nicht dokumentiert, wodurch bereits die freiheitsentziehende Maßnahme am 16. April 1991 um 9.10 Uhr und Überstellung in den Bezirk Ried im Innkreis als rechtswidrig anzusehen ist.

8. Da die Beschwerde vom Ergebnis her begründet erschien, war über die Höhe der geltend gemachten Kosten abzusprechen.

Demnach war bedeutsam, daß die Beschwerde, was die Umstände der Festnahme und nachfolgende Anhaltung anlangt, offensichtlich nicht gehörig recherchiert erschien, wodurch der begehrte Einheitssatz für übliche Zwischenerledigungen und Rückfragen nicht zuzuerkennen war. Allerdings erschien für die Abfassung der Beschwerde, verglichen mit den Zuordnungskriterien bezüglich der übrigen Tarife nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz, die Anwendung der TP 3 B mit dem Betrag von 5.671 S gerechtfertigt. Bei der Verzeichnung des Honorares für den Schriftsatz vom 6. August 1991, bei dem es sich um Ausführungen ohne erkennbare Zwischenerledigungen und um die Verzeichnung der Kosten handelte, war die angesprochene Tarifpost 3 A im Betrag von 4.532 S allerdings ohne Einheitssatz gerechtfertigt. Die geltend gemachten Barauslagen hinsichtlich Stempelgebühren waren nur im Betrag von 120 S zuzuerkennen, zumal die Beschwerde nur in einfacher Ausfertigung überreicht werden muß. Über einen allfälligen Gebührenrückerstattungsanspruch der zweifach überreichten und gestempelten Beschwerde hat die Finanzverwaltung zu befinden.

Aus all diesen Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer 6