Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400016/1/Gu/ka

Linz, 06.05.1991

VwSen - 400016/1/Gu/ka Linz, am 6. Mai 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied Vizepräsident W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer über die Beschwerde des B, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft im kg. Gefangenenhaus Ried i.I. im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 5a Abs.1 und Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes BGBl.Nr. 75/1954 zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991 (FrPG) i.Z. mit § 67c Abs.3 AVG.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines erfolglosen Einschreitens selbst zu tragen.

Rechtsgrundlage:

§§ 74 Abs.1 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer macht in seiner am 30. April 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. eingebrachten mit einer Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 25. April 1991 kombinierten, Beschwerde an den O.ö. Verwaltungssenat, welche sich auf § 5a FrPG stützt, geltend, daß er am 9. Februar 1991 mit einem gültigen Visum in das Bundesgebiet eingereist sei. Am 11. Februar 1991 habe er sich in Ried i.I. polizeilich gemeldet. Vom Arbeitsamt Ried sei am 13. März 1991 der Fa. eine Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Gärtner gültig bis 15. Dezember 1991, erteilt worden. Daraufhin sei von der belangten Behörde am 19. März 1991 bis 15. Dezember 1991 ein A Visum erteilt worden. Seit 18. März 1991 sei der Beschwerdeführer von der Baumschule R bei der O.ö. Gebietskrankenkasse ordnungsgemäß angemeldet.

Die von der belangten Behörde aufgrund des Mandatsbescheides vom 25. April 1991 am gleichen Tag in Vollzug gesetzte Festnahme und Anhaltung in Schubhaft sei rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer wohl durch Urteil des Amtsgerichtes Solingen vom 25. September 1989 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Heroin in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monate verurteilt wurde; nach Verbüßung eines erheblichen Teiles der Freiheitsstrafe sei jedoch der Strafrest zur Bewährung bis 25. November 1993 ausgesetzt worden. Nach seiner Abschiebung durch die Stadt Wuppertal am 27. Juli 1990 in die Türkei sei er in keiner Weise mehr mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Er halte sich gesetzeskonform in Österreich auf und verfüge auch über die entsprechende Arbeitserlaubnis. Es bestehe nicht der geringste Verdacht eines strafbaren Verhaltens in Österreich und sei er weder verwaltungsbehördlich noch strafgerichtlich aufgefallen. Er verdiene auch seinen Lebensunterhalt ordentlich. Damit stelle er keine Gefahr für die Volksgesundheit in Österreich dar. Sein makelloses Verhalten in Österreich gäbe keinen Anlaß für eine Verhaftung. Es liege zwar ein vollstreckbarer Mandatsbescheid vor, dessen Inhalt aber nicht ausreichend plausibel erscheine, um die Verhaftung und Verwahrung zu rechtfertigen. Im übrigen bestreitet er das Sicherungsbedürfnis - nachdem keine Gefahr bestehe, daß sich der Beschwerdeführer den Zugriff der Behörde entziehen werde. Vage Vermutungen reichten nicht aus, um eine Schubhaft zu rechtfertigen. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers sei weiterhin bereit ihn zu beschäftigen und könne das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch auf freiem Fuße abgeführt werden.

Die Festnahme und die Verhängung der Schubhaft erfolge daher rechtswidrig und stelle daneben auch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

1.2. Aus diesem Grunde beantragt er die kostenpflichtige Feststellung den angefochtenen Verwaltungsakt gemäß § 5a Abs.1 FrPG i.V. mit § 67c Abs.3 AVG für rechtswidrig zu erklären.

2. Die belangte Behörde hat den Akt vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

3. Nachdem der Sachverhalt aufgrund der Beschwerde und des Akteninhaltes klar erscheint, konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (§ 5a Abs.6 Z.1 FrPG).

4. Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist aufgrund eines Einreisesichtvermerkes der österr. Botschaft in Ankara vom 5. Februar 1991 am 9. Februar 1991 nach Österreich eingereist und hat sich am 11. Februar 1991 unter der Adresse, gemeldet.

Der Beschwerdeführer besitzt seit 19. März 1991 ein A-Visum, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zur Zahl Sich-07-4445, gültig bis 15. Dezember 1991.

4.2. Er besitzt auch eine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes Ried i.I. gültig vom 13. März 1991 bis 15. Dezember 1991 zur Verwendung als Gärtner bei der Fa. wo er auch tatsächlich beschäftigt war.

4.3. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 25. April 1991, Sich-07-4445/1991/Stö, gemäß § 5 Abs.1 FrPG i.V. mit § 57 Abs.1 AVG die vorläufige Verwahrung zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, weil der Fremdenpolizeibehörde zwischenzeitig bekannt geworden war, daß der Beschwerdeführer am 25. August 1989 vom Amtsgericht Solingen rechtskräftig wegen unerlaubten Handeltreibens mit Heroin in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monate verurteilt worden sei.

Aufgrund dieser Verurteilung sei er am 27. Juli 1990 von der Stadt Wuppertal ausgewiesen und die Heimat abgeschoben worden. Diese Verurteilung rechtfertige die Annahme, daß der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle und die Außerlandesschaffung im Interesse der Erhaltung der Volksgesundheit liege. Die Schubhaft diene zur unmittelbaren Abwehr eines zu befürchtenden strafbaren Verhaltens. Bei einer Abstandnahme von der Verwahrung, könne sich der Beschwerdeführer dem Zugriff der Behörde entziehen und fremdenpolizeiliche Maßnahmen verhindern bzw. ein strafbares Verhalten an einen verborgenen Ort durchführen. Durch sein Verhalten sei das Sicherungsbedürfnis und auch das Einschreiten der Behörde wegen Gefahr in Verzug geboten.

4.4. In Vollziehung des sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheides haben Gendarmeriebeamte im Auftrag der belangten Behörde dem Beschwerdeführer am 25. April 1991 um 20.10 Uhr in Ried i.I., Kapuzinerberg Nr.2 den Schubhaftbescheid nachweislich ausgefolgt und ihn anschließend festgenommen und in das kg. Gefangenenhaus Ried i.I. eingeliefert, wo er noch angehalten wird.

4.5. Dem Schubhaftbescheid liegt eine Zentralregisterauskunft des Generalbundesanwaltes beim Bundesgerichtshof, Berlin 61 vom 12. April 1991 zugrunde.

Durch diese ausländische öffentliche Urkunde ist bescheinigt, daß der Beschwerdeführer am 25. August 1989 durch das Amtsgericht Solingen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Heroin in nicht geringer Menge (Datum der letzten Tat 15. Mai 1989) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt worden ist. Die Rechtskraft des Urteiles trat am 2. Jänner 1990 ein. Gleichzeitig wurde ein Verbot der Beschäftigung, der Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher ausgesprochen. Ein nicht verbüßter Strafrest wurde vorerst bis zum 25. November 1993 ausgesetzt, dieser Ausspruch jedoch durch das Landgericht Wuppertal am 9.

November 1990 ausgesetzt.

4.6. In der erwähnten Urkunde ist ferner ausgewiesen, daß der Beschwerdeführer durch Verfügung der Stadt Wuppertal vom 27. Juli 1990 abgeschoben und ausgewiesen wurde.

4.7. Schließlich ist in der Zentralregisterauskunft beurkundet, daß der Beschwerdeführer aufgrund einer Verfügung des Amtsgerichtes Düsseldorf vom 10. Dezember 1990 wegen Strafverfolgung gesucht wird. Laut Auskunft der deutschen Grenzpolizei Passau erfolgte die Ausschreibung wegen falscher Zeugenaussage.

5. Diese Feststellungen stehen mit dem Beschwerdevorbringen vom bloßen Inhalt her nicht in Widerspruch, wenngleich der Beschwerdeführer nicht alle bedeutsamen Merkmale erwähnt hat und insbesondere auf die weitere Strafverfolgung keinen Bezug nimmt und die Zeit des Wohlverhaltens angesichts der Verbüßung der Haftstrafe, und des Zeitpunktes der Abschiebung des weiteren Tatverdachtes und der Aussetzung der Bewährung ohne besonderes Gewicht erscheint.

6. Über die vorliegende Beschwerde hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung, durch Beschwerde anzurufen. Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese durch einen Bescheid verfügt worden ist. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V. mit § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG.

6.2. Festgehalten wird, daß durch die Novelle des FrPG BGBl.Nr. 21/1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet blieb. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Die Durchführung des ordentlichen Verfahrens nach Erlassung eines auf § 57 AVG gestützten Bescheides verbleibt der Erstbehörde. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß Artikel 129 B-VG und zwar in erster Linie - von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion der unabhängigen Verwaltungssenate einerseits auch tatsächlich zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - der Sicherheitsdirektion die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG und dem Auftrag des Art. 6 B-VG zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988 Rechnung tragende und zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung nur darin gefunden werden, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Festnahme bzw. der Anhaltung auch unter (allerdings bloß grundsätzlicher) Bindung an den Schubhaftbescheid zu beurteilen hat: Eine "Überprüfung" des Bescheides kommt dem Senat dabei nur dann und insoweit zu, als dieser Bescheid an einem schweren und offenkundigen inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür", "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH; vgl.z.B. VfSlg 8266/1978 u. 8718/1979) und ob daher aus diesem Grund der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt ist. Die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde.

6.3. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Festnahme und Anhaltung, die auf einem wegen Gefahr in Verzug gemäß § 57 Abs.1 AVG erlassenen, die aufschiebende Wirkung einer möglichen Vorstellung ex lege ausschließenden und damit sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheid fußt. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG und ist - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG erfüllt sind zulässig.

7. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

7.1. Die belangte Behörde hat den in der Festnahme und Anhaltung zugrundeliegenden Schubhaftbescheid darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer in Deutschland eine schwere Straftat wegen Handels mit Heroin begangen hat und von der Stadt Wuppertal ausgewiesen und abgeschoben worden ist. Demnach besteht für die belangte Behörde dasselbe Anhaltungs- und Abschiebungsbedürfnis gegenüber dem Beschwerdeführer um ihn aus dieser Szene auch aus Österreich zu entfernen. Angesichts der Wohnsitznahme des Beschwerdeführers in Grenznähe, des weiteren Ermittlungsverfahrens eines deutschen Gerichtes wegen falscher Zeugenaussage konnten daher die Schlußfolgerungen der belangten Behörde - nachdem ausländische Straftaten im Sinn des § 3 Abs.2 Z.1 FrPG im Inland auch zu berücksichtigen sind - die gefahrbringende Neigung in der Person gelegen ist und vor Staatsgrenzen keinen Halt macht - daß in der Zusammenschau das Sicherungs- und sofortige Handlungsbedürfnis gegeben sei, nicht als denkunmöglich, offensichtlich rechtlos oder willkürlich angesehen werden.

Nachdem der zugrundeliegende Schubhaftbescheid dem Beschwerdeführer vor der Festnahme zugestellt worden ist, liegt auch keine faktische Amtshandlung vor.

7.2. Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde abzuweisen.

8. Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung hat nur der Beschwerdeführer geltend gemacht. Nachdem er aber erfolglos geblieben ist und nur der obsiegenden Partei ein solcher Kostenzuspruch eingeräumt ist, hat er die ihm erwachsenen Kosten nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 Abs.1 AVG selbst zu bestreiten.

Weitere Verfahrenskosten (Barauslagen der Behörde) sind nicht aufgelaufen, wodurch ein weiterer Kostenausspruch entbehrlich ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 6 Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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