Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400017/5/Gf/Bf

Linz, 17.05.1991

VwSen - 400017/5/Gf/Bf Linz, am 17 . Mai 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Einzelmitglied LRR Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des H, derzeit Kreisgerichtliches Gefangenenhaus Ried, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau nach der am heutigen Tage durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird, soweit darin der Antrag gestellt wird, den Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 29.4.1991, Zl. Sich-0702/5850, aufzuheben, gemäß § 67 c Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

II. Im übrigen wird dem Antrag des Beschwerdeführers stattgegeben und gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67 c Abs.3 AVG am 1.5.1991 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Braunau erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers und seine seitherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau ist demgemäß verpflichtet, die Schubhaft unverzüglich aufzuheben und den Beschwerdeführer freizulassen.

III. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau (der Bund) ist gemäß § 76 Abs. 2 AVG verpflichtet, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Kosten des Verfahrens (Barauslagen) in Höhe von ÖS 674,40 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Der Beschwerde liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 2.3.1991 von Jugoslawien aus kommend - ohne im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes zu sein - unter Umgehung der Grenzkontrolle im Raum Spielfeld in Österreich eingereist. Über Graz und Linz gelangte der Beschwerdeführer in das Gebiet des Bundeslandes Salzburg, wo er am 7.3.1991 an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung einen Antrag um die Gewährung politischen Asyls im Sinne des Asylgesetzes stellte. Am 28.3.1991 hat sich der Beschwerdeführer in B (Bundesland Salzburg) - erstmals polizeilich angemeldet, von wo er am 15.4.1991 nach politischer Bezirk Braunau (Bundesland Oberösterreich), verzog.

1.2. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung hat den Asylantrag des Beschwerdeführers am 19.4.1991 zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Braunau abgetreten. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit Mandatsbescheid vom 29.4.1991, Zl. Sich-0702/5850, dem Beschwerdeführer zugestellt am 30.4.1991, über diesen die Schubhaft gemäß § 5 Fremdenpolizeigesetz verhängt. Über Auftrag der BH Braunau erfolgte am 1.5.1991 um 13.10 Uhr in I, durch Gendarmerieorgane die Festnahme des Beschwerdeführers und um 14.10 Uhr desselben Tages wurde der Beschwerdeführer in das Gefangenenhaus des Kreisgerichtes Ried eingeliefert.

1.3. Am 2.5.1991 erhob der Beschwerdeführer Vorstellung gegen den Schubhaftbescheid und beantragte darin dessen Aufhebung; die Bezirkshauptmannschaft Braunau leitete daraufhin mit Schriftsatz vom 14.5.1991, Zl. Sich-0702/5850, das ordentliche Ermittlungsverfahren ein.

2. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus am 7.5.1991 über seinen Rechtsvertreter gemäß § 5 a Fremdenpolizeigesetz Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben; mit dieser wird die Aufhebung des oben unter 1.2. bezeichneten Schubhaftbescheides, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft sowie die Anordnung der unverzüglichen Enthaftung des Beschwerdeführers begehrt.

2.1. Zur Begründung wird ausgeführt, daß der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig sei, weil dessen Spruch nicht entnommen werden könne, zu welchem konkreten Zweck - nämlich zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung - die Schubhaft verhängt wurde. Außerdem sei die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes und einer Schubhaft während eines laufenden Asylverfahrens unzulässig. Schließlich sei nicht ersichtlich, weshalb es der Verhängung der Schubhaft überhaupt bedurft hätte, weil keine Anzeichen dafür ersichtlich gewesen seien, daß sich der Beschwerdeführer einer allfälligen Abschiebung entziehen würde.

2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat als belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Spruch des bekämpften Bescheides sei nur deshalb versehentlich alternativ abgefaßt worden, weil vergessen wurde, "den entsprechenden Passus 'Aufenthaltsverbot' bzw.

'Abschiebung' zu streichen"; es ergäbe sich aber unzweifelhaft aus der Begründung, daß die Schubhaft mit dem angefochtenen Bescheid tatsächlich nur zur Sicherung der Vorbereitung der Ausweisung angeordnet wurde.

Außerdem käme einem Asylwerber jedenfalls dann keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, wenn er bereits anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat; es wäre dem Beschwerdeführer aber zumutbar gewesen, bereits in seinem vorherigen Aufenthaltsland Jugoslawien einen Asylantrag zu stellen; hingegen stehe es ihm nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs frei, sich das wirtschaftlich potentere Land auszusuchen.

Schließlich sei festgestellt worden, daß sich der Beschwerdeführer erst ca. vier Wochen nach seiner Einreise polizeilich angemeldet und bis dahin dem Zugriff der Behörde entzogen und verborgen gehalten hätte; daher sei die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Ausweisung erforderlich gewesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Sich-0702/5850 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie gemäß § 52 Abs.2 AVG ein nichtamtlicher Dolmetscher der türkischen Sprache teilgenommen haben; der geladene Vertreter der belangten Behörde ist zu dieser Verhandlung nicht erschienen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Mit der auf § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 72/1954, zuletzt geändert durch die Fremdenpolizeigesetz-Novelle 1991, BGBl.Nr. 21/1991 (im folgenden: FrPG), gestützten Beschwerde wird die Aufhebung des bekämpften Schubhaftbescheides, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft sowie die Anordnung der unverzüglichen Enthaftung des Beschwerdeführers begehrt.

Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.

Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese zuvor durch Bescheid verfügt worden ist (vgl.z.B. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11. Juni 1990, B 947 u. 1006/89). Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG iVm. § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm. § 67a Abs.1 Z.2 AVG). Festzuhalten ist jedoch, daß durch die FrPG-Novelle 1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist: Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Andererseits ist den unabhängigen Verwaltungssenaten von Verfassungs wegen gemäß Art.129 B-VG - und zwar in erster Linie - die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion der unabhängigen Verwaltungssenate einerseits auch tatsächlich zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - der Sicherheitsdirektion die Berufungsentscheidung über Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5 a FrPG im Zusammenhalt mit Art. 6 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, Rechnung tragende und zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung zwischen diesen beiden Organen nur darin gefunden werden, daß der Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Festnahme bzw. der Anhaltung auch unter (allerdings bloß grundsätzlicher) Bindung an den Schubhaftbescheid zu beurteilen hat: Eine "Überprüfung" des Bescheides kommt dem Verwaltungssenat nur dann und insoweit zu, als dieser Bescheid an einem schweren und offenkundigen, sohin in die Verfassungssphäre reichenden inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür", "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" i.S.d. ständigen Rechtsprechung des VfGH; vgl. zB. VfSlg.8266/1978 und 8718/1979, jeweils m.w.N.) und daher aus diesem Grund den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Schubhaftbescheides vom 29.4.1991, Zl. Sich-0702/5850, war sohin als unzulässig zurückzuweisen, weil dem Verwaltungssenat demnach von vornherein die Zuständigkeit für die Behandlung eines solchen Begehrens fehlt.

Im übrigen ist die Beschwerde jedoch zulässig; sie richtet sich nach den unter 1. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gegen eine Festnahme und Anhaltung, die ihrerseits auf einem wegen Gefahr in Verzug gemäß § 57 Abs.1 AVG erlassenen, die aufschiebende Wirkung der Vorstellung ex lege ausschließenden (vgl. § 57 Abs.2 AVG) und damit sofort vollstreckbaren (wenngleich deshalb noch nicht rechtskräftigen) Schubhaftbescheid basiert. Sie gründet sich demnach tatsächlich (wie in der Beschwerde bezeichnet) auf § 5a FrPG; auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG sind im vorliegenden Fall erfüllt.

4.2. Die Beschwerde ist insoweit auch begründet.

4.2.1. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß die Verhängung der Schubhaft im Hinblick auf sein laufendes Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 Asylgesetz, BGBl.Nr. 126/1968, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990 (im folgenden: AsylG), widerspricht, so erweist sich dieser Vorwurf allerdings zunächst als unzutreffend. Gemäß § 5 Abs.2 Asylgesetz ist nämlich nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling i.S.d. AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 AsylG). Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher aber auch ein Asylwerber im vollen Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl. i.d.S. VfGH vom 11.6.1990, B 947 u. 1006/1989). Daher erweist sich auch - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die während des Asylverfahrens über ihn zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrechterhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt. Davon kann aber im vorliegenden Fall, wo die Schubhaft erst zweieinhalb Wochen andauert, keine Rede sein.

4.2.2. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall den von ihr am 29.4.1991 erlassenen und dem Beschwerdeführer am 30.4.1991 zugestellten Schubhaftbescheid damit begründet, daß die von § 10a FrPG geforderten Voraussetzungen für die Ausweisung des Beschwerdeführers deshalb vorliegen würden, weil dieser rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist ist. Deshalb könne mit Grund angenommen werden, daß sich der Beschwerdeführer seiner Abschiebung zu entziehen suchen werde. Aus diesem Grund sei auch wegen Gefahr in Verzug ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers über diesen die vorläufige Verwahrung zu verhängen gewesen.

Wie schon oben unter 4.1. dargetan wurde, kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 zweiter Satz des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine inhaltliche Kontrolle des Schubhaftbescheides nur dahingehend, ob dieser Bescheid etwa mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftet ist, zu. Diese Prüfung führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

Wenngleich der belangten Behörde einerseits zugutezuhalten ist, daß im abgekürzten Verfahren nach § 57 Abs.1 AVG (insbesondere im Falle der zweiten Alternative) bloß vergleichsweise geringere Anforderungen an die Begründungspflicht des Bescheides i.S.d. § 58 Abs.2 i.V.m. § 60 AVG gestellt werden können - in diesem Sinne ist darauf hinzuweisen, daß auch schon nach allgemeinen Anforderungen die Begründung nicht in allen Einzelheiten, sondern bloß insgesamt schlüssig und stichhältig zu sein braucht, sodaß die Ansicht der belangten Behörde im vorliegenden Fall zutrifft, daß sich die fälschlich in den Spruch einbezogene alternative Begründung für die Verhängung der Schubhaft im Ergebnis durch die Klarstellung im dritten Absatz des als "Begründung" bezeichneten Teiles des Bescheides zweifelsfrei als nur zum Zweck der Vorbereitung der Ausweisung vorgenommen erweist -, so ist auf der anderen Seite nach allgemeiner Auffassung dennoch unbestritten, daß auch Mandatbescheide prinzipiell (vgl. z.B. K.Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd.I, Wien 1987, 500 u. 509), insbesondere aber auch hinsichtlich des Umstandes, warum die Behörde im konkreten Einzelfall diese besondere Art des Verfahrens angewendet hat (ebd., 500), zu begründen sind.

Beides fehlt allerdings im vorliegenden Bescheid.

§ 5 FrPG ermöglicht es der Behörde, die Schubhaft u.a. zur Vorbereitung einer Ausweisung dann zu verhängen, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit notwendig erscheint oder deshalb, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern. Die belangte Behörde stützt nun die Verhängung der Schubhaft einzig und allein auf die Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer erst vier Wochen nach seiner illegalen - Einreise polizeilich angemeldet hat. Auf die zusätzlich zu beantwortende Frage, inwiefern diese, den Tatbestand des § 10a FrPG erfüllende Verwaltungsübertretung durch den Beschwerdeführer zugleich auch öffentliche Sicherheitsinteressen in einem solchen Maß gefährdet, daß dessen Verwahrung in Schubhaft erforderlich ist, wird jedoch im Bescheid mit keinem Wort eingegangen. Auch in der Gegenschrift der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat haben sich keine in diese Richtung weisenden Anhaltspunkte ergeben. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer seit 28.3.1991 polizeilich gemeldet ist, die behördlichen Schriftstücke - wie z.B. der Schubhaftbescheid - (auch) an diesen Wohnsitz adressiert waren und der Beschwerdeführer zuletzt auch noch dort festgenommen wurde, läßt im Gegenteil gerade nicht schon per se darauf schließen, daß sich der Beschwerdeführer der Abschiebung zu entziehen versuchen wird.

In gleicher Weise fehlt auch eine Begründung für das Vorliegen des Tatbestandselementes der "Gefahr im Verzug" als Voraussetzung der Anwendung des § 57 Abs.1 AVG.

Im Ergebnis stützt sich somit der in seiner "Begründung" bloß den Gesetzeswortlaut wiedergebende Schubhaftbescheid der belangten Behörde tatsächlich nur zum Schein auf das Gesetz, in Wahrheit erweist er sich hingegen mangels echter inhaltlicher Begründung als gesetzlos; der Schubhaftbescheid leidet sohin an einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler, und kann demnach keine taugliche Rechtsgrundlage für den angeordneten Freiheitsentzug bilden.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen (vgl. 4.1) ergibt sich daraus in der Folge, daß die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft durch die belangte Behörde rechtswidrig ist und den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat festzustellen.

Die belangte Behörde war daher gemäß Art.6 Abs.1 erster Satz des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, und Art.5 Abs.4 MRK i.V.m. § 5a Abs.6 letzter Satz FrPG und § 67 c Abs.3 AVG zur Aufhebung der Schubhaft und zur Freilassung des Beschwerdeführers zu verpflichten.

5. Da dem unabhängigen Verwaltungssenat im Zuge der Durchführung der mündlichen Verhandlung Barauslagen für den Dolmetscher in Höhe von ÖS 674,40 erwachsen sind, war der Bund, für den die belangte Behörde im vorliegenden Fall funktionell tätig geworden ist, gemäß § 76 Abs.2 AVG zum Kostenersatz zu verpflichten. Eine darüber hinausgehende Kostenentscheidung war mangels entsprechender Anträge nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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