Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400020/2 1991/Gf/Rt

Linz, 27.05.1991

VwSen - 400020/2 - 1991/Gf/Rt Linz, am 27. Mai 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Einzelmitglied Landesregierungsrat Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des B, derzeit Polizeigefangenenhaus Steyr, 4400 Steyr, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems I. zu Recht erkannt:

Die am 16. Mai 1991 erfolgte Festnahme und seitherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wird als nicht rechtswidrig festgestellt.

Die Beschwerde wird daher gemäß § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 67c Abs.3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist nach seinen eigenen, niederschriftlich festgehaltenen Angaben erstmals zwischen dem 13. Jänner und 15. Jänner 1990 von Istanbul aus kommend mit einem gefälschten, von einer Schlepperorganisation zur Verfügung gestellten Reisepaß am Flughafen Wien-Schwechat in Österreich eingereist. Er hat sich dann zu einem Bekannten nach Bregenz begeben und dort an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz am 1. Februar 1990 über seinen Rechtsvertreter einen Antrag um die Gewährung politischen Asyls im Sinne des Asylgesetzes gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 31. Mai 1990, Zl.

Frb-4223/90, abgewiesen; dieser unbekämpft belassene Bescheid ist am 4. Juli 1990 in Rechtskraft erwachsen. Ab Juli 1990 hat sich der Beschwerdeführer für ca. vier Monate in Wien aufgehalten und gelegentlich im Gastgewerbe gearbeitet, ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung oder polizeilich gemeldet zu sein.

1.2. Im November 1990 ist der Beschwerdeführer nach Italien ausgereist, ohne von den Grenzbehörden kontrolliert worden zu sein.

1.3. Im Februar 1991 ist der Beschwerdeführer neuerlich unter Umgehung der Grenzkontrolle - in Österreich eingereist und wurde nach Aufenthalten in Wien und Graz (jeweils ohne polizeiliche Anmeldung) am 15. Mai 1991 bei seiner Fahrt nach Bregenz in einen Verkehrsunfall verwickelt. Im Zuge der behördlichen Erhebungen wurde der Beschwerdeführer um 16.00 Uhr dieses Tages gemäß § 35 VStG festgenommen. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. Mai 1991, Zl. Sich-III/347/1991/Sch, wurde über den Beschwerdeführer zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Schubhaft verhängt. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin zum Vollzug der Schubhaft in das Polizeigefangenenhaus Steyr überstellt.

2. Am 17. Mai 1991 hat der Beschwerdeführer über seinen Rechtsvertreter gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 72/1954, zuletzt geändert durch die Fremdenpolizeigesetz-Novelle 1991, BGBl.Nr. 21/1991 (im folgenden: FrPG), Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben; mit dieser wird der Ausspruch, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft rechtswidrig ist, sowie die Verfügung beantragt, daß der Beschwerdeführer unverzüglich aus der Schubhaft zu entlassen ist; überdies wird der Antrag gestellt, es wolle dem (bereits durch einen Rechtsanwalt vertretenen) Beschwerdeführer "für die Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat (nur für diese) ein Verfahrenshelfer bestellt werden (während für das schriftliche Verfahren der Einschreiter weiterhin als Vertreter einschreiten wird)".

Zur Begründung wird bloß angeführt, daß der Beschwerdeführer "Asylwerber" ist und ihm auch der Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems nichts Wesentliches vorwirft.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems zu Zl. Sich-III/347/1991; da der Sachverhalt schon aus diesen Akten in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG Abstand genommen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1.

dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, daß die Verhängung der Schubhaft im Hinblick auf sein laufendes (zwischenzeitlich rechtskräftig - negativ abgeschlossenes) Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 Asylgesetz, BGBl.Nr. 126/1968, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990 (im folgenden: AsylG), widerspreche, erweist sich dieser Vorwurf als unzutreffend.

Wie der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. VwSen-400015/3/Gf/Bf vom 3. Mai 1991 und VwSen-400017/5/Gf/Bf vom 17. Mai 1991), ist gemäß § 5 Abs.2 AsylG nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinne des AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 AsylG). Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl. in diesem Sinne auch VfGH vom 11. Juni 1990, B 947 u. 1006/89). Daher erweist sich auch eine während des Asylverfahres über den Asylwerber zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrecht erhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt. Davon kann aber im vorliegenden Fall, wo die Schubhaft erst eine Woche andauert, keine Rede sein.

Im übrigen kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Artikel 6 Abs.1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, in Verbindung mit § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine inhaltliche Kontrolle des Schubhaftbescheides nur dahingehend, ob dieser Bescheid etwa mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftet ist, zu; die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde.

Daß der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. Mai 1991, Zl. Sich-III/347/1991/Sch, an einem schweren und offenkundigen, sohin in die Verfassungssphäre reichenden inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür"; "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. z.B. VfSlg. 8266/1978 und 8718/1979, jeweils m.w.N), wird jedoch weder vom Beschwerdeführer behauptet noch haben sich im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in diese Richtung deutende Anzeichen ergeben. Wenn nämlich die belangte Behörde auf Grund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer seit seiner erstmaligen illegalen Einreise in Österreich vor über einem Jahr nicht polizeilich gemeldet ist, sich an öfter wechselnden Orten teilweise ohne Obdach aufgehalten hat (mehrmaliges Nächtigen in Bahnhöfen) und weder über ein Arbeitseinkommen noch über nennenswerte Barbestände verfügt, offenkundig davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer zwecks finanzieller Sicherung seines weiteren Aufenthaltes in Österreich (noch weiter) in die Illegalität abgleiten wird und deshalb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, so kann diese die behördliche Vorgangsweise gemäß § 5 Abs.1 FrPG rechtfertigende Schlußfolgerung nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedenfalls nicht als "denkunmöglich" bzw. "willkürlich" qualifiziert werden.

Ist aber der Schubhaftbescheid insoweit nicht zu beanstanden, dann erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet; sie war daher abzuweisen.

4.2. Der Antrag, dem Beschwerdeführer für eine allfällige mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat die Verfahrenshilfe zu gewähren, war hingegen schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil die Gewährung der Verfahrenshilfe für den Anwendungsbereich des AVG, das gemäß § 5a Abs.6 FrPG auch für Schubhaftbeschwerden maßgeblich ist, von vornherein nicht vorgesehen ist. Diese von § 51a VStG abweichende Regelung des AVG läßt auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Artikel 6 Abs.3 lit.c MRK entstehen, weil sich diese Konventionsbestimmung ihrem klaren Wortlaut nach nur auf das Strafverfahren bezieht.

4.3. Diese Entscheidung konnte, da der Sachverhalt schon aus der Aktenlage eindeutig hervorging, gemäß § 5a Abs. 6 Z.1 FrPG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden (siehe auch schon oben, 3.).

Eine Kostenentscheidung war - weil weder die belangte Behörde Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht hat noch dieser bzw. dem unabhängigen Verwaltungssenat Barauslagen erwachsen sind - nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

(Dr. Grof) 6

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