Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400033/1/Kl/ka

Linz, 25.06.1991

VwSen - 400033/1/Kl/ka Linz, am 25. Juni 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied LRR. Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des M, geboren am 4. November 1968, StA. Jugoslawien, vertreten durch, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft im Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Linz in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 5a Abs.1 und Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 21/1991, (kurz: FrPG) in Verbindung mit § 67c des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer beantragt in seiner Eingabe, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 20. Juni 1991, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft und Veranlassung der sofortigen Enthaftung, weil die Voraussetzungen für eine Anhaltung bzw. für die Verhängung einer vorläufigen Verwahrung nach § 5 FrPG nicht vorliegen. Dazu führt der Beschwerdeführer aus, daß er seit 1973/1974 in Österreich lebe, wobei er ursprünglich bei seinem Vater in Wien, C, wohnte. Nach dem Besuch der Pflichtschulen in Österreich habe er den Lebensunterhalt als Musiker bestritten, im Jahr 1987 die Ehe mit einer österr. Staatsbürgerin geschlossen (aus der Ehe entstand ein Kind) und in Wien um die österr. Staatsbürgerschaft angesucht. Weil ein Scheidungsverfahren läuft, habe er zuletzt in E, im Hotel "A" gewohnt. Wegen Nichtmitführens des Führerscheins am 6. und 9. Juni 1991 sei er wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes angezeigt worden. Trotzdem der Paß der Republik Jugoslawien abgelaufen ist, habe er um keinen neuen angesucht, um nicht zum Wehrdienst in Jugoslawien eingezogen zu werden. Weiters werde gegen den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach dem Meldegesetz ermittelt.

Nach den Beschwerdeausführungen reichen die Verwaltungsübertretungen aber nicht aus, um die Schubhaft zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes zu verhängen, da keine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegeben sei.

2. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

3. Nachdem der Sachverhalt aufgrund der Beschwerde und des Akteninhaltes klar erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher folgender, der Entscheidung zugrundeliegender Sachverhalt:

4.1. Wegen Begehung verschiedener Verwaltungsübertretungen (Geschwindigkeitsüberschreitung, Lenken eines PKW ohne Mitführen eines Führerscheines, Aufenthalt ohne gültigen Reisepaßes bzw. Sichtvermerk) wurde der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 12. Juni 1991 vorgeführt und es wurde in der Folge noch am selben Tag von der genannten Behörde mündlich die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 5 FrPG angeordnet. Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt; gleichzeitig wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides erging über Antrag am 14. Juni 1991, wobei in der Begründung im wesentlichen die genannten Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz, der bereits am 23. Jänner 1990 abgelaufene Reisepaß mit einem bereits ab 30. Juni 1987 ungültigen Wiedereinreise-Sichtvermerk und somit der illegale Aufenthalt, mangelnde Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes sowie falsche Angaben über eine polizeiliche Meldung in Wien (Erhebungen haben ergeben, daß der Beschwerdeführer seit 17. August 1990 in Wien polizeilich abgemeldet ist) als Grundlage für den groben Verstoß gegen die öffentliche Ordnung angeführt wurden. Da auch weiterhin ein Widersetzen gegen die österr. Rechtsordnung befürchtet wurde, wurde der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Der der Anhaltung in Schubhaft zugrundeliegende Bescheid ist daher ab Verkündung vollstreckbar.

4.2. Die im Akt erliegenden Ermittlungen und Beweisaufnahmen stehen untereinander nicht im Widerspruch und ergeben daher folgende Feststellungen:

4.2.1. Dem Beschwerdeführer wurde am 26. Juli 1988 ein Führerschein der Gruppe B von der Bundespolizeidirektion Wien mit der Nummer ausgestellt, der seit September 1990 als verlustig gemeldet wurde. Um die Ausstellung eines Duplikates hat sich der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben bis heute nicht bemüht.

4.2.2. Der Beschwerdeführer besitzt einen Reisepaß, ausgestellt vom jugoslawischen Konsulat in Wien III am 23. Jänner 1985, welcher ab 23. Jänner 1990 seine Gültigkeit verlor. Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers habe er sich um keine Verlängerung des Passes bemüht, da er sonst in Jugoslawien zum Militär einberufen würde, und weil er vor ca. 1 1/2 Jahren in Wien um die österr. Staatsbürgerschaft angesucht hat.

Im Reisepaß ist ein Österreichischer Wiedereinreise-Sichtvermerk, ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Wien am 9. März 1987, eingetragen, der bis 30. Juni 1987 gültig war. In seiner Einvernahme am 12. Juni 1991 gab der Beschwerdeführer aber selbst an, sich seit etwa 3 Jahren ohne gültigen Sichtvermerk, also illegal, in Österreich aufzuhalten. Weiters wurde nie deswegen ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet.

4.2.3. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer bei seinem Vater in Wien, C, angegebenen Wohnortes wird festgestellt, daß er derzeit in Wien keinen gemeldeten Wohnsitz hat; die letzte gemeldete Adresse war vom 14. August bis 17. August 1990 im Gefangenenhaus des Landesgerichtes Wien. Die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers sind daher unrichtig.

Zu den Angaben des Beschwerdeführers, im Gästebuch des Hotels "A" in E eingetragen und dort seit ca. 3 Wochen wohnhaft zu sein, ist festzuhalten, daß eine behördliche Meldung bis dato nicht erfolgt ist.

4.2.4. Zu den persönlichen Verhältnissen ist festzustellen, daß der Beschwerdeführer verheiratet und sorgepflichtig für ein Kind ist, als Beruf Musiker angibt, seit ca. 8 Monaten keiner Beschäftigung nachgeht und nach eigenen Angaben den Lebensunterhalt von Ersparnissen in der Höhe von ca. S 160.000,-- (diese seien bei seinem Vater deponiert) bestreitet; zusätzlich kommt der Vater für seinen Lebensunterhalt auf.

5. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art. 1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in dem zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art. 2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Dies erfordert gemäß § 5 FrPG einen vollstreckbaren individuellen Verwaltungsakt.

5.2. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten. Mit der mündlichen Bescheidverkündung hat der Beschwerdeführer von der Schubhaft Kenntnis erlangt. Die Beschwerde erfolgte rechtzeitig und es sind die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen nach § 67c AVG erfüllt.

5.3. Festgehalten wird, daß durch die Novelle des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 21/1991, die Anordnung des § 11 Abs.2 FrPG jedenfalls formell unangetastet blieb. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß Artikel 129 B-VG von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll einerseits der Intention des § 5a FrPG und andererseits dem Artikel 6 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988 Rechnung getragen werden, so kann unter Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter eine Kompetenzabgrenzung dahingehend gefunden werden, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung einer Person, nämlich insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit und Verhältnismäßikeit der Inhaftierung, zu überprüfen hat. Eine Prüfung des Bescheides kommt ihm dabei nur insoweit zu, als dieser an einem schweren und offenkundigen inhaltlichen Mangel leidet (Willkür, Denkunmöglichkeit, Gesetzlosigkeit im Sinn einer ständigen Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes) und ob daher aus diesem Grund der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt ist.

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

5.4.1. Dem Schubhaftbescheid zugrunde lag der vom erkennenden Verwaltungssenat bereits unter Punkt 4.2.1. bis 4.2.4. festgestellte Sachverhalt, wobei aus dem vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Verhalten, nämlich die Unbekümmertheit gegenüber der Gültigkeit seiner Dokumente bzw. deren Wiederbeschaffung bzw. auch die Nichtbeachtung der behördlichen Wohnsitzmeldung, grobe Verstöße gegen die öffentliche Ordnung darstellen. Dem gegenüber können auch die vorgetragenen Argumente, daß eine Paßverlängerung eine Einberufung zum Militär nach sich ziehen könnte bzw. daß die österr. Staatsbürgerschaft beantragt wurde (der Sichtvermerk ist aber entgegen der Behauptung bereits seit vier Jahren ungültig), das grob gesetzwidrige Verhalten nicht rechtfertigen. Weiters ergibt das Ablaufdatum des Sichtvermerkes einen illegalen Aufenthalt von etwa vier Jahren, während der Beschwerdeführer nur drei Jahre ununterbrochenen Aufenthalt in Österreich angibt. Unter dem Aspekt des bereits langen illegalen Aufenthaltes in Österreich und des Unterlassens jeglicher behördlicher Meldung des Wohnsitzes kann auch ein weiteres gesetzwidriges und gegen die öffentliche Ordnung verstoßendes, strafbares Verhalten des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden, bzw. ist ein solches zu befürchten. Auch könnte zufolge des unsteten Aufenthaltes des Beschwerdeführers die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes be- bzw. verhindert werden.

Es erschien daher dem unabhängigen Verwaltungssenat der der Anhaltung zugrundeliegende Schubhaftbescheid, auf den sich die Verwahrungsmaßnahme stützt, nicht denkunmöglich, offensichtlich gesetzlos oder willkürlich.

5.4.2. Zum Nachweis der Mittel für seinen Lebensunterhalt, welcher im übrigen sodann im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu erbringen sein wird, verwickelt sich hingegen der Beschwerdeführer in Widersprüche, da er einerseits nach seinen Angaben von bei seinem Vater deponierten Ersparnissen und der Hilfe des Vaters lebt, wobei letzterer bedenklicherweise ohne das Wissen des Beschwerdeführers seine polizeiliche Abmeldung vorgenommen hat, und andererseits in der Beschwerde bereits eine Erklärung der Gastwirtin Lvorliegt, für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen.

5.4.3. Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde abzuweisen.

6. Nachdem weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht wurden und dem unabhängigen Verwaltungssenat auch keine Barauslagen erwachsen sind, war eine Kostenentscheidung nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t 6

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