Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400034/3/Gf/Kf

Linz, 28.06.1991

VwSen - 400034/3/Gf/Kf Linz, am 28. Juni 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied LRR. Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Ü, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs.3 AVG die am 21. Juni 1991 durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers und dessen Anhaltung in Schubhaft bis zum 25. Juni 1991 für rechtswidrig erklärt.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 14. Juni 1991 von Jugoslawien aus kommend mit der Eisenbahn in Österreich eingereist. Er war dabei im Besitz eines Reisepasses, nicht aber eines gültigen Sichtvermerkes; dieser Umstand blieb jedoch unbeanstandet, weil die Organe der Grenzkontrolle die Reisedokumente des Beschwerdeführers keiner Überprüfung unterzogen haben.

Am 20. Juni 1991 hat sich der Beschwerdeführer unter der Adresse H polizeilich angemeldet, ohne damit - laut Meldezettel - einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen.

Am 21. Juni 1991 erschien der Beschwerdeführer um 8.30 Uhr persönlich bei der Bundespolizeidirektion Linz, um die Ausstellung eines Sichtvermerkes zu beantragen. Aufgrund der daraufhin im fremdenpolizeilichen Referat mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift, im Zuge derer sich die illegale Einreise in Österreich offenbarte, wurde der Beschwerdeführer um 9.00 Uhr gemäß § 14e des Fremdenpolizeigesetzes als zum Zweck der Vorführung vor und zur Durchführung des Verfahrens durch die zuständige Behörde für festgenommen erklärt; der nach dieser Gesetzesstelle erforderliche Sicherungszweck für diese Maßnahme wurde von der belangten Behörde damit begründet, daß es sich bei der vorliegenden polizeilichen Anmeldung offensichtlich um einen Scheinakt handle, weil unter dieser Adresse bereits 81 Personen aufrecht gemeldet seien, aufgrund der baulichen Gegebenheiten (sechs Zimmer mit je vier Betten) aber diese Anzahl von Personen faktisch keine Unterkunft finden könnten und damit die evidente Gefahr bestehe, daß sich der Beschwerdeführer dem fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen werde.

In der Zwischenzeit wurde an der Meldeadresse des Beschwerdeführers ein polizeilicher Lokalaugenschein durchgeführt und festgestellt, daß der Beschwerdeführer nach Zeugenaussagen im dort befindlichen Gastlokal wohl bekannt, jedoch nicht wohnhaft oder ständig aufhältig ist.

Im Anschluß daran hat die Bundespolizeidirektion Linz mit dem auf § 57 AVG gestützten Bescheid vom 21. Juni 1991, Zl. Fr-76.277, über den Beschwerdeführer zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diesen Bescheid nach Zustellung an den anwesenden Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sofort vollzogen.

In der Folge wurde von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom selben Tag und zur selben Zahl gemäß § 10a des Fremdenpolizeigesetzes die Ausweisung des Beschwerdeführers angeordnet und diese am 25. Juni 1991 vollzogen.

Gegen den Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Juni 1991, Zl. Fr-76.277, hat der Beschwerdeführer noch am selben Tag Vorstellung an die Bundespolizeidirektion Linz und gegen die aufgrund dieses Bescheides verhängte Schubhaft noch am selben Tag Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat (hier eingelangt am 24. Juni 1991) erhoben.

2.1. Der oben angeführte Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz wurde von der belangten Behörde damit begründet, daß der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle in Österreich eingereist sei und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen habe; in der Folge habe er sich bloß zum Schein polizeilich angemeldet, damit das Meldegesetz übertreten und so neuerlich eine strafbare Handlung gesetzt. Da aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers zu befürchten sei, daß dieser auch weiterhin dementsprechende Verwaltungsübertretungen begehen werde, sei über ihn zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen gewesen.

2.2. Gegen diese mit dem oben angeführten Bescheid verhängte Schubhaft wendet sich der Beschwerdeführer zunächst mit der Begründung, daß das Tatbestandsmerkmal der "Gefahr im Verzug" als Voraussetzung für die Erlassung eines Mandatsbescheides im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen und der Beschwerdeführer dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf persönliche Freiheit und auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden wäre.

Dazu komme, daß sich im Bescheid keine konkrete Begründung für die Notwendigkeit der Verhängung der Schubhaft finde, sondern sich diese lediglich in der Wiedergabe des Gesetzeswortlautes erschöpfe; tatsächlich habe nämlich keine Veranlassung für die Verhängung der Schubhaft bestanden, weil sich der Beschwerdeführer ordnungsgemäß polizeilich angemeldet habe, unter dieser Adresse auch tatsächlich wohnhaft gewesen und schließlich aus freien Stücken bei der Behörde erschienen sei.

Es wird daher die Feststellung der Rechtswidrikeit der Verhängung der Schubhaft sowie die unmittelbare Enthaftung des Beschwerdeführers beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-76.277; daraus ging hervor, daß der vom Beschwerdeführer seinen Anträgen zugrundegelegte Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Punkten mit dem Akteninhalt übereinstimmt, sodaß von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 21/1991 (im folgenden: FrPG), abgesehen werden konnte.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.

Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese Maßnahme zuvor durch Bescheid verfügt worden ist (vgl. z.B. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11. Juni 1990, B 947 und 1006/89). Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG). Festzuhalten ist jedoch, daß durch die FrPG-Novelle 1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden.

Andererseits ist den unabhängigen Verwaltungssenaten von Verfassungs wegen gemäß Art. 129 B-VG - und zwar in erster Linie - die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion des unabhängigen Verwaltungssenates einerseits auch effektiv zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - den Sicherheitsdirektionen die Berufungsentscheidung über Schubhaftbeschwerden vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG im Zusammenhalt mit Art. 6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG) Rechnung tragende und im Hinblick auf die Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung zwischen diesen beiden Organen nur folgendermaßen gefunden werden:

Dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art. 6 Abs.1 PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche - also sehr kurzfristig - über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, kommt im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine Rechtmäßigkeitskontrolle des Schubhaftbescheides nur dahingehend zu, ob dadurch die durch das PersFrSchG verfassungsmäßig (und darauf basierend durch das FrPG einfachgesetzlich; vgl. dazu z.B. VfSlg 11638/1988, S 179, m.w.N.) geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers verletzt worden ist. Trifft dies zu, so erstreckt sich die Befugnis des unabhängigen Verwaltungssenates von Gesetzes wegen aber auch dann lediglich darauf, die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung , also gleichsam jene des Vollzuges des Bescheides, festzustellen. Die Wahrnehmung sonstiger materiell nicht mit dem PersFrSchG im Zusammenhang stehender Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides sowie jedenfalls dessen formelle Elimination aus dem Bestand der Rechtsordnung obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde, soweit nicht etwa bei einer Rechtswidrigerklärung der Festnahme und Anhaltung durch den unabhängigen Verwaltungssenat - schon die bescheiderlassende Behörde selbst Anlaß zu einem Vorgehen gemäß § 68 Abs.2 AVG findet.

Die Beschwerde ist daher, weil sie nach den unter 1. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sowie nach dem Beschwerdevorbringen gegen eine Festnahme und Anhaltung, die ihrerseits auf einem gemäß § 57 AVG erlassenen und damit sofort vollstreckbaren (wenngleich deshalb noch nicht rechtskräftigen) Schubhaftbescheid basiert, zulässig. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG; auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG sind im vorliegenden Fall erfüllt.

4.2. Die Beschwerde ist auch begründet.

4.2.1 Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall den Schubhaftbescheid in materieller Hinsicht gleichsam bloß zum Schein begründet habe, sich in Wahrheit die Begründung aber bloß auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränke, so erweist sich dieser Vorwurf allerdings zunächst als unzutreffend.

Wie schon oben unter 4.1. dargetan wurde, kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 zweiter Satz PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG "binnen einer Woche" über die "Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges" bzw. die "Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung" zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG nur eine durch diese Intention des PersFrSchG i.V.m. dem FrPG beschränkte materielle Kontrollmöglichkeit des Schubhaftbescheides zu. Diese Prüfung führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann die Behörde zur Vorbereitung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung unter anderem dann die Schubhaft verhängen, wenn dies deshalb notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (vgl. § 5 Abs.1 letzte Alternative FrPG). Wenn nun die belangte Behörde eine Augenscheinüberprüfung durchgeführt hat und aufgrund dieser zum Ergebnis gekommen ist, daß - weil unter der in Rede stehenden Meldeadresse 81 Personen aufrecht gemeldet sind, tatsächlich dort aber höchstens Platz für 24 Personen vorhanden und der Beschwerdeführer nach Zeugenaussagen dort nicht wohnhaft ist - in Wahrheit eine bloße Scheinanmeldung und damit eine Übertretung des Meldegesetzes vorliegt und die Behörde im Zusammenhang mit dem Umstand, daß der Beschwerdeführer illegal nach Österreich eingereist ist, zur Überzeugung gelangte, daß dieser auch weiterhin strafbare Handlungen begehen werde, so kann ihr insoweit nicht entgegengetreten werden: Die dem Schubhaftbescheid zugrundegelegte Annahme der Behörde steht - gemessen an den faktischen Umständen - nicht offensichtlich im Widerspruch mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, die zur Sicherung des in § 5 Abs.1 FrPG gesetzlich festgelegten Zweckes verhängte Schubhaft erscheint somit aus materiellrechtlicher Sicht nicht rechtswidrig. Es lag demnach eine denkmögliche (vgl. z.B. VfSlg 11638/1988, S. 179) Gesetzesanwendung, wie sie aufgrund des Art. 1 Abs.2 PersFrSchG ("gesetzlich vorgeschriebene Weise") i.V.m. Art.18 Abs.1 B-VG seitens der Behörde auch gegenüber Ausländern geboten ist, vor. Der Beschwerdeführer wurde also dadurch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Die vom Verfassungsgerichtshof noch in seinem Erkenntnis VfSlg 6240/1970, S. 499, vertretene, allerdings aus dem im gegenständlichen Verfahren jedoch keinen Prüfungsmaßstab bildenden - Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Auffassung erscheint somit durch die zwischenzeitliche Normierung des Art. 1 Abs.2 PersFrSchG als überholt.

4.2.2. Die Behörde hat jedoch den vorliegenen Schubhaftbescheid auf § 57 AVG gestützt, obwohl sie zuvor - wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt - bereits ein Ermittlungsverfahren (Niederschrift, Augenschein) durchgeführt hat (und innerhalb der ihr gemäß Art.4 Abs.5 PersFrSchG zur Verfügung stehenden 24-Stunden-Frist jedenfalls noch weitere Ermittlungen hätte durchführen können). Diese Vorgangsweise widerspricht zunächst der Anordnung des § 57 Abs.1 AVG. Die Behörde hätte also vielmehr einen Bescheid zu erlassen gehabt, der den vergleichsweise gesteigerten Anforderungen des § 58 und § 60 AVG, insbesondere soweit es die Pflicht zu dessen Begründung betrifft, zu genügen gehabt hätte. Auch ein gemäß § 64 Abs.2 AVG allenfalls verfügter Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen den Schubhaftbescheid hätte demgemäß einer ausführlichen Begründung in bezug auf das Tatbestandsmerkmal der "Gefahr im Verzug" bedurft. Die unrichtige Form der Bescheiderlassung begründet nun zwar für sich allein besehen noch keinen so gravierenden Mangel, daß der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden wäre. Allerdings kommt diesem Umstand - weil er im Ergebnis eine eingehendere Begründung seitens der Behörde auch für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Verhängung der Schubhaft bewirkt - aus der Sicht des Schutzzweckes des PersFrSchG hier eine maßgebliche Bedeutung zu. Weil es nämlich selbst unter Beachtung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer illegal in Österreich eingereist ist und sich bloß zum Schein angemeldet hat, nicht von vornherein auf der Hand liegt, daß sich der Beschwerdeführer im Sinne des Art.2 Abs.1 Z.7 PersFrSchG i.V.m. § 5 Abs.1 FrPG einer bevorstehenden Abschiebung zu entziehen versuchen wird dagegen spricht zumindest, daß er aus eigenem Antrieb persönlich bei der Behörde erschienen ist und dort einen Antrag auf Sichtvermerkserteilung gestellt hat, um in der Folge in Österreich arbeiten zu können -, hätte die Behörde das Vorliegen des Tatbestandselementes der "Gefahr im Verzug" als Voraussetzung der Anwendung des (§ 57 Abs.1 AVG bzw. des) § 64 Abs.2 AVG ausdrücklich begründen müssen. Daß sich die Fluchtgefahr aufgrund der faktischen Begleitumstände möglicherweise auch schlüssig - etwa aufgrund der bloßen Scheinanmeldung - ergeben hätte, vermag den Anforderungen des § 60 AVG jedenfalls deshalb nicht zu genügen, weil ein allfälliges Rechtsmittel gemäß § 63 Abs.3 AVG - im Gegensatz zur Vorstellung nach § 57 Abs.2 und 3 AVG - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, dem Rechtsmittelwerber aber eine von der Behörde bloß schlüssig getroffene Annahme, die den Bescheid tragen soll, naturgemäß nicht bekannt werden kann, wenn sich der Bescheid unrichtigerweise auf § 57 Abs.1 AVG stützt und man damit objektiv davon auszugehen hat, daß kein Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde.

Tatsächlich findet sich in der Begründung des hier in Rede stehenden Bescheides keinerlei Hinweis auf das in § 57 Abs.1 AVG enthaltene Tatbestandselement der "Gefahr im Verzug". Der Schubhaftbescheid erweist sich mithin insoweit mangels echter inhaltlicher Begründung als gesetzlos; fehlt es ihm damit aber insoweit an der von Art.6 Abs.1 PersFrSchG i.V.m. § 5 Abs.1 FrPG geforderten rechtlichen Deckung, so vermag dieser keine taugliche Rechtsgrundlage für den angeordneten Freiheitsentzug zu bilden.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen (4.1.) ergibt sich daraus in der Folge, daß die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft durch die belangte Behörde rechtswidrig war und diesen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt hat.

Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 5a Abs.6 FrPG festzustellen.

Eine Enthaftung hatte der unabhängige Verwaltungssenat hingegen aufgrund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates bereits - rechtmäßigerweise, weil dieser keinen Asylantrag gestellt hat und damit die Durchführung der Abschiebung zulässig war (vgl. dagegen aber z.B. VwSen-400017/5/Gf/Bf vom 17. Mai 1991) - nicht zu verfügen.

5. Eine Kostenentscheidung war - weil weder der Beschwerdeführer Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht hat noch dem unabhängigen Verwaltungssenat Barauslagen erwachsen sind - nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 28. Juni 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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