Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400054/3/Gf/Kf

Linz, 19.09.1991

VwSen - 400054/3/Gf/Kf Linz, am 19. September 1991 DVR.0690392 - & - E r k e n n t n i s :

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des R, wegen Festnahme und Anhaltung durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau I. beschlossen: Die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 10. September 1991, Zl. Sich-0702/G, sowie der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für diese Berufung wird gemäß § 11 Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs.3 AVG zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt: Die aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 10. September 1991, Zl. Sich-0702/G, erfolgte Festnahme und seitherige Anhaltung in Schubhaft wird als nicht rechtswidrig festgestellt. Die Beschwerde wird daher insoweit gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 4. Februar 1990 in Österreich ein, ohne im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes zu sein. Erst am 30. August 1990 wurde ihm von der Bundespolizeidirektion Wien ein bis 20. August 1991 befristeter Sichtvermerk erteilt; dabei wurde über den Beschwerdeführer sogleich wegen des bis dahin rechtswidrigen Aufenthaltes in Österreich eine Verwaltungsstrafe von 2.000 S verhängt. Am 24. Oktober 1990 hat der Beschwerdeführer unter Aufgabe seines bisherigen Wohnsitzes in der R Wien, einen neuen ordentlichen Wohnsitz begründet. Eine am 20. Juni 1991 durchgeführte polizeiliche Kontrolle ergab, daß sich der Beschwerdeführer seit mehreren Monaten auch unter der Adresse W, unangemeldet aufhielt; er wurde daraufhin wegen Übertretung des Meldegesetzes angezeigt und angehalten, seine meldepolizeilichen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Im Zuge dieser Kontrolle konnte der Beschwerdeführer ausreichende Barmittel vorweisen. Am 7. August 1991 hat sich der Beschwerdeführer in L, angemeldet.

1.2. Im Hinblick auf den bis 20. August 1991 befristeten Sichtvermerk hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau das Gendarmeriekommando Schwand i.I. am 13. August 1991 mit Erhebungen darüber beauftragt, auf welcher Rechtsgrundlage sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhält und wodurch er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Im Falle des Antreffens ohne gültigen Sichtvermerkt sollte der Beschwerdeführer festgenommen und der Behörde vorgeführt werden. Bei einer daraufhin erfolgten Kontrolle am 2. September 1991 konnte der Beschwerdeführer an seiner letzten Meldeadresse nicht vorgefunden werden. Am 10. September 1991 wurde der Beschwerdeführer jedoch vor dem Gemeindeamt in Gilgenberg angetroffen, festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Braunau vorgeführt. Diese hat nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid vom selben Tag, Zl. Sich-0702/G, über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und diese sofort - durch Überstellung des Beschwerdeführers in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Ried - vollzogen.

1.3. Unter anderem gegen die mit diesem dem Beschwerdeführer am 10. September 1991 persönlich übergebenen Bescheid verhängte Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 13. September 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene, hg. am 17. September 1991 eingelangte Beschwerde.

2.1. Der Schubhaftbescheid wurde von der belangten Behörde im wesentlichen damit begründet, daß sich der Beschwerdeführer seit dem 21. August 1991 ohne gültigen Sichtvermerk und damit widerrechtlich in Österreich aufhalte, obwohl er aus diesem Grunde bereits einmal rechtskräftig bestraft worden sei. Außerdem sei er nicht krankenversichert und ohne Beschäftigung. Schließlich hätten Ermittlungen ergeben, daß sich der Beschwerdeführer - obwohl er in Gilgenberg gemeldet gewesen sei tatsächlich dort nicht aufhalte und auch nie angetroffen worden sei; auch sei er in Wien nicht an dem von ihm angegebenen Hauptwohnsitz, sondern unter einer anderen Adresse gemeldet. Weil der Beschwerdeführer nicht über entsprechende Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts verfüge, müsse zudem befürchtet werden, daß er sich diese durch unerlaubte Tätigkeiten verschaffen wird. Die unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers über seine polizeiliche Meldung würden die Annahme rechtfertigen, daß er sich im Falle einer fremdenpolizeilichen Behandlung dem behördlichen Zugriff zu entziehen versuchen wird.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Voraussetzungen für die Verlängerung des Sichtvermerkes ohnedies gegeben wären. Auch treffe es nicht zu, daß er unrichtige Angaben über seine polizeiliche Meldung gemacht habe. Er habe bei seiner letzten Anmeldung in Gilgenberg den damals gültigen Meldezettel der Bundespolizeidirektion Wien vorgelegt und im übrigen auf dessen Ausfüllung - die von einem Gemeindebediensteten vorgenommen wurde - keinen Einfluß gehabt. Dabei sei es ohne sein Verschulden und aufgrund von Sprachschwierigkeiten zu näher dargelegten Verwechslungen und Unrichtigkeiten (s.u.) gekommen. Der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers sei trotz seiner derzeitigen Arbeitslosigkeit durch die weiterhin aufrechte Verpflichtungserklärung seiner beiden Großonkel - die die Grundlage für die erstmalige Sichtvermerkserteilung durch die Bundespolizeidirektion Wien bildete - sowie durch eine zusätzliche Verpflichtungserklärung seine Brunders sichergestellt. Seit dem Frühjahr 1991 sei er mit einer Österreicherin verlobt; wegen der geplanten Heirat habe er zu seinem Brunder nach Gilgenberg ziehen wollen und deshalb am dortigen Gemeindeamt vorgesprochen. Dort hätte man ihn wegen der für die Heirat benötigten Aufenthaltsgenehmigung an die Bezirkshauptmannschaft Braunau verwiesen. Er sei daraufhin zur Bezirkshauptmannschaft Braunau gefahren und diese hätte sein Erscheinen nur dazu benutzt, um über ihn die Schubhaft zu verhängen.

Da die Schubhaft nach Ansicht des Beschwerdeführers sohin grundlos bzw. willkürlich verhängt wurde, wird die Aufhebung der Schubhaft und die Aufhebung des Schubhaftbescheides sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die Berufung gegen den Schubhaftbescheid beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Sich-0702; daraus ging hervor, daß der vom Beschwerdeführer seinen Anträgen zugrundegelegte Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Punkten mit dem Akteninhalt übereinstimmt, sodaß von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), abgesehen werden konnte.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.

Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese Maßnahme zuvor durch Bescheid verfügt worden ist (vgl. z.B. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89); vom Vorliegen eines vollstreckbaren Bescheides geht erkennbar auch § 5a Abs.2 FrPG aus. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG - sogenannte "Schubhaftbeschwerde" (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG sogenannte "Maßnahmenbeschwerde"). Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft zu überprüfen.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß durch die (erste) FrPG-Novelle 1991 (BGBl.Nr. 21/1991) die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Andererseits ist den unabhängigen Verwaltungssenaten von Verfassungs wegen gemäß Art. 129 B-VG - und zwar in erster Linie - die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion des unabhängigen Verwaltungssenates einerseits auch effektiv zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - den Sicherheitsdirektionen die Berufungsentscheidung über Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG im Zusammenhalt mit Art. 6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG) Rechnung tragende und im Hinblick auf die Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung zwischen diesen beiden Organen nach hg. Meinung nur folgendermaßen gefunden werden:

Dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art. 6 Abs.1 PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche - im Gegensatz zur Sicherheitsdirektion (vgl. § 73 AVG) also sehr kurzfristig - über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, kommt im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit des die Voraussetzung und Grundlage der Schubhaft bildenden Bescheides nur dahingehend zu, ob durch den Schubhaftbescheid die durch das PersFrSchG verfassungsmäßig (und darauf basierend durch das FrPG einfachgesetzlich; vgl. dazu z.B. VfSlg 11638/1988, S 179, m.w.N.) geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers verletzt worden ist. Trifft dies zu, so erstreckt sich die Befugnis des unabhängigen Verwaltungssenates von Gesetzes wegen aber auch dann lediglich darauf, die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung, also gleichsam die Rechtswidrigkeit des Vollzuges des Schubhaftbescheides, festzustellen. Die Wahrnehmung sonstiger materiell nicht mit dem PersFrSchG im Zusammenhang stehender Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides sowie jedenfalls dessen formelle Elimination aus dem Bestand der Rechtsordnung obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde, soweit nicht - etwa bei einer Rechtswidrigerklärung der Festnahme und Anhaltung durch den unabhängigen Verwaltungssenat - schon die bescheiderlassende Behörde selbst Anlaß zu einem Vorgehen gemäß § 68 Abs.2 AVG findet.

Nach all dem ist die vorliegenden Beschwerde, soweit sie sich gegen eine Festnahme und Anhaltung, die ihrerseits auf einem gemäß den §§ 58 ff AVG erlassenen und wegen des nach § 64 Abs.2 AVG verfügten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheid basiert, zulässig; insoweit gründet sie sich tatsächlich auf § 5a FrPG und sind auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG erfüllt.

Demgegenüber waren im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Berufung gegen den Schubhaftbescheid sowie der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für diese Berufung gemäß § 11 Abs.2 FrPG i.V.m. § 67c Abs.3 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

4.2. Soweit die Beschwerde zulässig ist, ist sie im Ergebnis jedoch nicht gerechtfertigt.

4.2.1. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall den Schubhaftbescheid damit begründet, daß der Beschwerdeführer paß- und melderechtliche Vorschriften verletzt habe, sich daher widerrechtlich in Österreich aufhalte und die Gefahr bestehe, daß er sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen versuchen wird.

Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann die Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung dann die Schubhaft verhängen, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) oder deshalb notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (§ 5 Abs.1 zweite Alternative FrPG).

Dem Fremden kommt in diesem Fall nach § 5a Abs.1 FrPG das Recht zu, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und/oder der Anhaltung anzurufen. Damit werden zwei alternative Beschwerdegegenstände - nämlich der (punktuelle) der Festnahme (und notwendig damit im Zusammenhang stehenden Anhaltung) einerseits und der (auf Dauer gerichtete) der Anhaltung in Schubhaft (als Vollzug der entsprechenden behördlichen Anordnung) - geschaffen, für die jeweils der fremdenpolizeiliche Schubhaftbescheid die Grundlage bildet; eine in diesem Sinne tragfähige Basis vermag dieser Bescheid im Hinblick auf § 68 Abs.1 AVG jedoch nur solange zu bilden, als sich nicht die (rechtlichen oder) tatsächlichen Voraussetzungen, die für dessen Erlassung maßgeblich waren, entscheidungswesentlich geändert haben. Daß derartige Modifikationen während der zwei- bis dreimonatigen Dauer der Schubhaft (§ 5 Abs.2 FrPG) eintreten können, liegt auf der Hand, sodaß die Schaffung zweier unterschiedlicher Beschwerdegegenstände in § 5a Abs.1 FrPG aus Sachlichkeitsgründen verfassungsrechtlich geradezu geboten erschien. Dabei kommt dem Schubhaftbescheid im ersteren Fall - der Beschwerde gegen die Schubhaft dem Grunde nach, wo also bezüglich des "OB" der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft (nur darum geht es nach dem Parteienantrag im vorliegenden Fall; eine amtswegige Erweiterung des Beschwerdevorbringes kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf die schon von Gesetzes wegen bestimmte Höchstdauer der Schubhaft vgl. Art.6 Abs.2 PersFrSchG - nicht zu) zu entscheiden ist - die zentrale Bedeutung zu, während ihm im zweiten Fall Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzuges, also des "WIE" der Schubhaft - nur als Beurteilungsmaßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung eine Bedeutung zukommt, die eine vergleichbare Wesentlichkeit erst dann erreicht, wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen für dessen Erlassung maßgeblich geändert haben. Gilt es nun also - wie im vorliegenden Fall - (ausschließlich) zu prüfen, ob die Anordnung der Schubhaft als solche rechtmäßig war, so hat der unabhängige Verwaltungssenat demnach auf die Sach- und Rechtslage, wie sie im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides für jedermann (und nicht etwa nur aus der subjektiven Sicht der Behörde) evident erkennbar vorgeherrscht hat, abzustellen und diese seiner Entscheidung zugrundezulegen.

4.2.2. Wie schon oben unter 4.1. dargetan wurde, kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 zweiter Satz PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG "binnen einer Woche" über die "Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges" bzw. die "Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung" zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG nur eine durch diese Intention des PersFrSchG i.V.m. dem FrPG beschränkte materielle Kontrollmöglichkeit des Schubhaftbescheides zu. Diese Prüfung der Schubhaftbescheide führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

4.2.2.1. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß die belangte Behörde im Ergebnis unzutreffend von einer Verletzung melderechtlicher Vorschriften ausgegangen ist. Wie aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Meldezettel hervorgeht, hat der Beschwerdeführer am 24. Oktober 1990 unter ausdrücklicher Aufgabe seines bisherigen ordentlichen Wohnsitzes (Rauchfangkehrergasse 31/22, 1150 Wien) bei der Bundespolizeidirektion Wien unter der Adresse "Wendtgasse 5/15, 1160 Wien" einen neuen ordentlichen Wohnsitz begründet. Im Juni 1991 wurde von der Bundespolizeidirektion Wien zwar zur Anzeige gebracht, daß sich der Beschwerdeführer ohne Meldung unter der Adresse "Wurlitzergasse 72/2/21, 1160 Wien", aufgehalten hat, doch hat es diese Behörde bei der Aufforderung, der Beschwerdeführer möge seine fremdenpolizeilichen Angelegenheiten in Ordnung bringen, bewenden lassen. Am 7. August 1991 hat sich der Beschwerdeführer sodann unter der Adresse "L" angemeldet und dabei den früheren Meldezettel vom 24. Oktober 1991 vorgelegt. Da der neue Meldezettel offensichtlich mittels Schreibmaschine ausgefüllt wurde, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß diese Tätigkeit nicht von ihm, sondern von einem Gemeindebediensteten durchgeführt wurde, zumindest nicht von vornherein von der Hand zu weisen; aus diesem Grund scheint auch der Einwand, daß es dabei - auch infolge von Sprachschwierigkeiten - zu der fälschlichen Eintragung des bereits mit der obigen Meldung vom 24. Oktober 1990 aufgegebenen als weiteren ordentlichen Wohnsitz und zum versehentlichen Ankreuzen des nunmehr neugemeldeten als nicht ordentlicher (anstelle ordentlicher) Wohnsitz gekommen ist, glaubhaft. Damit erweist sich aber auch der - offenkundig aufgrund unzureichender Ermittlungen erhobene Vorwurf seitens der belangten Behörde in der Begründung ihres Bescheides, der Beschwerdeführer habe bei seiner letzten Anmeldung nicht die richtige Adresse "W", sondern fälschlicherweise die Adresse "R" als seinen bisherigen ordentlichen Wohnsitz angegeben und suche sich im Wege derartiger Falschangaben dem behördlichen Zugriff zu entziehen, nicht als in dem Sinne stichhaltig, daß darauf die gravierende Eingriffsmaßnahme der Verhängung der Schubhaft gestützt werden könnte.

4.2.2.2. Gleiches gilt für die Annahme, daß der Beschwerdeführer nicht über die entsprechenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügen würde. Der Tatsache, daß der Beschwerdeführer arbeitslos ist und bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde lediglich 2.000 S besaß, stand die aktenkundige und vor allem unbefristete Verpflichtungserklärung jedenfalls eines Großonkels des Beschwerdeführers, für dessen Lebensunterhalt aufzukommen, gegenüber. Aufgrund dieser Verpflichtungserklärung hat seinerzeit die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer immerhin einen einjährigen Sichtvermerk erteilt. Angesichts dieser Umstände konnte die belangte Behörde daher aber auch nicht ohne nähere Prüfung mit Grund davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes außerstande und deshalb die Verhängung der Schubhaft unbedingt erforderlich wäre.

4.2.2.3. Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer aber auch vor, sich ohne gültigen Sichtvermerk und damit seit 21. August 1991 widerrechtlich in Österreich aufzuhalten. Es ist in diesem Zusammenhang eine unbestrittene Tatsache, daß über den Beschwerdeführer bereits von der Bundespolizeidirektion Wien wegen eines aus diesem Grunde illegalen siebenmonatigen Aufenthaltes in Österreich im Jahre 1990 eine rechtskräftige Verwaltungsstrafe verhängt worden ist. Im Anschluß daran wurde ein befristeter Sichtvermerk erteilt. Der Beschwerdeführer war demnach offensichtlich über die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte - Notwendigkeit eines gültigen Sichtvermerkes als Voraussetzung für einen legalen Aufenthalt in Österreich informiert. Umso unverständlicher muß es daher erscheinen, daß sich der Beschwerdeführer nicht zeitgerecht um die Verlängerung des Sichtvermerkes bemüht hat, noch dazu, wo er nach seinen eigenen Angaben beabsichtigt, in nächster Zeit eine Inländerin zu heiraten. Da der Beschwerdeführer für dieses Fehlverhalten weder bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde noch in der vorliegenden Beschwerde tragfähige Gründe vorzubringen vermochte, war aber andererseits auch die Prognose der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde sich weiterhin in dieser Weise rechtswidrig verhalten, sowie die daraufhin zwecks Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erfolgte Verhängung der Schubhaft jedenfalls nicht unvertretbar und aus diesem Grunde gemäß § 5 Abs.1 erste Alternative FrPG rechtmäßig.

4.3. Der Beschwerdeführer wurde daher im Ergebnis durch die Verhängung der Schubhaft nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 5a Abs.6 FrPG festzustellen.

5. Eine Kostenentscheidung war - weil weder die belangte Behörde Kosten der Rechtsverfolgung geltendgemacht hat noch dieser oder dem unabhängigen Verwaltungssenat Barauslagen erwachsen sind - nicht zu treffen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs.4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 19. September 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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