Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400063/4/Gf/Kf

Linz, 13.01.1992

VwSen - 400063/4/Gf/Kf Linz, am 13. Jänner 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die vom 30. Dezember 1991 bis 5. Jänner 1992 vorgenommene Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wird gemäß § 5a Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs.3 AVG für rechtswidrig erklärt; insoweit wird der Beschwerde stattgegeben. Im übrigen wird diese abgewiesen.

II. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte und hinsichtlich der festgestellten Rechtswidrigkeit für den Bund tätig gewordene Behörde ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, die mit 10.477,80 S zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig bestimmten Kosten dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, ist am 27. Jänner 1991 von Ungarn aus kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in Österreich eingereist, ohne im Besitz eines gültigen Reisepasses oder Sichtvermerkes zu sein. In der Folge hat er im Flüchtlingslager Traiskirchen Unterkunft gefunden und am nächsten Tag einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gestellt.

1.2. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1991, Zl. FrA-R 356/91, hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling i.S.d. Flüchtlingskonvention anzusehen ist. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben.

1.3. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27.

Mai 1991, Zl. 4.308.641/2-III/13/91, wurde diese Berufung abgewiesen und bestätigt, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention und des Asylgesetzes anzusehen ist. Dieser Bescheid wurde am 13. Juni 1991 am Postamt 4030 Linz hinterlegt. Er wurde dem Beschwerdeführer jedoch - weil sich dieser nicht ordnungsgemäß ausweisen konnte - nicht ausgefolgt, sondern der Bundespolizeidirektion Linz rückgemittelt. Am 19. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer aus der Bundesbetreuung entlassen.

1.4. Am 17. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Verkehrskontrolle gegen 21.00 Uhr festgenommen, weil sich dieser nicht ausweisen konnte, keinen ordentlichen Wohnsitz sowie keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachzuweisen vermochte und schließlich im Verdacht stand, daß er sich nicht rechtmäßig im Besitz des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges befand; in der Folge wurde der Beschwerdeführer unmittelbar der Bundespolizeidirektion Linz vorgeführt.

1.5. Mit dem auf § 57 Abs.1 AVG gestützten und dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Dezember 1991, Zl. Fr-77.922, wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen. Dort wurde ihm auch der oben unter 1.3. angeführte Bescheid des Bundesministers für Inneres ausgefolgt.

1.6. Mit Bescheid vom 24. Dezember 1991, Zl. Fr-77.922, wurde über den Beschwerdeführer ein bis 24. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Am 5. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer nach Rumänien abgeschoben.

1.7. Gegen den oben unter 1.5. angeführten Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz hat der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1991 Vorstellung an die belangte Behörde und am 27. Dezember 1991, hg. eingelangt am 30. Dezember 1991, Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme sowie der Verhängung der und Anhaltung in Schubhaft erhoben.

2.1. Der Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Dezember 1991, Zl. Fr-77.922, wurde von der belangten Behörde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer weder einen ordentlichen Wohnsitz noch die finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachzuweisen vermöge noch über gültige Reisepapiere verfüge und sich daher illegal in Österreich aufhalte. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers sohin die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde und zu befürchten sei, daß er sich - mit Blick auf seinen widerrechtlichen Aufenthalt in Österreich - weiterhin strafbar verhalten werde, sei wegen Gefahr in Verzug die Schubhaft zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Begründung, daß er nicht schon bei seiner Festnahme in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe der Verhaftung unterrichtet und ihm auch nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, einen Angehörigen oder einen Rechtsbeistand von seiner Inhaftierung zu unterrichten; dadurch sei er auch in seinem Recht, zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen stellung nehmen zu können, verletzt worden. Außerdem habe sich eine befreundete Person verpflichtet, während des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich für dessen Unterhalt aufzukommen und ihm eine Wohnmöglichkeit verschafft. Gegen den negativen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres werde der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

Aus allen diesen Gründen wird beantragt, die Rechtswidrigkeit der Schubhaft kostenpflichtig festzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-77.922; daraus ging hervor, daß der vom Beschwerdeführer seinen Anträgen zugrundegelegte Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Punkten mit dem Akteninhalt übereinstimmt, sodaß von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 21/1991 (im folgenden: FrPG), abgesehen werden konnte.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.

Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese Maßnahme zuvor durch Bescheid verfügt worden ist (vgl. z.B. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89); vom Vorliegen eines vollstreckbaren Bescheides geht erkennbar auch § 5a Abs.2 FrPG aus. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG - sogenannte "Schubhaftbeschwerde" (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG sogenannte "Maßnahmenbeschwerde"). Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft zu überprüfen. Über die mit dem vorliegenden Schriftsatz gleichzeitig eingebrachte und hg. zu VwSen-420008 protokollierte Beschwerde gegen die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung im Vorfeld der Erlassung des Schubhaftbescheides ist demgemäß in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden (vgl. zuletzt VwSen-400061 und VwSen-420006, jeweils vom 12.12.1991).

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang mit einer Schubhaftbeschwerde jedoch, daß durch die erste FrPG-Novelle 1991 (BGBl.Nr. 21/1991) die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Andererseits ist den unabhängigen Verwaltungssenaten von Verfassungs wegen gemäß Art. 129 B-VG - und zwar in erster Linie - die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion des unabhängigen Verwaltungssenates einerseits auch effektiv zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - den Sicherheitsdirektionen die Berufungsentscheidung über Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG im Zusammenhalt mit Art. 6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG) Rechnung tragende und im Hinblick auf die Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung zwischen diesen beiden Organen nach hg. Meinung nur folgendermaßen gefunden werden:

Dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art. 6 Abs.1 PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche - im Gegensatz zur Sicherheitsdirektion (vgl. § 73 AVG) also sehr kurzfristig - über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, kommt im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit des die Voraussetzung und Grundlage der Schubhaft bildenden Bescheides nur dahingehend zu, ob durch den Schubhaftbescheid die durch das PersFrSchG verfassungsmäßig (und darauf basierend durch das FrPG einfachgesetzlich; vgl. dazu z.B. VfSlg 11638/1988, S 179, m.w.N.) geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers verletzt worden ist. Trifft dies zu, so erstreckt sich die Befugnis des unabhängigen Verwaltungssenates von Gesetzes wegen aber auch dann lediglich darauf, die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und Anhaltung, also gleichsam die Rechtswidrigkeit des Vollzuges des Schubhaftbescheides, festzustellen. Die Wahrnehmung sonstiger materiell nicht mit dem PersFrSchG im Zusammenhang stehender Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides sowie jedenfalls dessen formelle Elimination aus dem Bestand der Rechtsordnung obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde, soweit nicht etwa bei einer Rechtswidrigerklärung der Festnahme und Anhaltung durch den unabhängigen Verwaltungssenat - schon die bescheiderlassende Behörde selbst Anlaß zu einem Vorgehen gemäß § 68 Abs.2 AVG findet. Für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat macht es dabei auch keinen Unterschied, wenn die Schubhaft mit einem auf § 57 Abs.1 AVG basierenden Mandatsbescheid verhängt worden ist; die zuvor dargestellten Befugnisse der Berufungsbehörde verbleiben in diesem Fall allerdings - infolge der nicht devolutiven Wirkung der Vorstellung gemäß § 57 Abs.2 und 3 AVG - der erstinstanzlichen Behörde, die diesen Schubhaftbescheid erlassen hat.

Nach all dem ist die vorliegende Beschwerde, weil sie nach den unter 1. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gegen eine Festnahme und Anhaltung, die ihrerseits auf einem gemäß § 57 AVG erlassenen und damit sofort vollstreckbaren (wenngleich deshalb noch nicht rechtskräftigen) Schubhaftbescheid basiert, zulässig. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG; auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG sind im vorliegenden Fall erfüllt.

4.2. Die Beschwerde ist auch begründet.

4.2.1. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß die Verhängung der Schubhaft im Hinblick auf sein laufendes Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 AsylG widerspricht, so erweist sich dieser Vorwurf jedoch zunächst als unzutreffend.

Wie der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. VwSen-400015 vom 3.5.1991, VwSen-400017 vom 17.5.1991 und VwSen-400020 vom 27.5.1991), ist gemäß § 5 Abs.2 AsylG nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst solange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinne des AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 AsylG). Allein der Umstand der Stellung eines Asylantrages bewirkt daher noch nicht die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Fremden, sondern hindert bloß die Vollstreckung der Abschiebung. Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl. in diesem Sinne auch VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89). Daher erweist sich auch eine während des Asylverfahrens über den Asylwerber zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrecht erhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt.

Davon kann aber im vorliegen Fall, wo die Schubhaft erst vier Wochen angedauert hat, keine Rede sein.

Auch der Umstand, daß der oben unter 1.3. angeführte Bescheid des Innenministers dem Beschwerdeführer nach hg. Auffassung tatsächlich nicht schon am 13. Juni 1991, sondern erst am 18. Dezember 1991 zugestellt wurde - weil der Beschwerdeführer einen rumänischen Personalausweis besaß (vgl. die im Verwaltungsakt erliegende Niederschrift der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. Jänner 1991, Zl. R-356/91, Seite 2) und deshalb die Nichtausfolgung des hinterlegten Schriftstückes durch Organe der Post keine rechtmäßige Zustellung bewirkt (vgl. VwSen-230014 vom 9.12.1991) -, zeigt sohin für die Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft keine Auswirkung.

4.2.2. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall den Schubhaftbescheid damit begründet, daß der Beschwerdeführer weder einen ordentlichen Wohnsitz noch die finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachzuweisen vermag und sich ohne gültige Reisedokumente und damit widerrechtlich in Österreich aufhält.

Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann die Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung dann die Schubhaft verhängen, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) oder deshalb notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (§ 5 Abs.1 zweite Alternative FrPG).

Dem Fremden kommt in diesem Fall nach § 5a Abs.1 FrPG das Recht zu, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme (=Inschubhaftnahme) und/oder der Anhaltung anzurufen. Damit werden zwei alternative Beschwerdegegenstände nämlich der (punktuelle) der Festnahme (und notwendig damit im Zusammenhang stehenden Anhaltung) einerseits und der (auf Dauer gerichtete) der Anhaltung in Schubhaft (als Vollzug der entsprechenden behördlichen Anordnung) geschaffen, für die jeweils der fremdenpolizeiliche Schubhaftbescheid die Grundlage bildet; eine in diesem Sinne tragfähige Basis vermag dieser Bescheid im Hinblick auf § 68 Abs.1 AVG jedoch nur solange zu bilden, als sich nicht die (rechtlichen oder) tatsächlichen Voraussetzungen, die für dessen Erlassung maßgeblich waren, entscheidungswesentlich geändert haben. Daß derartige Modifikationen während der zwei- bis dreimonatigen Dauer der Schubhaft (§ 5 Abs.2 FrPG) eintreten können, liegt auf der Hand, sodaß die Schaffung zweier unterschiedlicher Beschwerdegegenstände in § 5a Abs.1 FrPG aus Sachlichkeitsgründen verfassungsrechtlich geradezu geboten erschien. Dabei kommt dem Schubhaftbescheid im ersteren Fall - der Beschwerde gegen die Schubhaft dem Grunde nach, also bezüglich des "OB" der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft die zentrale Bedeutung zu, während ihm im zweiten Fall - Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzuges, also des "WIE" der Schubhaft - nur als Beurteilungsmaßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung eine Bedeutung zukommt, die eine vergleichbare Wesentlichkeit erst dann erreicht, wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen für dessen Erlassung maßgeblich geändert haben. Gilt es nun dem Parteienvorbringen entsprechend also zunächst zu prüfen, ob die Anordnung der Schubhaft als solche rechtmäßig war, so hat der unabhängige Verwaltungssenat insoweit auf die Sach- und Rechtslage, wie sie im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides für jedermann (und nicht etwa nur aus der subjektiven Sicht der Behörde) evident erkennbar vorgeherrscht hat, abzustellen und diese seiner Entscheidung zugrundezulegen, während hinsichtlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzuges der Schubhaft auch die nach der Anordnung der Schubhaft eingetretenen Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen sind.

Wie schon oben unter 4.1. dargetan wurde, kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 zweiter Satz PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG "binnen einer Woche" über die "Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges" bzw. die "Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung" zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG nur eine durch diese Intention des PersFrSchG i.V.m. dem FrPG beschränkte materielle Kontrollmöglichkeit des Schubhaftbescheides zu. Diese Prüfung des Schubhaftbescheides führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

4.2.3.1. Die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch in seinem Erkenntnis vom 23.7.1991, VwSen-400041 (Pkt. 4.2.2.2.), vertretene Rechtsansicht, daß in Schubhaftsachen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in Art.1 Abs.3 zweiter Halbsatz PersFrSchG positiviert ist, wegen der durch Art.5 Abs.2 PersFrSchG erfolgten spezialisierenden Einschränkung dieser Bestimmung auf das gerichtliche und finanzbehördliche Strafverfahren sowie - unausgesprochen auch deshalb, weil sich Art.1 Abs.3 erster Halbsatz PersFrSchG ausschließlich an den Gesetzgeber richtet, dieser aber mit seiner vom Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 6.10.1988, B 888/88, als unbedenklich befundenen Ausgestaltung des Fremdenpolizeigesetzes die Behörde jeglicher weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung enthoben habe, keinen Prüfungsmaßstab bildet, kann in dieser Apodiktik nicht weiter aufrecht erhalten werden: Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl. 134 BlgStenProtNR, 17. GP, 5), soll Art.1 Abs.3 zweiter Halbsatz PersFrSchG sicherstellen, daß auch im Verwaltungs(straf)verfahren die persönliche Freiheit nur in dem Maß entzogen werden darf, als und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat daher grundsätzlich auch im Zuge einer Schubhaftbeschwerde - und zwar selbst dann, wenn der Beschwerdeführer darauf in seinem Schriftsatz nicht Bezug nimmt - zu prüfen, ob die angeordnete Schubhaft als verhältnismäßig erscheint. Eine darauf bezügliche Rechtswidrigkeit ist mit Blick auf die im § 11 Abs.2 FrPG normierte Kompetenzabgrenzung jedoch nur insoweit wahrzunehmen, als sich die Verhängung der Schubhaft als zu dem mit dieser Maßnahme verfolgten Zweck offenkundig außer Verhältnis stehend erweist und deshalb in den - nach Art.1 Abs.2 PersFrSchG bloß unter Gesetzesvorbehalt gewährleisteten - verfassungsgesetzlich geschützten Teilbereich des Grundrechtes der persönlichen Freiheit eingreift. Zudem setzt die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips jeweils - wie bereits im oa. Erkenntnis vom 23.7.1991, VwSen-400041, ausgeführt - die Existenz eines zur Zweckerreichung gleichermaßen tauglichen, aber weniger eingriffsintensiven Mittels als es die Freiheitsentziehung darstellt, voraus.

Im vorliegenden Fall wurde die Schubhaft sowohl zur Vorbereitung der Ausweisung und der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes als auch zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Unterstellt man an diesem Punkt die die Schubhaftbescheide tragenden Gründe als zutreffend, so ist dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht erkennbar, welche sonstigen, der Behörde durch das Fremdenpolizeigesetz oder andere gesetzlichen Vorschriften an die Hand gegebenen Maßnahmen diesen Zweck in adäquater, aber weniger eingriffsintensiver Weise sicherstellen könnten; eine Überweisung in die Bundesbetreuung (vgl. VwSen-400015 vom 3.5.1991 und VwSen-400041 vom 23.7.1991) oder die Vorladung vor die Behörde (vgl. VwSen-400015 vom 3.5.1991) vermag diesem Sicherungszweck jedenfalls nicht gerecht zu werden. Sollten sich die die Schubhaftbescheide tragenden Gründe hingegen als unzutreffend herausstellen, so bewirkt aber primär (und ausschließlich) dieser Aspekt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die persönliche Freiheit, ohne daß deshalb das Verhältnismäßigkeitsprinzip verletzt worden wäre.

4.2.3.2. Bereits im Fall VwSen-400017 vom 17.5.1991 hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ausgesprochen, daß bei auf § 57 Abs.1 AVG basierenden Schubhaftbescheiden nur vergleichsweise geringere Anforderungen an die Begründungspflicht des Bescheides im Sinne des § 58 Abs.2 i.V.m. § 60 AVG gestellt werden können, sodaß es z.B. hinreicht, wenn sich - führt die Behörde im Spruch undifferenziert sämtliche Alternativen, die sie nach § 5 Abs.1 FrPG zur Erlassung eines Schubhaftbescheides ermächtigen, an - wenigstens aus der Begründung erkennen läßt, welches dieser Tatbestandsmerkmale die Behörde im konkreten Fall zum Einschreiten veranlaßt hat (bzw. allenfalls, daß sich aus der Begründung ergibt, daß die Behörde tatsächlich wegen Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale eingeschritten ist); andererseits ist aber ein solcher Mandatsbescheid insbesondere auch hinsichtlich des Umstandes, warum die Behörde im konkreten Einzelfall diese besondere Art des Verfahrens gewählt hat, zu begründen (vgl. K. Ringhofer, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Wien 1987, 500).

Im vorliegenden Fall ist zu erwägen, daß die belangte Behörde zwar mit Schreiben der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. Juni 1991, Zl. FrA-1008/91, angewiesen wurde, dem Beschwerdeführer den oben unter 1.3. angeführten Bescheid des Bundesministers für Inneres an die Adresse "Lunzerstraße 50, 4020 Linz" zuzustellen und in der Folge eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung nur deshalb nicht bewirkt werden konnte, da der Beschwerdeführer seine Identität nicht mit einem gültigen Lichtbildausweis nachzuweisen vermochte, er sohin zwar tatsächlich an dieser Adresse anzutreffen war (wie insbesondere der Umstand, daß er auf die dort zurückgelassene Hinterlegungsanzeige hin beim Abgabepostamt vorsprach, beweist) und auch bei seiner Festnahme in dieser Gegend - vor dem Haus Lunzerstraße 56, 4020 Linz, wobei er für das Zimmer Nr. 328 einen Schlüssel bei sich hatte - angetroffen wurde, doch konnten die im Zimmer 328 des Hauses Lunzerstraße 56 angetroffenen Personen nicht bestätigen, daß der Beschwerdeführer dort wohne. Da sich der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme nicht ausweisen konnte und zudem weder gültige Reisedokumente noch die erforderlichen finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes vorzuweisen vermochte, war die erste Prognose der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer durch Untertauchen in der Anonymität ihrem Zugriff zu entziehen versuchen wird, jedenfalls nicht unvertretbar, sodaß die Vorgangsweise, zumindest im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen und diese Maßnahme im Wege eines Bescheides gemäß § 57 Abs.1 zweite Alternative AVG wegen Gefahr im Verzug anzuordnen, im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme nicht als unrechtmäßig erschien. Es lag insoweit eine denkmögliche (vgl. z.B. VfSlg 11638/1988, S. 179) Gesetzesanwendung, wie sie aufgrund des Art.1 Abs.2 PersFrSchG ("gesetzlich vorgeschriebene Weise") i.V.m. Art.18 Abs.1 B-VG seitens der Behörde auch gegenüber Ausländern geboten ist - die vom Verfassungsgerichtshof noch in seinem Erkenntnis VfSlg 6240/1970, S. 499, vertretene, allerdings aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Auffassung erscheint somit durch die zwischenzeitliche ausdrückliche Normierung des Art.1 Abs.2 PersFrSchG als überholt -, vor. Auch bezüglich des Vorbringens des Beschwerdeführers, daß ihm vor der Erlassung des Schubhaftbescheides keine Möglichkeit gegeben wurde, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen, ist dieser darauf zu verweisen, daß es die Rechtsnatur des Mandatsverfahrens mit sich bringt, daß der Partei die ihr ansonsten im ordentlichen Ermittlungsverfahren zukommenden Rechte hier von vornherein nicht bzw. jedenfalls nicht in vollem Umfang zustehen. Eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör liegt sohin nicht vor. Aber auch in seinen durch Art.4 Abs.6 und 7 PersFrSchG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wurde der Beschwerdeführer nicht verletzt, weil sich die belangte Behörde erkennbar um eine raschestmögliche Einvernahme bemüht hat und er ohnedies bereits am Tag nach seiner Inschubhaftnahme im Beisein eines Dolmetschers vernommen und in diesem Sinne "ehestens" über die Gründe seiner Festnahme unterrichtet wurde.

4.2.3.3. Mit Schreiben vom 30.12.1991, Zl. Fr-77.992, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß auf dessen Einspruch hin das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Zu diesem Zeitpunkt und in diesem Zusammenhang hätte bereits ein flüchtiger Blick in den Verwaltungsakt der belangten Behörde ergeben, daß sich der Beschwerdeführer schon seit nahezu einem Jahr illegal in Österreich aufhält, jedoch wegen dieser Übertretung bislang kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde. Hat die öffentliche Gewalt damit aber über diesen langen Zeitraum hinweg das Verhalten des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden gefunden, so konnte ihm dies auch nicht im Zusammenhang mit der beabsichtigten Erlassung fremdenpolizeilicher Maßnahmen als "Gefahr in Verzug" im Hinblick auf ein Verharren in einem strafbaren Verhalten zum Vorwurf gemacht werden. Es käme Willkür gleich, könnte es sich die Behörde vorbehalten, ein strafbares Verhalten eines Fremden - noch dazu nicht in dem hiefür gesetzlich vorgesehenen Verfahren, sondern gleichsam bloß mittelbar dadurch zu ahnden, daß ihm dieses - nur - im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft als gefahrenbegründendes Tatbestandsmerkmal zum Vorwurf gemacht wird. Die belangte Behörde hätte somit im ordentlichen Ermittlungsverfahren unverzüglich zu dem Ergebnis kommen müssen, daß der Vorwurf des illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers die Verhängung der Schubhaft nicht mehr zu rechtfertigen vermag, zumindest solange nicht, bis die Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes in einem Strafverfahren festgestellt wurde; ein derartiges Strafverfahren wurde aber von der belangten Behörde nicht eingeleitet.

Mit einem bei der belangten Behörde am 30. Dezember 1991 eingelangten Schreiben des Beschwerdeführers legte dieser eine Verpflichtungserklärung vor, wonach sich eine österreichische Staatsbürgerin bereit erklärt habe, für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen sowie diesem eine Unterkunft zu besorgen. Wenngleich durch diese Zusage allein die Wohnsitz- und Finanzverhältnisse des Beschwerdeführers entgegen dessen Auffassung keineswegs als geklärt anzusehen sind, hätte sich die belangte Behörde - etwa durch Vorladung der sich auf diese Weise verpflichtenden Person - dennoch unverzüglich darüber Klarheit zu verschaffen versuchen müssen, ob dieser Zusage nicht auch eine rechtliche Verbindlichkeit zukommt (aufgrund eines Schenkungs-, Darlehens-, Kreditvertrages o.ä.). Auch eine derartige Vorladung vor die Behörde hätte ohne Schwierigkeiten noch am Tag des Einlangens der Verpflichtungserklärung ausgefertigt werden können. Bei Unterlassung jeglicher darauf gerichteten, auch für den Beschwerdeführer erkennbaren Ermittlungstätigkeiten konnte aber jedenfalls der Vorwurf fehlender finanzieller Mittel und einer nicht gegebenen Unterkunft nicht weiter aufrecht erhalten werden.

4.3. Damit erweist sich aber - nachdem sich die ursprüngliche Prognose mehr und mehr in Ungewißheit zu wandeln schien - die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft aus den unter 4.2.3.3. angeführten Gründen vom 30. Dezember 1991 bis zum 5. Jänner 1992 als rechtswidrig, wodurch der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde; dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 5a Abs.6 FrPG festzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer antragsgemäß nach den §§ 79a und 67c AVG i.V.m. § 5a Abs.6 FrPG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 10.477,80 S zuzusprechen; darin ist Umsatzsteuer in Höhe von 1.701,30 S enthalten. Dieser Betrag wurde mangels gesetzlicher Regelung in analoger Heranziehung der TP 3/B/I des Rechtsanwaltstarifgesetzes i.V.m. § 8 Abs.7 und § 5 Z.38 der Autonomen Honorarrichtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig festgesetzt.

Im übrigen war - weil dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Barauslagen erwachsen sind - eine Kostenentscheidung nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs.4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 13. Jänner 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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