Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400066/6/Gf/Kf

Linz, 19.02.1992

VwSen - 400066/6/Gf/Kf Linz, am 19. Februar 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des C, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Recht erkannt:

1. Die am 15. Jänner 1992 aufgrund des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom selben Tag, Zl. Fr-78.059, erfolgte Festnahme und seitherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wird als nicht rechtswidrig festgestellt.

Die Beschwerde wird daher gemäß § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

2. Der Antrag auf Zuspruch von Verfahrenskosten in Höhe von 10.327,80 S wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, dem Bund zu Handen der Bundespolizeidirektion Linz Verfahrenskosten in Höhe von 2.033,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein kubanischer Staatsangehöriger, ist am 14. Jänner 1992 von der CSFR aus kommend ohne im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes zu sein im Raum von Bad Leonfelden in Österreich eingereist, ohne daß die Grenzkontrollbehörden auf diese illegale Einreise aufmerksam wurden. Als sich der Beschwerdeführer am selben Tag in Linz am Polizeiwachzimmer Landhaus nach einer Arbeitsmöglichkeit erkundigte, wurde er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wegen des Verdachtes der Urkundenunterdrückung - er war im Besitz eines als gestohlen gemeldeten Führerscheines eines österreichischen Staatsbürgers - sowie der Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes und des Grenzkontrollgesetzes um 23.00 Uhr festgenommen und um 23.50 Uhr der Bundespolizeidirektion Linz vorgeführt.

1.2. Die belangte Behörde hat mit dem ihm am selben Tag zugestellten und auf § 57 Abs.1 AVG gestützten Bescheid vom 15. Jänner 1992, Zl. Fr-78.059, über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und diese durch dessen Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.3. Am selben Tag hat der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Linz einen Antrag auf die Gewährung politischen Asyls gestellt. Darüber hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 6. Februar 1992, Zl. FrA-454/92, entschieden, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention anzusehen und daher auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist.

1.4. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Jänner 1991, Zl. St-24/92-L, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des Grenzkontrollgesetzes und des Fremdenpolizeigesetzes eine Geldstrafe von je 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe je 24 Stunden) verhängt. Mit Bescheid vom selben Tag, Zl. Fr-78.059, hat die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein bis zum 16. Jänner 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

1.5. Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7. Februar 1992, Zl. 28-EHv-28/92, wurde der Beschwerdeführer wegen Urkundenunterdrückung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen bedingt auf drei Jahre verurteilt.

1.6. Mit der vorliegenden, auf § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), gestützten und am 13. Februar 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die aufgrund des oben unter 1.2. angeführten Bescheides verhängte Schubhaft.

2.1. Der Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Jänner 1992, Zl. Fr-78.059, wurde von der belangten Behörde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer illegal in Österreich eingereist sei (und dadurch paß- und grenzkontrollrechtliche Vorschriften verletzt habe) und keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Aufenthaltes vorzuweisen vermochte; außerdem habe er keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich nachweisen können. Aus diesen Gründen sei zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß im vorliegenden Fall kein konkretes Sicherungsbedürfnis bestünde, was sich schon daran erweise, daß er freiwillig im Polizeiwachzimmer Landhaus erschienen sei.

Zudem hätte die belangte Behörde nicht begründet, weshalb im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Mandatsbescheides vorgelegen wären.

Außerdem würden beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Bundesbetreuung vorliegen, weshalb ihm auch die fehlenden finanziellen Mittel für einen Aufenhalt in Österreich und das Nichtvorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zum Vorwurf gemacht werden dürften.

Schließlich hätte die belangte Behörde auch zu berücksichtigen gehabt, daß der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt hat und er somit schon aus diesem Grund bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens nicht in Schubhaft hätte genommen werden dürfen.

Aus allen diesen Gründen wird daher beantragt, die Rechtswidrigkeit der Schubhaft kostenpflichtig festzustellen.

2.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.4. Der Beschwerdeführer hat zu dieser Gegenschrift eine Stellungnahme abgegeben, mit der die in der Beschwerde gestellten Anträge ausdrücklich aufrechterhalten werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-78059; daraus ging hervor, daß der vom Beschwerdeführer seinen Anträgen zugrundegelegte Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Punkten mit dem Akteninhalt übereinstimmt, sodaß von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 5a Abs.6 abgesehen werden konnte.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.

Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese Maßnahme zuvor durch Bescheid verfügt worden ist (vgl. z.B. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89); vom Vorliegen eines vollstreckbaren Bescheides geht erkennbar auch § 5a Abs.2 FrPG aus. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG - sogenannte "Schubhaftbeschwerde" (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG - sogenannte "Maßnahmenbeschwerde"). Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft zu überprüfen. Über die mit der vorliegenden Beschwerde gleichzeitig eingebrachte und hg. zu VwSen-420009 protokollierte Beschwerde gegen die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung im Vorfeld der Erlassung des Schubhaftbescheides ist demgemäß in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden (vgl. zuletzt VwSen-400061 und VwSen-420006 vom 12.12.1991).

Zu bedenken ist im Zusammenhang mit einer Schubhaftbeschwerde jedoch, daß durch die erste FrPG-Novelle 1991 (BGBl.Nr. 21/1991) die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Andererseits ist den unabhängigen Verwaltungssenaten von Verfassungs wegen gemäß Art. 129 B-VG - und zwar in erster Linie - die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion des unabhängigen Verwaltungssenates einerseits auch effektiv zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - den Sicherheitsdirektionen die Berufungsentscheidung über Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG im Zusammenhalt mit Art. 6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG) Rechnung tragende und im Hinblick auf die Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung zwischen diesen beiden Organen nach hg. Meinung nur folgendermaßen gefunden werden:

Dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art. 6 Abs.1 PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche - im Gegensatz zur Sicherheitsdirektion (vgl. § 73 AVG) also sehr kurzfristig - über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, kommt im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit des die Voraussetzung und Grundlage der Schubhaft bildenden Bescheides nur dahingehend zu, ob durch den Schubhaftbescheid die durch das PersFrSchG verfassungsmäßig (und darauf basierend durch das FrPG einfachgesetzlich; vgl. dazu z.B. VfSlg 11638/1988, S 179, m.w.N.) geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers verletzt worden ist. Trifft dies zu, so erstreckt sich die Befugnis des unabhängigen Verwaltungssenates von Gesetzes wegen aber auch dann lediglich darauf, die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und Anhaltung, also gleichsam die Rechtswidrigkeit des Vollzuges des Schubhaftbescheides, festzustellen. Die Wahrnehmung sonstiger materiell nicht mit dem PersFrSchG im Zusammenhang stehender Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides sowie jedenfalls dessen formelle Elimination aus dem Bestand der Rechtsordnung obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde, soweit nicht etwa bei einer Rechtswidrigerklärung der Festnahme und Anhaltung durch den unabhängigen Verwaltungssenat - schon die bescheiderlassende Behörde selbst Anlaß zu einem Vorgehen gemäß § 68 Abs.2 AVG findet. Für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat macht es dabei auch keinen Unterschied, wenn die Schubhaft mit einem auf § 57 Abs.1 AVG basierenden Mandatsbescheid verhängt worden ist; die zuvor dargestellten Befugnisse der Berufungsbehörde verbleiben in diesem Fall allerdings - infolge der nicht devolutiven Wirkung der Vorstellung gemäß § 57 Abs.2 und 3 AVG - der erstinstanzlichen Behörde, die diesen Schubhaftbescheid erlassen hat.

Nach all dem ist die vorliegende Beschwerde, weil sie nach den unter 1. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gegen eine Festnahme und Anhaltung, die ihrerseits auf einem gemäß § 57 AVG erlassenen und damit sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheid basiert, zulässig. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG; auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG sind im vorliegenden Fall erfüllt.

4.2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

4.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, daß die Verhängung der Schubhaft im Hinblick auf sein laufendes Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 AsylG widerspricht, erweist sich dieser Vorwurf als unzutreffend.

Wie der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. VwSen-400015 vom 3.5.1991, VwSen-400017 vom 17.5.1991 und VwSen-400020 vom 27.5.1991), ist gemäß § 5 Abs.2 AsylG nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst solange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinne des AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 AsylG). Allein der Umstand der Stellung eines Asylantrages bewirkt daher noch nicht die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Fremden, sondern hindert bloß die Vollstreckung der Abschiebung. Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl. in diesem Sinne auch VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89). Daher erweist sich auch eine während des Asylverfahrens über den Asylwerber zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrecht erhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt. Davon kann aber im vorliegen Fall, wo die Schubhaft erst fünf Wochen andauert, keine Rede sein.

4.2.2. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall den Schubhaftbescheid damit begründet, daß der Beschwerdeführer paß- und grenzkontrollrechtliche Vorschriften verletzt hat, über keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt und einen ordentlichen Wohnsitz nicht nachzuweisen vermag.

Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann die Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung dann die Schubhaft verhängen, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) oder deshalb notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (§ 5 Abs.1 zweite Alternative FrPG).

Dem Fremden kommt in diesem Fall nach § 5a Abs.1 FrPG das Recht zu, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme (=Inschubhaftnahme) und/oder der Anhaltung anzurufen. Damit werden zwei alternative Beschwerdegegenstände nämlich der (punktuelle) der Festnahme (und notwendig damit im Zusammenhang stehenden Anhaltung) einerseits und der (auf Dauer gerichtete) der Anhaltung in Schubhaft (als Vollzug der entsprechenden behördlichen Anordnung) geschaffen, für die jeweils der fremdenpolizeiliche Schubhaftbescheid die Grundlage bildet; eine in diesem Sinne tragfähige Basis vermag dieser Bescheid im Hinblick auf § 68 Abs.1 AVG jedoch nur solange zu bilden, als sich nicht die (rechtlichen oder) tatsächlichen Voraussetzungen, die für dessen Erlassung maßgeblich waren, entscheidungswesentlich geändert haben. Daß derartige Modifikationen während der zwei- bis dreimonatigen Dauer der Schubhaft (§ 5 Abs.2 FrPG) eintreten können, liegt auf der Hand, sodaß die Schaffung zweier unterschiedlicher Beschwerdegegenstände in § 5a Abs.1 FrPG aus Sachlichkeitsgründen verfassungsrechtlich geradezu geboten erschien. Dabei kommt dem Schubhaftbescheid im ersteren Fall - der Beschwerde gegen die Schubhaft dem Grunde nach, wo also bezüglich des "OB" der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft (nur darum geht es nach dem Parteienantrag im vorliegenden Fall; eine amtswegige Erweiterung des Beschwerdevorbringes kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf die schon von Gesetzes wegen bestimmte Höchstdauer der Schubhaft vgl. Art.6 Abs.2 PersFrSchG - nicht zu) zu entscheiden ist - die zentrale Bedeutung zu, während ihm im zweiten Fall Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzuges, also des "WIE" der Schubhaft - nur als Beurteilungsmaßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung eine Bedeutung zukommt, die eine vergleichbare Wesentlichkeit erst dann erreicht, wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen für dessen Erlassung maßgeblich geändert haben. Gilt es nun also - wie im vorliegenden Fall - (ausschließlich) zu prüfen, ob die Anordnung der Schubhaft als solche rechtmäßig war, so hat der unabhängige Verwaltungssenat demnach auf die Sach- und Rechtslage, wie sie im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides für jedermann (und nicht etwa nur aus der subjektiven Sicht der Behörde) evident erkennbar vorgeherrscht hat, abzustellen und diese seiner Entscheidung zugrundezulegen.

Wie schon oben unter 4.1. dargetan wurde, kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 zweiter Satz PersFrSchG i.V.m. § 5a Abs.6 Z.2 FrPG "binnen einer Woche" über die "Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges" bzw. die "Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung" zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG nur eine durch diese Intention des PersFrSchG i.V.m. dem FrPG beschränkte materielle Kontrollmöglichkeit des Schubhaftbescheides zu. Diese Prüfung der Schubhaftbescheide führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:

4.2.3.1. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl. 134 BlgStenProtNR, 17. GP, 5), soll Art.1 Abs.3 zweiter Halbsatz PersFrSchG sicherstellen, daß auch im Verwaltungs(straf)verfahren die persönliche Freiheit nur in dem Maß entzogen werden darf, als und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat daher grundsätzlich auch im Zuge einer Schubhaftbeschwerde - und zwar selbst dann, wenn der Beschwerdeführer darauf in seinem Schriftsatz nicht Bezug nimmt - zu prüfen, ob die angeordnete Schubhaft als verhältnismäßig erscheint. Eine darauf bezügliche Rechtswidrigkeit ist mit Blick auf die im § 11 Abs.2 FrPG normierte Kompetenzabgrenzung jedoch nur insoweit wahrzunehmen, als sich die Verhängung der Schubhaft als zu dem mit dieser Maßnahme verfolgten Zweck offenkundig außer Verhältnis stehend erweist und deshalb in den - nach Art.1 Abs.2 PersFrSchG bloß unter Gesetzesvorbehalt gewährleisteten - verfassungs- und einfachgesetzlich geschützten Teilbereich des Grundrechtes der persönlichen Freiheit eingreift. Zudem setzt die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips jeweils wie bereits im oa. Erkenntnis vom 23.7.1991, VwSen-400041, ausgeführt - die Existenz eines zur Zweckerreichung gleichermaßen tauglichen, aber weniger eingriffsintensiven Mittels als es die Freiheitsentziehung darstellt, voraus.

Im vorliegenden Fall wurde die Schubhaft sowohl zur Vorbereitung der Ausweisung und der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes als auch zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Unterstellt man an diesem Punkt die den Schubhaftbescheid tragenden Gründe als zutreffend, so ist dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht erkennbar, welche sonstigen, der Behörde durch das Fremdenpolizeigesetz oder andere gesetzlichen Vorschriften an die Hand gegebenen Maßnahmen diesen Zweck in adäquater, aber weniger eingriffsintensiver Weise sicherstellen könnten; eine Überweisung in die Bundesbetreuung (vgl. VwSen-400015 vom 3.5.1991 und VwSen-400041 vom 23.7.1991) oder die Vorladung vor die Behörde (vgl. VwSen-400015 vom 3.5.1991) vermag diesem Sicherungszweck jedenfalls nicht gerecht zu werden. Sollten sich die den Schubhaftbescheid tragenden Gründe hingegen als unzutreffend herausstellen, so bewirkt aber primär (und ausschließlich) dieser Aspekt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die persönliche Freiheit, ohne daß deshalb das Verhältnismäßigkeitsprinzip verletzt worden wäre.

4.2.3.2. Bereits im Fall VwSen-400017 vom 17. Mai 1991 hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ausgesprochen, daß bei auf § 57 Abs.1 AVG basierenden Schubhaftbescheiden nur vergleichsweise geringere Anforderungen an die Begründungspflicht des Bescheides im Sinne des § 58 Abs.2 i.V.m. § 60 AVG gestellt werden können, sodaß es z.B. hinreicht, wenn sich - führt die Behörde im Spruch undifferenziert sämtliche Alternativen, die sie nach § 5 Abs.1 FrPG zur Erlassung eines Schubhaftbescheides ermächtigen, an - wenigstens aus der Begründung erkennen läßt, welches dieser Tatbestandsmerkmale die Behörde im konkreten Fall zum Einschreiten veranlaßt hat (bzw. allenfalls, daß sich aus der Begründung ergibt, daß die Behörde tatsächlich wegen Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale eingeschritten ist); andererseits ist aber ein solcher Mandatsbescheid insbesondere auch hinsichtlich des Umstandes, warum die Behörde im konkreten Einzelfall diese besondere Art des Verfahrens gewählt hat, zu begründen (vgl. K. Ringhofer, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Wien 1987, 500).

Im vorliegenden Fall ist zu erwägen, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung weder über finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes (nämlich nur über 2,50 S Bargeld) noch über eine Unterkunftsmöglichkeit verfügte. Außerdem gab der Beschwerdeführer an, in Österreich arbeiten zu wollen, ohne hiefür die erforderliche behördliche Bewilligung zu besitzen.

Unter Zugrundelegung dieser Fakten war aber objektiv besehen die Prognose der belangten Behörde nicht unvertretbar, sowohl im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) als auch deshalb, um ein weiteres unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten nämlich das der illegalen Beschaffung der finanziellen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes - des Beschwerdeführers zu verhindern (§ 5 Abs.1 zweite Alternative FrPG), zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenhaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen und diese Maßnahme im Wege eines Bescheides gemäß § 57 Abs.1 zweite Alternative AVG wegen Gefahr im Verzug - Untertauchen des Beschwerdeführers in der Anonymität - anzuordnen. Den letzteren Aspekt vermag der Beschwerdeführer weder durch den Hinweis auf sein ursprünglich freiwilliges Erscheinen vor der Behörde noch mit dem Argument, daß in seinem Fall die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Bundesbetreuung gegeben wären, zu entkräften. Denn zum einen haben sich die Voraussetzungen insofern wesentlich geändert, als der Beschwerdeführer würde er in Freiheit gesetzt - nun nicht mehr wegen eines unbefangenen Gespräches nach Arbeitsmöglichkeiten in Österreich, sondern zum Zweck der Vollstreckung seiner Abschiebung nach Kuba vor der Behörde erscheinen müßte und es - da diese Abschiebung seinen Intentionen erklärtermaßen zuwiderläuft - jeglicher Lebenserfahrung widerspricht, daß er einer derartigen Anordnung freiwillig Folge leisten würde. Zum anderen besteht - selbst wenn man die Behauptung des Beschwerdeführers, daß in seinem Fall die Voraussetzungen für eine Übernahme in die Bundesbetreuung vorliegen, an diesem Punkt als zutreffend unterstellt - nach § 1 Abs.3 des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl.Nr. 405/1991, kein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die Bundesbetreuung, sodaß selbst im Falle einer entsprechenden Antragstellung zu diesem Zeitpunkt die Frage nach den finanziellen Mitteln zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und der Unterkunft keineswegs als geklärt hätte angesehen werden können. Es lag somit im Ergebnis eine denkmögliche (vgl. z.B. VfSlg 11638/1988, S. 179) Gesetzesanwendung, wie sie aufgrund des Art. 1 Abs.2 PersFrSchG ("gesetzlich vorgeschriebene Weise") i.V.m. Art.18 Abs.1 B-VG seitens der Behörde auch gegenüber Ausländern geboten ist - die vom Verfassungsgerichtshof noch in seinem Erkenntnis VfSlg 6240/1970, S. 499, vertretene, allerdings aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Auffassung erscheint somit durch die zwischenzeitliche Normierung des Art. 1 Abs.2 PersFrSchG als überholt -, vor. Der Beschwerdeführer wurde also dadurch nicht in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

4.3. Erweist sich damit aber die aufgrund des vorliegenden Bescheides verhängte Schubhaft im Ergebnis als rechtmäßig, so hatte der unabhängige Verwaltungssenat die Beschwerde abzuweisen.

5.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenzuspruch gemäß § 79a AVG abzuweisen.

5.2. Demgegenüber war dem Antrag der obsiegenden belangten Behörde auf Kostenzuspruch nach dieser Gesetzesstelle stattzugeben und der Beschwerdeführer zum Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von zwei Dritteln des einer belangten Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Pauschalkostenersatzes (vgl. dazu VwSen-400044 vom 18.10.1991; VwGH vom 23.9.1991, Zl. 91/19/0162), d.s. 2023,33 S, notwendig festgesetzten Kosten zu verpflichten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs.4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 19. Februar 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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