Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400067/18/Gf/La

Linz, 07.06.1993

VwSen-400067/18/Gf/La Linz, am 7. Juni 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der Oberösterreichische Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des H, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 iVm § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, ist am 9. November 1991 von Ungarn kommend ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes oder Sichtvermerkes zu sein in das Bundesgebiet eingereist. Am 11. Dezember 1991 wurde er bei dem Versuch, unter Verwendung der Kopie eines fremden Reisepasses in Oberösterreich die Grenze zur BRD zu überschreiten, von Sicherheitsorganen betreten.

1.2. Mit Mandatsbescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 11. Dezember 1991 (ohne Aktenzahl) wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.3. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Dezember 1991, Zl. St-724/91-W, wurde über den Beschwerdeführer wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie wegen versuchten unerlaubten Grenzübertrittes eine Geldstrafe von 1.000 S bzw. 2.000 S verhängt.

1.4. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Dezember 1991, Zl. Fr-77854, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 19. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet verhängt, das in der Folge unbekämpft blieb.

1.5. Am 10. Jänner 1992 hat der Beschwerdeführer im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme einen Asylantrag gestellt. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. Februar 1992, Zl. FrA325/92, wurde dieser Antrag abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. März 1992, Zl. 4330263/2-III/13/92, die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0306, abgewiesen.

1.6. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. Februar 1992, Zl. Fr180/92, wurde die Ausdehnung der Schubhaft auf die Höchstdauer von drei Monaten, d.i. bis zum 11. März 1992, verfügt und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.7. Am 11. März 1992 wurde der Beschwerdeführer vom Flughafen Wien-Schwechat aus nach Indien abgeschoben.

2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 14. Februar 1992 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.2. angeführten Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach wurde begründend ausgeführt, daß die Anhaltung des Beschwerdeführers im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, weil er sich ohne gültige Reisedokumente im Bundesgebiet aufhalte, dessen wahre Identität nicht geklärt werden könne und er über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Deckung seines Lebensunterhaltes verfüge.

2.2. Im oben unter 1.6. angeführten Schubhaftbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde darüber hinaus begründend ausgeführt, daß gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe und dessen Asylantrag abgewiesen worden sei. Die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes sei bereits durch die Beantragung eines Heimreisezertifikates in die Wege geleitet worden, letzteres sei jedoch bislang bei der Fremdenpolizeibehörde noch nicht eingetroffen.

2.3. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß ihm aufgrund seines Asylantrages eine Aufenthaltsberechtigung zukomme, Abschiebungsmaßnahmen daher nicht gesetzt werden dürften und somit auch die zu diesem Zweck verhängte Schubhaft rechtswidrig sei. Außerdem seien in seinem Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in die Bundesbetreuung erfüllt, womit sowohl für geordnete Wohnsitzverhältnisse als auch für eine finanzielle Grundlage zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes gesorgt wäre. Schließlich sei bislang noch kein auf den richtigen Namen des Beschwerdeführers lautender Schubhaftbescheid ergangen und erweise sich zudem die Begründung des seiner Schubhaft zugrundeliegenden Bescheides als äußerst mangelhaft.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft beantragt.

2.4. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde sowie die Zuerkennung des Aktenvorlageaufwandes beantragt. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich als im gegenständlichen Verfahren belangte Behörde (vgl. dazu analog das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 1992, G 346/91 ua., S. 16, wo der Gerichtshof generell darauf abstellt, daß eine "Sachentscheidung als neuer (Titel-)Bescheid wirkt"; dagegen mit guten Gründen R. Thienel, Schubhaftprüfung verfassungskonform ?, ÖJZ 1992, 710 f) hat keine Gegenschrift erstattet und auch keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt.

+3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-77854 und der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zu Zlen. Fr-180/92 und FrA-325/92; da aus diesen in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte gemäß § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Art. 129 B-VG beruft die unabhängigen Verwaltungssenate neben dem Verwaltungsgerichtshof - zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung; die unabhängigen Verwaltungssenate verkörpern damit von Verfassungs wegen eine Institution der Rechtmäßigkeitskontrolle. Dies bedeutet für die Frage der von ihnen bei ihrer Entscheidung anzuwendenden Rechtslage, daß insoweit - jedenfalls sofern gesetzlich nicht Gegenteiliges festgelegt ist - jene Rechtslage maßgeblich ist, die auch das Handeln der belangten Behörde, deren Rechtmäßigkeit kontrolliert werden soll, determinierte.

Aus diesem Grund hatte der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall also das FrPG und nicht das - nach dessen § 86 Abs. 1 erst am 1. Jänner 1993 in Kraft getretene und nach § 86 Abs. 3 das FrPG aufhebende - Fremdengesetz, BGBl.Nr. 838/1992, seiner Entscheidung zugrundezulegen.

4.2. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG), legt fest, daß die persönliche Freiheit einem Menschen ua. dann auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. § 5 Abs. 1 FrPG ist als eine solche unter Heranziehung des eben angeführten Gesetzesvorbehaltes des PersFrSchG ergangene Bestimmung anzusehen. Eine von der Behörde angeordnete und vollzogene Schubhaft erweist sich daher dann als rechtmäßig, wenn diese sowohl den formellen als auch den materiellen Kriterien des § 5 Abs. 1 FrPG entspricht.

Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

4.3.1. Die im vorliegenden Fall von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich verfügte Ausdehnung der Schubhaft basiert - weil mit diesem die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen wurde - auf einem sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

4.3.2. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 1992, Zl. G 346/91 ua., hat der unabhängige Verwaltungssenat "als Haftprüfungsinstanz - nach § 5a FrPG über die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung (in die jede - tatsächliche Inhaftnahme für wenn auch noch so kurze Zeit mündet) im Zeitpunkt seiner Entscheidung - so aber die Haft schon früher endete: in dem unmittelbar vor der Freilassung liegenden Zeitpunkt - zu befinden" (S. 15). Im vorliegenden Fall ist sonach - da der Beschwerdeführer bis zu seiner Abschiebung am 11. März 1992 in Schubhaft gehalten wurde - dieser Tag maßgeblich.

Zu diesem Zeitpunkt war über den Beschwerdeführer bereits ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot verhängt und dessen Asylantrag rechtskräftig abgewiesen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei schon deshalb zum Aufenthalt in Österreich berechtigt, weil über seinen Asylantrag noch nicht entschieden worden sei, weshalb auch seine Anhaltung in Schubhaft von vornherein unzulässig sei, ist daher offenkundig ebenso unzutreffend wie seine im Hinblick auf den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. Februar 1992, Zl. Fr-180/92, aktenwidrige Behauptung, es liege kein an ihn unter seinem richtigen Namen adressierter Schubhaftbescheid vor.

Gleichfalls unzutreffend ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er die Voraussetzungen für eine Übernahme in die Bundesbetreuung erfülle und daher seine von der belangten Behörde angenommenen Wohnsitz- und finanziellen Probleme tatsächlich nicht bestünden. Denn zum einen hat er einen entsprechenden Antrag gar nicht gestellt und zum anderen besteht nach dem Bundesbetreuungsgesetz, BGBl.Nr. 405/1991, selbst im Falle der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen kein subjektives Recht auf Übernahme in die Bundesbetreuung.

Läßt sich damit aber von der weiterhin gegebenen Mittellosigkeit und der fehlenden Unterkunftsmöglichkeit des Beschwerdeführers ausgehend seine Anhaltung jedenfalls auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG stützen, so erweist sich die über ihn als Sicherungsmaßnahme zur Vollstreckung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes verhängte Schubhaft schon aus diesem Grunde als rechtmäßig (vgl. auch VwGH v. 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0054), ohne daß auf die von ihm gesetzten gerichtlich und verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen näher eingegangen werden müßte. Dazu kommt schließlich auch noch, daß der Beschwerdeführer durch anfängliche Verschleierung seiner Identität in einem nicht unmaßgeblichen Ausmaß selbst dazu beigetragen hat, daß die Schubhaft zur Verhinderung eines unmittelbar zu befürchtenden strafbaren Verhaltens auf die Höchstdauer von drei Monaten auszudehnen war.

4.4. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 5a Abs. 1 FrPG iVm § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG mangels eines darauf gerichteten Antrages der entsprechende Antrag der Bundespolizeidirektion Linz, der im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zukommt (s.o., 2.4.), war insoweit unbeachtlich - nicht zuzusprechen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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