Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400074/6/Kl/Rd

Linz, 13.04.1992

VwSen - 400074/6/Kl/Rd Linz, am 13. April 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des A, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde wird im Hinblick auf die am 26. März 1992 vorgenommene Festnahme um 15.00 Uhr und weitere Anhaltung bis 15.26 Uhr als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des Fremdenpolizeigesetzes (kurz: FrPG), BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991, § 67a Abs.1 Z.2 AVG.

II. Im übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der Anhaltung seit dem 26. März 1992 15.26 Uhr als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des FrPG i.V.m. § 67c Abs.3 AVG.

III. Der Antrag auf Kostenersatz wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

B e g r ü n d u n g :

1. Mit Schriftsatz vom 6. April 1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 7. April 1992, wurde Beschwerde gemäß § 5a FrPG erhoben und beantragt, festzustellen, daß die am 26. März 1992 um 15.00 Uhr von Organen der Bundespolizeidirektion Linz erfolgte Festnahme und anschließende Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Linz rechtswidrig ist. Gleichzeitig wurde Kostenersatz im verzeichneten Ausmaß begehrt.

Es wurde dazu in der Beschwerde näher ausgeführt, daß der Berufungswerber kurdischer Abstammung ist, am 1. März 1976 in der Türkei geboren und daher minderjährig ist. Am 15. März 1992 sei er aus der Türkei geflohen und am 21. März 1992 ohne Reisepaß und ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend nach Österreich eingereist, wo er am 25. März 1992 bei der Bundespolizeidirektion Linz einen Asylantrag einbrachte und am 26. März 1992 um 15.00 Uhr von Organen der Bundespolizeidirektion festgenommen und seither angehalten wurde. Die Festnahme wurde auf einen Schubhaftbescheid vom 26. März 1992 gestützt, welcher am selben Tag um 15.16 Uhr dem Jugendwohlfahrtsträger der Landeshauptstadt Linz als dem gesetzlichen Vertreter per Telefax zugestellt wurde.

Die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Schubhaft wird einerseits auf den Mangel einer bescheidmäßigen Grundlage und andererseits auf die Mißachtung der Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges gestützt. Der Schubhaftbescheid sei dem gesetzlichen Vertreter im Wege der Telekopie zugestellt worden, wobei jedoch eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung nicht vorliege und daher eine entsprechende Zustellung an den gesetzlichen Vertreter nicht erfolgt sei, weshalb von einem wirksamen Bescheid nicht auszugehen sei. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges wird als gelinderes Mittel die Einweisung in die Überprüfungsstation des Flüchtlingslagers Traiskirchen ins Treffen geführt. Weiters widerspräche die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Abschiebung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung von Asylwerbern. Im übrigen wird mangelnde Konkretisierung im Schubhaftbescheidspruch geltend gemacht. Schließlich wird auch die Bescheidbegründung angefochten, da die Gründe für die Verweigerung des Aufenthaltes in Österreich und sohin für die vorbereitende Schubhaft nicht vorliegen.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und nach einer kurzen Sachverhaltsübersicht angemerkt, daß mit einem Abschluß des Asylverfahrens während der Schubhaft durchaus zu rechnen ist, und bei einem negativen Abschluß des Asylverfahrens die Abschiebung des Beschwerdeführers beabsichtigt ist. Die Anhaltung in Schubhaft wird daher zur Sicherung der Abschiebung für notwendig erachtet. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Ersatz des Aktenvorlageund des Schriftsatzaufwandes beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt einschließlich der noch ergänzend vorgelegten Aktenstücke Einsicht genommen und im Zusammenhalt mit den Beschwerdeausführungen den nachfolgenden Sachverhalt (Punkt 4.) festgestellt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger, minderjährig (geb. am 1. März 1976), verließ am 15. März 1992 die Türkei und reiste in der Folge am 21. März 1992 ohne gültiges Reisedokument, ohne Sichtvermerk und unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Ungarn kommend nach Österreich ein. Hier war er unsteten Aufenthalts, hatte keine Unterkunft, war nicht polizeilich gemeldet und hatte kein Bargeld für den Lebensunterhalt bei sich. Laut seinen Angaben ist einer seiner Brüder in Raab wohnhaft. Am 25. März 1992 stellte er bei der Bundespolizeidirektion Linz einen Asylantrag und wurde am selben Tag von 12.00 Uhr bis 13.30 Uhr erstmals niederschriftlich vernommen. Aufgrund einer Ladung erschien er weiters am 26. März 1992 bei der Bundespolizeidirektion Linz, wo er abermals niederschriftlich einvernommen wurde.

4.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. März 1992, Fr-78670, wurde gemäß § 5 Abs.1 FrPG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet. Weiters wurde einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zur Begründung wurde die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle ohne Reisedokumente und ohne Sichtvermerk, die Mittellosigkeit und der fehlende Wohnsitz angeführt. Weiters stützt sich die Begründung auf die Abweisung der Aufnahme in die Bundesbetreuung in der Flüchtlingsbetreuungsstelle Bad Kreuzen. Dieser Schubhaftbescheid wurde an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Amt für Jugend und Familie, als Jugendwohlfahrtsträger und gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers mittels Telekopie am 26. März 1992 in der Zeit von 15.20 Uhr bis 15.26 Uhr übermittelt. Daß der Beschwerdeführer am selben Tag eine Bescheidausfertigung eigenhändig übernommen hat, geht zwar aus der Niederschrift vom 27. März 1992, Fr-78670, Beginn um 10.25 Uhr, hervor, eine Übernahmebestätigung ist jedoch dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer wurde laut den Beschwerdeausführungen unter Berufung auf den Schubhaftbescheid um 15.00 Uhr festgenommen und seit diesem Zeitpunkt im Polizeigefangenenhaus Linz angehalten. Der Festnahmezeitpunkt ist im Grunde der Haftanzeige der Bundespolizeidirektion Linz erwiesen.

4.3. In der zitierten Niederschrift vom 27. März 1992 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vernommen. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. März 1992, Fr-78670, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs.1 und 2 Z.7 sowie Abs.3 i.V.m. § 4 des FrPG ein bis zum 30. März 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen, und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde im Wege der Telekopie am 31. März 1992 von 10.29 Uhr bis 10.31 Uhr dem Magistrat Linz als gesetzlichen Vertreter zugestellt.

4.4. Wie aus einem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. März 1992 hervorgeht, ist der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt rechtsfreundlich vertreten. Gegen den Schubhaftbescheid wurde mit Schriftsatz vom 2. April 1992 Berufung bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich eingebracht.

4.5. Ergänzend wurde von der belangten Behörde am 10. April 1992 auf einen fernschriftlichen Erlaß der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. Oktober 1991 verwiesen, wonach Mitteilungen wie Schubhaftbescheide an den Jugendwohlfahrtsträger per Telefax zu übermitteln wären. Eine schriftliche Zustimmung des Empfängers im Sinne der Telekopieverordnung dürfte nicht vorliegen.

5. Aufgrund des festgestellten als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat der unabhängigen Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG), BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den im zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art.2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Der Sicherung einer beabsichtigten Ausweisung im Sinn des Art.2 Abs.1 Z.7 PersFrG dient die im § 5 FrPG geregelte Schubhaft dann, wenn sie zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung verhängt wird. Die Schubhaft setzt die Erlassung eines entsprechenden Schubhaftbescheides zwingend voraus, welcher gemäß § 11 Abs.2 und 3 FrPG mit Berufung an die Sicherheitsdirektion angefochten werden kann. Festnahme und Anhaltung aufgrund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides stellen sich nach herrschender Auffassung als bloße Vollstreckungsmaßnahmen dar (vgl. VfGH vom 12.3.1992, G346/91-18, G5/92-15 und G6/92-14).

Nach Art.6 des PersFrG hat jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Fall der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Es hat daher gemäß § 5a Abs.1 FrPG, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten. Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit - zu überprüfen.

5.2. Im Grunde der obigen Ausführungen versteht es sich daher, daß es sich bei Schubhaftbeschwerden um eine die Zuständigkeit des Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG - und nicht nach Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG begründende Angelegenheit handelt. Die auf § 5a FrPG gestützte Beschwerde umfaßt daher nur die Festnahme und Anhaltung nach Erlassung eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides, da eine Festnahme vor Erlassung eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides nicht eine Schubhaftbeschwerde, sondern eine Maßnahmenbeschwerde nach Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG begründet und daher in einem gesonderten Verfahren - die Bestimmung des § 5a FrPG würde hier nicht zur Anwendung gelangen - zu beantragen und abzuhandeln ist.

Es war daher der Teil der Beschwerde, der auf die Festnahme und Anhaltung bis zur Erlassung eines Schubhaftbescheides (also am 26. März 1992 15.00 Uhr bis 15.26 Uhr) gerichtet ist, wegen Nichtanwendbarkeit des § 5a FrPG bzw. der genannten Zuständigkeitsnorm spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen. Es bleibt aber der Akt als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehlsund Zwangsgewalt anfechtbar. Die diesbezügliche gesetzliche Beschwerdefrist gemäß § 67c AVG steht noch offen.

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

5.3.1. Aufgrund des Geburtsdatums des Beschwerdeführers (1. März 1976) steht die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers fest. Gemäß § 11a Abs.3 FrPG können minderjährige Fremde, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und deren Interessen von ihrem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, im eigenen Namen nur Verfahrenshandlungen zu ihrem Vorteil setzen. Gesetzlicher Vertreter wird mit Einleitung des fremdenpolizeilichen Verfahrens der Jugendwohlfahrtsträger der Hauptstadt des Bundeslandes, in dem sich der Minderjährige aufhält. Gegenständlich ist daher die Landeshauptstadt Linz als Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des Beschwerdeführers.

Es wurde daher der Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. März 1992, Fr-78670, an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Amt für Jugend und Familie, als gesetzlichen Vertreter gerichtet und laut aktenkundigem Übertragungsprotokoll im Wege der Telekopie am 26. März 1992 von 15.20 Uhr bis 15.26 Uhr übermittelt. Der Schubhaftbescheid gilt daher erst mit der ordnungsgemäßen Zustellung an den gesetzlichen Vertreter als erlassen.

5.3.2. Gemäß § 11a Abs.4 FrPG ist die Mitteilung des Inhaltes von Erledigungen an den gesetzlichen Vertreter gemäß Abs.3 in einer durch Verordnung gemäß § 18 Abs.3 AVG festgelegten Weise zulässig, wenn der Empfänger dem generell zugestimmt hat. Hiebei hat er die Zeiten genau festzulegen, innerhalb welcher die Mitteilungen erfolgen dürfen. Gemäß § 2 der Telekopie-Verordnung, BGBl.Nr. 110/1991, ist die Übertragung im Wege der Telekopie nur zulässig, wenn ihr der Empfänger ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat. Läßt daher die Telekopie-Verordnung nur eine individuelle Zustimmung zu, so geht dem der § 11a Abs.4 FrPG als lex specialis vor. Laut der ergänzenden Mitteilung der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. April 1992 dürfte aber eine schriftliche generelle Zustimmung des Empfängers nicht vorliegen. Da es sich bei der Zustimmung um eine eigene Zulässigkeitsvoraussetzung handelt, ist davon auszugehen, daß bei ihrem Fehlen die entsprechende Mitteilung zunächst unwirksam ist.

5.3.3. Wird eine nicht voll handlungsfähige Person im Sinn des § 9 AVG von einem gesetzlichen Vertreter vertreten, so kann ein ergangener Bescheid nur diesem gegenüber rechtswirksam werden. Gemäß § 9 Abs.1 des Zustellgesetzes hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Es ist daher diese Bestimmung auch auf die Fälle eines gesetzlichen Vertreters anzuwenden (VwGH 8.10.1986, 85/11/0207). Erfolgt die Mitteilung behördlicher Erledigungen in einer anderen technisch möglichen Weise (Telekopie) an den Empfänger, so gilt dies als Zustellung. Hiebei gelten die §§ 6, 7, 8 und 9 sinngemäß sowie die §§ 24 und 26 Abs.2 (§ 1a Zustellgesetz). Die Übermittlung von Erledigungen im Wege der Telekopie gilt daher als Zustellung ohne Zustellnachweis, wobei gemäß § 26 Abs.2 Satz 2 Zustellgesetz die Zustellung im Zeitpunkt der Mitteilung als bewirkt gilt. Laut Übertragungsprotokoll ist der Schubhaftbescheid von 15.20 Uhr bis 15.26 Uhr dem Magistrat Linz, Amt für Jugend und Familie, mitgeteilt und daher zugestellt worden. Hinsichtlich der fehlenden Zustimmungserklärung ist daher in sinngemäßer Anwendung des § 7 Zustellgesetzes die Zustellung in dem Zeitpunkt vollzogen, indem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zu gekommen ist. Dies gilt nach § 1a Zustellgesetz sinngemäß auch für Mitteilungen im Wege der Telekopie. Da die fehlende Zustimmung ein Mangel ist, der ansonsten die Unwirksamkeit der Zustellung bewirkt, ist die Heilung durch das tatsächliche Zukommen erforderlich (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.Auflage, 1990, Seite 1175 Anmerkung 2) und auch möglich. Der Schubhaftbescheid ging daher nachweislich dem Jugendwohlfahrtsträger Stadt Linz am 26. März 1992 um 15.26 Uhr zu. Da gemäß § 64 Abs.2 AVG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ist der Bescheid auch mit diesem Zeitpunkt vollstreckbar. Die Beschwerde erfolgte im übrigen rechtzeitig. Auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt.

5.4. Dem Schubhaftbescheid zugrunde lag der vom erkennenden Verwaltungssenat bereits unter Punkt 4. festgestellte Sachverhalt. Danach wurde der Beschwerdeführer zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen. Wie bereits der Bescheidbegründung zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer ohne gültiges Reisedokument und ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet von Österreich eingereist. Dies ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Einvernahme selbst. Als wesentlich ist zu berücksichtigen, daß sich der Beschwerdeführer bereits 5 Tage in Österreich aufhielt, ohne eine Unterkunft zu besitzen und daher auch ohne polizeilich gemeldet zu sein. Dies ist insofern bedeutend, da er sich nunmehr auf seinen in Raab lebenden Bruder beruft. Der Beschwerdeführer ist unstet und es ist daher dringend zu befürchten, daß er sich im Hinblick auf ein fremdenpolizeiliches Verfahren dem behördlichen Zugriff entziehen wird bzw. im Bundesgebiet untertauchen wird. Im übrigen ist der Beschwerdeführer (siehe ebenfalls Bescheidbegründung) völlig mittellos und kann daher seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten. Die aufgezeigte Verhaltensweise des Beschwerdeführers stellt einen Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar, weshalb der weitere Aufenthalt eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit bedeutet. Dies umsomehr, als auch im Hinblick auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und seine Unterkunftslosigkeit auf ein weiteres strafbares Verhalten zu schließen ist bzw. ein solches zu befürchten ist. Es war daher die Verhängung der Schubhaft zur weiteren Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens gerechtfertigt, wobei aus den eben angeführten Gründen auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. die sofortige Vollstreckbarkeit wegen Gefahr in Verzug erforderlich war. Wenn aber nunmehr der Beschwerdeführer vermeint, daß die bestimmten Tatsachen gemäß § 3 FrPG bereits zum Zeitpunkt der Festnahme erwiesen sein müssen oder aber für die Schubhaft nicht ausreichen, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Verhängung der Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und daher zur ordnungsgemäßen Ermittlung und Abwicklung des diesbezüglichen Verfahrens dient. Im übrigen - ohne eine Entscheidung der zuständigen Behörde vorwegzunehmen bzw. die diesbezüglich ergangene bescheidmäßige Erledigung zu überprüfen - erscheinen auch dem unabhängigen Verwaltungssenat die Gründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, insbesondere die Mittellosigkeit, welche für sich allein schon ein Aufenthaltsverbot rechtfertigt, gegeben zu sein. Es kann daher in der Erlassung des Schubhaftbescheides und in dessen Vollstreckung durch Anhaltung des Beschwerdeführers aufgrund der angeführten Umstände keine Rechtswidrigkeit gesehen werden.

5.5. Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, daß die Verhängung der Schubhaft eine Maßnahme der Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes darstellt, welche der zufolge des Asylantrages bestehenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung widerspricht, so ist dem entgegenzuhalten, daß der angeführte Asylantrag ein fremdenpolizeiliches Vorgehen nicht zu verhindern vermag. Es hat nämlich der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkannt, daß ein Asylantrag weder Kraft des Gesetzes einen Schubhaftbescheid aus der Rechtsordnung beseitigt, noch dessen Vollstreckbarkeit hemmt (vgl. VfGH vom 11.6.1990, Zl.B-947; 1006/89). Zwar ist ein Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt (§ 5 Abs.1 des Bundesgesetzes vom 7.3.1968, BGBl.Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge), aber diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung hindert nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz. Nach § 5 Abs.2 leg.cit. ist nämlich nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst gehemmt. Abgesehen von dem Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber im vollen Umfang den Bestimmungen des FrPG. Eine während dieses Asylverfahrens über den Asylwerber zum Zweck der Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes verhängte und zur Sicherung der Abschiebung aufrechterhaltene Schubhaft steht daher dem Grunde nach nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch.

5.6. Auch zur angefochtenen Verhältnismäßigkeit der Maßnahme kann eine Rechtswidrigkeit aus dem Grund nicht angenommen werden, weil zur Vorbereitung des Aufenthaltsverbotes bzw. sodann zur Sicherung der Abschiebung die Haft zur Verhinderung eines weiteren strafbaren Verhaltens und des Untertauchens des Beschwerdeführers als einzige und geeignete Maßnahme nach dem FrPG anzusehen ist. Dem gegenüber vermag die Verpflichtung zum Verweilen im Flüchtlingslager Traiskirchen bzw. die Überstellung dorthin - da diese im übrigen nur der Sachverhaltsfeststellung dient - ein Untertauchen des Beschwerdeführers, welches im Hinblick auf seine Unterkunftslosigkeit und des wegen der Mittellosigkeit nicht auszuschließenden strafbaren Verhaltens zu befürchten ist, bzw. ein zu befürchtendes weiteres strafbares Verhalten nicht zu verhindern, weshalb eine Maßnahme nach § 6 Abs.1 Asylgesetz bzw. eine Überstellung in die Bundesbetreuung nicht als gleichermaßen taugliches Mittel im Vergleich zur Schubhaft angesehen werden kann.

5.7. Im übrigen ist aus den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seines Asylverfahrens eine Verfolgung und daher eine begründete Furcht nicht zu erkennen, weshalb anläßlich des bereits ergangenen bescheidmäßigen Aufenthaltsverbotes, welches im übrigen ebenfalls sofort vollstreckbar wurde, die weitere Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung nach (rechtskräftigem Entscheid über das Asylverfahren) auch weiterhin gerechtfertigt erscheint. Gerade im Hinblick auf das vollstreckbare Aufenthaltsverbot besteht ein besonderes öffentliches Interesse, daß sich der Beschwerdeführer nicht einem behördlichen Zugriff entzieht.

Eine - wie in den Beschwerdeausführungen behauptete Aktenwidrigkeit hinsichtlich der Bundesbetreuung konnte nicht festgestellt werden, da aus dem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. März 1992 hervorgeht, daß laut einer fernmündlichen Mitteilung der Flüchtlingsbetreuungsstelle Bad Kreuzen türkische Asylwerber aus der Provinz Konya nicht in die Bundesbetreuung aufgenommen werden. Im übrigen wird auf § 1 Abs.3 des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl.Nr. 405/1991, hingewiesen, wonach ein Anspruch auf Aufnahme in die Bundesbetreuung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht besteht.

Im Hinblick auf die Mittellosigkeit und Unterkunftslosigkeit des Beschwerdeführers haftete auch der weiteren Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung keine Rechtswidrigkeit an, wobei diesbezüglich darauf hinzuweisen ist, daß auch weder in der Beschwerdeschrift noch aus der Aktenlage neuerlich aufgetretene Gründe einer möglichen Rechtswidrigkeit aufgezeigt wurden. Auch sind im weiteren Verfahren solche Gründe nicht hervorgetreten.

5.8. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangte daher zu der Auffassung, daß die Verhängung der Schubhaft zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und in der Folge zur Sicherung der Abschiebung notwendig war. Auch die weitere Anhaltung in Schubhaft konnte nicht als rechtswidrig festgestellt werden, insbesondere da auch eine andere Maßnahme zur gleichen Zweckerreichung ausgeschlossen werden kann. Es wurde daher durch die Anordnung und Vollziehung der Schubhaft sowie durch die weitere Anhaltung bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit des Beschwerdeführers nicht verletzt. Auch eine einfach gesetzliche Rechtsverletzung des Beschwerdeführers seit der wirksamen Erlassung des Schubhaftbescheides war nicht festzustellen.

Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

6. Im Sinn der im Spruch zitierten Gesetzesstellen steht nur der obsiegenden Partei Kostenersatz zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat die Beschwerdeführerin nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 AVG die Kosten selbst zu bestreiten.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S. Das Mehrbegehren war entsprechend abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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