Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400085/5/Kl/Rd

Linz, 15.06.1992

VwSen - 400085/5/Kl/Rd Linz, am 15. Juni 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des A, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde wird im Hinblick auf die am 19. Mai 1992 um 10.25 Uhr vorgenommene Festnahme und weitere Anhaltung bis zur Zustellung des schriftlichen Schubhaftbescheides am 20. Mai 1992 als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des Fremdenpolizeigesetzes (kurz: FrPG), BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991, und § 67a Abs.1 Z.2 AVG i.V.m. Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG.

II. Im übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der Anhaltung seit der Zustellung des Schubhaftbescheides am 20. Mai 1992 als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des FrPG i.V.m. § 67c Abs.3 AVG.

III. Der Antrag auf Kostenersatz wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 21.5.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 25.5.1992, wurde Schubhaftbeschwerde gemäß § 5a FrPG erhoben und beantragt, festzustellen, daß die durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz am 19.5.1992 verfügte Festnahme sowie die seitherige Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig ist. Gleichzeitig wurde Kostenersatz im verzeichneten Ausmaß begehrt.

1.1. Dazu wurde näher ausgeführt, daß der Beschwerdeführer am 6.5.1992 durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen Sichtvermerksantrag bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht habe, da ein Verfahren um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung durch die Firma E in anhängig sei. Bei einer diesbezüglichen fremdenpolizeilichen Einvernahme am 19.5.1992 sei lediglich sein Bruder T zur Übersetzung herangezogen worden und nicht ein gerichtlich beeideter Dolmetscher für die türkische Sprache. Aufgrund der ungeklärten Unterkunftsverhältnisse wurde mit mündlichem Bescheid die Schubhaft verhängt und die Festnahme durchgeführt. Eine polizeiliche Meldung durch den Bruder am 20.5.1992 sei verweigert worden.

Zu den Beschwerdegründen wurde ausgeführt, daß ein besonderes Sicherungsbedürfnis aufgrund seines Sichtvermerksantrages und der Anstrengung eines behördlichen Verfahrens nicht gegeben sei. Schließlich sei er freiwillig einer Vorladung zur Fremdenpolizei gefolgt. Auch wurde die Absicht kundgetan, daß der Beschwerdeführer bei seinem Bruder Wohnsitz nehmen werde und sich daher dem Zugriff nicht entziehen werde. Weiters sei der Beschwerdeführer geordnet nach Österreich eingereist, und sei erst durch Verabsäumung der Verlängerung des Sichtvermerkes sein Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig geworden. Aufgrund des Antrages der Firma E bestehe Aussicht auf eine Beschäftigungsbewilligung. Da der Schubhaftbescheid nicht als Mandatsbescheid erlassen worden ist, hätte ein ordentliches Ermittlungsverfahren insbesondere hinsichtlich der Wohnsitzverhältnisse durchgeführt werden müssen, welche Unterlassung den Bescheid gesetzwidrig macht. Auch wurde keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Beweisergebnissen eingeräumt. Eine Bestätigung vom 21.5.1992 über die Möglichkeit einer Unterkunftnahme bei seinem Bruder nach der Schubhaft wurde der Beschwerde beigelegt.

1.2. Im ergänzenden Schriftsatz vom 9.6.1992 beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes Linz vom 2.6.1992 und legt diese in Kopie bei.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und zu den Beschwerdepunkten angemerkt, daß der als Dolmetscher herangezogene T österreichischer Staatsangehöriger ist und einwandfrei Deutsch spricht, sodaß es unerheblich erscheint, daß die Einvernahme unter Beiziehung eines nicht gerichtlich beeideten Dolmetschers stattfand. Auch sei unrichtig, daß dem Bruder T der Besuch seines Bruders im Polizeigefangenenhaus verwehrt wurde, da eine Besuchserlaubnis schriftlich erteilt wurde und ein Besuch tatsächlich am 20.5.1992 stattfand. Hinsichtlich der beabsichtigten polizeilichen Meldung kann aber eine Anmeldung erst nach tatsächlicher Unterkunftnahme gemäß den Bestimmungen des Meldegesetzes vorgenommen werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und in Zusammenhalt mit den Beschwerdeausführungen den nachfolgenden Sachverhalt (Punkt 4.) festgestellt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und reiste im August 1989 mit einem gültigen Reisepaß vom 26.7.1989, gültig zunächst bis 26.7.1990 und verlängert bis 25.7.1992, nach Österreich ein. Sichtvermerke wurden von der Bundespolizeidirektion Wien vom 2.2.1990 bis 30.3.1990, der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.6.1990 bis 7.2.1991 und der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.2.1991 bis 31.7.1991 erteilt. Für diesen Zeitraum wies der Beschwerdeführer auch eine gültige Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes Linz bis zum 30.6.1991 auf. Seit diesem Zeitpunkt bis zur Festnahme lag keine Beschäftigungsbewilligung und seit 1.8.1991 keine Aufenthaltsberechtigung vor.

4.2. Wegen folgender Verwaltungsübertretungen kam es daher zu einer Bestrafung:

4.2.1. Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Bescheid vom 6.2.1990 wegen § 40 Abs.2 4.Fall des Paßgesetzes mit 500 S. 4.2.2. Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Bescheid vom 21.3.1990 wegen § 3 Abs.1 i.V.m. § 16 Z.1 des Meldegesetzes mit 200 S. 4.2.3. Von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 1.10.1990 wegen § 2 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz mit 700 S. 4.2.4. Von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 27.12.1991 wegen § 14b Abs.1 Z.4 i.V.m. § 2 Abs.1 Z.2 Fremdenpolizeigesetz mit 2.000 S. 4.2.5. Von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 19.5.1992 wegen §§ 1 Abs.1, 3 Abs.1, 6 Abs.1 des Meldegesetzes mit 1.000 S.

Während die Strafen aus dem Jahr 1990 rechtskräftig sind, wurden die letzten beiden Strafverfügungen erst am 19.5.1992 im Polizeigefangenenhaus Linz zugestellt, da eine Zustellung mangels eines ständigen Aufenthaltes zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich war.

4.3. Mit Schriftsatz vom 6.5.1992 stellte der Berufungswerber bei der Bundespolizeidirektion Linz einen Sichtvermerksantrag und legte diesem eine Verpflichtungserklärung des T vom 30.4.1992, eine Wohnungsbestätigung der G vom Mai 1992 und eine Bestätigung über eine Krankenversicherung von 1.5. bis 1.11.1992 der bei. Über schriftliche Vorladung erschien der Beschwerdeführer am 19.5.1992 bei der Bundespolizeidirektion Linz zu einer fremdenpolizeilichen Einvernahme, bei welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und der Bruder T als Dolmetscher anwesend waren. Im Zuge dieser Amtshandlung gab der Beschwerdeführer zunächst als Wohnadresse Linz, sodann seine Meldeadresse und die dortige Unterkunftnehmerin an. Weiters berief er sich auch auf einen Aufenthalt bei seinem Bruder in T. Der Beschwerdeführer besitzt jedoch keinen Wohnungsschlüssel zur Wohnung in der. Als weitere Aufenthaltsorte nannte der Beschwerdeführer auch die Firma in der sowie die Firma E.

4.4. Aufgrund der ungeklärten Wohnsitzverhältnisse und des illegalen Aufenthaltes in Österreich seit 1.8.1991 wurde im Rahmen der Einvernahme dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, daß die Bundespolizeidirektion Linz mit mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 5 FrPG über mich zur Vorbereitung der "Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Schubhaft verhängt" und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer Berufung wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Um 10.25 Uhr des 19.5.1992 wurde der Beschwerdeführer festgenommen, dem Journalbeamten vorgeführt und über dessen Weisung in das Polizeigefangenenhaus Linz - immer in Anwesenheit des Rechtsvertreters und des Bruders eingeliefert.

Weitere Ermittlungen am 19.5.1992 bestätigten, daß in der in der vom Beschwerdeführer genannten Wohnung dieser seit 26.9.1991 dort aufrecht gemeldet, aber seit Juli 1991 nicht mehr dort tatsächlich wohnhaft ist.

Eine schriftliche Ausfertigung des Schubhaftbescheides wurde am 20.5.1992 angefertigt und noch am selben Tag dem Rechtsvertreter zugestellt.

4.5. Am 20.5.1992 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und der Abschiebung einvernommen, wobei noch zutage trat, daß der Beschwerdeführer verheiratet ist und drei Kinder hat. Die Familie lebt in der Türkei.

Mit Bescheid vom 20.5.1992, berichtigt mit Bescheid vom 22.5.1992, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 21.5.1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen; gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid stützt sich im wesentlichen auf die Tatsache des schon lang dauernden illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie die unrichtigen Angaben über die tatsächlichen Wohnverhältnisse bzw. die Scheinmeldung, um sich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle zu entziehen. Die bereits angeführten Bestrafungen zeigen eine Mißachtung der österreichischen Rechtsordnung. Dieser Umstand, daß das rechtswidrige Verhalten auch fortgesetzt wird, begründet auch eine Gefahr im Verzug.

4.6. Am 21.5.1992 um 13.15 Uhr wurde der Beschwerdeführer vom Flughafen Wien-Schwechat in die Türkei abgeschoben.

5. Aufgrund des festgestellten als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG), BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den im zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art.2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Der Sicherung einer beabsichtigten Ausweisung im Sinn des Art.2 Abs.1 Z.7 PersFrG dient die im § 5 FrPG geregelte Schubhaft dann, wenn sie zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung verhängt wird. Die Schubhaft setzt die Erlassung eines entsprechenden Schubhaftbescheides zwingend voraus, welcher gemäß § 11 Abs.2 und 3 FrPG mit Berufung an die Sicherheitsdirektion angefochten werden kann. Festnahme und Anhaltung aufgrund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides stellen sich nach herrschender Auffassung als bloße Vollstreckungsmaßnahmen dar (vgl. VfGH vom 12.3.1992, G346/91-18, G5/92-15 und G6/92-14).

Nach Art.6 des PersFrG hat jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Fall der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Es hat daher gemäß § 5a Abs.1 FrPG, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten. Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit - nach jeder Richtung hin zu überprüfen, um jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen.

5.2. Im Grunde der obigen Ausführungen versteht es sich daher, daß es sich bei Schubhaftbeschwerden um eine die Zuständigkeit des Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.1 AVG - und nicht nach Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG begründende Angelegenheit handelt. Die auf § 5a FrPG gestützte Beschwerde umfaßt daher nur die Festnahme und Anhaltung nach Erlassung eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides, da eine Festnahme vor Erlassung eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides nicht eine Schubhaftbeschwerde, sondern eine Maßnahmenbeschwerde nach Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG begründet und daher in einem gesonderten Verfahren - die Bestimmung des § 5a FrPG würde hier nicht zur Anwendung gelangen - zu beantragen und abzuhandeln ist.

5.2.1. Wie bereits unter Punkt 4. festgestellt wurde, wurde im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme dem Beschwerdeführer am 19.5.1992 zur Kenntnis gebracht, daß die Bundespolizeidirektion Linz mit mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 5 FrPG über ihn zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Schubhaft verhängt (illegaler Aufenthalt ohne Sichtvermerk seit 1.8.1991. Ungeklärte Wohnsitzverhältnisse, da für die Meldeadresse kein Schlüssel beizuschaffen ist; verschiedener Aufenthaltsort).

5.2.2. Gemäß § 62 Abs.1 AVG können Bescheide, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden. Gemäß § 62 Abs.2 leg.cit. ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluß der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden. Die Tatsache der Verkündung ist als Erklärung des Verhandlungsleiters und nicht etwa bloß im Rahmen einer Parteienäußerung zu beurkunden (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.Auflage, 1990, Seite 466, Anmerkung 8). Die Existenz des Bescheides hängt nach der Rechtsprechung von dessen vorschriftsmäßiger Beurkundung ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf die Erlassung eines mündlichen Bescheides einer Beurkundung sowohl des Bescheidinhaltes als auch der Tatsache seiner Verkündung in Form einer Niederschrift, ohne die von einer Bescheiderlassung nicht gesprochen werden kann (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 470 E.1). Die mündliche Mitteilung der behördlichen Entschließung muß der Partei nicht nur die Kenntnis ihres Inhalts, sondern auch und vor allem das Bewußtsein vermitteln, daß ihr nicht etwa eine bloße Information erteilt, sondern daß eine an sie adressierte Norm erlassen wird. Dem dient auch das Erfordernis der niederschriftlichen Beurkundung sowohl des Bescheidinhaltes als auch der Tatsache seiner Verkündung. Die Beurkundung eines mündlichen Bescheides darf nicht so verstanden werden, daß der Bescheid schon vor der Beurkundung existent wäre. Vielmehr ist anzunehmen, daß erst die Beurkundung das Zustandekommen des Bescheides bewirkt (Ringhofer, "Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze", I.Band, Wien 1987, Seite 556, Anmerkung 6 und 7 zu § 62 AVG, mit weiteren Nachweisen).

5.2.3. Es ist daher davon auszugehen, daß ein Schubhaftbescheid am 19.5.1992, insbesondere zum Zeitpunkt der Festnahme des Beschwerdeführers, nicht in Existenz getreten ist, sondern dieser erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung am 20.5.1992 erlassen wurde.

Es war daher der Teil der Beschwerde, der auf die Festnahme und Anhaltung bis zur Erlassung des Schubhaftbescheides am 20.5.1992 gerichtet ist, wegen Nichtanwendbarkeit des § 5a FrPG bzw. der genannten Zuständigkeitsnorm spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen. Es bleibt aber der Akt als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anfechtbar. Die diesbezügliche gesetzliche Beschwerdefrist gemäß § 67c AVG steht noch offen.

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

5.3.1. Wie bereits unter Punkt 4. festgestellt, wurde mit schriftlichem Bescheid vom 20.5.1992 über den Beschwerdeführer nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde noch am selben Tag nachweislich dem Rechtsvertreter zugestellt. Der Bescheid war daher ab diesem Zeitpunkt vollstreckbar. Die Beschwerde erfolgte im übrigen rechtzeitig. Auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt.

Ist der unabhängige Verwaltungssenat nach dem obzitierten Verfassungsgerichtshoferkenntnis zwar zur Überprüfung eines der Inhaftnahme zugrundeliegenden Schubhaftbescheides nicht zuständig, so hat er aber die Gesetzmäßigkeit der Haftfortdauer zu prüfen.

Die behauptete Rechtswidrigkeit ist aber nicht zutreffend.

5.3.2. Dem Schubhaftbescheid zugrunde lag der vom erkennenden Verwaltungssenat bereits unter Punkt 4. festgestellte Sachverhalt. Danach stützt sich bereits die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung zu Recht auf die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen, die auch in zum Teil rechtskräftige Strafen mündeten. Es hat sich der Beschwerdeführer mehrmals ohne Sichtvermerk und daher ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet Österreichs aufgehalten, zuletzt seit dem 1.8.1991. Auch war er an der von ihm angegebenen Anschrift nur zum Schein polizeilich angemeldet. Aufgrund seiner bereits dargestellten mündlichen Aussagen konnte ein konkreter Aufenthaltsort nicht eruiert werden, sodaß auch letztlich die Zustellung der Strafverfügungen aus dem Jahr 1991 und 1992 erst nach seiner Festnahme erfolgen konnte. Es ist also aufgrund dieser Tatsachen anzunehmen, daß sich der Beschwerdeführer auch weiterer behördlicher Zugriffe entziehen wird. Dies wird im übrigen auch daraus bekräftigt, da er - entgegen seinen Beteuerungen in der Beschwerde - auch bei dem letzten angestrengten Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die Erteilung eines Sichtvermerkes offenkundig falsche Angaben über seinen Aufenthalt machte. Auch konnte er im Rahmen des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens keinen weiteren Nachweis seiner Unterkunft erbringen. Auch die nunmehr beigebrachte Erklärung des Bruders T ist lediglich eine unverbindliche Erklärung und kann eine tatsächliche Unterkunft des Beschwerdeführers nicht bestätigen. Wenn aber der Beschwerdeführer die Unmöglichkeit einer polizeilichen Meldung während seiner Inhaftierung geltend macht, so ist den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen, daß eine solche Meldung nur aufgrund einer tatsächlichen Unterkunftnahme erfolgen kann.

5.3.4. Aufgrund der mehrmaligen Verstöße gegen österreichische Rechtsvorschriften, nämlich Fremdenpolizeigesetz, Paßgesetz, Meldegesetz, und nicht zuletzt wegen seiner Betretung anläßlich einer Beschäftigung ohne eine entsprechende Beschäftigungsbewilligung, ist auch - wie bereits die belangte Behörde zu Recht beurteilt hat - weiterhin zu befürchten, daß der Beschwerdeführer weiterhin ein strafbares Verhalten zeigt und die österreichische Rechtsordnung mißachtet. Im Grunde eines weiterhin zu befürchtenden strafbaren Verhaltens sowie des Umstandes der Entziehung aus dem behördlichen Zugriff, war auch Gefahr im Verzug und daher ein Grund für die sofortige Vollstreckbarkeit der Schubhaftnahme gegeben.

Da die bereits angeführten Verwaltungsübertretungen aber auch bestimmte Tatsachen im Sinn des § 3 Abs.2 Z.2 des FrPG bilden, diente die Inschubhaftnahme auch einer umgehenden Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, welches mit dem Bescheid vom 20.5.1992, zugestellt an den Rechtsvertreter am 21.5.1992, aufgrund der Anordnung des § 64 Abs.2 AVG sofort wirksam und vollstreckbar wurde. Es wurde daher der Zweck der Schubhaft, nämlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und Sicherung der Abschiebung ohne Verzug in begründeter Weise erreicht. Eine Rechtswidrigkeit in der Anhaltung kann daher nicht erblickt werden.

5.4. Wenn der Beschwerdeführer hingegen Verfahrensmängel hinsichtlich der Erlassung des Schubhaftbescheides und insbesondere die Verletzung des Parteiengehörs vorbringt, so ist dem entgegenzuhalten, daß gemäß dem bereits zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.3.1992 Gegenstand der Schubhaftbeschwerde die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung im Zeitpunkt der Entscheidung, wenn die Haft früher endete, unmittelbar vor der Freilassung, ist. Die Prüfung des Schubhaftbescheides und das diesbezügliche Verwaltungsverfahren im Hinblick auf einfache Rechtsverletzung obliegt hingegen weiterhin der Sicherheitsdirektion im Rahmen eines Rechtsmittels gemäß § 11 Abs.2 und 3 FrPG. Im übrigen wird aber auf die Niederschrift vom 19.5.1992 hingewiesen, worin bereits dem Beschwerdeführer zwischenzeitliche Ermittlungsergebnisse in Anwesenheit seines Rechtsvertreters bekanntgegeben wurden.

5.5. Der Einwand, daß anläßlich der Amtshandlung am 19.5.1992 kein gerichtlich beeideter Dolmetscher herangezogen wurde, geht insofern ins Leere, da gemäß § 39a Abs.1 i.V.m. § 52 Abs.2 AVG die Behörde, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, ausnahmsweise auch andere geeignete Personen heranziehen kann. Eine fehlende Beeidung wurde nach der ständigen Rechtsprechung zwar als Verfahrensmangel beurteilt, der jedoch als rechtlich unerheblich angesehen wurde. Auch eine formlose Beiziehung wurde in der Rechtsprechung als ausreichend beurteilt (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 361, Anmerkung 7 und 11). Sollte der Beschwerdeführer hingegen Zweifel an der Unbefangenheit oder Fachkunde hegen, so hätte eine Ablehnung spätestens unmittelbar vor der Amtshandlung erfolgen müssen. Ein solcher Grund wurde jedoch nicht genannt bzw. sind solche Zweifel aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Es hat daher die belangte Behörde zu Recht in ihren Ausführungen mitgeteilt, daß der genannte Dolmetscher einwandfrei Deutsch spricht und daher der Einwand des Beschwerdeführers unerheblich ist.

5.6. Was jedoch die Einwände der Deckung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers anlangt, so gehen diese insofern ist Leere, da einerseits bereits die genannten Gründe für die Erlassung einer Schubhaft und die tatsächliche Abschiebung ausreichen, und andererseits aber die Rechtmäßigkeit der Anhaltung im konkreten Fall zum Zeitpunkt unmittelbar vor dem Haftende zu überprüfen ist. Zu diesem Zeitpunkt lag eine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes nicht vor. Diese wurde erst am 2.6.1992 ausgestellt. Dagegen hat der Beschwerdeführer im Erhebungszeitraum ohne Beschäftigungsbewilligung und daher gesetzwidrig seinen Lebensunterhalt bestritten. Im übrigen wird dem Beschwerdeführer die Mittellosigkeit im gesamten Verfahren nicht vorgeworfen und bildet diese auch keinen Bescheidgrund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

5.7. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangte daher zu der Auffassung, daß die Anhaltung in Schubhaft zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und in der Folge zur Sicherung der Abschiebung notwendig war. Auch kann die Anwendung einer anderen - gelinderen - Maßnahme zur gleichen Zweckerreichung ausgeschlossen werden. Es wurde daher durch die schriftliche Anordnung und Vollziehung der Schubhaft sowie durch die weitere Anhaltung bis zum Zeitpunkt der Abschiebung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit des Beschwerdeführers nicht verletzt. Auch eine einfach gesetzliche Rechtsverletzung des Beschwerdeführers seit der wirksamen Erlassung des Schubhaftbescheides war nicht festzustellen.

Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

6. Im Sinn der im Spruch zitierten Gesetzesstellen steht nur der obsiegenden Partei Kostenersatz zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat der Beschwerdeführer nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 AVG die Kosten selbst zu bestreiten. Die belangte Behörde hat keinen Kostenersatz begehrt; es war daher keine weitere Kostenentscheidung zu fällen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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