Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400089/3/Gf/Rd

Linz, 16.06.1992

VwSen - 400089/3/Gf/Rd Linz, am 16. Juni 1992 DVR.0690392

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof aus Anlaß der Beschwerde des L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als verspätet zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, ist am 25. November 1991 von Spanien aus kommend mit einem gefälschten portugiesischen Reisepaß in das Bundesgebiet eingereist. In der Folge wurde er in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Februar 1992, Zl. 10-EVr-12549/91, wegen Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten (bedingt auf 3 Jahre) verurteilt. Nach seiner Haftentlassung hat sich der Beschwerdeführer bei der chinesischen Botschaft in Wien einen neuen Reisepaß besorgt und sich sodann - und zwar jeweils ohne polizeiliche Meldung - in verschiedenen Städten Österreichs aufgehalten und Gelegenheitsbeschäftigungen ausgeübt. In Linz wurde er von einer Bekannten darauf aufmerksam gemacht wurde, daß er einen Sichtvermerksantrag stellen müsse. Aus diesem Grund erschien erschien daher der Beschwerdeführer am 23. April 1992 bei der Bundespolizeidirektion Linz.

1.2. Mit dem dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. April 1992, Zl. Fr-78.960, wurde über diesen die Schubhaft verhängt und gleichzeitig einer allfälligen Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Schubhaft wurde durch unverzügliche Überstellung des Beschwerdeführers in das Polizeigefangenenhaus Linz vollzogen.

1.3. Am 27. April 1992 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Über diesen wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. Mai 1992, Zl. FrA- 1550/90, negativ entschieden. Dagegen hat der Beschwerdeführer zunächst Berufung erhoben, diese jedoch am 9. Juni 1992 wieder zurückgezogen.

1.4. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Mai 1992, Zl. St-5.655/92-B, wurde über den Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 14b Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) verhängt.

1.5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Juni 1992, Zl. Fr-78.960, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 3. Juni 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben.

1.6. Am 9. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer mit der Aufforderung, bis zum 15. Juni 1992, 24.00 Uhr, das Bundesgebiet zu verlassen, aus der Schubhaft entlassen.

1.7. Gegen die auf dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid basierende Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 10. Juni 1992 (Datum des Poststempels) zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. In ihrem der Schubhaft zugrundeliegenden Bescheid vom 23. April 1992 führt die belangte Behörde begründend aus, daß zu befürchten sei, daß sich der Beschwerdeführer weiterhin strafbar verhalten - nämlich ohne gültige Reisedokumente oder Aufenthaltsbewilligung und ohne polizeilich gemeldet zu sein in Österreich aufhalten werde, weshalb im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit die Schubhaft zu verhängen gewesen sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß aus der Tatsache, daß am 3. Juni 1992 ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde, hervorgehe, daß die belangte Behörde offensichtlich beabsichtige, ihn trotz des laufenden Asylverfahrens in seinen Heimatstaat abzuschieben, was aber der diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zuwiderlaufe. Sollte hingegen wovon der Beschwerdeführer nicht ausgeht - bereits das Asylgesetz 1991 Anwendung finden, so würde sich in diesem Fall wiederum sein Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als begründet erweisen. Zumindest ab dem 4. Juni 1992 erweise sich daher die Anhaltung des Beschwerdeführers - weil diese der Sicherung der Abschiebung in seinen Heimatstaat diene - als rechtswidrig.

Aus diesen Gründen beantragt daher der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung ab dem 4. Juni 1992 durch die belangte Behörde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-78.960; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte gemäß § 5a FrPG sowie gemäß § 67d Abs. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme (erste Alternative; sog. Schubhaftbeschwerde dem Grunde nach) oder Anhaltung (zweite Alternative; Beschwerde gegen die Art und Weise der Vollziehung der Schubhaft bzw. gegen die weitere Anhaltung Schubhaft bei geänderten tatsächlichen Voraussetzungen) anzurufen. Diese Differenzierung bedingt auch einen unterschiedlichen Lauf der durch § 67c Abs. 1 AVG vorgegebenen sechswöchigen Beschwerdefrist.

4.2. Die vorliegende Beschwerde stützt sich nicht tatsächlich, sondern nur vorgeblich auf die zweite Alternative des § 5a Abs. 1 FrPG, wenn mit dieser die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit (ausschließlich) aus dem Grunde geltendgemacht wird, daß gegen den Beschwerdeführer nach Erlassung des Schubhaftbescheides am 3. Juni 1992 auch ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb und inwieweit die nachträgliche Erlassung eines Aufenhaltsverbotes die Wirksamkeit des Schubhaftbescheides tangieren sollte. Eine ganz andere Frage ist hingegen, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder die Durchführung der Abschiebung während eines laufenden Asylverfahrens rechtlich zulässig ist; hierüber hat jedoch nicht der unabhängige Verwaltungssenat in einem Verfahren gemäß § 5a FrPG, sondern die jeweils im Rechtsmittelinstanzenzug übergeordnete staatliche Verwaltungsbehörde zu entscheiden.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dem gemäß § 5a Abs. 1 FrPG nur aufgegeben ist, über die Rechtmäßigkeit der Festnahme und Anhaltung zu entscheiden, kann daher nicht finden, daß die nachträgliche Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder gar die Druchführung einer Abschiebung - bei aller faktischen Konnexität - auch eine rechtliche Auswirkung im Sinne einer Modifikation der im konkreten Einzelfall die Schubhaft tragenden gesetzlichen Voraussetzungen zeitigt. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Durchführung einer Abschiebung vermögen ebenso wie die Stellung eines Asylantrages nichts daran zu ändern, daß bzw. ob der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (§ 5 Abs. 1 erste Alternative FrPG) darstellt oder ob unmittelbar zu befürchten ist, daß sich dieser strafbar verhält (§ 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG).

4.3. Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argumente sind daher allesamt von vornherein ungeeignet, dessen Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch einen erst während seiner Anhaltung in Schubhaft aufgetretenen Umstand darzutun. In Wahrheit richtet sich die vorliegende Beschwerde daher nicht gegen die Art und Weise der Vollziehung der bzw. die weitere Anhaltung in Schubhaft (§ 5a Abs. 1 zweite Alternative FrPG), sondern gemäß § 5a Abs. 1 erste Alternative FrPG gegen die Schubhaft dem Grunde nach.

Für eine derartige Beschwerde beginnt aber die sechswöchige Frist gemäß § 67c Abs. 1 AVG, wenn - wie im gegenständlichen Fall - besondere Hinderungsgründe nicht vorliegen, nach der diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates (vgl. z.B. VwSen-400051 v. 13.9.1991) mit dem Tag der Zustellung des Schubhaftbescheides, d.i. der 23. April 1992, zu laufen. Die Beschwerdefrist hat daher im vorliegenden Fall am 4. Juni 1992 geendet. Indem die gegenständliche Beschwerde erst am 10. Juni 1992 zur Post gegeben wurde, ist diese sohin als verspätet zu qualifizieren; dies gemäß § 61 Abs. 2 AVG trotz des Umstandes, daß im Schubhaftbescheid der belangten Behörde rechtswidrigerweise keine Rechtsmittelfrist angegeben ist, weil in diesem Fall das Rechtsmittel nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde.

4.4. Aus diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 6 FrPG i.V.m. 67c Abs. 3 AVG als verspätet zurückzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war eine Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs.4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 28.04.1995, Zl.: 93/18/0454

 

 

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