Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102586/10/Br/Bk

Linz, 30.03.1995

VwSen-102586/10/Br/Bk Linz, am 30. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung der Frau E R, F, L gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Jänner 1995, Zl. St.

7990/94-R, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 30. März 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 800 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 27 Stunden ermäßigt wird.

Der Spruch hat in Ergänzung zu lauten: ......nicht vor der Haltelinie angehalten, "sondern die Kreuzung in gerader Richtung durchfahren haben." Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 80 S. Für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretung nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 3. Juni 1994 um 15.35 Uhr in L, F - Krzg. V Richtung stadteinwärts mit dem Fahrrad das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage dadurch mißachtet habe, daß sie nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten habe.

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die auf dienstlicher Wahrnehmung beruhende Stellungnahme des BezInsp. N. Die Strafzumessung stützte die Erstbehörde auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und die Notwendigkeit die Berufungswerberin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten. Annahmen im Hinblick auf das Einkommen sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Mildernd wertete die Erstbehörde zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin aus:

"Ich berufe gegen das Straferkenntnis (Akt.-Z.: St.

7990/94-R) des Strafamtes L N., da in der Begründung des Straferkenntnisses auf meine Einspruchsgründe in keiner Weise eingegangen wurde.

Es ist wohl richtig, daß ich eine Ladung dieser Behörde erhielt, die mit dem Hinweis versehen war, daß bei meinem Nichterscheinen das Verfahren ohne meine Anhörung durchgeführt würde. Von einer Drohung, bzw. Androhung - wie in der Begründung dieser Behörde angeführt - war jedenfalls nicht die Rede. Oder sollte es sich bei dieser Diktion nur um ein Relikt längst vergangener Zeiten im Umgang Behörde Bürger handeln? Ich bin der Ladung nicht gefolgt, da ich für die Zeit meines Fernbleibens vom Arbeitsplatz eine Lohneinbuße in Kauf nehmen müßte und ich außerdem der Meinung war und bin, daß ich den Einspruchsgrund klar, deutlich und ausführlich zum Ausdruck gebracht habe.

In der Begründung des Straferkenntnisses wurde sehr wohl mein Einspruchsgrund wiederholt, jedoch wurde in keiner Weise darauf eingegangen. So fehlt mir im besonderen die Begründung, wie der Polizist behaupten konnte, ich sei bei "Rot" der Verkehrsampel über die Haltelinie gefahren, wo er doch - wie ich in meinem Einspruch erwähnt habe - von seiner Beobachtungsposition lediglich die für die Fußgänger bestimmten Leuchtkörper der Ampelanlage einsehen konnte. Der Polizist stand ja nicht direkt an der Ampelanlage, sondern in einiger Entfernung in der gedachten Verlängerung des Schutzweges Richtung Vitorellistraße.

In der Begründung zum Straferkenntnis heißt es ferner:

"Gem. § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.

7 und des § 53 Abs. 10 a StVO, wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie anzuhalten.

Ich habe in der StVO nachgeblättert und mußte feststellen, daß es keinen § 53 Abs.10 a gibt, da der § 53 StVO nur 2 Absätze enthält.

Im übrigen sei mir die Bemerkung noch erlaubt, daß ich es wirklichkeitsfremd empfinde, bei der Strafbemessung nicht zwischen Radfahrern und Kraftfahrern zu unterscheiden. Das mögliche Gefährdungspotential, das durch einen sich falsch verhaltenden Radfahrer entstehen könnte, ist wohl ungleich geringer als das eines sich falsch verhaltenden Kraftfahrzeuglenkers.

Hochachtungsvoll E R" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner wurde als Zeuge der Meldungsleger, BezInsp. N, und die Berufungswerberin als Beschuldigte vernommen.

3.1. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da das Berufungsvorbringen sich nicht nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern auch gegen das von der Erstbehörde zugrundegelegte Beweisergebnis richtet, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Die Berufungswerberin lenkte zur fraglichen Zeit ihr Fahrrad auf der F Kreuzung V in Richtung stadteinwärts. Zum Zeitpunkt des Umschaltens der Verkehrslichtsignalanlage in Fahrtrichtung der Berufungswerberin auf Rotlicht hatte sie die Haltelinie noch nicht erreicht. Sie fuhr zwischen den rechtsseitig parkenden und an zwei bereits infolge des Rotlichtes anhaltenden Pkw's vorbei und durchfuhr die Kreuzung. Der etwa acht Meter von der Haltelinie entfernt stehende Polizeibeamte (BezInsp. N) vermochte von seiner Position den Vorgang exakt zu beobachten. Er lief folglich in Richtung der Radfahrerin und brachte diese durch Zurufe nach dem Fußgängerübergang zum Anhalten. Eine Ampel befindet sich einerseits über dem Fußgängerübergang und andererseits in Fahrtrichtung der Berufungswerberin rechts neben dem Fußgängerübergang.

4.2. Das Beweisverfahren hat durch die Aussage des Zeugen BezInsp N in überzeugender und den Denkgesetzen entsprechenden Weise ergeben, daß er von seiner Position etwa acht Meter von der Haltelinie entfernt wohl nur in einem flachen Winkel aber immerhin auf die Lichtanlage Einsicht hatte. Er hat damit das Geschehen an der Kreuzung im Auge gehabt und kann daher kein Anlaß für Zweifel daran gelegen sein, daß er im Hinblick auf seine Wahrnehmung einen derartigen Irrtum unterlegen wäre, das Fahrverhalten der Radfahrerin völlig falsch beurteilt zu haben. Auch die im Akt erliegende und im Rahmen des Verfahrens erörterte Skizze läßt den geschilderten Ablauf logisch nachvollziehbar erscheinen. Seine Angabe, daß die Radfahrerin beim Aufleuchten des Rotlichtes die Haltelinie noch nicht erreicht hatte, vor dieser aber bereits Fahrzeuge angehalten haben, vermochten im Rahmen des Beweisverfahrens nicht erschüttert zu werden. Der Zeuge wirkte in jeder Richtung hin glaubwürdig und war in seinem Vorbringen überzeugend.

Die dagegen stehenden Angaben der Berufungswerberin sind naturgemäß subjektiv und aus der Sicht einer anderen Erwartungshaltung unter Einfluß allenfalls der selektiven Wahrnehmung nicht in diesem Ausmaß überzeugend.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 38 Abs.1 StVO 1960 gilt gelbes nicht blinkendes Licht unbeschadet der Vorschriften des § 53 Z. 10a (Abbiegesignal für Straßenbahn; "Straßenbahn darf bei "Gelb" oder "Rot" einbiegen) über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für "Halt".

Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 (Spurensignal -Richtungspfeil) anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie; Nach Abs.5 leg.cit. gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt".

Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 7 und des § 53 Z. 10a (siehe oben) an den im Abs.1 bezeichneten Stellen (hier Haltelinie) anzuhalten.

Das von der Berufungswerberin gesetzte Verhalten ist dieser Gesetzesbestimmung zu subsumieren und nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 ist hiefür eine Geldstrafe bis 10.000 S vorgesehen.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Hier ist zur Strafzumessung jedoch zu bemerken, daß die Berufungswerberin einerseits völlig unbescholten ist und sich trotz ihrer glaubhaft gemachten berufsmäßigen Teilnehmung am Fahrzeugverkehr noch nie etwas zu Schulden kommen hat lassen bzw ihr diesbezüglich nichts anzulasten ist.

Ferner ist auf den objektiven Unwertgehalt dahingehend Bedacht zu nehmen gewesen, daß ein Radfahrer durch eine derartige Übertretung weniger Gefährdungspotential für andere Verkehrsteilnehmer darstellt, als dies etwa bei einem Pkw-Lenker der Fall ist. Damit war die Berufungswerberin mit ihrem Berufungsvorbringen im Recht.

Ungeachtet dessen bedarf es aber der Bestrafung aus Gründen der Generalprävention um darzulegen, daß eben auch Radfahrer sich verkehrsgerecht zu verhalten haben.

Es war daher die Strafe mit 800 S als tatschuldangemessen zu bezeichnen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war demgemäß im Verhältnis zur Geldstrafe zu reduzieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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