Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400121/5/Kl/Rd

Linz, 21.08.1992

VwSen - 400121/5/Kl/Rd Linz, am 21. August 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des S, tunesischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H wegen Anhaltung in Schubhaft ab 11.8.1992 durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des Fremdenpolizeigesetzes (kurz: FrPG), BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 i.V.m. § 67c Abs.3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG.

II. Der Antrag auf Kostenersatz wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 12.8.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 14.8.1992, wurde Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem 11.8.1992 erhoben und der Antrag gestellt, diese Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und dem Bund den Kostenersatz im verzeichneten Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Beschwerdeführervertreters aufzuerlegen. In der Beschwerde wurde begründend ausgeführt, daß die Schubhaftbeschwerde rechtzeitig eingebracht worden sei, da nunmehr der Nachweis der Deckung des Lebensunterhaltes und der geregelten Wohnsitzverhältnisse durch die beglaubigte Erklärung vom 7.8.1992 erbracht worden sei. Dies sei auch der Grund, daß die weitere Anhaltung in Schubhaft ab 11.8.1992 jedenfalls als gesetzwidrig zu betrachten sei. Insbesondere bestehe keine Fluchtgefahr mehr und fehle es daher am besonderen Sicherungsinteresse der Behörde. Schließlich wird die Anwendbarkeit des Rückschiebungsverbotes nach § 13a FrPG geltend gemacht. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13a FrPG sei die Anhaltung in Schubhaft gesetzwidrig.

2. Sowohl die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn als belangte Behörde als auch die Bundespolizeidirektion Linz, in deren Sprengel die Anhaltung stattfand, wurden zu einer Stellungnahme eingeladen. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Schreiben vom 14.8.1992 bekanntgegeben, daß der Beschwerdeführer seit 1.7.1992 ins Polizeigefangenenhaus L in Schubhaft überstellt wurde, wobei lediglich der Haftraum zur Verfügung gestellt wird. Das fremdenpolizeiliche Verfahren verblieb bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn. Der Beschwerdeführer sei am 14.8.1992 um 10.00 Uhr über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn aus der Schubhaft entlassen worden. Gleichzeitig wurde der Fremdenakt vorgelegt. Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn hat keine Gegenschrift erstattet und keine Verwaltungsakte vorgelegt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in die vorlegten Verwaltungsakte Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher folgender der Entscheidung zugrundegelegter erwiesener Sachverhalt.

4.1. Der Beschwerdeführer ist tunesischer Staatsangehöriger und verließ am 22.10.1991 seinen Heimatort. Am 12.5.1992 reiste er per Flugzeug von K über P nach W. Am 13.5.1992 setzte er seine Reise von Wien per Bahn Richtung Schweiz fort, wobei er die österreichisch-schweizerische Grenze zu Fuß unter Umgehung der Grenzkontrolle überquerte, von den Grenzkontrollorganen auf schweizerischem Gebiet aufgegriffen und festgenommen wurde. Am 15.5.1992 wurde der Beschwerdeführer aufgrund des Schubabkommens rücküberstellt und sodann der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vorgeführt.

4.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 15.5.1992, Zl.III353/92, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10a Abs.2 FrPG aus der Republik Österreich ausgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 5 Abs.1 FrPG zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung angeordnet. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zur Begründung wurde angeführt, daß durch den illegalen Grenzübertritt schwerwiegend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen wurde. Die Maßnahme war zur Strafverhinderung notwendig, da anzunehmen war, daß das rechtswidrige Verhalten fortgesetzt wird, um an das Ziel der Reise zu gelangen. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer persönlich übernommen und noch am selben Tag um 14.00 Uhr durch dessen Festnahme und Anhaltung im PGH I vollzogen.

4.3. Mit Eingabe vom 12.6.1992 stellte der Beschwerdeführer einen Asylantrag bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn. Am 30.6.1992 wurde der Beschwerdeführer vom Polizeigefangenenhaus Iins Polizeigefangenenhaus überstellt. Eine Ersteinvernahme zum Asylverfahren erfolgte am 3.7.1992 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6.7.1992 wurde der Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß eine Folter, Festnahme oder Bedrohung seit dem Jahr 1987 nicht erfolgt sei, und daher eine Verfolgungsgefahr nicht aktuell sei. Es sei daher eine Verfolgung im Heimatstaat nicht zu befürchten.

4.4. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 15.7.1992 wurde die Schubhaft des Beschwerdeführers auf Antrag bis zum 15.8.1992 verlängert, da seitens der tunesischen Vertretungsbehörde bislang kein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde. Über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn wurde der Beschwerdeführer am 14.8.1992 um 10.00 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen.

5.1. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG), BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den im zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art.2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Der Sicherung einer beabsichtigten Ausweisung im Sinn des Art.2 Abs.1 Z.7 PersFrG dient die im § 5 FrPG geregelte Schubhaft dann, wenn sie zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung verhängt wird. Die Schubhaft setzt die Erlassung eines entsprechenden Schubhaftbescheides zwingend voraus, welcher gemäß § 11 Abs.2 und 3 FrPG mit Berufung an die Sicherheitsdirektion angefochten werden kann. Festnahme und Anhaltung aufgrund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides stellen sich nach herrschender Auffassung als bloße Vollstreckungsmaßnahmen dar (vgl. VfGH vom 12.3.1992, G346/91-18, G5/92-15 und G6/92-14). Ein solcher Schubhaftbescheid wurde nachweislich am 15.5.1992 erlassen und noch am selben Tage zugestellt und vollzogen.

5.1.1. Spätestens ab dem Zustellzeitpunkt bzw. dem Zeitpunkt der Inhaftnahme am 15.5.1992 erlangte der Beschwerdeführer von der Maßnahme Kenntnis, wodurch die gesetzliche Frist gemäß § 67c Abs.1 AVG zu laufen beginnt. Der Beschwerdeführer stützt seine Eingabe auf eine beglaubigte Erklärung vom 7.8.1992, und macht geltend, daß spätestens nach Einlangen dieser Erklärung bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, der die Haft zuzurechnen ist, ein Grund für die Rechtswidrigkeit der Haftfortsetzung gegeben sei.

Gemäß Art.6 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, hat jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden wird. Es ist daher die gegenständliche Beschwerde angesichts des vorgebrachten geänderten Sachverhaltes rechtzeitig. Auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist sohin zulässig.

5.2. Es hat daher gemäß § 5a Abs.1 FrPG, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten. Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft nach jeder Richtung hin selbständig zu überprüfen, um jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen.

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

Ist der unabhängige Verwaltungssenat nach dem obzitierten Verfassungsgerichtshoferkenntnis zwar zur Überprüfung eines der Inhaftnahme zugrundeliegenden Schubhaftbescheides nicht zuständig, so hat er aber die Gesetzmäßigkeit der Haftfortdauer zu prüfen.

Die behauptete Rechtswidrigkeit ist aber nicht zutreffend.

5.3.1. Im Sachverhalt als erwiesen festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne Reisepaß und ohne Sichtvermerk nach Österreich eingereist. Auch verfügt er über keine Barmittel. Es wurde daher sowohl seine Ausweisung als auch die Schubhaft zur weiteren Sicherung angeordnet. Wenn nunmehr der Beschwerdeführer durch die beigebrachte Erklärung vom 7.8.1992 die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung der Inschubhaft geltend macht, so kann diesem Vorbringen nicht Rechnung getragen werden. Es wird zwar erklärt,"für den Unterhalt der Herren D und K verantwortlich zu sein". Worin die Verantwortlichkeit begründet ist bzw. woraus sich eine Verpflichtung bzw. ein Anspruch des Beschwerdeführers ergeben soll, wird nicht genannt. Auch das Anbieten einer Wohnmöglichkeit ist noch keine Garantie dafür, daß der Beschwerdeführer auch tatsächlich dort seinen Aufenthalt bzw. Wohnsitz nimmt. Da diese Erklärung zur Überprüfung und weiteren Veranlassung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mit gleicher Post übermittelt wurde, ist der belangten Behörde eine Ermittlungstätigkeit in angemessener Frist zuzubilligen, wobei die Anhaltung während dieser Frist auch weiterhin zur Sicherung erforderlich ist. Es kann nämlich entgegen den Beschwerdebehauptungen aus der vorgelegten schriftlichen Erklärung nicht ausgeschlossen werden, daß der Beschwerdeführer bei seiner Freilassung untertaucht und sich sodann einem weiteren Zugriff der Behörden entzieht. Eine "Fluchtgefahr" ist nämlich insofern in erhöhtem Maße zu befürchten, als ein Asylantrag des Beschwerdeführers bereits mit obzitiertem Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle vom 6.7.1992 abgewiesen wurde, und dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung zukommt. Auch besteht ein Ausweisungsbescheid gegen den Beschwerdeführer. Es ist daher zu befürchten, daß der Beschwerdeführer untertaucht, bzw. versuchen wird, erneut illegal die österreichische Grenze zu überschreiten. Es war daher aus diesem Aspekt auch die weitere Anhaltung in Schubhaft bis zum 14.8.1992 10.00 Uhr gerechtfertigt.

5.3.2 Zum geltend gemachten Abschiebungsverbot gemäß § 13a FrPG wird hingewiesen, daß die diesbezüglichen Gründe zunächst jener Fremdenpolizeibehörde, der die Haft zuzurechnen ist, darzulegen sind und von dieser einer Überprüfung zu unterziehen sind. Bis zur Feststellung der Gründe des Abschiebungsverbotes ist aber die Sicherung der möglichen Abschiebung gerechtfertigt und sogar erforderlich, um im Fall des Nichtvorliegens der Gründe nach § 13a FrPG eine effiziente Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu gewährleisten.

Der vom Beschwerdeführer beantragten Überprüfung der Gründe nach § 13a FrPG durch den O.ö. Verwaltungssenat kann nicht nachgekommen werden. Eine Beschwerde gemäß § 5a FrPG richtet sich nämlich nur gegen die Schubhaft und nicht gegen die Abschiebung an sich, sodaß auch die Voraussetzungen für die Abschiebung bzw. der Zwangsakt der Abschiebung an sich nicht beim Verwaltungssenat im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde gemäß § 5a FrPG angefochten werden kann. Daß aber eine Abschiebung beabsichtigt ist, und daher auch zu sichern ist, geht aus dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren hervor, da gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 15.5.1992 auch die Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich verfügt wurde. Es ist daher zur Sicherung der Durchsetzung der Ausweisung die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers erforderlich und gerechtfertigt. Im übrigen blieb dieser Bescheid unangefochten und wurde daher rechtskräftig.

5.4. Weitere Gründe einer Rechtswidrigkeit wurden in der Beschwerdeschrift nicht geltend gemacht, noch sind solche aus der Aktenlage zu erkennen. Die Gründe für die Verhängung der Schubhaft blieben auch während der weiteren Anhaltung aufrecht. Die zugunsten des Beschwerdeführers vorgebrachten Änderungen sind objektiv nicht nachvollziehbar bzw. nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung zu begründen. Es wurde daher durch die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 11.8.1992 bis zu seiner Entlassung am 14.8.1992 das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Auch weitere Rechtsverletzungen waren nicht festzustellen. Es war daher die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

6. Im Sinn der im Spruch zitierten Gesetzesstelle steht nur der obsiegenden Partei Kostenersatz zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat der Beschwerdeführer nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 AVG die Kosten selbst zu bestreiten. Die belangte Behörde hat keinen Kostenersatzantrag gestellt. Es war daher keine weitere Kostenentscheidung zu fällen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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