Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400130/6/Gf/Hm

Linz, 21.09.1992

VwSen-400130/6/Gf/Hm Linz, am 21. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Das Begehren des Beschwerdeführers auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das darüber hinausgehende Kostenersatzbegehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 10. September 1991, Zl. Sich-04/7464/1991-Ho/Ro, wurde über den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, wegen strafgerichtlicher Verurteilungen wegen versuchten Diebstahls in zwei Fällen und wegen Schleppertätigkeit ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen sowie dieses mit der Auflage verbunden, daß die Ausreise binnen einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu erfolgen hat. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer - da dessen Aufenthaltsort nicht zu ermitteln gewesen ist - am 11. November 1991 durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt und ist in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Am 23. Juli 1992 ist der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erschienen, um seinen Reisepaß, der ihm im Rahmen eines vorangegangenen Asylverfahrens abgenommen worden war, wiederzuerlangen. Da ihm bei dieser Gelegenheit auch mitgeteilt wurde, daß er sich aufgrund des mittlerweile rechtskräftig gewordenen Aufenthaltsverbotes illegal in Österreich aufhalte, hat der Beschwerdeführer fluchtartig die Amtsräume verlassen.

1.3. Mit dem am selben Tag seinem Rechtsvertreter zugestellten Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. August 1992, Zl. Fr-79.919, wurde über den Beschwerdeführer zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Dagegen hat der Beschwerdeführer am 27. August 1992 Vorstellung erhoben.

1.4. Am 2. September 1992 wurde der Beschwerdeführer um 19.30 Uhr an seinem Wohnsitz S, von Organen der Bundespolizeidirektion Linz festgenommen und in das Polizeigefangenenhaus eingeliefert.

1.5. Am 4. September 1992 hat der Beschwerdeführer gegen die mit dem oben unter 1.3. angeführten Bescheid angeordnete und in der Folge auch vollzogene Schubhaft Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben.

1.5. Am 8. September 1992 wurde der Beschwerdeführer von Schwechat nach Bukarest abgeschoben.

2.1. Im oben unter 1.3. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Schubhaft über den Beschwerdeführer deshalb zu verhängen gewesen sei, weil einerseits sein weiterer Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde und deshalb öffentlichen Interessen zuwiderlaufe und andererseits der Beschwerdeführer offensichtlich nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß in seinem Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Schubhaftbescheides nicht vorgelegen seien, denn die Behörden hätten trotz Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes nahezu ein Jahr lang keinerlei Aktivitäten entwickelt, um dieses zu vollstrecken, sondern seien erst dann tätig geworden, als der Beschwerdeführer von sich aus - und damit freiwillig - bei dieser erschien, sodaß vom Vorliegen von Gefahr in Verzug keine Rede sein könne. Außerdem seien seine Wohnsitzverhältnisse geordnet und gehe er auch einer geregelten Arbeit nach. Schließlich habe der Beschwerdeführer auch einen Antrag auf Gewährung eines Vollstreckungsaufschubes gestellt, dessen Erledigung zuerst abgewartet werden müsse, bevor die Abschiebung durchgeführt werden könne. Zuletzt erweise sich seine Inschubhaftnahme auch deshalb als rechtswidrig, weil die beabsichtigte Abschiebung dem in § 13a des Fremdenpolizeigesetzes festgeschriebenen Rückschiebungsverbot, dessen gesetzliche Voraussetzungen er erfülle, zuwiderlaufe.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der über ihn verhängten Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie vorbringt, daß fremdenpolizeiliche Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer deshalb nicht hätten früher gesetzt werden können, weil die belangte Behörde erst am 23. Juli 1992 Kenntnis davon erhielt, daß sich dieser widerrechtlich in Österreich aufhalte. Außerdem hätten das fluchtartige Verlassen der Amtsräume der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 23. Juli 1992 und die Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Vollstreckungsaufschubes am 25. August 1992 den Schluß zugelassen, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-79.919 und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl.

Sich-04/7464/1992; da aus diesen in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen: + 4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befüchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme (erste Alternative; sog. Schubhaftbeschwerde dem Grunde nach) oder Anhaltung (zweite Alternative; Beschwerde gegen die Art und Weise des Vollzuges der Schubhaft bzw. gegen die weitere Anhaltung bei geänderten tatsächlichen Verhältnissen) anzurufen.

4.2. Die im vorliegenden Fall von der Bundespolizei direktion Linz verhängte Schubhaft basiert auf einem gemäß § 57 Abs. 1 zweite Alternative AVG erlassenen und damit - weil gemäß § 57 Abs. 2 AVG einer dagegen erhobenen Vorstellung schon ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt - sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

Auch inhaltlich ist diese Maßnahme nicht zu beanstanden:

Daß sich der Beschwerdeführer nämlich entgegen einem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot und damit widerrechtlich im Bundesgebiet aufgehalten hat, wird von ihm selbst nicht bestritten. Davon ausgehend kann aber auch der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese zur Sicherung der Abschiebung zwecks Verhinderung eines unmittelbar zu befürchtenden strafbaren Verhaltens - nämlich der Fortsetzung der Übertretung des § 14b Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FrPG - über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt hat. Diese Maßnahme erweist sich sohin schon im Hinblick auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG als rechtmäßig.

Darüber hinaus war die Verhängung der Schubhaft offensichtlich auch aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 erste Alternative FrPG im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erforderlich: Denn die Prognose der belangten Behörde dahingehend, daß sich der Beschwerdeführer im nunmehrigen Wissen um das Bestehen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes gegen ihn weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen wird - wie er dies auch durch das fluchtartige Verlassen der Amtsräume dokumentiert hat -, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und erscheint daher keineswegs als abwegig (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 29.6.1992, Zl. 92/18/0054).

4.3. Demgegenüber erweisen sich die vom Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft ins Treffen geführten Gründe nicht als stichhaltig:

Zum einen lag der Grund, daß die Behörden trotz Vorliegens eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer keine weiteren Maßnahmen zu dessen faktischer Umsetzung ergriffen haben, allein darin, daß diese seiner Person nicht habhaft werden konnten, weil er sich - wie sich aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgelegten Verwaltungsakt ergibt - zwar von seinem damaligen Wohnsitz ab-, nicht aber auch unter seinem neuen Aufenthaltsort angemeldet hat. Deshalb hatte die Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides auch im Wege der öffentlichen Bekanntmachung zu erfolgen. Aus diesem Grund kann daher das Erscheinen des mittlerweile untergetauchten Beschwerdeführers bei der Behörde diesem auch nicht zugutegehalten werden, abgesehen davon, daß dieser Umstand selbst im Falle seines Zutreffens angesichts des Überwiegens wesentlich gravierender, für die Verhängung der Schubhaft sprechender Aspekte - insbesondere die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes wegen mehrmaliger strafgerichtlicher Verurteilung im vorliegenden Fall ohnehin nicht zum Tragen gekommen wäre.

Letzteres gilt in gleicher Weise auch für den Umstand, daß die Wohnsitz- und Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers im Zeitpunkt seiner Festnahme als geordnet erschienen, wenn dieser andererseits am 23. Juli 1992 bei Bekanntgabe des Aufenthaltsverbotes fluchtartig die behördlichen Amtsräume verlassen hat und sich der Festnahme am 2. September 1992 durch Verstecken im Kleiderkasten zu entziehen versuchte.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, durch die Verhängung der Schubhaft in Rechten beeinträchtigt worden zu sein, die (wie die Einrede des Vorliegens der Voraussetzungen des Rückschiebungsverbotes nach § 13a FrPG) bereits im Asylverfahren oder dann im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geltendzumachen gewesen wären oder in dem gleichzeitig von ihm angestrengten und vom gegenständlichen Beschwerdeverfahren rechtlich abgehobenen - Verfahren zur Erteilung eines Vollstrekkungsaufschubes geltendzumachen sind, ist er darauf zu verweisen, daß der unabhängige Verwaltungssenat im Beschwerdeverfahren gemäß § 5a FrPG schon von Gesetzes wegen darauf beschränkt ist, ausschließlich die Frage der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung selbst zu prüfen (vgl. VfGH v. 12.3.1992, G 346/91 u.a., und vom selben Tag, B 1334/91).

4.4. Da im übrigen weitere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Schubhaft weder vom Beschwerdeführer selbst geltendgemacht noch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, wurde er sohin nach dem zuvor Dargelegten durch diese Maß nahme weder in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit noch in sonstigen subjektiven Rechten verletzt.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 FrPG i.V.m. § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S (d.s. zwei Drittel des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenden Pauschalkostenersatzes für den Aktenvorlage- und den Schriftsatzaufwand; vgl. z.B. VwGH v. 23.9.1991, Zl. 91/19/0162) zuzusprechen. Das darüber hinausgehende Begehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S sowie das Begehren des im Verfahren unterlegenen Beschwerdeführers auf Kostenersatz waren hingegen abzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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