Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400143/5/Kl/Rd

Linz, 30.03.1993

VwSen - 400143/5/Kl/Rd Linz, am 30. März 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des Ismet K, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr. Johann Rathbauer, Weißenwolffstraße 1, 4020 Linz, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 51 Abs.1 und 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 9.10.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 12.10.1992, wurde Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seit dem 5.10.1992 abends für rechtswidrig zu erklären und die verhängte Schubhaft formlos aufzuheben, sowie dem Bund den Kostenersatz an den Beschwerdeführer aufzuerlegen. Begründend wurde ausgeführt, daß der Schubhaftbescheid insoweit gesetzwidrig sei, als bereits am 23.9.1992 eine Ausweisung bescheidmäßig verfügt wurde, und daher der Zweck des Schubhaftbescheides, nämlich die Vorbereitung der Ausweisung, nicht erreicht werden könne. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer nach seiner illegalen Einreise fristgerecht einen Asylantrag beim Bundesasylamt eingebracht habe, welcher negativ entschieden wurde, und gegen welche Entscheidung eine Berufung beim Bundesminister für Inneres erhoben wurde. Die Zurückziehung der Berufung sei nur irrtümlich erfolgt und werde angefochten. Der Beschwerdeführer sei gemäß § 6 des Asylgesetzes eingereist und genieße daher Straffreiheit. Im übrigen habe der Beschwerdeführer am 23. bzw. 24.9.1992 einen Antrag auf Visumsausstellung gestellt, über welchen nicht entschieden wurde. Auch habe der Beschwerdeführer mittlerweile eine Beschäftigungsbewilligung, gültig bis 30.6.1993, erlangt. Gründe für eine Inhaftnahme liegen insofern nicht vor, als sowohl die Unterkunft als auch der Unterhalt des Beschwerdeführers als gesichert anzusehen sei. Im übrigen werde ein Zurückschiebungsverbot geltend gemacht.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde teilte am 13.10.1992 schriftlich mit, daß der Beschwerdeführer am 13.10.1992 in die Türkei abgeschoben wurde. Mit Schriftsatz vom 6.11.1992 wurde der gegenständliche Verfahrensakt vorgelegt und eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Darin wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer sich inzwischen einen türkischen Reisepaß ausstellen ließ und auch eine Beschäftigungsbewilligung erwirkte. Er gab auch gegenüber der Behörde an, daß er nunmehr nicht mehr in der Türkei verfolgt werde. Wegen illegaler Einreise wurde daher mit Bescheid vom 23.9.1992 die Ausweisung verfügt, welcher der Beschwerdeführer nicht Folge leistete, und weshalb dieser aufgrund eines Schubhaftbescheides am 5.10.1992 festgenommen und am 13.10.1992 in die Türkei abgeschoben wurde. Im übrigen wollte der Berufungswerber seinen Asylantrag überhaupt zurückziehen; von einer eingebrachten Berufung wußte er nichts und zog er diese dann zurück. Auch wurde darauf hingewiesen, daß der Berufung gegen die Ausweisung nicht stattgegeben wurde. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz Einsicht genommen. Es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Mit Beschluß des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9.10.1992, VwSen-400140/2/Gf/Hm, wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29.9.1992 als unzulässig zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer aufgrund dieses Bescheides noch gar nicht festgenommen oder in Schubhaft angehalten wurde. Die nunmehrige Beschwerde wurde während aufrechter Haft erhoben.

4.2. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und am 6.7.1992 über Ungarn unter Umgehung der Grenzkontrolle ohne gültige Reisedokumente nach Österreich eingereist. Am 10.7.1992 hat er beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag gestellt, welcher abgewiesen wurde. Die dagegen am 10.9.1992 eingebrachte Berufung an das Bundesministerium für Inneres wurde ausdrücklich vom Beschwerdeführer am 23.9.1992 vor der belangten Behörde zurückgezogen. Der Beschwerdeführer hat unter einem auch bekanntgegeben, daß er nunmehr über einen türkischen Reisepaß, ausgestellt vom türkischen Generalkonsulat in Salzburg am 12.9.1992 und gültig bis 14.6.1997, verfügt und auch eine Beschäftigungsbewilligung vom 20.9.1992 bis 30.6.1993 erwirkt hat und auch tatsächlich seit 14.9.1992 bei einer Firma in St.Peter bei Freistadt beschäftigt ist.

In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vom 23.9.1992 wurde dem Beschwerdeführer die Verfügung der Ausweisung angedroht und wurde er dahingehend belehrt, daß er sodann das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen habe.

4.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 23.9.1992 wurde gegen den Beschwerdeführer die Ausweisung angeordnet und gleichzeitig mitgeteilt, daß einer Berufung keine aufschiebende Wirkung zukommt und der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen habe. Dieser Bescheid wurde am 24.9.1992 dem Beschwerdeführer nachweislich zugestellt. Einer dagegen eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28.10.1992 keine Folge gegeben.

4.4. Mit Bescheid vom 29.9.1992 hat die Bundespolizeidirektion Linz zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) gegen den Beschwerdeführer in Anwendung des § 57 AVG angeordnet. Grundlage war die verfügte Ausweisung, der der Beschwerdeführer nicht Folge geleistet hat. Es wurde daher auch Gefahr im Verzug angenommen. Der Bescheid wurde noch am selben Tage rechtswirksam zugestellt und durch die Festnahme am 5.10.1992 um 19.35 Uhr und weitere Anhaltung in Vollzug gesetzt.

Eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers unter Beiziehung eines Dolmetschers am 6.10.1992 ergab die eindeutige Erklärung des Beschwerdeführers, daß er jetzt in der Türkei nicht mehr verfolgt werde und auch keiner politischen Verfolgung ausgesetzt sei.

4.5. Mit Strafverfügung vom 6.10.1992 wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 500 S wegen Übertretungen nach dem FrPG und Grenzkontrollgesetz verhängt.

Am 13.10.1992 wurde der Beschwerdeführer gegen 8.00 Uhr aus der Haft entlassen und am selben Tag um 13.15 Uhr von Wien-Schwechat per Flugzeug in die Türkei abgeschoben.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Im Grunde des unter Punkt 4.1. zitierten Zurückweisungsbescheides war die gegenständliche Beschwerde als neue Beschwerde (neuer Antrag) zu werten.

Gemäß § 88 Abs.2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, gelten Schubhaftbescheide nach dem Fremdenpolizeigesetz ab 1.1.1993 als nach diesem Bundesgesetz erlassen. Es ist nämlich gemäß § 86 Abs.3 leg.cit. das Fremdenpolizeigesetz, BGBl.Nr. 75/1954, mit Ablauf des 31.12.1992 außer Kraft getreten. Es ist daher die vorliegende Beschwerde aufgrund der Bestimmungen des FrG zu behandeln.

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem die Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen (Abs.3 leg.cit.).

5.3. Der der Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid stützt sich ausschließlich auf den rechtswirksam ergangenen Ausweisungsbescheid, welcher mit seiner Zustellung sofort rechtswirksam und daher durchsetzbar wurde. Der Anordnung, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen, wurde seitens des Beschwerdeführers nicht Folge geleistet, sodaß die Inhaftnahme (so auch der Schubhaftbescheid) lediglich der Sicherung der Ausreise des Beschwerdeführers (§ 48 Abs.3 FrG), also der Abschiebung diente. Es gehen daher die in der Beschwerde aufgestellten diesbezüglichen Behauptungen ins Leere. Der Bescheid wurde auch gemäß § 57 AVG erlassen und daher sofort durchsetzbar. Eine Zustellung des Bescheides erfolgte noch am Tag der Bescheiderlassung. Eine diesbezüglich behauptete Rechtswidrigkeit war daher nicht festzustellen.

5.4. Wenn die Notwendigkeit der Inhaftnahme in der Beschwerde bestritten wird, so ist diesen Behauptungen entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer bereits anläßlich seiner Einvernahme am 23.9.1992 bereits auf die Rechtswirkungen eines Ausweisungsbescheides belehrt wurde und diese Rechtswirkungen auch dem Bescheid selbst zu entnehmen sind. Dem gesetzlichen Auftrag, das Bundesgebiet zu verlassen, ist der Beschwerdeführer allerdings nicht nachgekommen. Auch ist sein Wille, im Bundesgebiet zu verbleiben, offenkundig, da er über eine gültige Beschäftigungsbewilligung verfügt und auch tatsächlich einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachgeht. Es hat daher die belangte Behörde die Haft zu Recht angeordnet. Im übrigen hat sich auch hinsichtlich ihrer Durchsetzung (Inhaftnahme) gezeigt, daß sich der Beschwerdeführer einem fremdenpolizeilichen Zugriff zu entziehen versucht, da eine Inhaftnahme bei seiner Wohnschrift nach Bescheiderlassung nicht unmittelbar möglich war. Es war daher auch begründet zu befürchten, daß sich der Beschwerdeführer auch weiterhin behördlichen Maßnahmen entziehen werde und behördlichen Aufträgen nicht nachkommen werde. Die Sicherung der Durchsetzung der Ausreise (Abschiebung) war daher erforderlich. Dazu war die Schubhaft als einziges geeignetes Mittel anzusehen. Auch war keine unverhältnismäßige Dauer der Haft festzustellen, sondern war die belangte Behörde bemüht, das verfolgte Ziel bzw. den Zweck der Haft raschest möglich zu erreichen.

5.5. Wenn sich die Beschwerde auf § 6 des Asylgesetzes 1991 stützt, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer nicht direkt aus seinem Heimatstaat nach Österreich eingereist ist, und ihm daher eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz nicht zukommt. Im übrigen hat bereits der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4.9.1992, Zl. 92/18/0116-7, erkannt, daß es bei der Inschubhaftnahme nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung keine Rolle spielt, ob der Fremde im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft oder während seiner Anhaltung zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist oder nicht. Die Verhängung der Schubhaft ist nämlich keine Vollstreckungshandlung zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, sondern eine im öffentlichen Interesse vorzukehrende vorläufige Sicherungsmaßnahme. Ob der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt hat, ist somit auf dem Boden dieser Rechtslage nicht von Bedeutung.

Im selben Erkenntnis wird auch ausgeführt, daß im Verfahren über eine Schubhaftbeschwerde nicht zu prüfen ist, in welchen Staat der Beschwerdeführer abgeschoben werden wird. Das Vorbringen, daß eine Abschiebung nicht zulässig sei, geht daher in diesem Verfahren ins Leere.

Im übrigen wird auf die persönliche Erklärung des Beschwerdeführers, daß er nicht verfolgt werde, hingewiesen.

5.6. Da sich die Beschwerdebehauptungen als nicht zutreffend erwiesen haben und daher im Rahmen der Beschwerdepunkte (§ 52 Abs.4 Satz 2 leg.cit.) keine Rechtswidrigkeit festzustellen war, war daher spruchgemäß die Beschwerde abzuweisen.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S. Entsprechend war das Mehrbegehren der belangten Behörde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. K l e m p t

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