Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400145/3/Gf/Hm

Linz, 19.10.1992

VwSen-400145/3/Gf/Hm Linz, am 19. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des P, dzt. kreisgerichtliches Gefangenenhaus Ried, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Ried zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein minderjähriger srilankesischer Staatsangehöriger, ist am 31. August 1992 von Jugoslawien aus kommend ohne Reisepaß und ohne gültigen Sichtvermerk sowie unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Am 1. September 1992 wurde er von Gendarmerieorganen völlig mittellos am Bahnhof in Antiesenhofen aufgegriffen und der Bezirkshauptmannschaft Ried vorgeführt.

1.2. Mit dem ihm am selben Tag durch persönliche Übergabe (und in der Folge auch dem Magistrat Linz als seinem gesetzlichen Vertreter gemäß § 11a Abs. 3 FrPG) zugestellten und auf § 57 AVG gestützten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried vom 1. September 1992, Zl. Sich-07-52051992/Stö, wurde über den Beschwerdeführer zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das kg. Gefangenenhaus Ried sofort vollzogen.

1.3. Am 11. September 1992 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde vom Bundesasylamt - Außenstelle Linz mit Bescheid vom selben Tag, Zl. 9214869-BAl, abgewiesen.

1.4. Gegen die auf dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid basierende Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 13. Oktober 1992 zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.2. angeführten Bescheid legt die belangte Behörde begründend dar, daß der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und sich zudem rechtswidrig in diesem aufhalte. Da er überdies mittellos sei, bestehe die Gefahr, daß er sich die erforderlichen finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes durch strafbare Handlungen zu verschaffen versuchen wird. Schließlich sei auch zu befürchten, daß er einen illegalen Grenzübertritt nach Deutschland unternehmen könnte oder sich weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen wird.

Da sohin das Belassen des Beschwerdeführers in Freiheit eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle, sei daher mit Mandatsbescheid die Schubhaft über ihn zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er bereits am 1. September 1992 fremdenpolizeilich einvernommen worden und daher insbesondere auch im Hinblick auf den von ihm gestellten Asylantrag, demzufolge sein Interesse an einer positiven Erledigung evident und daher auch ein Untertauchen in der Anonymität offensichtlich nicht zu befürchten sei - seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht mehr durch öffentliche Rücksichten geboten sei; der mit der Schubhaft angestrebte Zweck könne sohin auch durch gelindere Mittel - wie eine entsprechende Vorladung erreicht werden. Auch ein strafbares Verhalten seinerseits sei vornehmlich schon deshalb nicht zu befürchten, weil sich eine Privatperson dazu bereit erklärt hätte, ihm bei ihr Unterkunft zu gewähren und kostenlos für die notwendige Verpflegung und medizinische Betreuung zu sorgen. Schließlich sei aufgrund der derzeitigen politischen Lage in seinem Heimatstaat seine Rückschiebung gemäß § 13a FrPG ohnehin unzulässig, sodaß sich eine zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte Schubhaft auch insoweit als rechtswidrig erweise.

Aus allen diesen Gründen wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Sich-07-5205-1992; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdvorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 FrPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG), legt fest, daß die persönliche Freiheit einem Menschen u.a. dann auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. § 5 Abs. 1 FrPG ist als eine solche unter Heranziehung des eben angeführten Gesetzesvorbehaltes des PersFrSchG ergangene Bestimmung anzusehen. Eine von der Behörde angeordnete und vollzogene Schubhaft erweist sich daher dann als rechtmäßig, wenn diese sowohl den formellen als auch den materiellen Kriterien des § 5 Abs. 1 FrPG entspricht.

Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befüchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme (erste Alternative; sog. Schubhaftbeschwerde dem Grunde nach) oder Anhaltung (zweite Alternative; Beschwerde gegen die Art und Weise des Vollzuges der Schubhaft bzw. gegen die weitere Anhaltung bei geänderten tatsächlichen Verhältnissen) anzurufen.

4.2.1. Die im vorliegenden Fall vom Bezirkshauptmann von Ried verhängte Schubhaft basiert (s.o., 1.2.) auf einem gemäß § 57 Abs. 1 zweite Alternative AVG erlassenen und damit - weil gemäß § 57 Abs. 2 AVG einer dagegen erhobenen Vorstellung schon ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt - sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

4.2.2. Auch inhaltlich ist diese Maßnahme unter dem Aspekt des Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG i.V.m. § 5 Abs. 1 FrPG nicht zu beanstanden:

Daß sich der Beschwerdeführer ohne gültigen österreichischen Sichtvermerk und damit widerrechtlich im Bundesgebiet aufgehalten hat, wird von ihm selbst nicht bestritten. Davon ausgehend kann aber auch der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese zur Sicherung der Abschiebung zwecks Verhinderung eines unmittelbar zu befürchtenden strafbaren Verhaltens - nämlich der Fortsetzung der Übertretung des § 14b Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FrPG - über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt hat. Diese Maßnahme erweist sich sohin schon im Hinblick auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG als rechtmäßig.

Darüber hinaus war die Verhängung der Schubhaft offensichtlich auch aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 erste Alternative FrPG im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erforderlich: Denn die Prognose der belangten Behörde dahingehend, daß sich der im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung als mittellos und ohne Unterkunftsmöglichkeit anzusehende Beschwerdeführer einerseits die zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes erforderlichen finanziellen Mittel auf illegalem Weg besorgen und sich dieser andererseits den im nunmehrigen Wissen um die bevorstehende Abschiebung zu erwartenden weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen wird, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und erscheint daher keineswegs als abwegig (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 29.6.1992, Zl. 92/18/0054).

4.3. Demgegenüber erweisen sich die vom Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft ins Treffen geführten Gründe nicht als stichhaltig:

4.3.1. § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. 8/1992 (im folgenden: AsylG) gewährt nur jenen Asylwerbern, die entweder direkt aus dem Staat kommen, von dem sie behaupten, eine Verfolgung befürchten zu müssen, oder jenen, die in einen solchen gemäß § 13a FrPG nicht zurückgewiesen werden dürfen, ab dem Zeitpunkt, zu dem ein zulässiger Asylantrag gestellt wurde, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Gemäß § 7 Abs. 3 AsylG erlischt diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung in dem Zeitpunkt, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt. Daß der Beschwerdeführer gegen den oben unter 1.3. angeführten negativen Asylbescheid Berufung erhoben hätte, geht weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt hervor noch wird dies mit der vorliegenden Beschwerde behauptet; es ist daher davon auszugehen, daß dieser in Rechtskraft erwachsen ist und dem Beschwerdeführer somit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung i.S.d. Asylgesetzes zukommt.

Im übrigen kann es bei der dargestellten Rechtslage auch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer die materiellen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AsylG - insbesondere das von ihm behauptete Vorliegen der Gründe für die Anwendung des Rückschiebungsverbotes des § 13a FrPG - überhaupt erfüllt, weil selbst zutreffendenfalls seine im Falle einer Berufungserhebung gegen den negativen Asylbescheid gegebene vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht die Vollstreckung des Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange hindert, bis rechtskräftig festgestellt ist, ob der Asylwerber als Flüchtling i.S.d. AsylG anzusehen ist.

4.3.2. Hinsichtlich des Vorbringens, daß im vorliegenden Fall gelindere Mittel als die Verhängung der Schubhaft ausgereicht hätten, um den mit dieser verfolgten Sicherungszweck in gleicher Weise zu erreichen, ist der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates zu verweisen, wonach schon von vornherein weder die Vorladung vor die Behörde (vgl. z.B. VwSen400015 v. 3.5.1991) noch eine Überweisung in die Bundesbetreuung als ein in diesem Sinne adäquates Mittel anzusehen sind (vgl. zuletzt etwa VwSen-400052 v. 1.10.1992).

4.3.3. Auch insoweit, als der Beschwerdeführer geltendmacht, durch eine entsprechende Verpflichtungserklärung einer österreichischen Staatsbürgerin über die notwendigen finanziellen Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt in Österreich zu verfügen, ist er auf die bisherige Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates zu verweisen, wonach im Falle der Vorlage einer derartigen Verpflichtungserklärung der belangten Behörde eine angemessene (14 Tage - gerechnet vom Zeitpunkt der Einbringung - nicht übersteigende) Frist zur Vornahme von Erhebungen über die rechtliche Verbindlichkeit dieser Verpflichtungserklärung zukommt (vgl. z.B. VwSen-400086 v. 4.6.1992).

4.3.4. Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, durch die Verhängung der Schubhaft in Rechten beeinträchtigt worden zu sein, die (wie die Einrede des Vorliegens der Voraussetzungen des Rückschiebungsverbotes nach § 13a FrPG) bereits im Asylverfahren (so explizit § 9 Abs. 1 AsylG) oder im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geltendzumachen sind bzw. gewesen wären, ist er darauf zu verweisen, daß der unabhängige Verwaltungssenat im Beschwerdeverfahren gemäß § 5a FrPG schon von Gesetzes wegen darauf beschränkt ist, ausschließlich die Frage der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung selbst zu prüfen (vgl. VfGH v. 12.3.1992, G 346/91 u.a., und vom selben Tag, B 1334/91).

4.4. Da im übrigen weitere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Schubhaft weder vom Beschwerdeführer selbst vorgebracht noch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, wurde er sohin nach dem zuvor Dargelegten durch diese Maßnahme im Ergebnis weder in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit noch in sonstigen subjektiven Rechten verletzt.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 FrPG i.V.m. § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Da die belangte Behörde als im Verfahren obsiegende Partei einen Antrag auf Kostenersatz nicht gestellt hat, war gemäß § 79a AVG eine Kostenentscheidung nicht zu treffen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichts hof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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