Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400149/2/Gf/Hm

Linz, 22.10.1992

VwSen-400149/2/Gf/Hm Linz, am 22. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des C, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Das Begehren des Beschwerdeführers auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das darüber hinausgehende Kostenersatzbegehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist erstmals am 11. März 1991 ohne im Besitz eines österreichischen Sichtvermerkes zu sein von Jugoslawien aus kommend in das Bundesgebiet eingereist. Noch am selben Tag wurde er von Gendarmeriebeamten aufgeriffen und der Bezirkshauptmannschaft Villach vorgeführt. Diese hat über ihn die Schubhaft verhängt, mit Bescheid vom 12. März 1991, Zl. 20031/4/91-B, gegen ihn ein bis zum 12. März 1996 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und den Beschwerdeführer schließlich noch am selben Tag mit dem Zug in die Türkei abgeschoben.

Am 14. Oktober 1991 ist der Beschwerdeführer neuerlich ohne im Besitz eines österreichischen Sichtvermerkes zu sein und unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn aus kommend in das Bundesgebiet eingereist. Am 18. Oktober 1992 hat er einen Antrag auf die Gewährung politischen Asyls gestellt, der mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 27. Mai 1992, Zl. FRA4036/1991, abgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt und blieb in der Folge unbekämpft.

1.2. Mit dem dem Beschwerdeführer durch persönliche Aushändigung um 9.50 Uhr des folgenden Tages zugestellten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Oktober 1992, Zl. Fr-80604, wurde über diesen die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Vorstellung erhoben.

1.3. Am 16. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen und ihm dabei zur Kenntnis gebracht, daß gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenhaltsverbot besteht, sein Asylantrag rechtskräftig negativ abgewiesen wurde und gegen ihn Anzeige wegen illegalen Aufenhaltes im Bundesgebiet erstattet werden wird. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Oktober 1992, Zl. St-657/92-B, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes eine Geldstrafe von 2.000 S verhängt.

1.4. Gegen die mit dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid verhängte Schubhaft richtet sich die vorlieg ende, am 19. Oktober 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

1.5. Am 22. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer von Wien-Schwechat aus nach Istanbul abgeschoben.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß sich der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet aufhalte, weil gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe und sein Asylantrag rechtskräftig negativ abgewiesen worden sei. Da der Beschwerdeführer offensichtlich nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, sei daher anzunehmen, daß sein weiterer Aufenthalt die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde und somit öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Aus diesen Gründen sei somit wegen Gefahr in Verzug zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er während seines Aufenthaltes in Österreich - von etwaigen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes im Zuge seiner Einreise abgesehen - bislang in keiner Weise durch ein strafbares Verhalten in Erscheinung getreten sei, sodaß der auch die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht gefährdet hätte. Außerdem habe er einen ordentlichen Wohnsitz und würde er von seinem Quartiergeber auch finanziell unterstützt, sodaß er einerseits dem Staat nicht finanziell zur Last falle und andererseits eine Vorladung vor die Behörde den Sicherungszweck in gleicher Weise zu erreichen geeignet sei.

Aus allen diesen Gründen beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der über ihn verhängten Schubhaft.

2.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie im wesentlichen darlegt, daß allein schon die bei seiner niederschriftlichen Einvernahme getätigte Aussage, trotz des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes in Österreich bleiben zu wollen, zeige, daß er nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Aus diesem Grund wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr80604; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG), legt fest, daß die persönliche Freiheit einem Menschen u.a. dann auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. § 5 Abs. 1 FrPG ist als eine solche unter Heranziehung des eben angeführten Gesetzesvorbehaltes des PersFrSchG ergangene Bestimmung anzusehen. Eine von der Behörde angeordnete und vollzogene Schubhaft erweist sich daher dann als rechtmäßig, wenn diese sowohl den formellen als auch den materiellen Kriterien des § 5 Abs. 1 FrPG entspricht.

Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befüchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme (erste Alternative; sog. Schubhaftbeschwerde dem Grunde nach) oder Anhaltung (zweite Alternative; Beschwerde gegen die Art und Weise des Vollzuges der Schubhaft bzw. gegen die weitere Anhaltung bei geänderten tatsächlichen Verhältnissen) anzurufen.

4.2.1. Die im vorliegenden Fall von der Bundespolizeidirektion Linz verhängte Schubhaft basiert auf einem gemäß § 57 Abs. 1 zweite Alternative AVG erlassenen und damit - weil gemäß § 57 Abs. 2 AVG einer dagegen erhobenen Vorstellung schon ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt - sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

4.2.2. Auch inhaltlich ist diese Maßnahme unter dem Aspekt des Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG i.V.m. § 5 Abs. 1 FrPG nicht zu beanstanden:

Daß sich der Beschwerdeführer ohne gültiges Reisedokument und ohne österreichischen Sichtvermerk sowie entgegen einem bestehenden Aufenthaltsverbot und damit widerrechtlich im Bundesgebiet aufgehalten hat, wird von ihm selbst nicht bestritten. Davon ausgehend kann aber auch der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese zur Sicherung der neuerlichen Abschiebung zwecks Verhinderung eines unmittelbar zu befürchtenden strafbaren Verhaltens - nämlich der Fortsetzung der Übertretung des § 14b Abs. 1 Z. 2 und 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FrPG - über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt hat. Diese Maßnahme erweist sich sohin schon im Hinblick auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG als rechtmäßig.

Darüber hinaus war die Verhängung der Schubhaft offensichtlich auch aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 erste Alternative FrPG im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erforderlich: Wenn der Beschwerdeführer aufgrund eines gegen ihn bestehenden rechtskräftigen und bis zum 12. März 1996 aufrechten Aufenthaltsverbotes bereits einmal aus Österreich abgeschoben wurde und sich dieser nur ein halbes Jahr später dem Aufenhaltsverbot durch eine neuerliche illegale Einreise widersetzt, so ist offensichtlich, daß er unter keinen Umständen gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Die Prognose der belangten Behörde dahingehend, daß sich der Beschwerdeführer den gegen ihn zu erwartenden weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen, insbesondere der neuerlichen Abschiebung, zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen wird, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und erscheint daher keineswegs als abwegig (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 29.6.1992, Zl. 92/18/0054).

4.3. Demgegenüber erweisen sich die vom Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft ins Treffen geführten Gründe nicht als stichhaltig:

4.3.1. § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. 8/1992 (im folgenden: AsylG) gewährt nur jenen Asylwerbern, die entweder direkt aus dem Staat kommen, von dem sie behaupten, eine Verfolgung befürchten zu müssen, oder jenen, die in einen solchen gemäß § 13a FrPG nicht zurückgewiesen werden dürfen, ab dem Zeitpunkt, zu dem ein zulässiger Asylantrag gestellt wurde, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Gemäß § 7 Abs. 3 AsylG erlischt diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung in dem Zeitpunkt, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Der oben unter 1.1. angeführte negative Asylbescheid wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines damaligen Rechtsvertreters zugestellt und blieb in der Folge unbekämpft, sodaß er am 20. Juni 1992 in Rechtskraft erwach sen ist. Der Beschwerdeführer ist daher auch unter dem Aspekt des § 7 AsylG nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Aber selbst im Falle des Bestehens einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung wäre die belangte Behörde durch diese an der Verhängung der Schubhaft nicht gehindert gewesen: Denn die Aufenthaltsberechtigung würde bloß die Vollstreckbarkeit des Aufenhaltsverbotes, also die Durchführung der Abschiebung selbst, nicht aber die Setzung von einstweiligen zweckentsprechenden Maßnahmen zu deren späterer Sicherstellung hindern (vgl. VfGH v. 11.6.1990, B 947 u. 1006/89).

4.3.2. Hinsichtlich des Vorbringens, daß im vorliegenden Fall gelindere Mittel als die Verhängung der Schubhaft ausgereicht hätten, um den mit dieser verfolgten Sicherungszweck in gleicher Weise zu erreichen, ist der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates zu verweisen, wonach die bloße Vorladung vor die Behörde schon generell (vgl. z.B. VwSen400015 v. 3.5.1991) nicht als ein adäquates Mittel i.S.d. Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG anzusehen ist (vgl. z.B. VwSen400052 v. 1.10.1992) und im besonderen dann nicht, wenn dieser - wie im vorliegenden Fall - offensichtlich nicht gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

4.4. Da im übrigen weitere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Schubhaft weder vom Beschwerdeführer selbst vorgebracht noch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, wurde er sohin nach dem zuvor Dargelegten durch diese Maßnahme im Ergebnis weder in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit noch in sonstigen subjektiven Rechten verletzt.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 FrPG i.V.m. § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S (d.s. zwei Drittel des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenden Pauschalkostenersatzes für den Aktenvorlage- und den Schriftsatzaufwand; vgl. z.B. VwGH v. 23.9.1991, Zl. 91/19/0162) zuzusprechen. Das darüber hinausgehende Begehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S sowie das Begehren des im Verfahren unterlegenen Beschwerdeführers auf Kostenersatz waren hingegen abzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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