Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400165/5/Gf/Hm

Linz, 11.12.1992

VwSen-400165/5/Gf/Hm Linz, am 11. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des H, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, wurde - nachdem er zuvor mit einem gefälschten österreichischen Sichtvermerk am Flughafen Wien-Schwechat in das Bundesgebiet eingereist war - am 21. September 1992 am Grenzübergang Suben dabei betreten, als er versuchte, mittels eines verfälschten, auf einen holländischen Staatsbürger ausgestellten Reisepasses von Österreich aus in die BRD zu gelangen. Er wurde festgenommen und in der Folge in Untersuchungshaft gehalten.

1.2. Mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichts Ried vom 23. September 1992, Zlen. 7-EVr-822/92 und 7-EHv168/92, wurde er wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs. 2 und 224 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, verurteilt.

1.3. Mit dem auf § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG gestützten und dem Beschwerdeführer durch persönliche Aushändigung zugestellten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried vom 23. September 1992, Zl. Sich-07-52201992/Stö, wurde über diesen die Schubhaft verhängt und durch Anhaltung im kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Ried vollzogen.

1.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes-Außenstelle Linz vom 10. November 1992, Zl. 9216141-BAL, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben; diese wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Dezember 1992 abgewiesen.

1.5. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. November 1992, Zl. Fr1239/92, wurde die Schubhaft bis zur Höchstdauer von drei Monaten ausgedehnt und die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

1.6. Gegen die Anhaltung in Schubhaft und deren Ausdehnung wendet sich die vorliegende Beschwerde.

2.1. In dieser bringt der Beschwerdeführer vor, daß er in seiner Heimat politisch verfolgt werde. Außerdem habe sich ein in Österreich lebender indischer Staatsangehöriger bereiterklärt, für Nahrung und Unterkunft des Beschwerdeführers während der Dauer des Asylverfahrens zu sorgen, sodaß er nicht mehr als mittlos und unsteten Aufenthalt anzusehen sei und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Aus diesen Gründen wird die Feststellung der Rechts widrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft beantragt. + 2.2. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich als im gegenständlichen Verfahren belangte Behörde (vgl. dazu analog das Erkenntnis des VfGH v. 12.3. 1992, G 346/91 u.a., S. 16, wo der Gerichtshof generell darauf abstellt, daß eine "Sachentscheidung als neuer (Titel-)Bescheid" wirkt; dagegen - mit guten Gründen - R. Thienel, Schubhaftprüfung verfassungskonform ?, ÖJZ 1992, 710 f) hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet; über deren Auftrag hat auch der Bezirkshauptmann von Ried seine bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der vorliegenden Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zu Zl. Fr-1239/92 sowie in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Sich-075220-1992; da aus diesen in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 FrPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG), legt fest, daß die persönliche Freiheit einem Menschen u.a. dann auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. § 5 Abs. 1 FrPG ist als eine solche unter Heranziehung des eben angeführten Gesetzesvorbehaltes des PersFrSchG ergangene Bestimmung anzusehen. Eine von der Behörde angeordnete und vollzogene Schubhaft erweist sich daher dann als rechtmäßig, wenn diese sowohl den formellen als auch den materiellen Kriterien des § 5 Abs. 1 FrPG entspricht.

Gemäß § Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

4.2.1. Die im vorliegenden Fall von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich verfügte Ausdehnung der Schubhaft basiert - weil mit diesem die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen wurde - auf einem sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

4.2.2. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.3. 1992, Zl. G 346/91 u.a., hat der unabhängige Verwaltungssenat "- als Haftprüfungsinstanz - nach § 5a FrPG über die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung (in die jede - tatsächliche - Inhaftnahme für wenn auch noch so kurze Zeit mündet) im Zeitpunkt seiner Entscheidung so aber die Haft schon früher endete: in dem unmittelbar vor der Freilassung liegenden Zeitpunkt - zu befinden" (S. 15). Im vorliegenden Fall ist sonach - da der Beschwerdeführer gegenwärtig noch immer in Schubhaft gehalten wird - der Tag der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich maßgeblich.

Zu diesem Zeitpunkt erscheint der Beschwerdeführer bereits als wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden rechtskräftig zu einer gerichtlichen Freiheitsstrafe verurteilt und dessen Asylantrag als rechtskräftig abgewiesen. Hauptgrund für die Inschubhaftnahme war allerdings die Unterkunfts- und Mittellosigkeit des Beschwerdeführers.

Diesbezüglich bringt er nunmehr vor, daß sich ein Dritter bereiterklärt hätte, für seine Versorgung und Unterkunft aufzukommen. Aus der gleichzeitig mit der Beschwerde vorgelegten - im übrigen nicht einmal unterzeichneten "Eidesstättigen Erklärung" geht jedoch unmißverständlich hervor, daß diese nur "im Falle einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung bzw. während des Asylverfahrens" gelten soll. Da dem Beschwerdeführer keine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde und dessen Asylver fahren mit dem abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Dezember 1992 als rechtskräftig beendet anzusehen ist, ist diese Verpflichtungserklärung im Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich somit schon von ihrem Inhalt her als gegenstandslos zu betrachten, ganz abgesehen davon, daß ihr im besonderen wegen der fehlenden Unterschrift, darüber hinaus aber auch ganz allgemein im Verwaltungsverfahren keine rechtliche Wirksamkeit zukäme: Hiebei handelt es sich nämlich - solange, wie im vorliegenden Fall, eine Annahme dieses Angebotes durch den Beschwerdeführer fehlt - um ein einseitiges Rechtsgeschäft, das aber auch im Fall der entsprechenden Annahme durch den Beschwerdeführer bloß eine zivilrechtliche Verbindlichkeit darstellen würde. Solange daher dem Beschwerdeführer nicht ein Kapital, über das er eigenständig zu verfügen berechtigt und welches daher auch sachenrechtlich (und nicht bloß obligatorisch) seinem Vermögen zuzurechnen ist, zur Verfügung gestellt wird, ist es evident, daß mangels einer entsprechenden Zugriffs-, Durchsetzungs- und Vollstreckungsbefugnis eines Dritten, insbesondere der Behörde auf dieses Kapital jedenfalls die bestehenden öffentlichrechtlichen Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers (vornehmlich die nicht unbeträchtlichen Kosten der fremdenpolizeilichen Maßnahmen) nicht als gesichert erscheinen. Eine bloße Verpflichtungserklärung eines Dritten ohne gleichzeitige Übereignung entsprechender Barmittel ist sohin aus den genannten Gründen von vornherein nicht geeignet, in ausreichend sicherer Weise darzutun, daß künftighin keine finanzielle Notlage des Beschwerdeführers mehr bestehen und daher die Begehung von Straftaten zur Linderung derselben nicht mehr zu befürchten sein wird.

Gleiches gilt für den mit der vorliegenden Beschwerde zwar behaupteten, tatsächlich jedoch nicht einmal bescheinigten Hinweis, daß Verwandte des Beschwerdeführers in ständigem Kontakt mit dessen Rechtsvertreter stünden und diese jederzeit die notwendigen Geldbeträge zur Verfügung stellen könnten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auch nicht verpflichtet, von Amts wegen weitere auf diese Behauptungen bezügliche Beweiserhebungen durchzuführen (vgl. z.B. VwGH v. 30.8. 1991, Zl. 91/09/0056).

Läßt sich damit aber von der weiterhin gegebenen Mittellosigkeit und der fehlenden Unterkunftsmöglichkeit des Beschwerdeführers ausgehend seine Anhaltung jedenfalls auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG stützen, so erweist sich die über ihn verhängte Schubhaft schon aus diesem Grunde als rechtmäßig (vgl. auch VwGH v. 29.6. 1992, Zl. 92/18/0054).

4.3. Damit war aber die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 FrPG i.V.m. § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG mangels eines darauf gerichteten Antrages - der entsprechende Antrag des Bezirkshauptmannes von Ried, dem im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zukommt (s.o., 2.2.), war insoweit unbeachtlich - nicht zuzusprechen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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