Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400191/3/Kl/Rd

Linz, 23.03.1993

VwSen - 400191/3/Kl/Rd Linz, am 23. März 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des H, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr. J wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die Fortsetzung der Schubhaft rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlagen: §§ 51 Abs.1 und 52 Abs.1 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 18.3.1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 18.3.1993, wurde Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 2.3.1993 zu Fr-73.903 sowie die darauf gründende Festnahme und Anhaltung erhoben und beantragt, die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seit dem 10.3.1992 abends für rechtswidrig zu erklären und die verhängte Schubhaft formlos aufzuheben, sowie dem Bund den Kostenersatz an den Beschwerdeführer aufzuerlegen. Begründend wurde ausgeführt, daß die Verwaltungsübertretung der Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle am 25.9.1990 die Maßnahme der Haft nicht zu rechtfertigen vermag. Auch der Aufenthalt seit der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages stelle nur eine Verwaltungsübertretung dar, welche eine Haft nicht rechtfertigt. Auch die bisherige Beschäftigungslosigkeit des Beschwerdeführers rechtfertige nicht eine Schubhaft. Im übrigen werde eine Verpflichtungserklärung der Frau I vom 16.3.1993 vorgelegt. Auch hätte der Beschwerdeführer seit 15.3.1993 bei einer Baufirma als Maurer zu arbeiten beginnen können. Im übrigen sei die Haft auch deshalb ungerechtfertigt, da sich der Beschwerdeführer stets eines Rechtsbeistandes bedient habe und daher zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung eine Haft nicht erforderlich gewesen sei. Die Voraussetzungen im Sinn des § 41 FrG lägen daher nicht vor.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde teilte unter gleichzeitiger Aktenvorlage in einer schriftlichen Stellungnahme vom 22.3.1993 mit, daß ein Asylverfahren mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4.11.1992 endgültig negativ abgeschlossen worden sei. Einem Ladungsbescheid für den 10.2.1993 wurde mit der Begründung nicht Folge geleistet, daß sich der Beschwerdeführer bis zu diesem Tage nicht bei der Anwaltskanzlei gemeldet habe. Da die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung seitens der belangten Behörde beabsichtigt war, war zur Sicherung des Verfahrens die Verhängung der Schubhaft erforderlich, da nach der allgemeinen Lebenserfahrung Fremde durch Untertauchen sich fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu entziehen versuchen. Eine Festnahme sei am 10.3.1992 aufgrund des Schubhaftbescheides erfolgt. Mit Bescheid vom 15.3.1993 sei gegen den Beschwerdeführer ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden (Zustellung am 16.3.1993) und dient daher die weitere Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz Einsicht genommen. Es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und am 25.9.1990 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet von Österreich unter Mitführung eines türk. Personalausweises eingereist. Ein Asylantrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland vom 14.2.1991 abgewiesen und die Nichtflüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festgestellt. Weder eine Berufung noch eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof hatte Erfolg, sondern es wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4.11.1992, an den Beschwerdeführer zugestellt am 9.12.1992, die Nichtflüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers endgültig festgestellt.

Für die Dauer dieses Verfahrens wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.12.1990 die Aufenthaltsberechtigung bis 31.5.1991 und durch weitere Bescheide letztlich bis 31.3.1993, jedenfalls aber nur bis zur Rechtskraft des Feststellungsbescheides über die Flüchtlingseigenschaft verlängert.

In seinem Antrag um Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung vom 22.6.1992 gab der Beschwerdeführer als Adresse in Österreich, Sommerstraße 30, 4030 Linz, gemeldet seit 22.6.1992, an. Eine Meldeamtüberprüfung vom 21.1.1993 ergab jedoch, daß der Beschwerdeführer in Linz weder an- noch abgemeldet ist.

4.2. Da der Beschwerdeführer einem Ladungsbescheid, zugestellt an seinen rechtsfreundlichen Vertreter am 22.1.1993, zur persönlichen fremdenpolizeilichen Befragung am 10.2.1993 nicht Folge leistete und der Rechtsvertreter gleichzeitig der Behörde bekanntgab, daß kein Kontakt zum Mandaten bis zu diesem Tag möglich gewesen wäre, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 2.3.1993 gemäß § 41 Abs.1 FrG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Dieser Bescheid wurde am 10.3.1993 durch den Beschwerdeführer persönlich übernommen und durch seine Festnahme am selben Tag um 20.45 Uhr durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz und seitherige Anhaltung im bundespolizeilichen Gefangenenhaus Linz in Vollzug gesetzt. Eine Bescheidausfertigung wurde am 11.3.1993 dem Rechtsvertreter nachweisbar zugestellt.

4.3. In seiner schriftlichen Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers am 12.3.1993 gestand der Beschwerdeführer seinen unrechtmäßigen Aufenthalt seit dem 9.12.1992. Auch bestätigte er, daß keine Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe im Fall der Abschiebung in die Türkei zu erwarten sei. Seine Familie befinde sich in der Türkei. Auf einen Feststellungsantrag gemäß § 37 FrG wurde verzichtet.

Mit 12.3.1993 wurde das Vollmachtsverhältnis zum bisherigen Rechtsvertreter gekündigt.

4.4. Mit Strafverfügung vom 12.3.1993 wurde gemäß § 82 Abs.2 Z4 FrG iVm § 15 Abs.1 Z2 FrG eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 15.3.1993 gemäß § 18 Abs.1 und 2 FrG ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich gegen den Beschwerdeführer erlassen, und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde am 16.3.1993 vom Beschwerdeführer persönlich übernommen und war daher mit diesem Tag durchsetzbar.

Der Beschwerdeführer ist seit 18.3.1993 wieder rechtsfreundlich vertreten.

Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Festnahme aufgrund des Schubhaftbescheides sowie der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen. Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem die Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen (Abs.3 leg.cit.).

Wie sich aus dem entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergibt, hielt sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Festnahme sowie im darauffolgenden Zeitraum nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auch ist er an keiner Adresse polizeilich gemeldet. Trotz einer nachweislichen Ladung zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters ist der Beschwerdeführer einer Vorladung vor die Fremdenpolizeibehörde nicht nachgekommen. Auch seine Verständigung von dieser Ladung seitens seines rechtsfreundlichen Vertreters blieb erfolglos und hat er seinem Rechtsfreund nicht geantwortet bzw. mit ihm keinen Kontakt aufgenommen.

Aus diesem Sachverhalt sowie daraus, daß er über keinen ordentlichen Wohnsitz bzw. Aufenthalt verfügt, ist aber die Befürchtung der Behörde begründet, daß sich der Beschwerdeführer einem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren durch Untertauchen entziehen werde bzw. dieses behindern werde. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes war im übrigen auch nicht von vornherein auszuschließen. Es war daher die Verhängung der Schubhaft zur Sicherstellung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt und auch notwendig. Es kann die Bestellung eines Rechtsvertreters nämlich nicht die persönliche Befragung des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren ersetzen.

5.3. Ein Aufenthaltsverbot wurde auch nachweislich mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15.3.1993, durchsetzbar seit 16.3.1993, erlassen. Ab diesem Zeitpunkt dient daher die weitere Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 48 Abs.3 FrG). Da aber der Beschwerdeführer auch weiterhin über keine geregelte Unterkunft verfügt und außerdem in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 12.3.1993 der Fremdenpolizeibehörde ausdrücklich erklärte, daß er nicht in sein Heimatland zurück wolle und auch nicht in ein anderes Land wolle, weil er dort hinsichtlich eines weiteren Asylantrages mit Schwierigkeiten zu rechnen hätte, erscheint auch zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung die Aufrechterhaltung der Schubhaft erforderlich, um die Ausreise des Beschwerdeführers zu überwachen bzw. zu sichern. Die weitere Anhaltung ist auch aus dem Grund nicht unverhältnismäßig, da die Sicherung der Ausreise durch ein anderes geeignetes Mittel nicht erreicht werden kann. Im übrigen wurde unverzüglich auch ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer von der belangten Behörde beantragt (nachweislicher Schriftsatz vom 16.3.1993). Es ist daher auch keine unverhältnismäßige Dauer der Haftanhaltung festzustellen.

Es haftet daher weder der Inhaftnahme noch der weiteren Anhaltung in Schubhaft eine Rechtswidrigkeit an.

5.4. Wenn hingegen vom Beschwerdeführer eine Verpflichtungserklärung vorgelegt wird, so ist dagegen auszuführen, daß ein Nachweis der Mittel durch den Beschwerdeführer eine Schubhaft auch nach der nunmehr neuen Rechtslage nicht rechtswidrig macht. Die Schubhaft ist nämlich nur eine das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. dessen Durchsetzung sichernde Maßnahme. Eine Überprüfung der Mittel hat allenfalls im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes stattzufinden und ist daher dort geltend zu machen. Eine Kompetenz zur Überprüfung des Aufenthaltsverbotes hingegen kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen des Haftprüfungsverfahrens nicht zu.

Es ist daher die behauptete Rechtswidrigkeit nicht zutreffend. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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