Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400201/5/Wei/Fb

Linz, 28.06.1993

VwSen - 400201/5/Wei/Fb Linz, am 28. Juni 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Weiß über die Beschwerde des J, geboren 26.1.1953, vertreten durch Dr. A, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 52 Abs.2 Fremdengesetz iVm § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs.2 Fremdengesetz iVm § 79a AVG hat der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen und tatsächlich verzeichneten Kosten in Höhe von 2.023,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Bf, ist ein jugoslawischer Staatsangehöriger serbischer Nationalität. Er ist am 26. Jänner 1953 in G (Bezirk Despotovac)/Serbien geboren worden und kam 1970 als 18jähriger nach Österreich. Der Bf ist mit Frau Radmila Jovanovic verheiratet und hat zwei bereits großjährige Söhne. Er hat einen festen Wohnsitz im Hause eines Sohnes in der V. Seit rund 23 Jahren ist er als Lackierer bei der Firma in Mattighofen beschäftigt.

1.2. Seit dem Jahr 1987 ist der Bf mehrfach negativ in Erscheinung getreten. Am 30. August 1987 hat er anläßlich einer familiären Auseinandersetzung mit dem Stiel einer Hacke auf den Kopf und den rechten Unterarm seiner Gattin Radmila eingeschlagen. Seinem Sohn Vladan hat er durch Faustschläge eine Schwellung am linken Jochbein zugefügt. Überdies hat er seine Familienangehörigen mit dem Umbringen bedroht, die insofern jedoch keine Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen gefährlicher Drohung nach § 107 StGB erteilten. Mit Urteil des Bezirksgerichts Mattighofen vom 16. Dezember 1987 zu U 186/87 wurde der Bf wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen a 50 S bedingt auf 3 Jahre rechtskräftig verurteilt.

Am 16.1.1988 ist der Bf nach den Angaben von Zeugen in stark alkoholisiertem Zustand mit dem PKW von einer Verlobungsfeier nachhause gefahren. Da die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt vom Bf verweigert worden war, wurde er von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit Straferkenntnis vom 12.4.1988 zu VerkR96/7262/1988/Dr. G. wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO zu einer Geldstrafe von 12.000 S rechtskräftig verpflichtet. Am 19.2.1988 rief dann der Bf in erheblich alkoholisiertem Zustand unter Verwendung des Notrufes den Gendarmerieposten Mattighofen zur Nachtzeit an und verlangte - abgesehen von wirren Äußerungen - vom diensthabenden Beamten, er möge ihn in die Arbeit fahren, da er ihm auch den Führerschein genommen habe. Wegen dieses Vorfalles ist der Bf mit Straferkenntnis vom 21.3.1988 zu Pol.96/1551/1988 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 OÖPolStG rechtskräftig in Höhe von 1.000 S bestraft worden.

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit Bescheid vom 16.5.1988, Zl. Sich-0702, wegen der begangenen Verfehlungen ein Aufenthaltsverbot auf unbestimmte Zeit gegen den Bf erlassen. Der dagegen eingebrachten Berufung hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich mit Bescheid vom 29.7.1988, Zl. Fr 947/1/88, Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos aufgehoben, weil sie damals noch der Auffassung war, daß die öffentlichen Interessen an einem Aufenthaltsverbot den schwerwiegenden Eingriff in das Familienleben des Bf noch nicht überwiegen würden.

1.3. Am 10. Februar 1991 kam es abermals zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Bf und seiner Gattin Radmila, bei der er in volltrunkenem Zustand seiner Gattin ein Holzscheit auf den Kopf und den Körper schlug. Sie erlitt dadurch eine Rißquetschwunde am Kopf und mehrere Prellungen. Bei diesem Vorfall geriet der Bf so in Wut, daß er selbst befürchtete, er könnte die Kontrolle über sich verlieren. Er verlangte deshalb sogar telefonisch das Einschreiten der Gendarmeriebeamten mit den Worten: "Gendarmerie muß kommen, sonst passiert Mord". Im Zuge dieses Vorfalles bedrohte der Bf seine Gattin mehrfach mit dem Umbringen. Diese erteilte jedoch keine Ermächtigung zur Strafverfolgung. Radmila Jovanovic erlitt ferner auch eine Ablederung der Handfläche, weil sie der Bf aus Wut in die linke Hand gebissen hatte.

Am 14. Juli 1991 besorgte sich der Bf nach dem Besuch eines Bierzeltes, bei dem es zu Streitereien kam, von zu Hause zwei Küchenmesser, um zum Festzelt zurückzufahren und mit seinen Beleidigern abrechnen zu können. Als er gegen 5.45 Uhr mit seinem PKW auf der Mattseer-Landesstraße fuhr, kamen ihm vier Personen entgegen, denen er zurief, "jetzt erschieße ich Euch!".

Als ihn zwei dieser Passanten beruhigen wollten, zog er ein Messer, wobei er die Klinge in der Hand hielt und das Heft nach vorne gerichtet hatte, um den Eindruck zu erwecken, er hätte eine Faustfeuerwaffe in der Hand.

Wegen der geschilderten Vorfälle wurde der Bf mit Urteil des Kreisgerichtes Ried/Innkreis vom 6.2.1992, 9 EVr 407/91-30, wegen des Vergehens der Körperverletzung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs.1 iVm § 83 Abs.1 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 und 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Der dagegen eingebrachten Berufung gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil, 11 Bs 93/92, vom 15. Mai 1992 teilweise Folge, indem es den Strafausspruch abänderte und eine unbedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen a 100 S verhängte.

1.4. Im Zusammenhang mit Alkoholdelikten im Straßenverkehr wurde der Bf von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn zwei weitere Male rechtskräftig bestraft, und zwar wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.4 lit.a StVO zu einer Geldstrafe von 10.000 S (Straferkenntnis vom 27.9.1988, Zl. VerkR96/5737/1987) und wegen einer weiteren Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO mit einer Geldstrafe von 25.000 S (Straferkenntnis vom 2.1.1991, Zl. VerkR/2791/1991).

Überdies wurde der Bf vom Zollamt Graz als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Strafverfügung vom 8. Jänner 1991 wegen der Finanzvergehen des versuchten Schmuggels und des versuchten vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopoles nach den §§ 35 Abs.4 und 44 Abs.2 lit.c Finanzstrafgesetz rechtskräftig mit 2.000 S bestraft.

1.5. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, Sich-0702/131/85/Gi, vom 18. Dezember 1992 wurde gegen den Bf neuerlich ein Aufenthaltsverbot auf unbestimmte Zeit für das Gebiet der Republik Österreich erlassen. Die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich hat mit Bescheid, St 8-2/93, vom 13. April 1993 der gegen den erstinstanzlichen Bescheid gerichteten Berufung keine Folge gegeben, sondern mit der Maßgabe bestätigt, daß er sich nunmehr auf die §§ 18 Abs.1 Z1, Abs.2 Z1, Z2 und Z3 sowie die §§ 19, 20 und 21 des FrG (BGBl.Nr. 838/1992) zu stützen habe. Die Sicherheitsdirektion hat im Sinne des § 71 StGB angenommen, daß die Verurteilungen wegen Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB (Bezirksgericht Mattighofen) und wegen Körperverletzung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs.1 iVm § 83 Abs.1 StGB und wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs.1 und 2 StGB (Kreisgericht Ried/Innkreis) auf den gleichen Charaktermangel und damit auf die gleiche schädliche Neigung zurückzuführen sind (vgl. § 18 Abs.2 Z1 dritter Fall FrG). Daneben kommen als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen die drei Verstöße gegen § 5 StVO in Betracht, die den Tatbestand des § 18 Abs.2 Z2 FrG erfüllen. Die Finanzvergehen des versuchten Schmuggels und vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols wurden weiters als ausreichend für den Tatbestand des § 18 Abs.2 Z3 FrG angesehen.

Aufgrund dieser zahlreichen Fakten hat die Sicherheitsdirektion im Sinne des § 18 Abs.1 Z1 FrG angenommen, daß der Aufenthalt des Bf die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Das Aufenthaltsverbot erschien der Sicherheitsdirektion trotz des erheblichen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Bf zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen dringend geboten (vgl. § 19 FrG). Dabei wird darauf hingewiesen, daß nicht einmal der Umstand, daß schon einmal gegen den Bf ein Aufenthaltsverbot erlassen worden war, diesen zu einem gesetzmäßigen Verhalten veranlaßt hat.

Die Sicherheitsdirektion erachtete die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes für schwerwiegender als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bf, der nach 23 Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet nur "radebrechend" deutsch sprechen kann und die Absicht geäußert hat, in den nächsten Jahren seine Berufstätigkeit in Österreich ohnehin aufzugeben, um in Jugoslawien den elterlichen Hof weiterzuführen.

1.6. Mit Bescheid vom 5. Mai 1993, Sich-0702/131/85/Gi, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn den im Berufungsverfahren gestellten Antrag vom 5. Februar 1993 auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes im Grunde des § 22 Abs.1 FrG abgewiesen. Begründend wird dazu ausgeführt, daß dem Bf seit 23.7.1991 bekannt sei, daß gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werde. Spätestens seit der Berufungsverhandlung vom 15. Mai 1992 hätte dem Bf bewußt sein müssen, daß gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werde. Insbesondere im Hinblick auf die vom Bf begangenen Aggressionsdelikte und das dreimalige Lenken eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand hielt die belangte Behörde die sofortige Ausreise des Bf für dringend geboten. Dieser hätte bisher schon Gelegenheit gehabt, seine Abreise vorzubereiten.

1.7. Mit Mandatsbescheid vom 14. Juni 1993 hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn über den Bf gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 Abs.1 AVG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 17. Juni 1993 zugestellt. Am 16. Juni 1993 wurde der Bf in Schubhaft genommen.

1.8. Am Freitag, den 18. Juni 1993, langte beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich per Telefax eine vom Rechtsvertreter des Bf verfaßte Schubhaftbeschwerde vom gleichen Tage ein, in der beantragt wird, die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn festzustellen und eine sofortige Entlassung aus der Schubhaft zu verfügen.

1.9. Am 24. Juni 1993 wurde der Bf per Bahn von Bruck/Leitha über Ungarn nach Belgrad abgeschoben.

2.1. Im Schubhaftmandatsbescheid vom 14. Juni 1993 führt die belangte Behörde begründend aus, daß gegen den Bf mit Bescheid vom 18. Dezember 1992, Sich-0702/131/85, ein Aufenthaltsverbot auf unbestimmte Zeit erlassen wurde und der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung von der Sicherheitsdirektion mit Bescheid vom 13. April 1993, St. 8-2/93, keine Folge gegeben worden ist. Der Bf sei daher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet und sei dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen. Den Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes vom 5. Februar 1993 habe die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn ebenfalls mit Bescheid vom 5. Mai 1993 abgewiesen.

Da der Bf nicht gewillt sei, das Bundesgebiet zu verlassen, sei seine Anhaltung in Schubhaft zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbots dringend geboten und zur Sicherung des Verfahrens notwendig. Es bestehe die Gefahr, daß sich der Bf bei Abstandnahme von der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde.

2.2. Dagegen führt die Beschwerde aus, daß der Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau rechtswidrig sei. Sowohl gegen die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion als auch gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 5. Mai 1993 sei eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erhoben worden. Die beabsichtigte Beschwerdeführung beim VwGH sei der belangten Behörde am 7. Mai 1993 auch schriftlich mitgeteilt worden. Überdies habe die Sicherheitsdirektion ausgesprochen, daß der auf § 6 Abs.1 FrPG gestützte Ausspruch, daß der Bf verpflichtet werde, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen, zu entfallen habe.

Im gesamten fremdenpolizeilichen Verfahren sei der Bf anwaltlich vertreten und für den Zugriff der Behörde jederzeit kurzfristig verfügbar gewesen. Auch die Gendarmerie Mauerkirchen hätte ihn sofort nach Verständigung der belangten Behörde festnehmen können. Es sei daher keineswegs so, daß die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und des Verfahrens dringend geboten und notwendig ist. Außerdem habe der Bf am 1. Juni bzw. 16. Juni 1993 gegen die angeführten Bescheide Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Bis zur endgültigen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof, stelle der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet in Freiheit keinerlei Nachteil für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar. Weder zur Sicherung des Verfahrens noch zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes sei die Schubhaft geboten. Eine Fristsetzung zur Ausreise sei nicht erfolgt. Überdies bedrohe die Abschiebung in das sog. Restjugoslawien den Bf bei der gegebenen Situation gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG.

2.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde und die Zuerkennung von Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand in Höhe von 337 S und 1.687 S beantragt wird.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Verwaltungsakten Einsicht genommen und festgestellt, daß schon aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint. Deshalb konnte gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Prozeßvoraussetzungen und Prüfungsumfang:

4.1.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG kann mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung der unabhängige Verwaltungssenat angerufen werden. Die Anhaltung in Schubhaft wurde durch Mandatsbescheid angeordnet. Wie sich aus dem unter Punkt 1. festgestellten Sachverhalt ergibt, befand sich der Bf im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde noch in Schubhaft, weshalb die vorliegende Beschwerde zulässig ist (vgl. VwGH 25.2.1993, 93/18/0044).

4.1.2. Da der Bf am 24. Juni 1993 von Bruck/Leitha per Bahn über Ungarn nach Belgrad abgeschoben und damit aus der Schubhaft entlassen wurde, entfällt die Feststellung gemäß § 52 Abs.4 FrG, ob die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates vorliegen. Die Prüfungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenates ist in diesem Fall gemäß § 52 Abs.4 Satz 2 FrG auf den Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränkt.

4.2.1. Zum Vorbringen des Bf:

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Nach dem Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung ist nur zu prüfen, ob die Schubhaft zur Sicherung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen erforderlich ist. Überlegungen, ob die Schubhaft für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erforderlich ist, haben dabei keine Bedeutung (vgl. E zur RV Fremdengesetz 692 BlgNR 18. GP, 49). Es ist daher nur maßgeblich, inwiefern die Haft notwendig ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. Im Hinblick darauf, daß die Schubhaft keine Vollstreckungshandlung sondern nur eine vorläufige Sicherungsmaßnahme ist, hat der Verwaltungsgerichtshof schon zur Rechtslage nach dem früheren Fremdenpolizeigesetz erkannt, daß asylrechtliche oder fremdenrechtliche Vorfragen im Schubhaftprüfungsverfahren grundsätzlich keine Rolle spielen (vgl. VwGH 4.9.1992, 92/18/0116).

Bei der Schubhaftprüfung geht es demnach nur um die Prognose, ob aus den Umständen des Einzelfalles zu befürchten ist, der Bf werde sich ohne die Anhaltung in Schubhaft dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest erheblich erschweren. Einwendungen gegen diese Befürchtung sind nur zielführend, wenn sie den Wegfall des Sicherungszweckes der Schubhaft glaubhaft machen können.

4.2.2. Der Bf wendet sich gegen die verhängte Schubhaft, indem er auf die von ihm erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, die er jeweils mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden hat, hinweist. Eine Fristsetzung zur Ausreise sei nicht erfolgt und bis zur endgültigen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof stelle sein Aufenthalt im Bundesgebiet in Freiheit keinerlei Nachteil für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar.

Mit diesen Einwänden verkennt der Bf zunächst, daß es einer Fristsetzung für die Ausreise nicht bedarf. Gemäß § 22 Abs.1 FrG wird das Aufenthaltsverbot mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar, der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen. Da gegen die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig war, erwuchs damit das von der belangten Behörde als erste Instanz erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot in Rechtskraft. Die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 21. April 1993 zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt war der Bf zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet, zumal auch von der belangten Behörde kein Durchsetzungsaufschub gewährt worden ist.

Da den Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt, diese vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs.2 VwGG 1985 zuerkannt werden kann, und da der Verwaltungsgerichtshof bisher weder nach dem Akteninhalt noch nach dem Beschwerdevorbringen einen Beschluß über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gefaßt hat, kommt dem Bf aufgrund des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich mehr zu. Die bloße Antragsstellung an den Verwaltungsgerichtshof auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hindert die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes mittels Abschiebung nicht. Die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beginnt erst mit dessen Zustellung (vgl. dazu VwGH 2.12.1992, 92/10/0109).

Die weitere Behauptung des Bf, daß sein Verbleib in Freiheit bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keinerlei Nachteile für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit bringen würde, widerspricht einerseits dem bisherigen wiederholten deliktischen Verhalten des Bf und spielt andererseits für das gegenständliche Schubhaftprüfungsverfahren, in dem es nur um die Sicherung der zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes notwendigen Abschiebung geht, keine Rolle.

4.2.3. Der Hinweis auf den festen Wohnsitz des Bf, auf seine 23jährige Beschäftigung als Lackierer sowie auf den Umstand, daß er im fremdenpolizeilichen Verfahren anwaltlich vertreten und für die Behörde kurzfristig verfügbar war, ist nicht ausreichend, um die von der belangten Behörde angenommene Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zu widerlegen. Die wiederholte Begehung von Aggressionsdelikten, die Neigung zum Alkoholabusus, die mehrfachen Übertretungen des § 5 StVO sowie insbesondere das rückfällige Verhalten des Bf nach der zu seinen Gunsten ergangenen Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion im ersten Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, dokumentieren erhebliche Charaktermängel und bilden hinreichenden Anlaß für die Annahme, daß sich der Bf der österreichischen Rechtsordnung und den ergangenen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen nicht unterwerfen will. Seit 21. April 1993 war der Bf zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet. Sein Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes wurde mit Bescheid vom 5. Mai 1993 der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn abgewiesen. Dennoch blieb der Bf bis zu seiner Festnahme am 16. Juni 1993 im Bundesgebiet, ohne irgendwelche Vorkehrungen für seine Ausreise zu treffen. Wie sich aus seinem Vorbringen ergibt, möchte er vielmehr bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Österreich bleiben, obwohl seinen Beschwerden bislang noch keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist. Da er im Zeitpunkt seiner Festnahme schon fast zwei Monate seiner Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachgekommen war, sowie aufgrund der bisherigen negativen Erfahrungen mit dem Bf hat die belangte Behörde mit Recht die Schubhaft für notwendig gehalten, um die Abschiebung zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes zu sichern. Auf andere Gesichtspunkte kommt es - wie bereits oben näher dargestellt - im Schubhaftprüfungsverfahren nicht an.

4.2.4. Die Behauptung des Bf, daß die Abschiebung in das sog Restjugoslawien gegen § 37 Abs.1 oder 2 FrG verstoße, wurde in keiner Weise konkretisiert. Sie ist überdies offensichtlich aktenwidrig, zumal der Bf als Serbe in Restjugoslawien keine Verfolgung zu befürchten hat, und in seiner Stellungnahme vom 23. November 1992 erklärt hatte, daß er seine Berufstätigkeit in Österreich in den nächsten Jahren aufgeben werde, um den elterlichen Hof in Jugoslawien weiterzuführen.

Im übrigen ist der Bf abermals darauf zu verweisen, daß im gegenständlichen Verfahren nur die Sicherungsnotwendigkeit der Schubhaft zur Debatte steht. Es ist grundsätzlich nicht zu prüfen, in welchen Staat der Bf abgeschoben werden wird (vgl. VwGH 4.9.1992, 92/18/0116).

Da die vom Bf behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie die Anhaltung in Schubhaft nicht vorlag, war spruchgemäß zu entscheiden.

5. Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG war der belangten Behörde als obsiegender Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten für den Aktenvorlage- und Schriftsatzaufwand in Höhe von 2/3 des Pauschalkostenersatzes vor dem Verwaltungsgerichtshof zuzusprechen (vgl. VwGH 23.9.1991, 91/19/0162).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß 6

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