Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400221/3/Kl/Fb

Linz, 02.11.1993

VwSen - 400221/3/Kl/Fb Linz, am 2. November 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der Samira N, wegen Anhaltung in Schubhaft ab dem 11. Oktober 1993 durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde (gegen die Anhaltung seit dem 11. Oktober 1993) wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlagen: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 sowie § 48 Abs.1, 2 und 4 des Fremdendengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin (im folgenden kurz: Bf) wird abgewiesen. Die Bf hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 27. Oktober 1993, wurde Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab dem 11. Oktober 1993 durch die Bundespolizeidirektion Linz erhoben und beantragt, festzustellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht erfüllt sind und die Anhaltung rechtswidrig ist, und der Bf den Kostenersatz zu Handen des Bf-Vertreters zuzusprechen. Hinsichtlich des Sachverhaltes wurde zunächst auf die Erkenntnisse des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 5.8.1993, VwSen-400206/3/Kl/Fb, und vom 27.9.1993, VwSen-400216/3/Kl/Rd, verwiesen. In der Zwischenzeit habe sich der Sachverhalt aber dahingehend geändert, daß mit der afghanischen Botschaft in Wien Kontakt aufgenommen wurde. Seitens der Botschaft sei mitgeteilt worden, daß nur dann ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde, wenn die Bf freiwillig in das Heimatland zurückkehren wolle. Da die Bf aber nicht gewillt ist, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren, sei mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Afghanistan nicht zu rechnen und werde daher die belangte Behörde nicht in der Lage sein, sie in ihr Heimatland abzuschieben. Auf die Feststellungen im Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Oktober 1993, Zl. Fr-83.140, wird hingewiesen. Die Bf werde daher durch die Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt (ab 11.10.1993) in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 1993 mitgeteilt, daß sei weiterhin bestrebt sei, für die Bf ein Heimreisezertifikat zu erlangen. "Die Situation stellt sich derzeit so dar, daß die afghanische Botschaft offensichtlich nicht gewillt ist, ein Heimreisezertifikat auszustellen. Da dies von den österreichischen Stellen nicht ohne weiteres hingenommen werden kann, hat das BMI am 13.10.1993 anher mitgeteilt, daß in dieser Angelegenheit der afghanische Botschafter in Wien in das Außenministerium zitiert werden wird. Von ha. ist nun die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit abzuwarten. Es kann aber noch nicht davon ausgegangen werden, daß das Heimreisezertifikat auf keinen Fall ausgestellt werden wird." Auch wurde auf den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28.10.1993 hingewiesen. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Im übrigen wurde der bisher festgestellte Sachverhalt von der Bf außer Streit gestellt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FRG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender, der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Der in den Erkenntnissen des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 5.8.1993, VwSen-400206/3/Kl/Fb, und vom 27.9.1993, VwSen-400216/3/Kl/Rd, jeweils unter Punkt 4 festgestellte Sachverhalt wurde von der Bf nicht in Streit gestellt und ihrer Beschwerde zugrundegelegt. Dieser Sachverhalt wird daher als erwiesen angesehen und auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt.

4.2. Darüber hinaus ist festzustellen, daß die Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 11. Oktober 1993, Zl. Fr-83.140, gemäß § 54 Abs.1 FrG festgestellt hat, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß die Bf in Afghanistan gemäß § 37 Abs.1 oder Abs.2 des FrG bedroht ist. Ihre Abschiebung nach Afghanistan ist somit zulässig. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde durch Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28.10.1993 keine Folge gegeben und es wurde der angefochtene Bescheid bestätigt.

4.3. Die von der belangten Behörde in ihrer eingangs zitierten Stellungnahme mitgeteilten Bemühungen um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sind auch aktenkundig und nachvollziehbar.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG, BGBl.Nr. 838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.). Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.). Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung seit dem 11.10.1993 sowie der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist im Hinblick darauf, daß ein geänderter Sachverhalt behauptet wurde, zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft) sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Bereits in den eingangs zitierten Erkenntnissen des unabhängigen Verwaltungssenates wurde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, daß die Schubhaft zu Recht verhängt wurde, und auch zu Recht aufrechterhalten wurde, da einerseits die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie anschließend zur Sicherung der Ausreise (Abschiebung) diente. Letzterer Haftgrund ist auch weiterhin gültig, da die Bf ausdrücklich erklärte (nicht zuletzt auch in ihrer Beschwerde), daß sie nicht gewillt ist, in ihr Heimatland zurückzugehen bzw ein Heimreisezertifikat für sich zu beantragen. Die Sicherung der Ausreise ist daher auch weiterhin jedenfalls erforderlich.

5.4. Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist, oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern. Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 54 FrG noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden. Hievon hat die Behörde den Fremden unverzüglich in Kenntnis zu setzen (§ 48 Abs.4 Z1 und Z3 FrG). Es wurde bereits in den vorausgegangenen (eingangs angeführten) Schubhaftprüfungsverfahren eingehend dargelegt, daß eine Haftverlängerung aus eben diesen Gründen der Bf auch niederschriftlich zur Kenntnis gebracht wurde. Wie im Sachverhalt angeführt wurde, hatte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (formell) rechtskräftig über den Antrag gemäß § 54 FrG entschieden und ist aus diesem Grund die weitere Anhaltung in Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Wochen nach rechtskräftiger Entscheidung nach der obzitierten Gesetzesstelle rechtmäßig. Im übrigen stützt sich die belangte Behörde aber auch auf das Bemühen, eine Bewilligung des afghanischen Staates für die Einreise der Bf zu erwirken. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist bis zum Einlangen der Bewilligung bei der Behörde rechtmäßig. Wenn die Bf hingegen nunmehr behauptet, daß feststehe, daß ein solches Zertifikat nicht ausgestellt werde und daher eine Abschiebung unmöglich sei, so sind ihr die glaubwürdigen Argumente der belangten Behörde gegenüberzustellen. Danach wird noch immer die Erlangung eines Heimreisezertifikates für die Bf angestrengt und sollen noch Kontakte des Außenministeriums mit dem afghanischen Botschafter in Wien stattfinden. Es ist daher die Begründung der belangten Behörde, die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit abzuwarten, nicht von der Hand zu weisen. Aus dieser Sicht kann daher auch nicht der Behauptung der Bf, daß ein Heimreisezertifikat auf keinen Fall ausgestellt werden wird, Rechnung getragen werden. Aus diesem Blickwinkel ist die Erreichung eines Heimreisezertifikates bzw einer Einreisebewilligung für die Bf nicht aussichtslos und nicht unmöglich, weshalb auch das Ziel der Anhaltung in Schubhaft, nämlich die Abschiebung, noch nicht unmöglich ist. Es ist daher die weitere Anhaltung iSd § 48 Abs.1 FrG zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, um dann die Abschiebung durchzuführen, nicht rechtswidrig und es wird daher die Bf weder in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit noch in einem anderen Recht verletzt.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag der Bf abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, Kosten für den Vorlageaufwand von 337 S und Schriftsatzaufwand von 1.687 S, also insgesamt ein Betrag von 2.024 S, zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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