Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400247/5/Kl/Bk

Linz, 18.01.1994

VwSen-400247/5/Kl/Bk Linz, am 18. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der N P, vertreten durch Rechtsanwalt wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

II. Das Kostenbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 51 Abs.1, 2 und 4 sowie § 41 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Zu II.: § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 11.1.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 12.1.1994, wurde Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowie die sofortige Enthaftung beantragt.

Als Begründung wurde ausgeführt, daß gegen die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 30.12.1993 die Schubhaft zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verhängt wurde, welcher Bescheid wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung rechtswidrig sei. Entgegen den Bescheidausführungen sei nämlich die Beschwerdeführerin seit dem 24. Mai 1993 in S, ordnungsgemäß gemeldet. In den angesprochenen Clubs sei sie nur beschäftigt gewesen.

Die Mittel zum Unterhalt seien vorhanden. Im übrigen werde eine eidesstättige Erklärung der Beschwerde beigelegt, wonach sie jederzeit gegen ein monatliches Gehalt von 10.000 S netto 14 Mal jährlich als Kellnerin in einem Gasthaus samt Discothek in S zu arbeiten beginnen könne. Auch habe die Beschwerdeführerin vor Ablauf des Sichtvermerkes bei der Firma N R vorgesprochen und wurde ihr bei dieser Firma eine Beschäftigung zugesagt, wobei diese Firma auch den Antrag auf eine Beschäftigungsbewilligung stellen wollte. Eine neuerliche Vorsprache bei dieser Firma sei nicht möglich gewesen, weil die Beschwerdeführerin sodann gegen ihren Willen in den Bordellräumlichkeiten festgehalten wurde. Auch sei der Vorwurf, sich nicht einer gesundheitlichen Untersuchung unterzogen zu haben, zu Unrecht erfolgt, da die Beschwerdeführerin auch im Dezember 1993 eine Untersuchung in Salzburg abgelegt hat, worüber eine Bestätigung vorgelegt wird. Schließlich wurde noch vorgebracht, daß die Beschwerdeführerin gegen ihren Willen in den angeführten Bordells festgehalten wurde, weshalb ihr ein Verlassen unmöglich war und daher der Sichtvermerk mit 4.12.1993 abgelaufen ist. Die Beschwerdeführerin sei bereits sieben Jahre in Österreich aufhältig, in Österreich integriert, war in Österreich beschäftigt und hat sich keiner Übertretungen in Österreich schuldig gemacht. Es seien daher weder die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes noch zur Verhängung einer Schubhaft vorgelegen. Auch sei bei der Bundespolizeidirektion Salzburg ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht eingeleitet. Die Beschwerdeführerin sei auch bereit, sich regelmäßig bei der Polizeidienststelle zu melden.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 12. Jänner 1994 den diesbezüglichen Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Darin wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Sichtvermerk der Bundespolizeidirektion Salzburg bereits am 4.12.1993 abgelaufen sei und sich daher die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Aus der der Beschwerde angeschlossenen Bestätigung gehe zwar hervor, daß sie bis 9.12.1993 gearbeitet habe, woraus aber geschlossen werden muß, daß sie sich um eine Aufenthaltsberechtigung kümmern hätte können. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin ständig ihren Club wechselte und für die Behörde nie erreichbar gewesen war und daher die Meldung in Salzburg nicht tatsächlich der Unterkunftnahme entsprach.

Auch sei die Beschwerdeführerin bereits wegen Prostitution ohne ärztliche Untersuchung bestraft worden und wurde diese Strafe bezahlt. Aus ihrem Verhalten muß geschlossen werden, daß sie nicht gewillt ist, die Vorschriften über Aufenthalt, Melderecht und die Ausübung der Prostitution zu respektieren. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, die Beschwerdeführerin - zumal sie sich im Prostituiertenmilieu befindet - werde sich dem Zugriff der Behörde entziehen. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde und der Zuspruch des Kostenersatzes beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Zusammenhalt mit den ergänzenden Erhebungen und in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Die Beschwerdeführerin ist nach ihren Angaben Angehörige von Restjugoslawien und hält sich seit 1986 in Österreich auf. In den vergangenen Jahren war sie bei verschiedenen Reinigungsfirmen als Reinigungskraft beschäftigt, zuletzt bis Anfang September 1993 bei der Firma System-Reinigung. Sie verfügte über einen gültigen Sichtvermerk der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 10.

Februar 1992 bis 4. Dezember 1993. Eine Arbeitserlaubnis wurde ihr vom Arbeitsamt Salzburg vom 5.12.1991 bis 4.12.1993 erteilt. Seit März 1993 hielt sich die Beschwerdeführerin in S, auf und ist seit 24.5.1993 dort polizeilich gemeldet. Etwa 2 Monate später wurde auch ihr Freund dort gemeldet. Nach ihren weiteren Angaben ist sie seit Ende September 1993 als Prostituierte im Club C in S (für die Dauer von etwa 1 1/2 Monaten) beschäftigt. Dabei verdiente sie 60.000 S, welche sie wieder in der Freizeit ausgab bzw ihrem Freund gab. Sie wechselte dann auch zwischen diesem Club und dem Club R in G.

Laut Arbeitsbestätigung der Firma N R GesmbH & Co KG hat die Beschwerdeführerin vom 2. bis 9.12.1993 gegen Entgelt gearbeitet und war für diese Zeit auch sozialversichert.

Nach diesem Zeitraum hat sie nach eigenen Angaben wieder freiwillig im Club C in S gearbeitet und ging freiwillig der Prostitution nach. Als sie mit der Prostitution aufhören wollte, wurde sie daran gehindert und gegen ihren Willen zunächst in S und dann im Club R in G festgehalten. Die letzte Eintragung im Gesundheitsbuch war am 10.12.1993. Die Beschwerdeführerin legte eine weitere Bestätigung von Dr.

P in Salzburg über eine gynäkologische Untersuchung am 22.12.1993 vor.

4.2. In der Nacht zum 30.12.1993 wurde die Beschwerdeführerin von ihrem Freund aus dem Club R in einer "Befreiungsaktion" geholt und auf der Fahrt nach Salzburg in Bergheim von Gendarmeriebeamten gestellt, wobei die Beschwerdeführerin Bargeld von 10.290 S bei sich hatte.

Nach Einvernahmen durch den Gendarmerieposten Braunau wurde sie am 30.12.1993 um 8.45 Uhr gemäß § 85 Abs.2 FrG der Bezirkshauptmannschaft Braunau vorgeführt und von dieser einvernommen. Neben dem obigen Sachverhalt gab sie auch an, Schulden in Höhe von 200.000 S bei der CA in Salzburg zu haben und in Österreich nicht krankenversichert zu sein. Auch seien ihre Eltern in Österreich, nämlich Salzburg, wohnhaft sowie auch ihr Bruder. Eine Verständigung wünsche sie nicht.

4.3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.12.1993 wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 57 Abs.1 AVG iVm § 41 Abs.1 und 2 FrG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt, wobei diesem Bescheid der abgelaufene Sichtvermerk, die fehlenden Mittel zum Unterhalt, die fehlende polizeiliche Meldung in S bzw G, die fehlende ärztliche Untersuchung sowie der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet zugrundelagen. Da die Beschwerdeführerin Prostituierte ist, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau befürchtet und zugrundegelegt, daß sie sich der Einleitung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens entziehen werde.

Der Schubhaftbescheid wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und durch Einlieferung in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Ried in Vollzug gesetzt.

4.4. Aufgrund der Mitteilung, daß sich die Beschwerdeführerin im Club R aufhalte, wurde in der BPD Salzburg durch das dortige fremdenpolizeiliche Referat am 11.1.1994 die amtliche Abmeldung beim Meldeamt veranlaßt.

Ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wurde in Salzburg nicht eingeleitet. Der Fremdenpolizeiakt wurde hingegen am 12. Jänner 1994 zuständigkeitshalber der Bezirkshauptmannschaft Braunau weitergeleitet.

Ein Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsberechtigung wurde beim Magistrat Salzburg bis dato nicht eingebracht.

Über die Beschwerdeführerin wurde am 30.12.1993 wegen Ausübung der Prostitution entgegen den sanitätsrechtlichen Vorschriften eine Strafe verhängt und es wurde diese Strafe auch bezahlt. Ein weiteres Strafverfahren wegen Übertretung des Meldegesetzes bzw Fremdengesetzes wurde eingeleitet.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr.

838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.). Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Im übrigen ist sie auch begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Wie unter Punkt 4.1. ausgeführt, wurde der Schubhaftbescheid zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung erlassen.

Den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen kommt Berechtigung zu, weil Voraussetzung für ein Aufenthaltsverbot weder der rechtmäßige noch der unrechtmäßige Aufenthalt ist, sondern es kann ein Aufenthaltsverbot in jedem der beiden Fälle erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen (insbesondere § 18 Abs.2.

FrG) die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs.2 der MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (§ 18 Abs.1 FrG). Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden oder seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen (§ 20 Abs.1 FrG).

Im Grunde dieser Rechtsvorschriften in Zusammenhalt mit dem unter Punkt 4 festgestellten Sachverhalt ist erwiesen, daß die belangte Behörde in ihrem Schubhaftbescheid nur teilweise von richtigen Tatsachen ausgeht. Richtig und von der Beschwerdeführerin auch unbestritten ist, daß sich diese mit Ablauf des Sichtvermerkes am 4.12.1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Es entspricht aber nicht den objektiven Tatsachen, daß die Beschwerdeführerin mittellos ist, da sie bei ihrer Aufgreifung Bargeld in der Höhe von 10.290 S bei sich hatte und im übrigen auch angab, daß sie bis zum September 1993 einem ständigen Beschäftigungsverhältnis aufgrund einer Arbeitserlaubnis nachging und auch noch darüber hinaus der Prostitution und daher einer Beschäftigung nachging. Auch ist die Beschwerdeführerin mit ihren Argumenten im Recht, daß sie in S, aufrecht behördlich gemeldet sei, und daher über einen Wohnsitz verfüge. Indizien bzw ein Beweis für die Aufgabe des Wohnsitzes hat sich nicht ergeben. Auch gab sie schon bei ihrer Ersteinvernahme bekannt, daß sie bis September bei der Firma S in S beschäftigt war. Auch bei der nach diesem Zeitpunkt durchgeführten Prostitution handelte es sich lediglich um einen von ihr angegebenen Zeitraum von etwa 1 1/2 Monaten, wo sie sich in S aufhielt. Auch dazu gab sie an, daß sie im Club ein Zimmer hatte und nur dann blieb, wenn sie zuviel getrunken habe. Meistens habe sie aber ihr Freund aus dem Club abgeholt. Auch war der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Festnahme und Bescheiderlassung nicht bekannt und kamen auch keine Tatsachen hervor, daß sich die Beschwerdeführerin einem Verwaltungsverfahren bzw einem fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versucht hätte. Vielmehr gab sie bereits bei ihrer Festnahme an, daß sie Eltern und einen Bruder in Salzburg habe und sich schon sieben Jahre in Österreich aufhalte. Gründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes lagen daher zum Zeitpunkt der Festnahme nicht klar und offenkundig auf der Hand. Die weiteren Vorwürfe der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin nicht gewillt sei, gesetzliche Vorschriften einzuhalten bzw sich rechtstreu zu verhalten, bestehen teilweise zu Recht.

So hielt sich die Beschwerdeführerin seit dem 4.12.1993 (Ablauf des gültigen Sichtvermerkes) unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und hat - wie weitere Erhebungen ergeben haben - keinen Antrag auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Ein kurzzeitiger unrechtmäßiger Aufenthalt rechtfertigt aber noch nicht eine Schubhaft. Die diesbezüglichen Vorbringen, daß die Beschwerdeführerin gegen ihren Willen festgehalten wurde, sind nicht stichhaltig, zumal die Beschwerdeführerin selbst angab, daß sie sich vor Ablauf des Sichtvermerkes noch frei bewegen konnte, und dies soweit aus der Arbeitsbestätigung hervorgeht, als sie auch tatsächlich vom 2. bis 9. Dezember 1993 in Salzburg beschäftigt war, und daher einen diesbezüglichen Antrag um Aufenthaltsbewilligung stellen konnte. Es kann auch weiters der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, daß die Beschwerdeführerin wegen Nichteinhaltung sanitätsrechtlicher Vorschriften rechtskräftig bestraft wurde.

Aus einem rechtswidrigen Verhalten kann aber nicht geschlossen werden, daß sich die Beschwerdeführerin einem behördlichen Verfahren entziehen werde. Wenn auch die belangte Behörde mit ihrem Vorbringen, daß nach der Lebenserfahrung Personen aus dem Prostituiertenmilieu bei Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen untertauchen, grundsätzlich im Recht ist, so wurde aber im gegenständlichen Fall übersehen, daß die Beschwerdeführerin über einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz verfügte, sich auch tatsächlich - wenn auch nicht ununterbrochen - an diesem Wohnsitz aufhielt, am Wohnort auch überwiegend beschäftigt war und daß sie bislang keinen Anlaß gab, daß sie einer behördlichen Ladung nicht folgte bzw sich einem Verfahren nicht stellte. Weiters ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, daß auch ihre Eltern und ihr Bruder sich in Salzburg aufhalten und daß bis zur Festnahme auch ihr Freund an ihrer Wohnsitzadresse gemeldet war. Auch hat die Beschwerdeführerin letztlich in der Beschwerde dargetan, daß sie auch hinsichtlich einer weiteren Beschäftigung bei der Firma N R in S vorstellig war und diese gewillt sei, sie zu beschäftigen bzw für sie eine Beschäftigungsbewilligung zu erwirken. Es war daher im Gegensatz zu der Auffassung der belangten Behörde nicht von vornherein zu befürchten, daß sich die Beschwerdeführerin einem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde bzw im Bundesgebiet untertauchen werde. Es haben das gesamte Verfahren sowie auch die Ermittlungen des unabhängigen Verwaltungssenates keine diesbezüglichen Anhaltspunkte geliefert.

Wenn hingegen der Beschwerdeführerin vorgeworfen wird, daß sie zum Zweck ihrer Beschäftigung als Prostituierte sich im Club in S bzw im Club in G aufhielt, und zwar für längere Zeit aufhielt, so steht diesen Befürchtungen einerseits die Aussage der Beschwerdeführerin entgegen, daß sie nur gelegentlich dort in ihrem Zimmer blieb, und andererseits auch die Bestimmung des Meldegesetzes, wonach eine Meldepflicht nicht besteht, wenn der Betreffende anderswo gemeldet ist und in der Wohnung nicht länger als zwei Monate unentgeltlich Unterkunft gewährt wird (§ 2 Abs.2 Z1 Meldegesetz 1991).

Da aber gemäß § 41 Abs.1 erste Alternative Fremdengesetz eine Schubhaft nur dazu verhängt werden darf, um ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern, und aufgrund der umschriebenen Umstände ein solcher Grund, welcher die Sicherung des Verfahrens erfordert, nicht von vornherein vorlag und auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht hervorgekommen ist, ist die Verhängung bzw die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig.

5.3. Im weiteren ist die Beschwerdeführerin auch damit im Recht, daß bis dato ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von der Bundespolizeidirektion Salzburg nicht eingeleitet worden ist. Vom unabhängigen Verwaltungssenat wurde lediglich in Erfahrung gebracht, daß der diesbezügliche Fremdenpolizeiakt zur Veranlassung weiterer Maßnahmen an die belangte Behörde abgetreten wurde.

Auch von der belangten Behörde wurde zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch kein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet. Dies widerspricht dem § 48 Abs.1 FrG, wonach die Behörde verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Es ist daher eine Festnahme und Anhaltung als schwerster Eingriff in die persönlichen Grundrechte und Freiheiten eines Menschen immer unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu betrachten und daher auf das Ziel der Haft unverzüglich hinzuwirken. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Haft ohne einen ersten Schritt der Einleitung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens bedenklich.

5.4. Aus all den angeführten Gründen kam daher der Beschwerde Berechtigung zu und war daher die Schubhaft als rechtswidrig festzustellen.

Was jedoch den Antrag auf sofortige Enthaftung anlangt, so kommt ein diesbezüglicher Ausspruch dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu. Gemäß § 49 Abs.1 Z2 FrG ist die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, daß die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Im übrigen gilt dann auch der ihr zugrundeliegende Bescheid als widerrufen (§ 49 Abs.2 FrG).

6. Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die belangte Behörde unterlegen ist, war der Kostenersatzantrag abzuweisen. Von der Beschwerdeführerin wurde kein Kostenersatzantrag gestellt, weshalb sich eine weitere Kostenentscheidung erübrigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Klempt

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