Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400271/4/Le/Fb

Linz, 16.06.1994

VwSen-400271/4/Le/Fb Linz, am 16. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des S E K (auch: E K S), ghan.

Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.043,33 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1 und 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 13.6.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 14.6.1994, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz Bf) Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz und beantragte a) festzustellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem 30.5.1994 nicht mehr vorliegen, sohin die aufrechterhaltene Schubhaft ab diesem Zeitpunkt rechtswidrig ist, sowie b) zu erkennen, der Bund sei schuldig, dem Bf die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu ersetzen.

2. Zur Begründung seines Antrages verwies der Bf zunächst auf das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25.5.1994, VwSen-400267/4/Ki/Bk.

Darüber hinaus führte der Bf aus, daß sich der Sachverhalt mittlerweile dahin geändert habe, daß ihm der VwGH mit Beschluß vom 13.4.1994, Zl. AW/94/19/0286-3, zugestellt am 30.5.1994, die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der von ihm eingebrachten VwGH-Beschwerde im Asylverfahren zuerkannt habe. Weiters verwies er darauf, daß ihm bereits im Asylverfahren die vorläufige Aufenthaltsberechtigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens zukam. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei von der Bezirkshauptmannschaft Baden am 29.10.1991, GZ: 11/T-9118234 bescheinigt worden. Auch diese Urkunde wurde in Photokopie vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 6.6.1994 begehrte der Bf die Aufhebung der Schubhaft bei der Bundespolizeidirektion Linz; die belangte Behörde habe hierauf jedoch nicht reagiert.

Im Hinblick auf diese geänderten Sachverhaltsumstände erweise sich die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem 30.5.1994 als rechtswidrig, da der geplanten Abschiebung nach Ghana das nunmehr wiederaufgelebte vorläufige Aufenthaltsrecht im Asylverfahren entgegenstehe. Aus diesen Gründen erweise sich aber auch die Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig, da der beabsichtigte Schubhaftzweck, seine Abschiebung nach Ghana sicherzustellen, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erreicht werden könne.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in der Stellungnahme vom 14.6.1994 beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschwerde kostenpflichtig abweisen.

In der Begründung wurde zunächst auf die Stellungnahme vom 20.5.1994 (die im h. Erkenntnis vom 25.5.1994, VwSen-400267/4/Ki/Bk ausführlich dargestellt ist) verwiesen.

Weiters stellte die belangte Behörde dar, daß dem Bf keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugekommen sei. Trotz des Umstandes, daß dem Bf von der Bezirkshauptmannschaft Baden fälschlicherweise eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bescheinigt wurde, obwohl ihm tatsächlich keine zugekommen sei, könne daraus nicht ein Aufenthaltsrecht abgeleitet werden. Eine derartige Bescheinigung habe lediglich deklarative und nicht konstitutive Wirkung. Aus diesem Grunde sei auch durch den Beschluß des VwGH vom 13.4.1994 für den Bf nichts gewonnen, da der VwGH dadurch nicht ein Recht schaffen könne, das zuvor nicht bestanden hätte.

Schließlich stellte die belangte Behörde in Aussicht, daß der Reisepaß des Bf mit der verlängerten Gültigkeitsdauer in den nächsten Tagen von der ghanesischen Botschaft in Bern bei der belangten Behörde einlangen werde, weshalb die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung für notwendig erachtet werde.

4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht durchzuführen, weil der maßgebliche entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 leg.cit.

festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ab dem 30.5.1994 behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, erweist sich im Ergebnis jedoch als unbegründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Bescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung der Abschiebung erlassen und stützt sich im wesentlichen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, weil gegen den Bf mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 25.10.1991 ein bis zum 25.10.1996 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde bzw. sein Asylverfahren seit 23.2.1994 in zweiter Instanz rechtskräftig abgeschlossen wurde. Da er offensichtlich nicht gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, sei die Schubhaft zu verhängen gewesen.

Mit Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25.5.1994, VwSen-400267/4/Ki/Bk wurde die Rechtmäßigkeit der Anhaltung bestätigt.

5.3. Hinsichtlich der Rechtslage betreffend Aufenthaltsverbot und Ausreiseverpflichtung wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf das oben erwähnte Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich verwiesen, insbesonders auf die Seiten 11 bis 17.

5.4. Mit dem nunmehrigen Vorbringen des Bf, der Sachverhalt habe sich mittlerweile dahingehend geändert, daß der VwGH seiner Beschwerde im Asylverfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, läßt sich für den Standpunkt des Bf ebensowenig gewinnen wie mit dem Hinweis auf die Bescheinigung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29.10.1991 über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Folgende Gründe sind dafür maßgeblich:

Die von der Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Flüchtlingslager Traiskirchen, ausgestellte Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, mit der Geschäftszahl 11/T-9118234 vom 29.10.1991 wurde somit im zeitlichen Geltungsbereich des Asylgesetzes 1968, BGBl.Nr.

126/68, ausgestellt und ist daher zunächst im Lichte dieses Gesetzes sowie der dazu ergangenen Judikatur zu betrachten:

§ 5 Abs.1 des Asylgesetzes 1968 bestimmte, daß der Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens(§ 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, wenn er den Antrag auf Asylgewährung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt stellt, in dem er in das Bundesgebiet eingereist ist.

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. steht der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ein nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, erlassenes Aufenthaltsverbot .... nicht entgegen.

Daraus steht fest, daß der nunmehrige Bf rechtzeitig einen Antrag auf Asylgewährung eingebracht hat. Damit kommt ihm entgegen der Ansicht der belangten Behörde - ex lege die Aufenthaltsberechtigung zu.

Das Asylgesetz 1991, BGBl.Nr. 8/1992 idgF, das auch vom Bundesminister für Inneres in seiner Berufungsentscheidung vom 16.2.1994, Zl. 4.325.413/2-III/13/92, als im vorliegenden Verfahren entscheidungsrelevant angesehen wurde, enthält diesbezüglich in § 7 Abs.3 eine geringfügig andere Regelung insofern, als die vorläufige Aufenthaltsberechtigung dem Asylwerber auch dann zukommt, wenn einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden aufschiebende Wirkung zukommt.

Im vorliegenden Fall hat der VwGH der Beschwerde des nunmehrigen Bf gegen den abweisenden Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres mit Beschluß vom 13.4.1994, Zl.

AW/94/19/0286-3 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das bedeutet, daß iSd § 7 Abs.3 Asylgesetz 1991 die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die nach der Zustellung des abweisenden Berufungsbescheides erloschen ist, wieder aufgelebt ist.

Es läßt sich dieser Gesetzesstelle jedoch nicht entnehmen, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung jedenfalls außerhalb einer Schubhaft zu gewährleisten ist. Es darf nicht übersehen werden, daß im vorliegenden Fall ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot seit 25.10.1991 besteht, das jedenfalls bis zum 25.10.1996 gilt. Der Auftrag, das Bundesgebiet bis 25.11.1991 zu verlassen, wurde nicht befolgt. Weiters ist zu berücksichtigen, daß der Asylantrag des nunmehrigen Bf bereits in zwei Instanzen abgewiesen wurde. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom VwGH zwar die aufschiebende Wirkung zuerkannt, doch hat diese Zuerkennung lediglich die Wirkung, daß das rechtskräftig verhängte Aufenthaltsverbot (noch) nicht durchgesetzt und der Bf daher (noch) nicht abgeschoben werden kann.

Keinesfalls kann jedoch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bewirken, daß die Schubhaft unzulässig würde, da die Voraussetzungen des § 41 Abs.1 FrG, insbesonders das rechtskräftig verhängte Aufenthaltsverbot, damit keinesfalls außer Kraft gesetzt werden. ISd § 52 Abs.4 FrG wird daher festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Vorausseztungen weiter vorliegen.

6. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Bf durch die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht in seinen Rechten verletzt ist und derzeit auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, wonach die Schubhaft bisher unangemessen lange dauern würde oder der belangten Behörde unangemessene Verzögerungen anzulasten wären. Es liegen demnach die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Der belangten Behörde war als obsiegender Partei antragsgemäß der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79 AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei war nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH auszugehen.

Dabei wurde die Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem VwGH, BGBl.Nr. 416/1994, Art.I B Z.4 und 5 angewendet.

Dem unterlegenen Bf waren keine Kosten zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum